Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Der am 7. Januar 1969 geborene Kläger schloss im Jahre 1989 eine Ausbildung zum Tischler ab und war bis Oktober 1993 als Möbelaufsteller beschäftigt. Im Anschluss an seine Zeit als Zeitsoldat von Oktober 1993 bis September 1997 begann er eine Ausbildung zum Fahrlehrer, gab diese aber nach eigenen Angaben wegen Kniebeschwerden auf. Von Februar 2000 bis Oktober 2002 war der Kläger als Gebäudereiniger beschäftigt.

Am 4. September 2001 erlitt der Kläger einen Unfall, bei dem vor allem sein rechtes Knie in Mitleidenschaft gezogen wurde. Seitdem war er arbeitsunfähig. Am 7. Mai 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Die Beklagte zog ein sozialmedizinisches Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MdK) Berlin-Brandenburg vom 1. März 2002 bei. Der Gutachter gelangte zu der Beurteilung, dass der Kläger seine Tätigkeit als Gebäudereiniger auf Dauer nicht mehr ausüben könne, weil es dabei zu einer ständigen Überlastung beider Kniegelenke komme. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei erheblich gefährdet. Berufliche Reha-Maßnahmen würden dringend empfohlen.

Mit Bescheid vom 27. Mai 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2002 lehnte die Beklagte die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ab, weil der Kläger die persönlichen Voraussetzungen nach § 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht erfülle. Seine Erwerbsfähigkeit sei nicht erheblich gefährdet oder gemindert; er sei in der Lage, eine zumutbare Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.

Das Sozialgericht Berlin (SG) hat mit Urteil vom 12. Dezember 2002 die Beklagte verurteilt, über den Antrag des Klägers auf Gewährung berufsfördernder Leistungen zur Rehabilitation/Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Das Landessozialgericht Berlin (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 13. Mai 2005 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe einen Anspruch auf Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Er erfülle die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI; ein Ausschlusstatbestand i.S. des § 12 Abs. 1 SGB VI liege nicht vor. Auch die persönlichen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 SGB VI seien beim Kläger erfüllt. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI gemindert. Von einer geminderten Erwerbsfähigkeit sei nicht nur dann auszugehen, wenn eine Erwerbsminderung i.S. des § 43 SGB VI vorliege, sondern bereits dann, wenn die Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben nicht unwesentlich eingeschränkt und der Versicherte daher nicht mehr in der Lage sei, seine bisherige Tätigkeit normal auszuüben. Anknüpfungspunkt hierfür sei nicht etwa irgendeine ungelernte Tätigkeit, sondern die letzte (ungelernte) Tätigkeit des Klägers von Februar 2000 bis Oktober 2002 als Gebäudereiniger. Erwerbsfähigkeit i.S. von § 10 SGB VI sei nämlich allein die Fähigkeit zur möglichst dauernden Ausübung der bisherigen beruflichen Tätigkeit in normalem Umfang. Dabei sei die bisherige Tätigkeit gerade nicht mit dem bisherigen Beruf im Sinne der Erwerbsminderungsrenten identisch. Eine Gesetzesauslegung, die eine Ausgrenzung derjenigen Versicherten zur Folge habe, die rentenrechtlich dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzuordnen seien, stehe nicht in Einklang mit dem Gesetz und laufe den Aufgaben der Leistungen zur Teilehabe zuwider.

Die so verstandene Erwerbsfähigkeit des Klägers sei auch gemindert. Nach übereinstimmender Aussage aller mit dem Verfahren befassten Ärzte und Gutachter sei der Kläger auf Grund seines Knieleidens gesundheitlich nicht mehr in der Lage, einer Tätigkeit als Gebäudereiniger oder auch einer solchen als Tischler nachzugehen. Es sei auch zu erwarten, dass die geminderte Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden könnte. Alle mit der Sache befassten Gutachter hätten übereinstimmend erklärt, dass der Kläger von Anlage und Restleistungsvermögen her für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben geeignet sei und solche Leistungen mithin Erfolg versprechend seien. Im Rahmen ihrer unter Beachtung der Rechtsauffassung des Berufungssenats zu treffenden Ermessensentscheidung werde die Beklagte im Zusammenwirken mit dem Kläger zu entscheiden haben, welche der in § 33 Abs. 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) aufgeführten Leistungen hier konkret angeboten werden könnten.

