Bundessozialgericht - B 14/11b AS 11/07 R - Urteil vom 18.06.2008
Zur Errechnung des einzusetzenden Betrags der Kosten der Unterkunft sind beim Kinderzuschlag nach § 6a des BKGG nicht die Regeln des SGB II zu Grunde zu legen. Es ist nicht der anteilige Betrag nach Kopfteilen der Bedarfsgemeinschaft an den Kosten für Unterkunft und Heizung zu ermitteln. Vielmehr folgt aus dem Verweis in § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG auf § 6a Abs. 4 Satz 1 BKGG, dass die Unterkunftskosten nach dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung festzustellen sind. Dieses ergibt sich aus Wortlaut, Gesetzesbegründung sowie -entwicklung, systematischem Zusammenhang und Sinn der Vorschrift.
Gründe:
I
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Monat August 2005 Anspruch auf Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz (BKGG) hat.
Die Klägerin ist alleinerziehend und lebt mit ihren 1993 und 1995 geborenen Töchtern in einer rund 65 qm großen Wohnung. Die Gesamtmiete hierfür betrug im Monat August 406,06 EUR, die Kaltmiete 253,60 EUR. Die Klägerin war im streitigen Monat versicherungspflichtig beschäftigt gegen ein Bruttoarbeitsentgelt von 1.072,49 EUR (833,83 EUR netto (nach Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen und Steuern)). Sie erhielt 123 EUR Wohngeld und bezog für beide Kinder je 154 EUR Kindergeld. Der jüngeren Tochter wurde zudem Unterhalt von 170 EUR monatlich gewährt.
Zunächst stellte die Klägerin im April 2005 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)). Der Antrag wurde durch Bescheid der Beigeladenen am 11. August 2005 abschlägig beschieden mit der Begründung, die Klägerin sei nicht hilfebedürftig. Der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft sei durch das Einkommen einschließlich Kinder- und Wohngeld gedeckt. Am 15. September 2005 beantragte sie daraufhin Kinderzuschlag bei der Beklagten. Auch die Gewährung dieser Leistung wurde abgelehnt. Die Beklagte führte im Bescheid vom 22. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2005 aus, die Klägerin erreiche mit ihrem eigenen Einkommen aus abhängiger Beschäftigung - ohne Wohngeld - die maßgebliche Einkommensgrenze nicht; ihr Bedarf überschreite das erzielte Einkommen, sodass die Bedarfsunterdeckung nicht durch die Erziehung und Betreuung der Kinder entstehe. Es werde die Beantragung von Leistungen nach dem SGB II angeraten.
Im Klageverfahren war die Klägerin erfolgreich. Sowohl das Sozialgericht Münster ((SG) Urteil vom 1. März 2006), als auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ((LSG) Urteil vom 22. Januar 2007) haben die Bescheide der Beklagten für rechtswidrig befunden. Das SG hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin für den Monat August 2005 Kinderzuschlag in Höhe von 140 EUR zu gewähren und das LSG hat die Berufung der Beklagten hiergegen zurückgewiesen. Das SG führt aus: Werde die Vorschrift des § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG wortgetreu ausgelegt, sei die Berechnung der Beklagten nicht zu beanstanden. Danach sei der Kinderzuschlag in voller Höhe zu zahlen, wenn das nach §§ 11 und 12 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende elterliche Einkommen oder Vermögen einem Betrag in Höhe des ohne Berücksichtigung von Kindern jeweils maßgebenden Arbeitslosengeldes II (Alg II) nach § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II oder des Sozialgeldes nach § 28 Abs 1 SGB II entspreche. Die Kosten für Unterkunft und Heizung seien nach § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG in dem Verhältnis aufzuteilen, das sich aus dem im jeweils letzten Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern festgestellten Kosten für Alleinstehende, Ehepaare und Kinder ergebe. Dieses führe jedoch im vorliegenden Fall dazu, dass der Klägerin, weil ihr Einkommen das maßgebliche Einkommensfenster des § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG unterschreite - sie also ihren Bedarf