Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - Az.: L 2 B 9/05 AS ER - Beschluss vom 22.04.2005
1. Zum (Nicht-) Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft bei einem Zusammenleben von sechs Jahren.
2. Das Zusammenleben unter einer Meldeanschrift und der Umstand, dass ein Untermietvertrag nur mündlich geschlossen wurde, sind keine Indizien für das Bestehen einer "eheähnlichen Gemeinschaft" im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II. Das gemeinsam Teile der Wohnungseinrichtung, wie Kühlschrank, Waschmaschine und Küchengeräte, benutzt werden ist auch für eine Wohngemeinschaft typisch und genügt allein nicht zur Feststellung einer Verantwortungsgemeinschaft.
3. Die Ablehnung einer Wohnungsbesichtigung durch einen Mitarbeiter der Behörde ist durch das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG gedeckt; sie darf schon deshalb nicht als Zugeständnis einer eheähnlichen Gemeinschaft gewertet werden. Es ist im Übrigen fraglich, ob bei einem Hausbesuch entscheidungserhebliche Tatsachen gefunden werden können, weil die Intimsphäre zur Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht ausgeforscht werden darf; insbesondere sind geschlechtliche Beziehungen für die eheähnliche Gemeinschaft nicht maßgeblich und dürfen auch nicht ermittelt werden.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführerin begehrt im Eilverfahren die vorläufige Zahlung der Kosten für Unterkunft und Heizung und wendet sich gegen die Entziehung der Regelleistung sowie des Mehrbedarfs für krankheitsbedingte kostenaufwändige Ernährung.
Die am 1958 geborene Beschwerdeführerin beantragte am 2. November 2004 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab 1. Januar 2005. Sie wohnt nach ihren Angaben seit 1999 in einem Reihenhaus in M. , R. , dessen Eigentümerin die GWG G. –K. R. e.G. M. ist. Mieter des Hauses ist Herr R. Z ... Das Reihenhaus mit drei Zimmern, Küche und Bad hat nach einem Anbau eine Gesamtwohnfläche von ca. 70 – 80 m². Seit 1. Januar 2004 beträgt die Miete 193,32 EUR zuzüglich Betriebskosten in Höhe von 52,46 EUR. Die Heizkosten bezahlen die Mieter direkt an die städtischen Werke M ... Die Beschwerdeführerin nutzt nach den Angaben von Herrn Z. einen Raum des Hauses allein aufgrund einer mündlichen Vereinbarung und beteiligt sich an den Kosten für Miete und Heizung in Höhe von 173,70 EUR. Im Rahmen der Antragstellung erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie an Herrn Z. 105,60 EUR bar zahle.
Mit Schreiben vom 4. November 2004 teilte die Beschwerdegegnerin ihr mit, dass über den Antrag noch nicht entschieden werden könne, und forderte die Beschwerdeführerin auf, mitzuteilen, ob sie in eheähnlicher Gemeinschaft mit Herrn Z. lebe, den Fragebogen über die finanziellen Verhältnisse des Herrn Z. auszufüllen und den Untermietvertrag vorzulegen. Die Beschwerdeführerin erklärte, dass sie mit Herrn Z. nicht in eheähnlicher Gemeinschaft lebe, dessen finanzielle Verhältnisse nicht kenne und nicht verpflichtet sei, darüber Auskünfte zu geben.
Mit Bescheid vom 6. Dezember 2004 bewilligte die Beschwerdegegnerin der Beschwerdeführerin Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 2005 in Höhe von monatlich 356,56 EUR, wobei sie neben der Regelleistung einen Mehrbedarf für die Ernährung in Höhe von 25,56 EUR berücksichtigte. Die Beschwerdeführerin legte dagegen Widerspruch ein und begehrte die Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung. Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Februar 2005 wies die Beschwerdegegnerin den Widerspruch wegen fehlender Belege für die Unterkunfts- und Heizungskosten zurück. Auch habe sie den Vordruck zur Abklärung einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht ausgefüllt. Sie gehe davon aus, dass die Beschwerdeführerin mietfrei wohne.
Hiergegen hat die Beschwerdeführerin am 22. Februar 2005 Klage erhoben, die unter dem Az. S 22 AS 31/05 derzeit noch beim Sozialgericht Magdeburg anhängig ist.
