Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 5 KR 578/15 - Urteil vom 17.12.2015
Gesetzlich Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht, soweit diese durchgängig, d.h. ohne anspruchsbegründete Lücken, ärztlich festgestellt ist. Diese Feststellung kann auch im Rahmen eines Gutachtens der Sozialmedizinischen Dienstes getroffen werden.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Krankengeld für die Zeit vom 25.2.2015 bis 3.4.2015.
Der 1974 geborene Kläger ist gelernter Schlosser und Schweißer. Zuletzt war er bei der „Fa. X Schweisstechnik“ (zu einem Gehalt von EUR 2.783,07 brutto und EUR 1.765,08 netto) beschäftigt, die ihm mit Schreiben vom 14.11.2014 innerhalb der Probezeit zum 30.11.2014 kündigte. Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist wurde das Entgelt fortgezahlt.
Zum 16.11.2014 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Mit Erstbescheinigung vom 17.11.2014 des Chefarztes der Abteilung für Allgemein- und Visceralchirurgie der B.-Klinik in G., Dr. K., wird für die Zeit ab dem 17.11.2014 bis voraussichtlich 21.11.2014 (aufgrund der Diagnose <Fußphlegmone links>) Arbeitsunfähigkeit attestiert. Eine auf den 24.11.2014 datierende Folgebescheinigung des Chefarztes und Priv. Doz. Dr. KL. der Abteilung für Orthopädie und Unfallchirurgie des B.-Krankenhauses attestiert (ebenfalls aufgrund der Diagnose L03.02 <Phlegmone an Zehen>) Arbeitsunfähigkeit ab dem 16.11.2014 bis voraussichtlich 24.11.2014.
Aufgrund einer stationären rheumatologischen Behandlung im Dezember 2014 und von Folgebescheinigungen des behandelnden Allgemeinmediziners des Klägers, Dr. B., bis einschließlich zum 12.1.2015 zahlte die Beklagte dem Kläger zunächst Krankengeld bis zum 12.1.2015. Sie wies den Kläger dabei ausdrücklich darauf hin, dass eine erneute Feststellung der Arbeitsunfähigkeit spätestens mit Ablauf des letzten Tages des vorausgegangenen Arbeitsunfähigkeitszeitraums vorliegen müsse (vgl. Schreiben vom 5.1.2015).
Auf Veranlassung der Beklagten untersuchte der Sozialmedizinische Dienst (SMD) den Kläger am 12.1.2015. In ihrem Gutachten vom selben Tage stellte die Ärztin Z. als „au-relevante Diagnose“ eine abklingende undifferenzierte Oligoarthritis nach Tonsillitis im November 2014 fest. Trotz rückläufiger Beschwerden könne noch kurzzeitig Arbeitsunfähigkeit angenommen werden. Sie schlug eine Wiederholungsbegutachtung in drei Wochen vor.
Auf einem Auszahlungsschein vom 12.1.2015 bestätigte Dr. B. dem Kläger Arbeitsunfähigkeit für die Zeit ab dem Ausstellungsdatum bis voraussichtlich zum 2.2.2015 (aufgrund der Diagnosen M 13.99 <Oligoarthritis>, L03.11 <Phlegmone der unteren Extremitäten> und M08.3 <seronegative Polyarthritis>). Auf einem weiteren Auszahlungsschein vom 2.2.2015 bescheinigte er dem Kläger (aufgrund der Diagnose L03.11) weiterhin Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum vom 2.2.2015 bis einschließlich zum 24.2.2015. Die Beklagte notierte darauf eine interne Wiedervorlagefrist für den 25.2.2015.
In einem Gutachten des Dr. S. vom 5.2.2015 aufgrund Untersuchung vom 4.2.2015 stellte der SMD als au-begründende Diagnose einen Belastungsschmerz des linken Vorfußes nach Begleitarthritis bei Tonsillitis und eine Fußfehlform fest. Eine rheumatologische Untersuchung sei sinnvoll, ebenso eine Einlagenversorgung für die Schuhe. Wörtlich fasste der Arzt zusammen: „Es ist sicher davon auszugehen, dass sich der Kläger nach einer Schonzeit Ende des Monats dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen kann“. Unter dem Datum des 4.2.2015 verfügte der Arzt darüber hinaus im Rahmen einer formularmäßigen Zusammenfassung des Begutachtungsergebnisses „ein Wiederholungsgutachten in drei Wochen“.
