Gründe: 

Der Kläger begehrt von der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) im Rahmen eines Antrags gemäß § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall und die Gewährung von Entschädigungsleistungen. 

Der am 16. April 1963 geborene, als Verputzer beschäftigte Kläger erlitt am 24. Januar 1994 einen Unfall, als er versuchte, auf einer Baustelle seines Beschäftigungsunternehmens die Mischwelle einer Mörtelspritzmaschine, die unter Strom stand, herauszureißen, um sie zu reinigen. Seitdem leidet er an einer hypoxischen Hirnschädigung. Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall und die Gewährung von Leistungen ab, der Kläger sei alkoholisiert gewesen und einer selbstgeschaffenen Gefahr erlegen, da er aufgrund von Warnungen der Arbeitskollegen gewusst habe, dass die Mörtelmaschine unter Strom gestanden habe (Bescheid vom 11. April 1995, Widerspruchsbescheid vom 7. Juni 1995). Das Sozialgericht (SG) hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 7. November 1996 - S 3 U 116/95 -), weil der Unfall rechtlich allein wesentlich durch den vorangegangenen Alkoholgenuss des Klägers verursacht worden sei. Die erhebliche Alkoholisierung des Klägers ergebe sich aus den Aussagen seiner als Zeugen gehörten Arbeitskollegen, der Kläger habe gelallt und seine Arbeit nicht mehr ordnungsgemäß verrichtet. Der Unfall sei aufgrund alkoholbedingten Fehlverhaltens zu Stande gekommen. Die dagegen eingelegte Berufung hat der Kläger zurückgenommen. 

Am 23. August 2001 hat der Kläger eine Überprüfung des Bescheides und die Anerkennung seines Unfalls als Arbeitsunfall beantragt, es lägen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Zeugenaussagen manipuliert gewesen seien. Diese seien auch - insbesondere zur Menge des von ihm getrunkenen Alkohols - nicht kritisch hinterfragt worden. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil keine neuen Tatsachen vorgebracht worden seien (Bescheid vom 6. November 2001, Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 2002). Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 6. August 2002). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 16. März 2005) und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach einem Antrag gemäß § 44 SGB X habe die Verwaltungsbehörde zunächst zu prüfen, ob sie überhaupt in eine sachliche Prüfung einzutreten habe. Ergebe sich nichts, was für die Unrichtigkeit der früheren Entscheidung spreche, könne die Verwaltung sich ohne Sachprüfung auf deren Bindungswirkung berufen. Nur wenn die Voraussetzungen des § 51 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG), der als lückenfüllende Maßstabsnorm anzuwenden sei, vorliegen würden, sei eine erneute Sachprüfung durchzuführen (Hinweis auf BSG vom 3. Februar 1988 - 9/9a RV 18/86 - BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr. 33 und BSG vom 3. April 2001 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88, 75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20). Der Auffassung des 2. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 11. November 2003 (- B 2 U 32/02 R -), dass der materiellen Gerechtigkeit Vorrang vor der Rechtsbeständigkeit gebühre, schließe sich das LSG nicht an. Sie stehe im Widerspruch zu den angeführten anderen Urteilen des BSG. Die in § 51 VwVfG genannten Voraussetzungen lägen nicht vor, insbesondere habe der Kläger keine neuen Beweismittel benannt. Die staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakte habe dem SG vorgelegen, der Kläger wende sich vielmehr letztlich nur gegen die Beweiswürdigung des SG im Gerichtsbescheid vom 7. November 1996. 

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Das LSG habe gegen § 44 SGB X verstoßen, indem es mit der Anwendung des § 51 VwVfG eine zusätzliche Hürde aufgebaut habe. Zwischen §§ 44 ff SGB X und §§ 48 ff VwVfG beständen deutliche Abweichungen. Wenn der Gesetzgeber die strengeren Voraussetzungen des § 51 VwVfG gewollt habe, so hätte er dies entsprechend regeln können. Auch habe das LSG § 2 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) nicht beachtet. Trotz erheblicher Unterschiede zwischen den Aussagen der Zeugen in der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte und vor dem SG sei die Beklagte dem nicht nachgegangen. 

