Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe der zu erstattenden Kosten anwaltlicher Vertretung in einem Widerspruchsverfahren.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete auf Grund einer Befristung zum 30. Juni 2004. Auf seine Arbeitslosmeldung vom 28. Mai 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld (Alg) ab 1. Juli 2004 und teilte ihm unter dem 21. Juni 2004 mit, dass sich sein Anspruch auf Alg in der Zeit vom 1. Juli bis voraussichtlich 29. August 2004 nach § 140 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) um insgesamt 1.050 EUR mindere.

Hiergegen legte der Kläger durch seinen anwaltlichen Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein, den er auf etwas mehr als einer halben DIN A 4-Seite begründete. In der Widerspruchsbegründung ist ua ausgeführt, der Kläger habe sich nach dem Wortlaut des § 37b SGB III ( ... frühestens drei Monate vor ... Beendigung ...) keiner Pflichtverletzung schuldig gemacht, die eine Kürzung seiner Bezüge rechtfertigen könne. Im Übrigen sei dem Kläger nicht bekannt, dass er sich bei befristeten Arbeitsverhältnissen früher als einen Monat vor Ablauf des Vertrages bei der Agentur für Arbeit melden müsse, da bei einer früheren Meldung erfolgreiche Vermittlungsbemühungen ohnehin nicht zu erwarten gewesen seien. Es verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip, einen über die Rechtslage nicht informierten Arbeitsuchenden trotzdem mit Sanktionen zu belegen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die gesetzliche Regelung - wie hier - zumindest unglücklich gefasst und missverständlich sei.

Die Beklagte hob den "Minderungsbescheid" mit Abhilfebescheid vom 21. Juli 2004 auf. Die Aufhebung erfolgte nach der Leistungsakte im Hinblick auf die Durchführungsanweisungen der Beklagten, wonach die Verpflichtung zur frühzeitigen Meldung nur für Personen entstand, die nach dem 30. Juni 2003 von der Beendigung des Versicherungspflichtverhältnisses Kenntnis erhalten hatten.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers übersandte der Beklagten unter dem 3. August 2004 eine Kostenrechnung, mit der er Gebühren nach § 3 des Gesetzes für die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (RVG) in Höhe von insgesamt 672,80 EUR geltend machte. Der Betrag setzte sich wie folgt zusammen:

"Mittelgebühr gem. Nr. 2500 VV 280,00 EUR Mittelgebühr gem. Nrn. 1002, 1005 VV 280,00 EUR Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV 20,00 EUR 580,00 EUR 16 MWSt gem. Nr. 7008 VV 92,80 EUR

672,80 EUR"

Die Beklagte setzte die zu erstattenden Kosten auf lediglich 348 EUR fest, weil die beantragte Erledigungsgebühr gemäß den Nrn. 1002 und 1005 Vergütungsverzeichnis (VV) RVG keine Berücksichtigung finden könne. Insoweit werde ausdrücklich die anwaltliche Mitwirkung gefordert. Eine wesentliche Mitwirkung sei nicht zu erkennen (Bescheid vom 10. September 2004; Widerspruchsbescheid vom 30. September 2004).

Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen (Gerichtsbescheid vom 31. März 2006). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 22. August 2006): Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung einer Erledigungsgebühr gemäß Nrn. 1002, 1005 VV RVG. Der angefochtene Bescheid habe sich nicht "durch die anwaltliche Mitwirkung" erledigt. Weder erfülle die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers das Merkmal der "Mitwirkung", noch sei die Erledigung "durch" diese Mitwirkung eingetreten. Eine Mitwirkung liege nur vor, wenn die Tätigkeit nicht allgemein auf Verfahrensförderung gerichtet sei, sondern auf den besonderen Erfolg einer Erledigung der Sache ohne förmliche Entscheidung. Eine ausführliche Widerspruchsbegründung reiche nicht aus, um die Erledigungsgebühr auszulösen, und zwar selbst dann nicht, wenn die vorgetragenen Argumente dazu führten, dass die Behörde ihre Auffassung ändere und dem Widerspruch abhelfe. Vielmehr müsse eine anwaltliche Tätigkeit dahingehend erkennbar sein, das Rechtsbehelfsverfahren über die Widerspruchsbegründung hinaus ohne streitige Entscheidung zu erledigen. Letztlich könne diese Frage dahingestellt bleiben, denn die Erledigung sei nicht "durch" die Mitwirkung des Rechtsanwalts eingetreten. An einer Kausalität zwischen der anwaltlichen Handlung (Widerspruchsbegründung) und der Erledigung des Widerspruchsverfahrens fehle es nämlich. Die Beklagte habe erkennbar darauf abgestellt, dass die Verpflichtung zur frühzeitigen Arbeitsuchendmeldung nach dem 30. Juni 2003 entstanden sei.