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung materiellen Rechts (§ 10 SGB VI) und führt hierzu im Wesentlichen aus: Vom Berufungsgericht werde in dem angefochtenen Urteil die Erfüllung der persönlichen Voraussetzungen mit der Begründung bejaht, bei ungelernten Tätigkeiten sei nicht auf die Vielzahl aller abstrakten Erwerbsmöglichkeiten des gesamten Arbeitsfeldes, sondern - in Einschränkung des allgemeinen Begriffs der Erwerbsfähigkeit - auf den bisherigen Beruf des Versicherten abzustellen, wobei jedoch berufliche Tätigkeiten der letzten Jahre, wenn auch nicht aus allzu lange zurückliegender Zeit, einzubeziehen seien. Diese Interpretation des § 10 SGB VI sei nicht haltbar. Ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts stellten keinen Beruf dar, da es an einem geschützten Berufsbild mangele. Für diesen Bereich existierten auch keine allgemein gültigen Anforderungsprofile. Würde man bei diesen Versicherten für die Beurteilung des Rehabilitationsbedarfs auf die letzte Tätigkeit abstellen, so bestünde diese letzte Tätigkeit in dem konkret innegehabten Beschäftigungsverhältnis mit dem dort vorhandenen Anforderungsprofil. Dies würde jedoch dazu führen, dass jeder Ungelernte, der sein letztes Beschäftigungsverhältnis aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auszuüben in der Lage sei, automatisch die persönlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfüllte, auch wenn er noch in der Lage wäre, vergleichbare oder auch andere ungelernte Tätigkeiten auszuüben. Daraus ergäbe sich die Konsequenz, dass Ungelernte gegenüber Facharbeitern eine erhebliche Bevorzugung erfahren würden, weil bei letzteren für die Beurteilung des Rehabilitationsbedarfs nicht lediglich auf die letzte Tätigkeit, sondern auf die gesamte berufliche Qualifikation, also auf das Berufsbild in voller Breite, abgestellt werde. Der Kläger erfülle die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI nicht, da er noch in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig zu verrichten.

Die Beklagte beantragt, 

das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 13. Mai 2005 sowie das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 12. Dezember 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, 

die Revision zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht haben das SG und das LSG die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Entgegen der Ansicht der Beklagten sind die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben i.S. der §§ 9 ff SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 2002 (BGBl I 754) erfüllt.

Gemäß § 9 Abs. 2 SGB VI können Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind. Dabei unterliegt die Entscheidung über die Voraussetzungen, das "ob" der Leistung der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle, während das "wie" der Leistung im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten steht (vgl. u.a. BSGE 85, 298, 300 = SozR 3-2600 § 10 Nr. 2 S 3 m.w.N.).

Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 11 SGB VI liegen beim Kläger vor, und ein Ausschlussgrund i.S. des § 12 SGB VI ist nicht verwirklicht; hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Der Kläger erfüllt auch die persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI.

Nach § 10 Abs. 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,

1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und

2. bei denen voraussichtlich

a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,

b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann,

c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden kann.

Zutreffend hat das LSG entschieden, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers aus den in § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI genannten Gründen gemindert ist.

Der Begriff der im Gesetz nicht definierten Erwerbsfähigkeit ist als Fähigkeit des Versicherten zu verstehen, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können. Nicht hingegen sind die Kriterien anwendbar, die für die Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen einer Rente wegen Erwerbsminderung maßgebend sind. Dies hat der 13. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) mit Urteil vom 29. März 2006 (SozR 4-2600 § 10 Nr. 1) zu § 10 Nr. 1 in der bis zum 31. Dezember 2000 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261) entschieden. Dem schließt sich der erkennende Senat für die Auslegung des lediglich redaktionell veränderten § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der hier maßgeblichen Fassung an.