Der Kläger beantragt, 

das Urteil des Landessozialgerichts für das Saarland vom 16. März 2005 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts für das Saarland vom 6. August 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 6. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Januar 2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. April 1995 seinen Unfall vom 24. Januar 1994 als Arbeitsunfall anzuerkennen und ihm die gesetzlichen Leistungen laufend und rückwirkend für den Zeitraum von vier Jahren ab Stellung des Antrags nach § 44 SGB X zu erbringen. 

Die Beklagte beantragt, 

die Revision zurückzuweisen. 

II 

Die Revision des Klägers ist i.S. einer Aufhebung des Urteils des LSG und einer Zurückverweisung der Sache begründet. Denn nach den derzeitigen Feststellungen des LSG kann nicht beurteilt werden, ob der Bescheid vom 11. April 1995 zurückzunehmen ist und ob der Kläger am 24. Januar 1994 einen Arbeitsunfall erlitten hat. 

Die Klage ist zulässig. Der Kläger erstrebt bei sinnentsprechender Auslegung seines Begehrens (§ 123 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) die Aufhebung sowohl der jetzigen als auch der früheren, bestandskräftig gewordenen Verwaltungsentscheidungen sowie die gerichtliche Feststellung, dass der von ihm am 24. Januar 1994 erlittene Unfall ein Arbeitsunfall war. Inwieweit dem weiteren, nicht konkretisierten Antrag "die gesetzlichen Leistungen laufend und rückwirkend für den Zeitraum von vier Jahren ab Stellung des Antrags nach § 44 SGB X zu erbringen" eine darüber hinausgehende eigenständige Bedeutung, z.B. hinsichtlich einer Verletztenrente, beikommt, wird das LSG im wiedereröffneten Berufungsverfahren zu klären haben, zumal ein entsprechendes Grundurteil nicht zulässig wäre (vgl. mit weiterer Begründung Urteil des Senats vom 7. September 2004 - B 2 U 46/03 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 3 RdNr. 4 f). 

Richtige Klageart zur Erreichung des angestrebten Ziels ist die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach § 54 Abs. 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Einer zusätzlichen Verpflichtungsklage, mit der die Beklagte verpflichtet werden soll, ihren früheren, dem Anspruch entgegenstehenden Bescheid selbst aufzuheben, bedarf es in einem Gerichtsverfahren zur Überprüfung eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X nicht. Der gegenteiligen Auffassung, die eine Kombination von Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungs- bzw. Feststellungsklage verlangt (BSG (4. Senat) SozR 3-1300 § 44 Nr. 8 S 19 sowie unveröffentlichtes Urteil vom 24. Juli 2003 - B 4 RA 62/02 R -; BSG (7. Senat) BSGE 76, 156, 157 f = SozR 3-4100 § 249e Nr. 7 S 52; BSG (9. Senat) BSGE 81, 150, 152 = SozR 3-3100 § 30 Nr. 18 S 43; Steinwedel in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 2006, § 44 SGB X RdNr. 16; Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl 2005, § 54 RdNr. 20c) vermag der Senat nicht zu folgen. Dass ein Verwaltungsakt nach Eintritt der Bindungswirkung nicht mehr vor Gericht angefochten, sondern nur noch im Zugunstenverfahren zurückgenommen werden kann und dass hierüber nach § 44 Abs. 3 SGB X die zuständige Verwaltungsbehörde entscheidet, rechtfertigt nicht den Schluss, dass auch im Prozess über die Ablehnung des Zugunstenantrags die Rücknahmeentscheidung nicht vom Gericht ersetzt werden kann. Wäre es anders, käme eine mit dem Verpflichtungsantrag verbundene Leistungsklage - die auch von der Gegenmeinung für zulässig gehalten wird - aus systematischen Gründen nicht in Betracht. Denn die Verwaltungsbehörde kann nicht zur Leistung verurteilt werden, ehe der entgegenstehende bestandskräftige (Ausgangs-)Bescheid beseitigt ist und solange nur die Behörde verpflichtet ist, ihn zurückzunehmen. Richtigerweise kann deshalb mit der Anfechtungsklage gegen den eine Zugunstenentscheidung ablehnenden Bescheid zugleich die Aufhebung des früheren, dem Klageanspruch entgegenstehenden (Ausgangs-)Bescheides unmittelbar durch das Gericht verlangt werden (wie hier: Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl 2005, Kap IV RdNr. 76; Ulmer in: Hennig, SGG, Stand: 2006, § 54 RdNr. 106). Einer Vorlage an den Großen Senat nach § 41 SGG bedarf es nicht, weil diese von anderen Senaten abweichende Beurteilung der richtigen Klageart vorliegend nicht entscheidungserheblich ist (vgl. BSG - GrS -, Beschluss vom 18. November 1980 - GS 3/79 - BSGE 51, 23 , 25 f = SozR 1500 § 42 Nr. 7 mwN; BSG- GrS -, Beschluss vom 29. Mai 1984 - GS 1/82, GS 2/82, GS 3/82 - BSGE 57, 23, 26 = SozR 2200 § 1250 Nr. 20 S 26). 