Am 31. Januar 2005 hat die Beschwerdeführerin bezüglich der vorläufigen Zahlung der Unterkunfts- und Heizungskosten den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt und Quittungen über Mietzahlungen für die Zeit vom September 2004 bis Februar 2005 in Höhe von 173,70 EUR vorgelegt. Sie hat vorgetragen: Sie habe kein gemeinsames Konto mit Herrn Z. , eine gemeinsame Kasse werde nicht geführt, jeder erledige seine Einkäufe für sich und im Kühlschrank habe jeder ein Fach für seine Lebensmittel. Sie würden sich gegenseitig andere Partner zugestehen und jeder habe einen anderen Partner.
Das Sozialgericht Magdeburg hat in nichtöffentlicher Sitzung vom 22. Februar 2005 Herrn R. Z. als Zeugen vernommen. Mit Beschluss vom 23. Februar 2005 hat es den Antrag abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, die Beschwerdeführerin lebe mit Herrn Z. in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Beide wohnten trotz der unterschiedlichen Angaben über den Beginn des Untermietverhältnisses zusammen im Reihenhaus seit geraumer Zeit, mindestens seit 1999. Quittungen über die Mietzahlungen hätte die Beschwerdeführerin erst auf wiederholte Aufforderung durch das Gericht vorgelegt. Die Beschwerdeführerin und Herr Z. hätten einen Hausbesuch verweigert und gäben Einkommens- bzw. Vermögensverhältnissen des Herrn Z. nicht an. Der Vortrag der Beschwerdeführerin, wie es zu dem Mietverhältnis gekommen sei und wie sie Herrn Z. kennen gelernt habe, weiche von der Aussage des Zeugen Z. ab. Auch variierten ihre Angaben über den tatsächlichen Anteil an den Unterkunftskosten. Hinsichtlich der Hilfebedürftigkeit sei sie beweispflichtig.
Gegen den ihr am 26. Februar 2005 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 10. März 2005 Beschwerde eingelegt. Das Sozialgericht Magdeburg hat der Beschwerde mit Beschluss vom 15. März 2005 nicht abgeholfen und sie dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Mit Schreiben vom 14. Februar 2005 hat die Beschwerdegegnerin an ihr Schreiben vom 4. November 2004 erinnert und die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf die Folgen fehlender Mitwirkung aufgefordert, die Unterlagen bis 3. März 2005 einzureichen. Die Beschwerdeführerin hat am 28. Februar 2005 ihr Vorbringen wiederholt und darauf hingewiesen, dass sie die Fragen bereits mehrfach beantwortet habe. Weiterhin hat sie am gleichen Tag die Übernahme von Unzugskosten beantragt, da sie beabsichtige, demnächst umzuziehen. Die Beschwerdegegnerin hat ihr wegen fehlender Unterlagen (Fragebogen zur Klärung der eheähnlichen Gemeinschaft, Angaben zu den finanziellen Verhältnissen des Herrn Z. und schriftlicher Untermietvertrag) die Leistung ab 1. April 2005 aufgrund mangelnder Mitwirkung entzogen. Gegen diesen Bescheid vom 22. März 2005 hat die Beschwerdeführerin am 29. März 2005 Widerspruch eingelegt.
Die Beschwerdeführerin hat zur Begründung ausgeführt, sie lebe nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft mit Herrn Z ... Sie sei bei ihm 1999 eingezogen, weil sie sich keine eigene Wohnung habe leisten können. Sie habe bis Anfang des Jahres 2000 als Wirtschaftskauffrau gearbeitet, habe aber nicht viel verdient und ihre Arbeitslosigkeit sei schon absehbar gewesen. Herr Z. sei schon damals schwer erkrankt gewesen. Er sei nicht mehr in der Lage gewesen, das Haus zu reinigen und finanziell allein zu unterhalten. Er sei nicht berufstätig und beziehe eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Er habe jedoch nicht ausziehen wollen, da er das Haus in unbewohnbarem Zustand übernommen und viel Geld und Arbeitskraft in die Renovierung und den Ausbau investiert habe. Sie pflege Herrn Z. aber nicht. Sie bekoche ihn auch nicht. Wenn es Herrn Z. gesundheitlich sehr schlecht gehe, werde er von seiner Mutter gepflegt. Sie sei selbst nicht sehr gesund. Auch sei sie nicht immer am Ort und führe ihr eigenes Leben. Wegen ihrer eigenen Erkrankung engagiere sie sich in einer Selbsthilfegruppe. Sie zahle an Herrn Z. monatlich insgesamt 173,70 EUR an Miet- und Heizkosten. Da ständig Reparatur- und Modernisierungsarbeiten anfielen, an denen sich die Mieter beteiligen müssten, trage sie im Verhältnis zu Herrn Z. einen etwas größeren Anteil an den Mietkosten.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 23. Februar 2005 aufzuheben und die Beschwerdegegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung zu bewilligen sowie die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 22. März 2005 anzuordnen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Es liege eine eheähnliche Lebensgemeinschaft vor.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten der Beschwerdegegnerin und die Gerichtsakten verwiesen. Die Akten haben vorgelegen und sind vom Senat bei seiner Entscheidung berücksichtigt worden.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und form- und fristgerecht beim Sozialgericht Magdeburg eingelegt worden (§§ 172, 173 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG). Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zur Entscheidung vorgelegt (§ 174 SGG).