aus Regelleistung nach § 20 Abs 1 SGB II, Mehrbedarfszuschlag (Alleinerziehende - § 21 Abs 3 Nr 1 SGB II) und Kosten für Unterkunft errechnet nach dem Existenzminimumbericht, nicht durch ihr Einkommen aus Erwerbstätigkeit decken könne - keinen Kinderzuschlag erhalte. Nach dem Existenzminimumbericht entfalle ein Anteil von 62,44 % der Unterkunftskosten auf die Klägerin (62,44 % von 406,60 EUR = 253,88 EUR), während nach § 22 SGB II die Gesamtkosten nach Kopfzahl - hier - zu dritteln seien (= 133,43 EUR). Folge man auch bei der Berechnung des Kinderzuschlags der Methode des § 22 SGB II, so stehe dem bereinigten Einkommen der Klägerin in Höhe von 615,09 EUR monatlich ein Bedarf von 602,43 EUR (345 EUR (§ 20 SGB II) + 124 EUR (§ 21 Abs 3 Nr 1 SGB II) + 133,43 EUR (§ 22 SGB II)) gegenüber. Die Errechnung der Unterkunftskosten nach dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung führe zu dem Ergebnis, dass der Gesamtbedarf der Klägerin 722,88 EUR (= 345 EUR (§ 20 SGB II) + 124 EUR (§ 21 Abs 3 Nr 1 SGB II) + 253,88 EUR (Kosten der Unterkunft nach dem Existenzminimumbericht)) betrage und damit über dem erzielten Einkommen liege. § 6a BKGG solle jedoch bewirken, dass Eltern, die ihren eigenen Bedarf decken könnten, aber nicht den ihrer Kinder, Kinderzuschlag zur Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II erhielten. Dieses Ziel werde - wie der vorliegende Fall zeige - verfehlt, wenn der Anspruch nach SGB II und § 6a BKGG unterschiedlich bemessen werde. Das LSG entnimmt es dem Wortlaut von § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG, bei der Berechnung der Mindesteinkommensgrenze - anders als bei der Berechnung der Höhe des Zuschlags nach § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG - auf die Regelungen des SGB II zur Bemessung der Kosten für Unterkunft je Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zurückzugreifen. Es führt aus: § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG nehme ausdrücklich nur auf § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG Bezug, wonach es als Vergleichsmaßstab zum Einkommen oder Vermögen auf das maßgebliche Alg II nach § 19 Abs 1 Nr 1 SGB II oder § 28 Abs 1 SGB II ankomme. Nur hierauf sei mithin für die Berechnung des Bedarfs im Rahmen der Feststellung des Mindesteinkommens abzustellen. Bei der Einfügung des § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG durch das Kommunale Optionsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2014) sei die Verweisung in § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG auch unverändert geblieben. Abs 4 Satz 2 des § 6a BKGG habe damit die Konzeption des Kinderzuschlags nicht ändern, sondern nur klarere Vorgaben für die Begrenzung der Leistung schaffen sollen. Jede andere Auslegung würde zudem dazu führen, dass entgegen der Vorstellung des Gesetzgebers die Schwelle zur Berechtigung auf den Kinderzuschlag höher liege als die Anspruchsschwelle für Alg II. Dieses widerspreche jedoch dem Sinn und Zweck des Kinderzuschlags. Es solle die Einstandspflicht des SGB II-Leistungsträgers vermieden werden, wenn Hilfebedürftigkeit allein durch die Zugehörigkeit von Kindern zur Bedarfsgemeinschaft entstehe.
Im Berufungsverfahren hat die Beigeladene schriftsätzlich erklärt, wenn kein Anspruch auf Kinderzuschlag bestehe, sei ein Alg II-Anspruch der Klägerin für den streitbefangenen Monat in Höhe von 72,51 EUR (richtigerweise: 73,51 EUR) gegeben. Vor dem SG und zur Niederschrift des LSG hat die Beklagte erklärt, im Falle des endgültigen Obsiegens der Klägerin für die Zeit ab September 2005 den Anspruch der Klägerin auf Kinderzuschlag erneut zu prüfen und unter Beachtung der abschließenden Entscheidung im Gerichtsverfahren hierüber einen rechtsmittelfähigen Bescheid zu erteilen. Zudem sei in den streitbefangenen Bescheiden nur über den Kinderzuschlag für den Monat August 2005 entschieden worden. Die Klägerin hat ihren Antrag auf Leistungen für den Monat August 2005 beschränkt.