In der Sache kann die Beklagte sich nicht auf die Bindungswirkung ihres Bescheides vom 11. April 1995 berufen (1.), weil in diesem das Recht unrichtig angewandt worden ist und der Unfall des Klägers - in Abhängigkeit von den noch zutreffenden Tatsachenfeststellungen - als Arbeitsunfall anzuerkennen sein kann (2.). 

1. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. 

Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG SozR 3-1300 § 44 Nr. 24; Steinwedel in Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Stand Mai 2006, § 44 SGB X RdNr. 2; Vogelgesang in Hauck/Noftz, SGB X, Stand Juni 2006, K § 44 RdNr. 1b). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29, Steinwedel, a.a.O., § 44 RdNr. 5; Vogelgesang, a.a.O., K § 44 RdNr. 17). Auch wenn der Versicherte schon wiederholt Überprüfungsanträge nach § 44 SGB X gestellt hat, darf die Verwaltung einen erneuten Antrag nicht ohne Rücksicht auf die wirkliche Sach- und Rechtslage zurückweisen. Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss sie in eine erneuten Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 15; BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8 S 27 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 S 119 f; Steinwedel, a.a.O., § 44 RdNr. 34; Vogelgesang, a.a.O., K § 44 RdNr. 18; Wiesner in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl 2005, § 44 RdNr. 13). 

Aus den vom LSG angeführten Entscheidungen des 9. und des 4. Senats des BSG (BSG vom 3. Februar 1988 - 9/9a RV 18/86 - BSGE 63, 33 = SozR 1300 § 44 Nr. 33 und BSG vom 3. April 2004 - B 4 RA 22/00 R - BSGE 88, 75 = SozR 3-2200 § 1265 Nr. 20), die in Anlehnung an die gerichtlichen Wiederaufnahmeverfahren (vgl. §§ 578 ff der Zivilprozessordnung) oder an § 51 VwVfG ein abgestuftes Prüfungsverfahren (Vorlage neuer Tatsachen oder Erkenntnisse - Prüfung derselben, insbesondere ob sie erheblich sind - Prüfung, ob Rücknahme zu erfolgen hat - neue Entscheidung) fordern, folgt nichts Anderes. Unabhängig von der Frage, inwieweit der aufgezeigten Rechtsprechung zu einem abgestuften Prüfungsverfahren gefolgt werden kann, ist insbesondere darauf hinzuweisen, dass § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X zwei Alternativen anführt, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kann es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel und ein abgestuftes Verfahren, wie oben dargestellt, ankommen. Bei der ersten Alternative handelt es sich um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen erfolgen muss (ebenso BSG SozR 3-2600 § 243 Nr. 8 S 28 f; BSG SozR 3-4100 § 119 Nr. 23 S 119; Steinwedel, a.a.O., § 44 RdNr. 34). 

Der erkennende Senat weicht daher von den Entscheidungen des 9. und des 4. Senats nicht ab, wenn er in Fällen, in denen der ursprüngliche Verwaltungsakt schon aus rein rechtlichen Gründen keinen Bestand haben kann, diesen Verwaltungsakt aufhebt. Dies verkennen das LSG und auch Friedrich in seiner Anmerkung (NZS 2004, 622), wenn sie sich auf die Entscheidung des Senats vom 11. November 2003 (- B 2 U 32/02 R -) beziehen, in der der ursprüngliche Verwaltungsakt nicht wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel aufgehoben wurde, sondern weil er nicht mit der Rechtsprechung des Senats zum Versicherungsschutz auf Wegen zur versicherten Tätigkeit in Einklang stand. 