Die Beschwerde ist begründet.
Der Antrag der Beschwerdeführerin richtete sich zunächst nur auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bezüglich der Unterkunfts- und Heizkosten. Mit Bescheid vom 22. März 2005 hat die Beschwerdegegnerin ihr jedoch die Regelleistung und den krankheitsbedingten Mehrbedarf in Höhe von monatlich 356,56 EUR entzogen. Dieser Entziehungsbescheid ist nach § 96 SGG Gegenstand des Hauptsacheverfahrens geworden. Da es Zweck des § 96 SGG ist, alle Verwaltungsakte zu erfassen, die den Prozessstoff beeinflussen können, gilt diese Bestimmung auch für den Bescheid, der den früheren Leistungsbescheid aufhebt (Bundessozialgericht, Urteil vom 5. Dezember 1978, 7 RAr 34/78, SozR 4100 § 134 Nr. 11). Dies entspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes innerhalb einer angemessenen Frist (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes – GG). Denn anderenfalls wäre die Beschwerdeführerin gezwungen, ein zweites einstweiliges Rechtsschutzverfahren, zunächst vor dem Sozialgericht, zu betreiben. Demgegenüber kommt dem Umstand, dass ihr eine Instanz verloren geht, keine entscheidende Bedeutung zu. Das zeigt auch der Grundgedanke der Regelung in § 96 Abs. 1 SGG.
Nach § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen hier vor.
Der Anordnungsgrund setzt voraus, dass der Beschwerdeführerin bei Abwägung ihrer Interessen gegen die der Beschwerdegegnerin nicht zugemutet werden kann, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Das ist hier offensichtlich der Fall, weil die Lebensführung der Beschwerdeführerin durch eine Verweisung auf die Entscheidung in der Hauptsache gegenwärtig gefährdet wäre. Ohne die einstweilige Übernahme der Unterkunftskosten durch die Beschwerdegegnerin ist der Grundbedarf "Wohnen" der Beschwerdeführerin derzeit nicht gesichert.
Der Senat geht nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage davon aus, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch der Beschwerdeführerin auf Zahlung der Unterkunfts- und Heizkosten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben sind.
Gemäß § 19 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II u.a. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Erwerbsfähige Hilfebedürftige sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die u.a. hilfebedürftig sind. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Mitteln oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Die Klägerin ist erwerbsfähig und hilfebedürftig, weil sie keine eigenen Einkünfte hat und ihr Lebensunterhalt nach dem im Eilverfahren feststellbaren Sachverhalt nicht durch anrechenbare Mittel Dritter gesichert ist.
Der Senat geht nach dem derzeit bekannten Sachverhalt nicht davon aus, dass die Beschwerdeführerin in eheähnlicher Gemeinschaft mit Herrn Z. lebt und deshalb nicht an den Wohnkosten beteiligt ist bzw. wegen der Anrechnung von Einkommen und Vermögen des Herrn Z. nicht als hilfebedürftig gilt.
Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 2 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen oder Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehört als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen auch die Person, die mit ihr in eheähnlicher Gemeinschaft lebt (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 b SGB II). Die eheähnliche Gemeinschaft ist allein die auf Dauer angelegte Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau, die daneben keine weiteren Lebensgemeinschaften gleicher Art zulässt und sich – im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft - durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über eine reine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgeht (Bundesverfassungsgericht – BVerfG, Urteil vom 17. November 1992 – 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234, 264). Ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, ist anhand von Indizien zu ermitteln. Hierzu gehören z.B. die lange Dauer des Zusammenlebens, die Versorgung von Kindern und Angehörigen im gemeinsamen Haushalt und die Befugnis, über Einkommen und Vermögensgegenstände des anderen Partners zu verfügen.
Der Senat hält es nach dem bisher bekannten Sachverhalt für wahrscheinlich, dass zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn Z. eine Wohn- und Zweckgemeinschaft, die möglicherweise auch persönliche Beziehungen einschließt, besteht. Es lässt sich jedoch im Eilverfahren nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderte Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft, insbesondere in den Notfällen des Lebens, vorliegt. Der Senat folgt bei seiner Entscheidung im Wesentlichen den Angaben der Beschwerdeführerin und der Aussage des Zeugen, die im Hauptsacheverfahren überprüft werden müssen.
Das Zusammenleben unter einer Meldeanschrift und der Umstand, dass der Untermietvertrag nur mündlich geschlossen wurde, sind keine Indizien für das Bestehen einer "eheähnlichen Gemeinschaft" im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3b SGB II. Dies reicht nach der Rechtsprechung eindeutig nicht aus (BVerfG, Urteil vom 17. November 1992, BVerfGE 87, 234; BVerwG, Urteil vom 17. Mai 1995 – 5 C 16/93, BVerwGE 98,195). Die Dauer des Zusammenlebens ist vom BVerfG allerdings als mögliches Indiz für das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft genannt worden. Nach ihren Angaben wohnt die Beschwerdeführerin zumindest seit 1999 und damit seit mehr als fünf Jahren mit Herrn Z. in einem Reihenhaus. Auch werden gemeinsam Teile der Wohnungseinrichtung, wie Kühlschrank, Waschmaschine und Küchengeräte, benutzt. Dies ist jedoch auch für eine Wohngemeinschaft typisch und genügt wie die Dauer des Zusammenlebens allein nicht zur Feststellung einer Verantwortungsgemeinschaft (vgl. hierzu Sozialgericht Saarbrücken, Urteil vom 4. April 2005 – S 21 AS 3/05 – für ein 27 Jahre dauerndes Zusammenleben).
Es spricht weder für noch gegen eine eheähnliche Gemeinschaft, dass als Mieter des Reihenhauses nur Herr Z. in Erscheinung tritt und dementsprechend die Miete entrichtet, während die Beschwerdeführerin ihren Beitrag im Innenverhältnis leistet. Zwar kann auch die nach außen erkennbare Darstellung einer gelebten Gemeinschaft ein Indiz für die Intensität der Beziehung sein. Das gilt hier jedoch allenfalls für die Beschriftung des Briefkastens mit "Z. /W. ". Den Einzug der Beschwerdeführerin hat Herr Z. der Eigentümerin und Vermieterin des Reihenhauses nicht angezeigt. Ob Herr Z. das vergessen, der Information der Vermieterin keine Bedeutung beigemessen oder die Beschwerdeführerin absichtlich nicht als Mitbewohnerin gemeldet hat, ist unbekannt.
Unaufgeklärt sind die Umstände, unter denen die Bekanntschaft der Beschwerdeführerin mit Herrn Z. vor der Begründung ihrer Wohngemeinschaft und die Anbahnung ihres Mietverhältnisses zustande gekommen sind. Die Angaben der Beschwerdeführerin weichen von der Aussage des Herrn Z. ab und sind wenig präzise. Aus beiden Darstellungen lässt sich für die Frage nach der Qualität ihrer Beziehungen jedoch nichts entnehmen. Die Beschwerdeführerin erklärte, sie habe Herrn Z. schon vor ihrem Einzug ins Reihenhaus aus ihrem Bekanntenkreis gekannt. Zusammen gezogen seien sie aus wirtschaftlichen Gründen. Herr Z. sagte aus, dass er sich nicht mehr erinnern könne, woher er die Beschwerdeführerin kenne. Es könne sein, dass er damals eine Annonce aufgegeben habe. Ob es sich um eine Heirats- oder um eine Mietgebotsannonce gehandelt haben soll, ist unbekannt. Selbst wenn die Beschwerdeführerin als Partnerin bei Herrn Z. eingezogen sein sollte, sagt dies allein noch nichts darüber aus, ob sich ihre Erwartungen erfüllt haben und ihre Beziehung eine solche von der Rechtsprechung geforderte Intensität angenommen und bis heute behalten hat. Dagegen spricht, dass die Beschwerdeführerin ausdrücklich erklärt hat, sie geständen sich andere Partner zu und diese gebe es auch.