Bis zum 24.2.2015 zahlte die Beklagte dem Kläger das Krankengeld fort. Über die Notwendigkeit der nahtlosen Folgebescheinigung klärte sie ihn ebenfalls erneut auf (vgl. Schreiben vom 6.2.2015).
Mit Auszahlungsschein vom 25.2.2015 bescheinigte Dr. B. dem Kläger (unstreitig) Arbeitsunfähigkeit für die Zeit ab dem 25.2.2015 bis zunächst einschließlich zum 18.3.2015 (aufgrund der Diagnosen K76.0 <Fettleber>, M08.3 <seronegative Polyarthritis> und L03.11 <Phlegmone der unteren Extremitäten>). Daran schlossen sich weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich zum 3.4.2015 an (vgl. Erklärung in der Sitzungsniederschrift vom 17.12.2015).
Am 26.2.2015 fand eine erneute Untersuchung des Klägers durch den SMD statt. In ihrem Gutachten vom 3.3.2015 stellte die Ärztin Z. als au-relevante Diagnose einen Belastungsschmerz am linken Fuß mit Punctum Maximum an der Basis des Mittelfußknochens IV fest sowie bei einem MRT im November 2014 nachgewiesene Gelenkergüsse der Fußwurzel und des Tarsometatarsalgelenks medial links. Die lokalen Fußbeschwerden links mit auslösbarem Druckschmerz begründeten zunächst bis zur fachorthopädischen Untersuchung in der 10. Kalenderwoche noch Arbeitsunfähigkeit. Von dort solle über nochmalige bildgebende Diagnostik und die Einlagenverordnung entschieden werden. Die Rheumafaktoren seien zu kontrollieren, die entsprechende Untersuchung sei in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit jedoch nicht vordringlich.
Mit Bescheid vom 3.3.2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Versicherungsverhältnis mit Anspruch auf Krankengeld am 24.2.2015 ende, weil die erneute Arbeitsunfähigkeit erst am 25.2.2015 ärztlich festgestellt sei und diese Feststellung erst ab dem 26.2.2015 wirke, so dass eine anspruchsvernichtende Lücke vorliege.
Hiergegen wandte der Kläger mittels Widerspruchs vom 6.4.2015 ein, es sei ihm wegen erheblicher Beschwerden erst am 25.2.2015 möglich gewesen, einen Arzt aufzusuchen. Dieser habe ihm ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit bis zum 3.4.2015 bescheinigt. Der Nahtlosigkeitsrechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) könne nicht gefolgt werden, da sie - wie in seinem Fall - zu unbilligen Härten führe.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8.5.2015 als unbegründet zurück. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung müsste die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit zu Beginn jedes neuen Bewilligungsabschnittes vorliegen. Nach § 192 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) bestehe die Mitgliedschaft nur solange fort wie auch der Krankengeldanspruch bestehe. Im Falle des Klägers sei der Anspruch zum 24.2.2015 ausgelaufen. Zur Aufrechterhaltung habe es einer erneuten ärztlichen Feststellung spätestens am 24.2.2015 bedurft.
Mit seiner hiergegen am 18.6.2015 vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen (SG) erhobenen Klage hat der Kläger sein Anliegen unter Wiederholung seines Sachvortrages aus dem Widerspruchsverfahren weiter verfolgt. Ergänzend hat er vorgetragen, dass er am 24.2.2015 „bettlägerig erkrankt“ sei. Sein Arzt habe ihm sodann am 25.2.2015 ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit bestätigt. Die Nahtlosigkeitsrechtsprechung des BSG sei verfehlt. Er wolle seinen Fall notfalls bis zur letzten Instanz verhandeln.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 3.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.5.2015 zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 25.2.2015 bis 3.4.2015 Krankengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu bewilligen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen.