Im vorliegenden Verfahren hat der Kläger sich nicht auf die Behauptung neuer Tatsachen beschränkt. Er hat eine umfassende Überprüfung beantragt und diese rechtliche Überprüfung führt ausgehend von dem vom LSG bislang festgestellten Sachverhalt zu dem Ergebnis, dass eine falsche Rechtsanwendung vorliegt und - vorbehaltlich des Ergebnisses einer weiteren Sachverhaltsaufklärung - der Unfall des Klägers am 24. Januar 1994 ggf. als Arbeitsunfall anzuerkennen ist. 

2. Anzuwenden ist auf diesen Unfall noch das Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil um die Anerkennung eines Arbeitsunfalls vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 gestritten wird (§ 212 SGB VII). Nach § 548 Abs. 1 RVO ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Ein Unfall ist ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder Tod führt - so die heutige Legaldefinition in § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII, die auf die Jahrzehnte alte Definition in Rechtsprechung und Literatur zurückgeht (vgl. schon RGZ 21, 77, 78; RVA, AN 1914, 617, 620 sowie BSGE 23, 139, 141 = SozR Nr. 1 zu § 555 RVO; BSGE 46, 283 = SozR 2200 § 539 Nr. 47; BT-Drucks 13/2204 S 77; Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 RdNr. 7) und auch im Jahre 1994 galt. Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls ist danach in der Regel erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92 S 257; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19), dass die Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und letzteres einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist nicht Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls (BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 5). 

Als der Kläger die Mörtelspritzmaschine reinigte, ging er bei überschlägiger Betrachtung grundsätzlich einer Verrichtung nach, die im sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit als Verputzer stand. Der Stromschlag, den er bei dem Versuch erlitt, die Mischwelle der Spritzmaschine herauszureißen, war ein von außen auf seinen Körper einwirkendes Ereignis und die haftungsbegründende und die haftungsausfüllende Kausalität vom Stromschlag über den Herz-Kreislauf-Stillstand als unmittelbarer Gesundheitserstschaden bis zur der hypoxischen Hirnschädigung, an der der Kläger heute leidet, sind gegeben, wie sich aus dem vom LSG festgestellten und zwischen den Beteiligten nicht umstrittenen Sachverhalt ergibt. 

a) Die Ablehnung der Anerkennung als Arbeitsunfalls seitens der Beklagten in dem Bescheid vom 11. April 1995, um dessen Aufhebung gestritten wird, wurde damit begründet, dass der Kläger alkoholisiert gewesen und einer selbstgeschaffenen Gefahr erlegen sei, da er aufgrund von Warnungen der Arbeitskollegen gewusst habe, dass die Mörtelmaschine unter Strom gestanden habe. 

Zur selbstgeschaffenen Gefahr hat der Senat zuletzt mit Urteil vom 12. April 2005 (- B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 14, jeweils RdNr. 15 f) zusammenfassend ausgeführt, dass dieser Begriff nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des BSG eng auszulegen und nur mit größter Zurückhaltung anzuwenden ist. Für die Beurteilung des sachlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls ist er ohne Bedeutung. Denn wenn die selbstgeschaffene Gefahr, z.B. ein Verstoß gegen Arbeitssicherheitsvorschriften, der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, ist die Gefahrerhöhung nach § 548 Abs. 3 RVO unbeachtlich. Ist die Gefahrerhöhung privaten Umständen zuzurechnen, betrifft sie typischerweise nicht den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls, sondern die Unfallkausalität zwischen dieser Verrichtung und dem Unfallereignis als konkurrierende unversicherte Ursache. Beispiele hierfür sind die Fälle einer gemischten Tätigkeit, einer unerheblichen Unterbrechung oder einer eingebrachten Gefahr (vgl. BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11; BSG SozR 2200 § 550 Nr. 37). Dementsprechend ist die selbstgeschaffene Gefahr kein besonderes Rechtsprinzip oder eigenständiger Rechtssatz zur Zusammenhangsbeurteilung beim Arbeitsunfall, sondern nur im Rahmen der Abwägung zwischen der versicherten und der nichtversicherten Ursache als Element der letzteren bei der Beurteilung des Zusammenhangs zu berücksichtigen. 