Neben der Teilung der Wohnkosten und der Telefonkosten sowie der gemeinsamen Benutzung von Einrichtung und Gerätschaften ist keine wirtschaftliche und finanzielle Gemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und Herrn Z. festzustellen. Nichts spricht dafür, dass sie über die Vermögensgegenstände des anderen uneingeschränkt verfügen können, die der Befriedigung jeglichen Lebensbedarfs dienenden Güter gemeinsam und aufgrund gemeinsamer Planung angeschafft werden, dass Ausgaben gemeinsam bestritten werden oder dass die Beschwerdeführerin über das Konto des Herrn Z. verfügen darf bzw. Herr Z. über das Konto der Beschwerdeführerin. Nach Angaben der Beschwerdeführerin haben sie und Herr Z. jeweils getrennt eine Hausratsversicherung und eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. In der Lebensversicherung der Beschwerdeführerin ist nicht Herrn Z. als Begünstigter benannt. Die Zahlungen der Beschwerdeführerin an Herrn Z. haben nach ihren Angaben eine klare Zweckbindung, nämlich die Wohnkosten, was gegen ein für eheähnliche Lebensgemeinschaften typisches Wirtschaften aus einem Topf spricht. Wird die Untermiete nur wegen Einkommenslosigkeit der Beschwerdeführerin gestundet, so lässt dies zunächst nur auf eine wohlwollende persönliche Beziehung, dagegen noch nicht zwingend auf eine eheähnliche Gemeinschaft schließen (vgl. auch OVG Bremen, Urteil vom 5. August 1975 – II BA 11/75, FEVS 24, 71, 74; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28. April 1993 – 6 S 916/92, NJW 1993, 2886-2887). Bei den offenbar bescheidenen Lebensverhältnissen stellt wohl jeder zunächst seinen eigenen Lebensunterhalt sicher und verwendet sein persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse.
Auch im Übrigen fehlt es an weiteren eindeutigen Hinweisen für die Annahme einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, in der ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens von den beiden Personen erwartet werden kann. Dass Herr Z. über die Angelegenheiten der Beschwerdeführerin gut informiert schien, als ein Mitarbeiter der Beschwerdegegnerin versuchte, einen Hausbesuch durchzuführen, besagt überhaupt nichts. Herr Z. hatte vorab eine Mietbescheinigung zur Vorlage bei der Beschwerdegegnerin ausgefüllt und war deshalb zwangsläufig über den Grund informiert. Auch die Beschwerdeführerin weiß über die Lebenssituation des Herrn Z. gut Bescheid. Das ist bei einem längeren räumlichen Zusammenleben nicht ungewöhnlich und auch zwischen Mitgliedern einer Wohngemeinschaft nicht selten. Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat entschieden bestritten, für den kranken Herrn Z. zu sorgen und ihn zu pflegen. Ihrer Darstellung ist vielmehr zu entnehmen, dass sie getrennt von ihm ihr eigenes Leben lebt. Dazu passt, dass sie bereit ist, die häusliche Gemeinschaft aufzulösen und aus dem Reihenhaus auszuziehen. Unbedingte Priorität hat für sie die Lösung ihrer eigenen Lebensprobleme.
Die Ablehnung der Wohnungsbesichtigung durch einen Mitarbeiter der Beschwerdegegnerin ist durch das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 GG gedeckt; sie darf schon deshalb nicht als Zugeständnis einer eheähnlichen Gemeinschaft gewertet werden. Es ist im Übrigen fraglich, ob bei einem Hausbesuch entscheidungserhebliche Tatsachen gefunden werden können, weil die Intimsphäre zur Feststellung einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht ausgeforscht werden darf; insbesondere sind geschlechtliche Beziehungen für die eheähnliche Gemeinschaft nicht maßgeblich und dürfen auch nicht ermittelt werden (BVerfG, Urteil vom 17. November 1992, a.a.O.; Beschluss vom 16. Dezember 1958 – 1 BvL 3/57, 4/57 und 8/58 – SozR Nr. 42 zu Art. 3 GG = BVerfGE 9 S. 20).