Nach vorausgegangenem Hinweis zur Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung aufgrund höchstrichterlich geklärter Rechtslage (vgl. Gerichtsschreiben vom 8.7.2015) hat das SG die Klage mit Urteil vom 13.8.2015 unter Auferlegung von „anteilig Gerichtskosten“ gemäß § 192 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Höhe von EUR 150,00 abgewiesen. Zur Begründung hat sich das Gericht auf die angefochtenen Bescheide bezogen. Ergänzend hat es ausgeführt, die Beklagte habe die Krankengeldzahlung zu Recht mit Ablauf des 24.2.2015 eingestellt, da auch zu diesem Zeitpunkt der fortwirkende Krankengeldanspruch geendet habe. Nach der gefestigten ständigen Rechtsprechung des BSG sei Krankengeld abschnittsweise zu bewilligen, dies erfordere eine Feststellung des Fortbestandes der Arbeitsunfähigkeit vor Ablauf des prognostizierten Endes der vorausgegangenen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Die ärztliche Feststellung der Krankheit sei für das Entstehen des Krankengeldanspruchs am Folgetage nach § 46 S.1 Nr. 2 SGB V konstitutiv, es handele sich nicht um eine reine Zahlungsvorschrift. Diese Rechtsprechung sei vom BSG nach abweichenden Urteilen des 16. Senates des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen zuletzt mit Urteilen vom 16.12.2014 ausdrücklich bestätigt worden. Selbst der behandelnde Arzt des Klägers habe ihm am 25.2.2015 ebenso wie der SMD aufgrund Untersuchung vom 26.2.2015 keine akuten Beschwerden bescheinigt, die die vorgebliche Unfähigkeit bereits am 24.2.2015 einen Arzt aufzusuchen, bestätigen könnten. Es liege auch kein Sonderfall vor, nach dem ausnahmsweise eine rückwirkende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit erfolgen könne; insbesondere sei der Kläger weder handlungs- noch geschäftsunfähig gewesen. Schließlich ergebe sich auch nichts anderes aus der Gesetzesänderung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V (zum 23.7.2015), der nunmehr eine Wirkung der ärztlichen Feststellung bereits ab dem Ausstellungsdatum vorsieht, da dieses Gesetz keine Rückwirkung entfalte. Angesichts der eindeutigen höchstrichterlichen Rechtsprechung sei die Rechtsverfolgung mutwillig und die tenorierte Kostenbeteiligung angemessen.
Der Kläger hat gegen das Urteil am 22.9.2015 Berufung eingelegt. Zur Begründung führt er aus, die Voraussetzungen der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit lägen auch nach § 46 SGB V a.F. vor. Aus medizinischer Sicht sei seine Arbeitsunfähigkeit über den 24.2.2015 nachgewiesen. Die schriftliche Dokumentation dieser Feststellung werde gesetzlich nicht vorausgesetzt, insbesondere nicht in Gestalt einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder eines Auszahlungsscheines. § 46 SGB V in der hier anwendbaren Fassung regele dabei nur den Zeitpunkt der Entstehung des Krankengeldanspruchs. Für die Entstehung selbst reiche bei ununterbrochener Arbeitsunfähigkeit eine erste ärztliche Feststellung aus, die hier am 16.11.2014 erfolgt sei; diese sei auch in der Wochenfrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V gemeldet worden. Der SMD der Beklagten selbst habe Arbeitsunfähigkeit am 4.2.2015 bestätigt. Durch die aktuelle Gesetzesänderung werde deutlich, dass der Gesetzgeber die den Kläger treffende Härte der alten Regelung verpöne, wonach die ärztliche Feststellung erst am Folgetag greife, obwohl sie am Ausstellungstag festgestellt sei. Er schließe sich insoweit unter Verweis auf das Sozialstaatsprinzip der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweichenden erstinstanzlichen Judikatur, insbesondere des SG Speyer, an. Die Entscheidungen des BSG vom 16.12.2014 könnten die darin aufgeworfenen Bedenken nicht ausräumen, zumal ihm nach neuer Rechtslage unbestreitbar ein Krankengeldanspruch zustünde. Der Wortlaut des Gesetzes stütze die aus seiner Sicht gesetzesübersteigende höchstrichterliche Rechtsauffassung in keiner Weise. Die Gerichte seien an den Gesetzeswortlaut gebunden. Nötigenfalls werde er dies im Wege einer Verfassungsbeschwerde einklagen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG Gelsenkirchen vom 13.8.2015 zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das erstinstanzliche Urteil sei weder rechtlich noch tatsächlich zu beanstanden. Es stünde insbesondere im Einklang mit dem Gesetz und der jüngst bestätigten höchstrichterlichen Rechtsprechung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.