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann die Anerkennung des Unfalls des Klägers als Arbeitsunfall nicht mit dem Argument abgelehnt werden, der Kläger sei einer sog selbstgeschaffenen Gefahr erlegen. Insbesondere ist zu beachten, dass der Alkoholgenuss keine Bedeutung für die Unfallkausalität zwischen dem zur Zeit des Unfalls versuchten Herausreißen der Mischwelle und dem Unfallereignis - dem Stromschlag - hatte. Denn diesen Stromschlag hätte nach den Feststellungen des LSG unabhängig von einer möglichen Alkoholisierung jeder erlitten, der versucht hätte, die Mischwelle aus der unter Strom stehenden Maschine zu entfernen. Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall grundsätzlich von den typischen Verkehrsunfällen eines unter Alkoholeinfluss stehenden Versicherten, bei denen zu erörtern ist, inwieweit das Unfallereignis durch die der versicherten Tätigkeit zuzurechnende Fahrt oder den Alkoholgenuss als konkurrierende unversicherte Ursache verursacht wurde (vgl. BSGE 12, 242 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO; BSGE 53, 215 = SozR 2200 § 550 Nr. 49). Auch in der Entscheidung vom 5. Juli 1994 (- 2 RU 34/93 -) hat der Senat - ohne die Bezeichnung zu gebrauchen - die Unfallkausalität verneint, als er den Sturz des Gastwirts während eines versicherten Weges auf einem gut beleuchteten, trockenen Treppenpodest allein durch dessen alkoholbedingten Leistungsabfall wegen Gleichgewichts-, Koordinations- und Aufmerksamkeitsstörungen als konkurrierenden unversicherten Kausalfaktor verursacht ansah. 

Vorliegend kann die Alkoholisierung nur Bedeutung haben für die Zurechnung des versuchten Herausreißens zur versicherten Tätigkeit, also für den sachlichen Zusammenhang. Für diesen Zusammenhang ist die selbstgeschaffene Gefahr, wie oben ausgeführt, schon seit den Entscheidungen des Senats vom 10. Dezember 1957 (BSGE 6, 164, 169: Hineingeraten in eine Messerstecherei), vom 5. August 1976 (BSGE 42, 129, 133 = SozR 2200 § 548 Nr. 22: Fußballspiel im Zwischendeck) und vom 7. November 1988 (BSGE 64, 159, 161 = SozR 2200 § 548 Nr. 93: Tanklastzug-Fall) ohne Bedeutung, weil es einen Rechtssatz des Inhalts, dass der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Versicherte sich bewusst einer höheren Gefahr aussetzt und dadurch zu Schaden kommt, nicht gibt. Auch leichtsinniges unbedachtes Verhalten beseitigt aufgrund des schon genannten § 548 Abs. 3 RVO, der dem heutigen § 7 Abs. 2 SGB VII entspricht, den sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls nicht. Nur ausnahmsweise, wenn ein Versicherter sich derart sorglos und unvernünftig verhält, dass für den Eintritt des Arbeitsunfalls nicht mehr die versicherte Tätigkeit, sondern die selbstgeschaffene Gefahr als die rechtlich allein wesentliche Ursache anzusehen ist - so im Tanklastzug-Fall -, führt dies dazu, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls nicht mehr wesentlich der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist. Dabei hat das BSG stets klargestellt, dass ein Verhalten, mit dem der Versicherte ausschließlich betriebliche Zwecke verfolgt, den Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall nie ausschließt, die selbstgeschaffene Gefahr bekommt also erst dann Bedeutung, wenn ihr betriebsfremde Motive zugrunde liegen. 

Derartige betriebsfremde Zwecke und Motive sind vorliegend nicht festgestellt worden. Das LSG hat außer der Absicht, die Maschine zu reinigen, die unzweifelhaft der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, keine Gründe (z.B. Imponiergehabe) festgestellt, warum der Kläger die Mischwelle herausreißen wollte. 

b) Das SG hat daher in dem die erste Klage abweisenden Gerichtsbescheid vom 7. November 1996 zu Recht nicht auf das Vorliegen einer selbstgeschaffenen Gefahr abgestellt. Seine Begründung, der Unfall sei allein wesentlich durch den vorangegangenen Alkoholgenuss des Klägers verursacht worden, weil der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten, und der Unfall sei aufgrund alkoholbedingten Fehlverhaltens zu Stande gekommen, hält jedoch einer rechtlichen Überprüfung anhand der oben aufgezeigten Voraussetzungen für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls nicht stand. 