Die Beklagte macht mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision eine Verletzung von § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG geltend. Sie trägt vor, die Auslegung dieser Norm durch das LSG sei unzutreffend. § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG stehe in einem unauflöslichen Zusammenhang mit § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG. Hätte der Gesetzgeber unterschiedliche Berechnungsmethoden für die Feststellung des Mindesteinkommens einerseits und die Bestimmung der konkreten Höhe des Kinderzuschlags andererseits gewollt, hätte er dieses eindeutig formuliert. Es sei nach dem Wortlaut von § 6a Abs 4 Satz 1 und 2 BKGG vielmehr davon auszugehen, dass der Gesetzgeber eine einheitliche Anwendung gewollt habe. Dieses sei auch keineswegs inkonsequent, denn im vorliegenden Fall ergebe sich ein Alg II-Anspruch von 73,51 EUR, den die Beigeladene rechtsfehlerhaft zunächst nicht anerkannt habe. Darauf beruhe hier auch der von dem SG benannte Wertungswiderspruch. Inwieweit sich durch die gesetzlich vorgegebene Berechnungsmethode des Mindesteinkommens nach § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG ein der Zielsetzung des Kinderzuschlags entgegenstehendes Ergebnis ergebe, sei keine rechtliche sondern eine rechtspolitische Frage.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2007 und des Sozialgerichts Münster vom 1. März 2006 aufzuheben sowie die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
die Revision zurückzuweisen.
Sie hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kinderzuschlag für den Monat August 2005. Sie kann ihren eigenen Bedarf nicht aus dem von ihr erzielten Einkommen (hier - Arbeitsentgelt aus abhängiger Beschäftigung) decken. Durch die Gewährung von Kinderzuschlag wird mithin nicht Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden. Die Feststellung des Bedarfs der Klägerin iS des § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG erfolgt - entgegen der Auffassung von SG und LSG - nicht ausschließlich nach den Regeln des SGB II. Der Bedarf ist nach Wortlaut, Gesetzesbegründung, Systematik und Gesetzeszweck unter Beachtung von § 6a Abs 4 Satz 1 und 2 BKGG zu bestimmen. Die auf Seiten der Klägerin zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft sind daher nicht nach der anteiligen Miete der Klägerin, ermittelt nach Kopfteilen, für jedes einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zu errechnen. Als Rechengröße ist vielmehr der prozentuale Anteil nach dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung (hier der Existenzminimumbericht 2004, BT-Drucks 15/2462, S 3 f) zu Grunde zu legen.
1. Die Beigeladene ist weiterhin beteiligtenfähig (zur Beteiligtenfähigkeit s zuvor: BSG Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 1). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat zwar mittlerweile durch Urteil vom 20. Dezember 2007 (2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04 - NVwZ 2008, 183 ff = NZS 2008, 198 ff) § 44b SGB II als mit Art 28 und 83 Grundgesetz unvereinbar erklärt. Die gemäß § 44b SGB II gebildeten Arbeitsgemeinschaften können jedoch für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2010 (BVerfG, aaO, RdNr 207) weiterhin auf der bisherigen Rechtsgrundlage tätig werden.
Streitgegenstand des Revisionsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 22. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2005, mit denen die Gewährung von Kinderzuschlag abgelehnt worden ist. Streitig ist im Revisionsverfahren allerdings nur noch der Anspruch auf Kinderzuschlag für den Monat August 2005. Es kann dahinstehen, ob bereits die Beklagte - wie vom SG angenommen - in den benannten Bescheiden ihre Verfügung auf Leistungen für den Monat August 2005 beschränkt hat. Beide Beteiligten haben sich in den mündlichen Verhandlungen vor SG und LSG insoweit eindeutig und zulässig erklärt. Die Klägerin hat vor dem SG lediglich Kinderzuschlag für August 2005 beantragt und die Beklagte hat vor dem LSG zu Protokoll gegeben, den Anspruch der Klägerin auf Kinderzuschlag für die Zeit ab September 2005 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut prüfen zu wollen. Mit dieser Vorgehensweise hat sich die Klägerin einverstanden erklärt.