Das SG Gelsenkirchen hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 3.3.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8.5.2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten nach § 54 Abs. 2 SGG. Er hat Anspruch auf Krankengeld für die Zeit vom 25.2.2015 bis 3.4.2015 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen.
Der Senat stellt fest, dass der Kläger auch über den 24.2.2015 hinaus bis einschließlich zum 3.4.2015 mit Anspruch auf Krankengeld versichert war. Denn seine bei Ablauf seines Beschäftigungsverhältnis (zum 30.11.2014) gem. §§ 5 Abs. 1 Nr. 1, 190 Abs. 2 SGB V bestehende Mitgliedschaft (mit Anspruch auf Krankengeld) in der Krankenversicherung bei der Beklagten wurde für diesen Zeitraum aufrechterhalten (vgl. § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V).
Die Voraussetzungen eines Krankengeldanspruchs nach § 44 Abs. 1 SGB V liegen für den hier streitigen Zeitraum vor. Danach haben Versicherte u.a. Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht, soweit diese ärztlich festgestellt ist, wie sich aus der ergänzenden Bestimmung des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V ergibt. Diese Erfordernisse sind entgegen der erstinstanzlichen Urteilsbegründung und der Rechtsauffassung der Beklagten erfüllt. Zwar trifft es zu, dass eine anspruchsvernichtende Lücke im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG (vgl. zuletzt Entscheidungen vom 16.12.2014, B 1 KR 37/14 R; B 1 KR 35/14 R; B 1 KR 19/14 R; B 1 KR 31/14 R; B 1 KR 25/14 R, juris) - der sich der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung ausdrücklich angeschlossen hat (vgl. zuletzt Urteil vom 20.8.2015, L 5 KR 338/13 unter www.sozialgerichtsbarkeit.de) - vorläge, wenn man bei der Prüfung der ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit allein auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. B. vom 25.2.2015 abstellen wollte. Denn dadurch, dass die vorausgegangene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 24.2.2015 endete und die Folgebescheinigung vom 25.2.2015 nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 46 S. 1 Nr. 2 SGB V einen Krankengeldanspruch erst für den Folgetag begründet hätte, hätte der Anspruch auf Krankengeld mit Ablauf des 24.2.2015 geendet.
Das SG verkennt jedoch ebenso wie die Beklagte, dass unabhängig von den Feststellungen des Dr. B. auch für den Tag des 25.2.2015 Arbeitsunfähigkeit des Klägers ärztlich festgestellt wurde. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Gutachten des Dr. S. vom SMD vom 4.2. bzw. 5.2.2015. Denn dieser Arzt hat dem Kläger aufgrund persönlicher Untersuchung vom 4.2.2015, also zeitlich nach der vorausgehenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. B. vom 2.2.2015 bis einschließlich zum 24.2.2015, Arbeitsunfähigkeit jedenfalls bis einschließlich zum 25.2.2015 bescheinigt. Nicht anders als in diesem Sinne lässt sich nach Auffassung des Senates die am 5.2.2015 von Dr. S. getroffene Aussage „Es ist sicher davon auszugehen, dass sich der Kläger nach einer Schonzeit Ende des Monats dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen kann“ nach Wortlaut und Bedeutungsgehalt verstehen. Denn dass jemand dem Arbeitsmarkt erst wieder ab einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung steht, bedeutet im Umkehrschluss zwangsläufig, dass er bis zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig ist, auch wenn dieses Wort nicht ausdrücklich benutzt wird. Der Referenzzeitpunkt „Ende des Monats“ wird nach Auffassung des Senates konkretisiert durch die flankierende Einschätzung des Dr. S. vom 4.2.2015, mit der er ein „Wiederholungsgutachten in drei Wochen“ vorsieht. Ausgehend vom 4.2.2015 hätte damit am 25.2.2015 eine erneute Begutachtung durch den SMD stattfinden müssen; dies entspricht auch dem Wiedervorlagedatum der Beklagten. Jedenfalls bis zu diesem Datum war zur Überzeugung des Senates nach den eigenen Feststellungen des SMD von Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Dass der SMD die Begutachtung tatsächlich erst am 26.2.2015 durchgeführt hat, ist dem Kläger nicht anzulasten und aufgrund der Folgebescheinigung des Dr. B. vom 25.2.2015 auch rechtlich ohne Relevanz. Auch auf die auf den 3.3.2015 datierende weitere Begutachtung durch die Ärztin Z. vom SMD der Beklagten, die dem Kläger noch aufgrund Untersuchung vom 26.2.2015 weiterhin Arbeitsunfähigkeit jedenfalls bis zur 10. Kalenderwoche (= 2. bis 8.3.2015) bescheinigt, kommt es damit nicht mehr an; wenngleich auch dieses Begutachtungsergebnis nur untermauert, dass auch bis zum 25.2.2015 aus Sicht des SMD nur von (ärztlich dokumentierter) Arbeitsunfähigkeit ausgegangen werden konnte.