Die Formulierung, der Unfall sei aufgrund eines alkoholbedingten Fehlverhaltens zu Stande gekommen, ist unklar: Wenn damit an die Überlegungen zur selbstgeschaffenen Gefahr unter Verwendung einer anderen Formulierung angeknüpft werden sollte, kann dies eine Ablehnung der Klage aus den oben ausgeführten Gründen nicht rechtfertigen. Soweit das SG außerdem darauf abstellt, der Kläger sei aufgrund seiner Alkoholisierung nicht mehr in der Lage gewesen, seine Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten, wird nicht deutlich, welches Tatbestandsmerkmal bzw. welches Element der Zusammenhangskette verneint wird. Außerdem reichen seine Feststellungen für eine entsprechende Beurteilung nicht aus. 

Wie ausgeführt, beseitigt auch leichtsinniges unbedachtes Verhalten den bestehenden sachlichen Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls nicht, vor allem wenn der Versicherte ausschließlich betriebliche Zwecke verfolgt. Andererseits gibt es in der gesetzlichen Unfallversicherung - mit Ausnahme der Schifffahrt (§ 10 SGB VII; § 552 RVO) - keinen Betriebsbann. Nicht alle Verrichtungen eines grundsätzlich versicherten Arbeitnehmers im Laufe eines Arbeitstages auf der Arbeitsstätte sind versichert, sondern nur die Verrichtungen, die der versicherten Tätigkeit ("infolge") zuzurechnen sind (sachlicher Zusammenhang) (stRspr vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 11/04 R, BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 14, jeweils RdNr. 7 mwN). Maßgebliches Kriterium zur Bestimmung des sachlichen Zusammenhangs ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Denn aufgrund der Handlungstendenz kann beurteilt werden, ob der versicherte Arbeitnehmer mit seiner konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls eine auf seinem Arbeitsvertrag (§ 611 des Bürgerlichen Gesetzbuches) beruhende, dem Unternehmen dienende und damit unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit ausüben wollte (stRspr vgl. zuletzt BSGE 93, 279 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 9, jeweils RdNr. 7 mwN). 

Dies setzt jedoch voraus, dass der Versicherte überhaupt noch in der Lage ist, eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit auszuüben, was aber zu verneinen ist, wenn jemand aufgrund eines alkoholbedingten Vollrausches nicht mehr zu einer zweckgerichteten Ausübung seiner versicherten Tätigkeit fähig ist. Hierfür genügt jedoch nicht ein quantitativer oder qualitativer Leistungsabfall; dann ist der Handelnde noch versichert. Erforderlich ist vielmehr ein Leistungsausfall. Wird diese Grenze überschritten, so ist der Arbeitnehmer nicht mehr versichert. Es handelt sich ähnlich wie bei einer Unterbrechung der versicherten Tätigkeit zur Verrichtung einer privaten Angelegenheit während der Arbeitszeit und auf der Arbeitsstelle, um eine sog "Lösung" vom Betrieb (vgl. BSG vom 28. Juni 1979 - 8a RU 34/78 - BSGE 48, 224, 226 f = SozR 2200 § 548 Nr. 45; ebenso schon BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr. 27 zu § 542 RVO sowie BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 9). Ein solcher Vollrausch lässt den sachlichen Zusammenhang zwischen der grundsätzlich versicherten Tätigkeit und der Verrichtung zur Zeit des Unfalls entfallen (Keller in Hauck/Noftz, SGB VII, Stand Mai 2006, K § 8, RdNr. 257; Krasney, a.a.O., § 8 RdNr. 171, 338 f; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Mai 2006, § 8 Anm 7.1). In der schon angeführten Entscheidung des BSG vom 28. Juni 1979 (BSGE 48, 224 = SozR 2200 § 548 Nr. 45) ist ausgeführt, dass damals kein allgemein gültiger und feststehender Wert, z.B. von 3,5 ‰, für eine Blutalkoholkonzentration aufgestellt werden konnte, ab der ein derartiger Vollrausch angenommen werden konnte, sondern dass es auf den einzelnen Versicherten, seine Alkoholtoleranz usw. ankomme. 