Entgegen der Ansicht der Rentenversicherungsträger ist das BSG bereits in seiner früheren Rechtsprechung davon ausgegangen, dass Rehabilitationsleistungen nicht nur den Versicherten zugute kommen, die einen qualifizierten Beruf ausüben, sondern auch von denjenigen in Anspruch genommen werden können, die in der Rentenversicherung keinen sog. Berufsschutz genießen, weil sie ungelernte Tätigkeiten verrichten. Schon in der grundlegenden Entscheidung zu dem seit 1957 geltenden Rehabilitationsrecht hat das BSG hervorgehoben, dass § 1236 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) den Begriff der Erwerbsfähigkeit verwende, wohingegen § 1246 RVO die Berufsunfähigkeit betreffe, und ist ausdrücklich der Auffassung entgegengetreten, die Voraussetzungen für die Minderung der Erwerbsfähigkeit im rehabilitationsrechtlichen Sinne seien im Lichte der Voraussetzungen eines Rentenanspruchs zu verstehen. Bereits damals wurde darauf hingewiesen, dass die Vorschriften über den Anspruch auf Rehabilitationsleistungen nicht auf Vorschriften über die Berufsunfähigkeit Bezug nähmen, sodass die Verweisbarkeit auf eine andere Tätigkeit dem Anspruch auf Rehabilitationsmaßnahmen nicht entgegenstehe (BSGE 28, 18, 20 = SozR Nr. 4 zu § 1236 RVO Bl Aa4, Aa5R; vgl. auch SozR 2200 § 1236 Nr. 5 S 9 f m.w.N. zur Änderung durch das ArVNG 1957; § 1236 RVO n.F. gegenüber § 1310 RVO a.F.). In späteren Entscheidungen hat das BSG diesen Ansatz immer wieder bekräftigt und insbesondere betont, dass für die Erfüllung der leistungsrechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rehabilitation eine Minderung oder Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten im bisherigen Beruf oder in der bisherigen Tätigkeit genüge (BSGE 48, 74, 75 = SozR 2200 § 1237a Nr. 6 S 8; BSGE 50, 156, 157f = SozR 2200 § 1237 Nr. 15 S 19; BSGE 52, 123, 125 f = SozR 2200 § 1237a Nr. 19 S 54 f).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das BSG jedenfalls in einer Entscheidung die rehabilitationsrechtlich relevante Minderung der Erwerbsfähigkeit als berufsbezogen aufgefasst und darauf abgestellt hat, ob der Versicherte unabhängig von den Besonderheiten des gerade innegehaltenen Arbeitsplatzes den typischen Anforderungen des ausgeübten Berufes noch nachkommen könne (vgl. BSG SozR 2200 § 1237a Nr. 16 S 39). Das Urteil enthält keinerlei Hinweise darauf, dass es diese Aussage auf Ausbildungsberufe beschränken wollte; schon deshalb ist fraglich, ob es als Beleg für die Auffassung dienen kann, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI bei ungelernten Versicherten nach ihrer Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu beurteilen sei. Das Kriterium der rehabilitationsrechtlich relevanten Minderung der Erwerbsfähigkeit ist - berufsbezogen - grundsätzlich auf Versicherte in ungelernten Tätigkeiten in gleicher Weise anwendbar wie auf Versicherte in qualifizierten Berufen, denn typische Anforderungsprofile können nicht nur die Ausübung qualifizierter (Ausbildungs-)Berufe, sondern auch die Verrichtung ungelernter Tätigkeiten prägen. Letztere haben regelmäßig ebenfalls - losgelöst von einer konkreten Arbeitsstelle - ein bestimmtes Leistungsprofil und beinhalten damit typische, vom Versicherten zu bewältigende Kernaufgaben und Verrichtungsmerkmale, die sich zwar nicht auf bestimmte Ausbildungsinhalte beziehen werden, aber durch die konkrete Tätigkeit vorgegeben sind und praktisch erworbene Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse verlangen. Hiervon abzugrenzen sind die spezifischen Belastungen und Anforderungen an einem konkreten Arbeitsplatz, die nicht berufstypisch sind und daher unberücksichtigt bleiben müssen. Auf dieser Grundlage kommt eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bei dem ungelernten Versicherten ebenso wie bei dem gelernten Versicherten in Betracht, wenn er den typischen Anforderungen seiner bisherigen Tätigkeit nicht mehr gewachsen ist. Bei dieser Betrachtungsweise wird der als ungelernter Arbeiter tätige Versicherte entgegen der Befürchtung der Rentenversicherungsträger nicht gegenüber dem gelernten Versicherten privilegiert; andererseits bleibt ihm ebenfalls der Zugang zu Leistungen zur beruflichen Teilhabe offen.

Die dargelegte bisherige Bedeutung kommt dem Begriff der Erwerbsfähigkeit auch in § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI der hier maßgeblichen Fassung zu.