2. Ein Anspruch auf Kinderzuschlag für den Monat August 2005 besteht im vorliegenden Fall nicht. Die Klägerin erfüllt nicht die Anspruchsvoraussetzungen des § 6a Abs 1 BKGG.
Kinderzuschlag erhalten nach § 6a Abs 1 BKGG Personen für in ihrem Haushalt lebende Kinder, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, wenn 1. sie für diese Kinder nach dem BKGG oder dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen iS von § 4 BKGG haben, 2. sie mit Ausnahme des Wohngeldes über Einkommen oder Vermögen iS der §§ 11, 12 SGB II mindestens in Höhe des nach Abs 4 Satz 1 für sie maßgebenden Betrags und höchstens in Höhe der Summe aus diesem Betrag und dem Gesamtkinderzuschlag nach Abs 2 verfügen und 3. durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird.
Nach den den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) bezieht die Klägerin zwar für ihre beiden noch minderjährigen Kinder Kindergeld nach dem BKGG (§ 6a Abs 1 Nr 1 BKGG). Sie verfügt jedoch mit Ausnahme des Wohngeldes nicht über Einkommen iS des § 11 SGB II mindestens in Höhe des nach § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG für sie maßgebenden Betrags (§ 6a Abs 1 Nr 2 BKGG). Der maßgebende Betrag bestimmt sich nach § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG (idF des Vierten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl I 2954) aus dem Alg II nach § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II (hier noch idF des Vierten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003, BGBl I 2954) - ohne Berücksichtigung von Kindern. Hieraus folgt, es ist bei der Berechnung des Kinderzuschlags in einem ersten Rechenschritt die sogenannte "Mindesteinkommensgrenze" für denjenigen zu ermitteln, der den Anspruch auf Kinderzuschlag geltend macht. Decken die Einkünfte des Anspruchstellers iS des § 11 SGB II seinen eigenen Bedarf an Alg II - also ohne Bedarf der Kinder -, kann ein Anspruch auf Kinderzuschlag bestehen (vgl Spellbrink in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, Anhang § 6a BKGG RdNr 7). Zu ermitteln ist demnach das Einkommen des Anspruchstellers iS des § 11 SGB II und dieses ist alsdann dem Bedarf iS des § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG gegenüberzustellen (s hierzu: Herrmann/Söhngen, Hartz IV: Wer bekommt den Zuschlag?, SozSich 2004, 412, 413; Winkel, Der neue Kinderzuschlag: Eine familienpolitische Seifenblase, SozSich 2004, 402, 403; Wild, Ein Weg aus der Kinderarmut? - Der Kinderzuschlag gemäß § 6a BKGG, ZFSH/SGB 2005, 136, 137; Kievel, Der Kinderzuschlag nach § 6a BKGG - Zugleich ein Beitrag zur Berechnung von Ansprüchen auf Alg II und Sozialgeld nach dem SGB II -, ZfF 2005, 97, 99; Schwitzky, Kinderzuschlag eine echte Alternative zum Alg II?, Sozialrecht aktuell 2006, 196, 197; ders, Kinderzuschlag oder Alg II, 2006, S 36 ff).
Die Einkommensseite hat das LSG in seinem Urteil vom 22. Januar 2007 zutreffend mit einem Betrag in Höhe von 615,09 EUR bestimmt. Ausgehend von einem Bruttoarbeitsentgelt der Klägerin in Höhe von 1.072,49 EUR hat das LSG zunächst das Einkommen der Klägerin aus Erwerbstätigkeit für den Monat August 2005 iS des § 11 Abs 2 Nr 1, 2, 3 und 5 SGB II iVm der auf § 13 SGB II beruhenden Arbeitslosengeld II-Verordnung (Alg II-V idF vom 20. Oktober 2004 - BGBl I 2622 - hier weiter anzuwenden gemäß der Übergangsregelung des § 6 Alg II-V idF vom 22. August 2005 - BGBl I 2499) ermittelt und ist dabei zu einem Nettoarbeitsentgelt von 833,83 EUR gelangt. Als Absetzbeträge hat es dabei berücksichtig: Steuern (§ 11 Abs 2 Nr 1 SGB II) und Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung (§ 11 Abs 2 Nr 2 SGB II) in Höhe von 238,66 EUR. Zusätzlich hat es eine Versicherungspauschale (§ 11 Abs 2 Nr 3 SGB II) in Höhe von 30 EUR und mit der Erzielung von Einkommen verbundene notwendige Ausgaben (§ 11 Abs 2 Nr 5 SGB II) in Höhe von 15,33 EUR in Abzug gebracht. Hinzu kommt ein Freibetrag für Erwerbstätigkeit nach Maßgabe des § 30 SGB II (idF des Vierten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, aaO) in Höhe von 173,41 EUR.