Ob der Kläger zur Zeit des Unfalls derart alkoholisiert war, dass er zu einer zweckgerichteten Ausübung seiner Tätigkeit nicht mehr in der Lage war und dass er sich damit von dem Betrieb gelöst hatte (Leistungsausfall, nicht -abfall !), kann aufgrund der Feststellungen des LSG nicht mit der notwendigen Sicherheit bejaht werden. Es wird zwar ausgeführt, der Kläger habe von ca. 6.00 Uhr an ca. zehn Flaschen oder Dosen Bier getrunken, es wird aber z.B. nicht ausgesagt, ob es sich um 0,3 l oder 0,5 l Flaschen oder Dosen handelte und um wieviel Uhr der Unfall sich ereignet hat, obwohl die Menge des getrunkenen Alkohols und die Zeitdauer neben dem Gewicht des Trinkenden sowie ggf. weiteren Faktoren für den Grad der Alkoholisierung entscheidend sind. Bei dem Genuss von 5 l Bier mit einem Alkoholgehalt von 4,5 % ergibt sich überschlägig gerechnet (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl 2004, § 20 RdNr. 14) bei einem unterstellten Gewicht des Klägers von 80 kg eine Blutalkoholkonzentration von (5 l x 4,5 %./. 80 kg x 0,7 als Reduktionsfaktor für Männer =) 4 ‰, von dem aber ein Abbauwert von ca. 0,1 ‰ je Stunde abgezogen werden muss, so dass sich um 12.00 Uhr ein Wert von ca. 3,4 ‰ ergibt, der einen Vollrausch des Klägers möglich erscheinen lässt. Bei dem Genuss von 3 l Bier errechnet sich eine Blutalkoholkonzentration von ca. 2,4 ‰, die um 18.00 Uhr einen Wert von ca. 1,2 ‰ ergibt, der von einem Vollrausch deutlich entfernt ist. 

Die Folgerung, da der Kläger "lallend" gesprochen habe, liege ein deutliches Zeichen für einen Vollrausch vor, ist nicht überzeugend, weil ggf. auch schon bei einer niedrigeren Alkoholmenge eine lallende Sprache auftreten kann. Die Meinung der Arbeitskollegen, der Kläger sei nicht mehr in der Lage gewesen, seine Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten, steht in einem gewissen Widerspruch zu dem Umstand, dass der Kläger zur Zeit des Unfalls damit beschäftigt war, die Spritzmaschine zu reinigen. Im Übrigen genügt zur Verneinung des sachlichen Zusammenhangs nicht ein Leistungsabfall, sondern nur ein Leistungsausfall. Den vom LSG wiedergegebenen Feststellungen des SG in seinem Gerichtsbescheid ist nur zu entnehmen, dass der Kläger nicht mehr in der Lage gewesen sein soll, seine Arbeit ordnungsgemäß zu verrichten, nicht aber, dass er zu einer zweckgerichteten Ausübung seiner Tätigkeit überhaupt nicht mehr fähig gewesen sein soll. Vor diesem Hintergrund bleibt unklar, ob zum Unfallzeitpunkt die Fähigkeit des Klägers seiner versicherten Tätigkeit nachzukommen, durch den vorangegangenen Alkoholgenuss so sehr beeinträchtigt war, dass er die wesentlichen mit seiner Tätigkeit verbundenen Arbeitsabläufe nicht mehr leisten konnte und von einer Lösung von seiner versicherten Tätigkeit ausgegangen werden kann. Hierzu müssen der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Auswirkungen von Alkohol auf die Leistungsfähigkeit geklärt und alle entscheidenden Einzelheiten in der Person des grundsätzlich Versicherten beim Arbeitsvorgang und in der konkreten Arbeitssituation berücksichtigt werden (vgl. BSGE 48, 224, 228 = SozR 2200 § 548 Nr. 45 S 118) sowie ggf. ein medizinisches Gutachten zum Maß der Alkoholisierung des Klägers und seiner Leistungsfähigkeit eingeholt werden. 

Schon aufgrund der aufgezeigten unzutreffenden bisherigen Rechtsanwendung ist in einem weiteren Schritt - unabhängig vom Vorbringen neuer Tatsachen durch den Kläger - eine weitere Sachverhaltsaufklärung notwendig, um endgültig entscheiden zu können, ob der Unfall des Klägers am 24. Januar 1994 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfüllt sind. 

Da das BSG die aufgezeigten notwendigen Feststellungen nicht selbst nachholen kann, ist das Urteil des LSG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG). 

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.