§ 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI verwendet den Begriff Erwerbsfähigkeit, obwohl das Gesetz auch denjenigen der Berufsfähigkeit kennt (s insbesondere §§ 45 und 240 SGB VI), sodass der Wortlaut der Norm keine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf qualifizierte, einen Berufsschutz auslösende Tätigkeiten erkennen lässt. Ebenso wenig nimmt § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI Bezug auf § 43 Abs. 3 SGB VI, nach dem derjenige nicht erwerbsgemindert ist, der unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann. Die fehlende Bezugnahme auf diese Regelung macht deutlich, dass die Frage der Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit in § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI unabhängig von der etwaigen Einsetzbarkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu beurteilen ist und sich damit auf die Betrachtung seiner bisher ausgeübten Tätigkeit reduziert.

Bestätigung findet dieses Ergebnis durch die Regelungen des § 11 Abs. 1 und Abs. 2a Nr. 1 SGB VI. Nach Abs. 1 haben Versicherte die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfüllt, die bei Antragstellung die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt haben (Nr. 1) oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit beziehen (Nr. 2). Gemäß Abs. 2a Nr. 1 werden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an Versicherte auch erbracht, wenn ohne diese Leistungen Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu leisten wäre. Das Gesetz knüpft damit lediglich in Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2a Nr. 1 den Anspruch auf Teilhabeleistungen an das Vorliegen rentenrechtlicher Voraussetzungen, wohingegen nach Abs. 1 Nr. 1 ausschließlich die Erfüllung der 15-jährigen Wartezeit Anspruchsvoraussetzung ist. Hätte der Gesetzgeber den Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe stets davon abhängig machen wollen, dass die Voraussetzungen einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit erfüllt sind, hätte es nahe gelegen, die fraglichen Vorschriften entsprechend zu fassen.

Eine dahin zielende Gesetzesfassung ist ausweislich der Entstehungsgeschichte der Norm auch zunächst erwogen worden. § 11 Abs. 2 Nr. 1 des Referentenentwurfs eines RRG 1992 bestimmte, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation erfüllt sind, wenn die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt sind (Diskussions- und Referentenentwurf RRG 1992, S 42). Hierdurch sollten berufsfördernde Leistungen auf die Personen beschränkt werden, die von der Rentenversicherung eine derartige Rente erhalten können und bei denen durch Leistungen zur Rehabilitation eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abgewendet werden kann (vgl. Begründung zum Diskussions- und Referentenentwurf RRG 1992, S 77). Schon § 11 Abs. 1 SGB VI i.d.F. des RRG 1992 hat jedoch eine derartige Verknüpfung nicht vorgenommen. Diese Entwicklung spricht dafür, dass der Gesetzgeber Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei Erfüllung der 15-jährigen Wartezeit von dem Vorliegen rentenrechtlicher Voraussetzungen bewusst abgekoppelt hat. Da bereits § 11 SGB VI regelt, in welchen Fällen Teilhabeleistungen von rentenrechtlichen Voraussetzungen abhängig bzw. unabhängig sind, ist nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber diese Frage außerdem in § 10 SGB VI habe regeln wollen.

Eine Auslegung des Begriffs Erwerbsfähigkeit in § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI im dargelegten Sinne wird zudem durch die ab 1. Januar 2001 geltenden veränderten rentenrechtlichen Vorschriften gestützt. Ein besonderer Schutz des erlernten Berufs in Form der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit wird ausweislich § 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI nur noch für einen Übergangszeitraum gewährt. Im Übrigen kennt das Gesetz - abgesehen von den Renten für Bergleute in § 45 SGB VI - für alle Versicherten unabhängig von der Qualität des ausgeübten Berufs nur noch eine Rente wegen Erwerbsminderung (vgl. § 43 SGB VI). Dem widerspräche es, im Recht der Rehabilitation bzw. der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben den erlernten Beruf anders als eine sonstige Tätigkeit zu behandeln.

Entgegen der Ansicht der Rentenversicherungsträger lässt sich auch aus den Vorschriften des SGB IX, namentlich § 14 Abs. 4 Satz 2 nicht ableiten, dass der Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe lediglich den einen qualifizierten Beruf ausübenden Versicherten zwecks Vermeidung einer sonst zu erbringenden Rentenleistung zusteht. Nach dieser Vorschrift leitet die Bundesagentur für Arbeit für die Klärung von Erstattungsfällen i.S. des Satzes 1 Anträge auf Leistungen zur Teilhabe zwecks Feststellung der Voraussetzungen des § 11 Abs. 2a Nr. 1 SGB VI an den Träger der Rentenversicherung nur weiter, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Träger der Rentenversicherung zur Leistung einer Rente unabhängig von der jeweiligen Arbeitsmarktlage verpflichtet sein könnte. § 14 Abs. 4 Satz 2 SGB IX normiert mithin eine Verhaltenspflicht der Bundesagentur für Arbeit lediglich für eine Alternative der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen i.S. des § 11 SGB VI. Eine Aussage über den Inhalt des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI lässt sich dem nicht entnehmen.