Der Kläger hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt, mit der er sinngemäß eine Verletzung der Nrn. 1002, 1005 VV RVG rügt. Er ist der Auffassung, für die Erledigungsgebühr müsse eine Tätigkeit in Richtung auf den später erzielten Erfolg genügen. Die Ursächlichkeit der Mitwirkungshandlung sei auch zu bejahen, wenn der Widerspruch zu einer (abweichend begründeten) positiven Entscheidung geführt habe.

Der Kläger beantragt, 

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. August 2006 und das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 31. März 2006 sowie den Bescheid vom 10. September 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 30. September 2004 aufzuheben und die Kosten des Widerspruchsverfahrens gemäß dem Antrag vom 3. August 2004 auf 672,80 EUR festzusetzen.

Die Beklagte beantragt, 

die Revision zurückzuweisen.

Sie schließt sich der Begründung des LSG vollinhaltlich an.

 

II

Die Revision des Klägers ist zurückzuweisen. Das LSG hat zutreffend entschieden, dass ihm höhere als von der beklagten Bundesagentur für Arbeit zuerkannte Kosten für das erfolgreich gegen die Minderung des Alg-Anspruchs nach §§ 37b, 140 SGB III durchgeführte Widerspruchsverfahren nicht zustehen.

Gegenstand des Verfahrens ist allein die Entscheidung darüber, in welcher Höhe die zu erstattenden Aufwendungen festzusetzen sind (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Denn die Beklagte hat bereits mit dem hier streitigen Bescheid vom 10. September 2004 bindend festgestellt, dass dem Kläger die Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach zu erstatten sind (§ 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 SGB X) und dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts notwendig i.S. von § 63 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 SGB X gewesen ist (zu den nach § 63 SGB X zu treffenden Entscheidungen der Behörde über die Vorverfahrenskosten s Roos in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 63 RdNr. 31).

Der Kläger kann einen höheren Kostenerstattungsanspruch wegen der Aufwendungen für das Vorverfahren nicht geltend machen, denn eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV RVG ist nicht entstanden. Aus dem Zusammenhang der Feststellungen des LSG ergibt sich, dass der dem Prozessbevollmächtigten durch den Kläger erteilte Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit nach dem 30. Juni 2004 erteilt worden ist, sodass das RVG in Verbindung mit dem als Anlage beigefügten VV in der ab 1. Juli 2004 geltenden Fassung durch das Gesetz vom 5. Mai 2004 (BGBl I 2004, 718) zur Anwendung kommt (§§ 60, 61 RVG).

Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen mit nicht mehr als 348 EUR festgesetzt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RVG bestimmt sich die Höhe der Vergütung nach der VV der Anlage 1 zum RVG. Ein gegenüber der Festsetzung durch die Beklagte höherer Erstattungsbetrag käme nur in Betracht, wenn zusätzlich eine Erledigungsgebühr angefallen wäre. Eine derartige Gebühr kann der Kläger jedoch nicht verlangen, weil die Voraussetzung der Nr. 1005 VV i.V.m. Nr. 1002, dass sich die Rechtssache durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt hat, nicht vorliegt. Insoweit hat der 1. Senat des Bundessozialgerichts unter Zugrundelegung des Wortlauts, der systematischen Zusammenhänge mit vergleichbaren Gebührenpositionen, Sinn und Zweck der Regelung sowie ihrer Entstehungsgeschichte entschieden, dass die Gebührenposition im Widerspruchsverfahren regelmäßig eine Tätigkeit verlangt, die über die bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgeht (Urteil vom 7. November 2006 - B 1 KR 23/06 R, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen mit zustimmender Anm. Keller, jurisPR-SozR 5/2007 Nr. 6; Urteile vom 7. November 2006 - B 1 KR 22/06 R - und - B 1 KR 13/06 R). Dieser überzeugenden Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an.

Nach den Feststellungen des LSG hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Vorverfahren keine Tätigkeit entfaltet, die auf eine Erledigung gerichtet gewesen und über das Maß dessen hinausgegangen wäre, das schon durch den allgemeinen Gebührentatbestand für das anwaltliche Auftreten im sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren abgegolten wird. Dies wird auch vom Kläger nicht behauptet, denn die Tätigkeit seines Prozessbevollmächtigten beschränkte sich auf die Einlegung und Begründung des Widerspruchs unter kurzer Darlegung seines Rechtsstandpunktes. Auf die vom LSG erörterte Frage, ob die Mitwirkungshandlung für die streitlose Erledigung des Vorverfahrens ursächlich gewesen ist, kommt es dementsprechend nicht mehr an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.