Rechtsgrundlage für die Berücksichtigung der Unterkunfts- und Heizkosten ist § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Es ist glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin tatsächlich Wohn- und Wohnnebenkosten zu tragen hat. Die Höhe dieser Kosten hat sie zunächst unpräzise dargelegt. Im Beschwerdeverfahren hat sie zu ihrer Kostenbeteiligung vorgetragen, sie zahle als Miet- und Mietnebenkosten 173,70 EUR. Auch der Hauptmieter Z. hat in seiner Mietbescheinigung vom 30. Oktober 2004 angegeben, dass der Mietanteil der Beschwerdeführerin einschließlich Nebenkosten monatlich 173,70 EUR betrage, so dass von diesem verhältnismäßig niedrigen Betrag auszugehen ist.
Auch der Antrag, mit dem sich die Beschwerdeführerin gegen die Zahlungseinstellung im laufenden Bewilligungszeitraum wegen mangelnder Mitwirkung wendet, hat Erfolg. Nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Die im Regelfall aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG) entfällt hier in dem durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fall des § 39 SGB II für Verwaltungsakte, die über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheiden (§ 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG). Das Gericht kann in diesem Fall die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG) und trifft insoweit eine rechtlich gebundene Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Einzelnen an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung.
Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 22. März 2005. Somit fehlt es an dem überwiegenden Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung dieses ersichtlich rechtswidrigen Verwaltungsaktes.
Nach § 66 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches – Allgemeiner Teil – SGB I kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind. Hierbei hat die Beschwerdegegnerin bereits die formellen Voraussetzungen für die Versagung nicht beachtet. Der in § 66 Abs. 3 SGB I vorgesehene schriftliche Hinweis muss konkret und unmissverständlich auf den individuellen Fall bezogen sein. Hat die Leistungsberechtigte bereits Weigerungsgründe genannt, die der Leistungsträger für nicht triftig hält, so hat er der Berechtigten die Umstände hierfür darzulegen (Kasseler Kommentar/Seewald § 66 SGB I Rn. 12). Die Beschwerdeführerin hatte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 2. September 2004 - 1 BvR 1962/04 ausgeführt, dass sie mit Herrn Z. nicht in eheähnlicher Lebensgemeinschaft lebe und eine Wohngemeinschaft keine Auskunftspflichten über die persönlichen Verhältnisse des Mitbewohners begründe. Die Beschwerdegegnerin hat im Schreiben vom 14. Februar 2005 nur den Hinweis gegeben, dass sie die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts entziehen werde. Dieser Hinweis lässt nicht erkennen, aus welchen Gründen sie die Beschwerdeführerin ungeachtet der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und ungeachtet ihrer Erklärung, dass keine eheähnliche Gemeinschaft bestehe, weiterhin zur Auskunft auffordert.
Die Beschwerdeführerin hat im übrigen auch ihre Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Einen schriftlichen Untermietvertrag kann sie nicht vorlegen, wenn sie nur aufgrund mündlicher Abrede bei Herrn Z. wohnt. Insofern verlangt die Beschwerdegegnerin etwas objektiv Unmögliches. Zu weiteren Angaben, etwa zu den finanziellen Verhältnissen des Herrn Z. , war die Beschwerdeführerin noch nicht verpflichtet. Die Auskunftspflicht erstreckt sich bisher nur auf die Tatsachen, die ihr selbst bekannt sind. Die Beschwerdegegnerin kann von ihr noch nicht verlangen, Beweismittel wie Nachweise über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Dritten, hier des Herrn Z. , vorzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. September 2004 – 1 BvR 1962/04, info also 2004, 260). Es obliegt zunächst dem Leistungsträger, das Vorliegen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft darzulegen. Die mit dem Nachweis verbundenen Schwierigkeiten rechtfertigen auch bei längerem Zusammenleben von Mann und Frau keine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast (OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 2. Januar 2002 – 2 M 104/01, FESV 54,166).
Aus diesem Grund hat der Senat die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet.
Nach allem hat der Eilantrag Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 Abs. 1 SGG.
Der Beschluss ist nach § 177 SGG unanfechtbar. Auf § 178 a SGG wird hingewiesen.