Dem Normverständnis im dargelegten Sinn kann schließlich nicht entgegengehalten werden, dass der ungelernte Versicherte in diesem Fall seinen Rehabilitationsbedarf selbst steuern könne, indem er eine Tätigkeit annimmt, die ihn gesundheitlich überfordert, um sich dann wegen Gefährdung seiner Erwerbsfähigkeit vom Rentenversicherungsträger als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben eine (Erst-)Ausbildung finanzieren zu lassen. Abgesehen davon, dass derselbe Einwand grundsätzlich auch bei gelernten Versicherten erhoben werden könnte, vermag die Möglichkeit des Missbrauchs im Einzelfall die Auslegung einer abstrakten Rechtsnorm auf Grund des Wortlauts, der Gesetzessystematik und der Entstehungsgeschichte nicht in Frage zu stellen. Einem Missbrauch hat der Rentenversicherungsträger vielmehr dadurch zu begegnen, dass er prüft, ob die begehrte Leistung nach dem auch im Sozialrecht anwendbaren Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 Bürgerliches Gesetzbuch zu versagen ist (vgl. BSGE 65, 272, 277 = SozR 4100 § 78 Nr. 8 S 36; BSGE 76, 67 = SozR 3-4100 § 141k Nr. 2; BSG SozR 3-2400 § 25 Nr. 6 jeweils m.w.N.). Hierfür spricht auch § 103 SGB VI, in dem dieser Gedanke hinsichtlich der Rentenleistung positivrechtlichen Ausdruck gefunden hat. Danach besteht ein Rentenanspruch nicht, wenn die für einen Rentenanspruch erforderliche gesundheitliche Beeinträchtigung absichtlich herbeigeführt worden ist.

Der Kläger ist nach den Feststellungen des LSG, die für den Senat bindend sind (§ 163 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und denen die Beklagte auch nicht widersprochen hat, auf Grund seines Knieleidens nicht mehr imstande, die zuletzt ausgeübten Tätigkeiten als Gebäudereiniger und Tischler zu verrichten.

Die Entscheidung des LSG, dass die geminderte Erwerbsfähigkeit des Klägers durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI voraussichtlich wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden kann, ist ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die nach dieser Norm gebotene Feststellung der Erfolgsaussicht einer Leistung zur Teilhabe muss sich auf die Prüfung beschränken, ob der Versicherte grundsätzlich rehabilitationsfähig ist, was unter Berücksichtigung seiner körperlichen sowie geistigen Leistungsfähigkeit, seiner Motivation und seines Alters positiv festzustellen ist. Da die Beklagte ihre Leistungspflicht bereits verneint hat, weil ihrer Ansicht nach die Erwerbsfähigkeit des Klägers nicht gefährdet oder gemindert, und somit keine konkrete Maßnahme Streitgegenstand ist, kommt eine maßnahmenbezogene Prüfung der Erfolgsaussicht von vornherein nicht in Betracht. Zwar ist in der früheren Rechtsprechung des BSG davon die Rede, dass die Erfolgsaussicht nur anhand einer konkreten Maßnahme geprüft werden könne (BSG SozR 2200 § 1237a Nr. 16 S 39; BSGE 48, 74, 77 = SozR 2200 § 1237a Nr. 6 S 9). Dies kann indes jedenfalls dann nicht gelten, wenn eine konkrete Maßnahme gar nicht im Streit steht (so im Ergebnis auch Urteil des 13. Senats vom 29. März 2006 - SozR 4-2600 § 10 Nr. 1).