Der Senat hat auch keine Bedenken, die Begutachtungsergebnisse des Dr. S. vom 4.2. und 5.2.2015 als ärztliche Feststellung im Sinne von § 46 S.1 Nr. 2 SGB V zu werten. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nur BSG, Urteil vom 26.2.1992, 1/3 RK 13/90 m.w.N., juris) muss Arbeitsunfähigkeit im Gesetzessinne nicht durch den behandelnden Arzt und auch nicht ausdrücklich im Rahmen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung festgestellt werden, vielmehr reicht die Schlussfolgerung der Arbeitsunfähigkeit aufgrund der ärztlichen Stellungnahme (irgend)eines Arztes nach persönlicher Untersuchung aus; dabei muss nicht einmal das Wort „Arbeitsunfähigkeit“ ausdrücklich verwendet werden (Brandts in: Kasseler Kommentar, SGB V, Stand: 10/2011, § 46 Rn. 11; vgl. auch die Nachweise bei Kruse in: LPK-SGB V, 4. Aufl. 2012, § 46 Rn. 4).
Diesen Anforderungen genügt die ärztliche Stellungnahme des Dr. S.. Da Ärzte des SMD bei der Wahrnehmung ihrer medizinischen Aufgaben auch nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen sind (vgl. § 275 Abs. 5 SGB V), können ihre Gutachten auch ohne weiteres im gerichtlichen Verfahren verwertet werden (so bereits BSG, Urteil vom 14.12.2000, B 3 P 5/00 R, Rn. 13; BSG, Beschluss vom 23.12.2004, B 1 KR 84/04 B, Rn. 5, je juris). Die demgegenüber von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretene Rechtsauffassung, der SMD könne nur die von einem behandelnden Arzt festgestellte Arbeitsunfähigkeit widerlegen, selbst hingegen (konstitutiv) keine Arbeitsunfähigkeit feststellten, lässt sich weder mit den in § 275 SGB V (insbesondere Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 1a ) beschriebenen umfassenden Aufgaben des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen bei der Prüfung der Arbeitsfähigkeit vereinbaren, noch mit der dargelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den Anforderungen an die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit.
Für den Zeitraum vom 26.2.2015 bis 3.4.2015 ist Arbeitsunfähigkeit darüber hinaus zwischen den Beteiligten unstreitig festgestellt.
Die Höhe des fortzuzahlenden Krankengeldes, die zwischen den Beteiligten unstreitig ist, folgt der gesetzlichen Bestimmung des § 47 SGB V.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 193, 183 SGG.
Die erstinstanzlich verhängten anteiligen Verschuldenskosten waren bereits aufgrund der Begründetheit der Berufung des Klägers und der daraus folgenden Rechtmäßigkeit seiner Rechtsverfolgung aufzuheben.
Gründe für eine Zulassung der Revision nach Maßgabe des § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich. Insbesondere steht die vorliegende Einzelfallentscheidung im Einklang mit der Rechtsprechung des BSG zur Notwendigkeit nahtloser Arbeitsunfähigkeitsnachweise und zu den Anforderungen an die ärztliche Feststellung.