Um feststellen zu können, ob das so ermittelte Einkommen den Bedarf der Klägerin iS des § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG deckt, ist der Bedarf nach § 19 Satz 1 Nr 1 SGB II einschließlich der Kosten der Unterkunft iS des § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG zu ermitteln. Auch insoweit ist das LSG zunächst zutreffend von einer der Klägerin zustehenden Regelleistung nach § 20 Abs 1 SGB II (idF des Vierten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, aaO) in Höhe von 345 EUR ausgegangen. Zusätzlich hätte die Klägerin Anspruch auf eine Leistung für Mehrbedarf wegen Alleinerziehung nach § 21 Abs 3 Nr 1 SGB II in Höhe von 124 EUR (36 % der maßgebenden Regelleistung bei zwei Kindern unter sechzehn Jahren). Hieraus folgt ein Gesamtbedarf allein der Klägerin in Höhe von 469 EUR, ohne anteilige Kosten der Unterkunft. Wird der auf die Klägerin entfallende Anteil an den Kosten der Unterkunft, berechnet nach Maßgabe des § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG, hinzugerechnet, ergibt sich, dass der Bedarf der Klägerin mit 722,88 EUR (469 EUR + 253,88 EUR) ihr Einkommen übersteigt.
Entgegen der Auffassung des LSG sind zur Errechnung des einzusetzenden Betrags der Kosten der Unterkunft nicht die Regeln des SGB II zu Grunde zu legen; es ist nicht der anteilige Betrag nach Kopfteilen der Bedarfsgemeinschaft an den Kosten für Unterkunft und Heizung zu ermitteln. Vielmehr folgt aus dem Verweis in § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG auf § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG, dass die Unterkunftskosten nach dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung festzustellen sind. Dieses ergibt sich aus Wortlaut, Gesetzesbegründung sowie -entwicklung, systematischem Zusammenhang und Sinn der Vorschrift.
§ 6a Abs 1 Nr 2 BKGG nimmt zwar ausdrücklich nur auf die Regelung des § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG Bezug, der die Bedingungen bestimmt, unter denen Kinderzuschlag in voller Höhe zu zahlen ist. Danach muss das nach §§ 11 und 12 SGB II mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende elterliche Einkommen oder Vermögen einem Betrag in Höhe des ohne Berücksichtigung von Kindern jeweils maßgebenden Alg II oder Sozialgeldes nach § 28 Abs 1 SGB II entsprechen. Der sich hieraus ergebende Betrag ist der "maßgebende" iS des § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG. Bei isolierter Betrachtungsweise erfolgt die Berechnung des maßgebenden Betrags also ausschließlich nach den Regeln des SGB II. § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG ergänzt jedoch Abs 4 Satz 1 BKGG, indem dort festgelegt wird, wie die Errechnung des in Satz 1 benannten Betrags im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung zu erfolgen hat. Die Wortwahl des Gesetzgebers ist insoweit eindeutig; es wird das Wort "dazu" verwendet - gemeint ist die Feststellung des dem Einkommen oder Vermögen gegenüberzustellenden Bedarfs. Es besteht daher ein untrennbarer Zusammenhang zwischen § 6a Abs 4 Satz 1 und 2 BKGG, der dazu führt, dass der nach § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG "maßgebende" Betrag bereits vom Wortlaut der Norm her, nur in einem Zusammenwirken beider Vorschriften festgestellt werden kann. Die Kosten für Unterkunft und Heizung sind daher nach den Vorgaben des jeweils letzten Existenzminimumberichts der Bundesregierung zu bestimmen.