Für eine allein auf den Versicherten und nicht auf eine konkrete Maßnahme bezogene Prüfung sprechen überdies systematische Erwägungen in Form einer Abgrenzung des § 10 Abs. 1 SGB VI zu § 13 Abs. 1 und § 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 4 SGB IX. Während § 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI eine (echte) Anspruchsvoraussetzung normiert und die diesbezügliche Entscheidung der vollständigen gerichtlichen Kontrolle unterliegt, betreffen § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI und § 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 4 SGB IX den Ermessensbereich der Beklagten, der nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich ist. All das, was das Gesetz in diesen Vorschriften regelt, kann angesichts der unterschiedlichen gerichtlichen Kontrolldichte nicht auch Gegenstand des § 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI sein. Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bestimmt der Träger der Rentenversicherung im Einzelfall unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen zur Teilhabe sowie die Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen. Bei der Auswahl der Leistungen werden gemäß § 16 SGB VI i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt. Das Gesetz ordnet damit die Auswahl der konkreten Leistung zur Teilhabe im Einzelfall, u.a. unter Beachtung der Eignung des Versicherten, dem Ermessensbereich zu. Damit wäre es unvereinbar, wenn die Erfolgsaussicht i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b SGB VI anhand einer konkreten Maßnahme zu prüfen wäre. Angesichts dieser Überlegungen wird in künftigen Fällen zu überdenken sein, ob die bisherige Rechtsprechung zu korrigieren ist, soweit das Gerichtsverfahren eine konkrete Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben betrifft.

Für die hier vorliegende Sachverhaltskonstellation ist jedenfalls maßgeblich, ob sich die geminderte Erwerbsfähigkeit des Versicherten nach seinen persönlichen Verhältnissen voraussichtlich durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich verbessern oder wiederherstellen lässt.

Der Beklagten ist zuzugestehen, dass bei diesem Verständnis der Begriff der Erwerbsfähigkeit in § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI eng mit der bisherigen Tätigkeit des Versicherten verknüpft ist, während derselbe Begriff in § 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI einen anderen Sinngehalt hat. Dass sich das Rehabilitationsziel i.S. der Nr. 2 nicht in der Wiederaufnahme der bisherigen Tätigkeit erschöpft, ist im Grunde selbstverständlich und ergibt sich auch aus dem Leistungskatalog des § 16 SGB VI i.V.m. § 33 SGB IX, der u.a. Berufsvorbereitung, berufliche Weiterbildung und berufliche Ausbildung umfasst. Dies zeigt, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht allein auf die Erhaltung, wesentliche Besserung oder Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit des Versicherten in seinem bisherigen Beruf oder seiner bisherigen Tätigkeit gerichtet sein müssen (vgl. auch BSGE 48, 74, 76 = SozR 2200 § 1237a Nr. 6 S 8 f). Der von den Rentenversicherungsträgern befürwortete Rückschluss auf einen ähnlich weiten Sinngehalt des Begriffs der Erwerbsfähigkeit bei der Prüfung des Rehabilitationsbedarfs nach Nr. 1 ist nicht zulässig, denn er würde einen nicht unerheblichen Teil der Versicherten entgegen der gesetzlichen Systematik und der dem Gesetzgeber bekannten bisherigen Rechtsprechung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben praktisch ausschließen.

Die Aussicht auf eine maßgebliche Besserung der Erwerbsfähigkeit des Klägers ist auf Grund der Feststellungen des LSG, die von der Beklagten nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden und daher für den Senat bindend (§ 163 SGG) sind, zu bejahen. Danach ist er von seiner Anlage her und unter Berücksichtigung seines Restleistungsvermögens für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben geeignet. Zudem haben alle mit der Sache befassten Gutachter übereinstimmend erklärt, dass derartige Leistungen erfolgversprechend sind, was auch angesichts des Alters des Klägers von jetzt 38 Jahren nachvollziehbar ist. Damit ist es wahrscheinlich, dass durch geeignete Maßnahmen seine Vermittlungschancen verbessert und ihm Möglichkeiten eröffnet werden, wieder in vollem Umfang dauerhaft einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Insoweit unterscheidet sich der hier entschiedene Fall von dem Sachverhalt, über den der 13. Senat des BSG im Urteil vom 29. März 2006 (SozR 4-2600 § 10 Nr. 1) zu entscheiden hatte, weil dort keine entsprechenden Feststellungen zur Erfolgsaussicht i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI getroffen worden waren.

Die Beklagte ist daher nunmehr verpflichtet, unter Beteiligung des Klägers und in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens aus dem umfangreichen Katalog von in Betracht kommenden Maßnahmen eine geeignete Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben auszuwählen und zu gewähren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.