Diese bereits dem Wortlaut zu entnehmende Auslegung wird durch die Gesetzesbegründung bestätigt. § 6a Abs 4 Satz 2 BKGG ist durch das Kommunale Optionsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2014) auf Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (9. Ausschuss) vom 28. April 2004 (BT-Drucks 15/2997) eingefügt worden. Der Ausschuss hat den ergänzenden Satz 2 in den Gesamtzusammenhang der Norm, insbesondere in den Zusammenhang zu § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG und damit auch § 6a Abs 1 Nr 2 BKGG gestellt. In der Begründung heißt es ausdrücklich, in § 6a Abs 4 Satz 1 BKGG werde die untere Einkommens- und Vermögensgrenze bestimmt (Mindesteinkommensgrenze - s oben). Die Bestimmung dieser Grenze setze die Aufteilung der Kosten für Unterkunft und Heizung innerhalb der Bedarfsgemeinschaft voraus; die Aufteilung in Anlehnung an den Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzminimums von Erwachsenen und Kindern im neuen Satz 2 stelle eine sachgerechte Lösung dar (BT-Drucks 15/2997, S 26). Anders als das LSG meint, ist mithin auch nach der Gesetzesbegründung nicht nur bei der Bemessung der Höhe des Kinderzuschlags auf die Aufteilung der Kosten nach dem Existenzminimumbericht abzustellen, sondern bereits bei der Bestimmung des Mindesteinkommens.
Jede andere Auslegung wäre auch mit der Gesetzessystematik nicht zu vereinbaren. Aus der vom LSG vertretenen Auffassung folgt, dass innerhalb einer Norm - abhängig davon, ob die Höhe des Kinderzuschlags zu bestimmen ist oder die Berechnung der Anspruchsvoraussetzungen an sich zu erfolgen hat - unterschiedliche Berechnungsmodalitäten zur Anwendung kämen. Im Ergebnis würden damit Beträge, die auf unterschiedlicher Grundlage errechnet worden sind, miteinander ins Verhältnis gesetzt. Eine derartige Vorgehensweise rechtfertigt sich gerade nicht durch "Systemimmanenz". Zwar ist es zutreffend, dass Kinderzuschlag dann gewährt werden soll, wenn Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II nur deswegen entsteht, weil Kinder in der Bedarfsgemeinschaft vorhanden sind oder umgekehrt ausgedrückt, die Eltern ihren eigenen Bedarf - ohne Kinder - außerhalb des SGB II decken könnten. Denkbar wäre es daher zwar auch gewesen, den Bedarf der Eltern ausschließlich nach dem SGB II zu bestimmen. Der Gesetzgeber hat jedoch einen anderen Weg gewählt. Er greift zurück auf den Existenzminimumbericht der Bundesregierung und die dortigen Grundlagen zur Feststellung des Existenzminimums im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft. Abgesehen von der "Schieflage" bei der Bemessung der Leistung, die durch die Verwendung unterschiedlicher Maßstäbe entstehen könnte, verkennt das LSG in diesem Zusammenhang, dass der Kinderzuschlag keine Leistung des SGB II ist, sondern im Rahmen der Familienförderung - eingegliedert in das BKGG - in erster Linie der Armutsbekämpfung von Familien mit Kindern dienen soll (Begründung nach BT-Drucks 15/1516, S 43 unter Hinweis auf den Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung; s auch Schwitzky, Kinderzuschlag oder Alg II, 2006, S 16; Knickrehm, Familienförderung: Finanziell und institutionell, Schriftenreihe des Deutschen Sozialrechtsverbandes, Bd Nr 57). Zwingend war es für den Gesetzgeber mithin zumindest aus systematischen Gründen nicht, die Errechnung der zu Grunde zu legenden Kosten für Unterkunft und Heizung dem System des SGB II folgen zu lassen. Im Hinblick auf die Forderungen des BVerfG zum Familienlastenausgleich und zur Sicherung des Existenzminimums der Familie (BVerfGE 87, 153, 169), auf die der Existenzminimumbericht eine Antwort gibt, ist es vor dem Hintergrund des Ziels der "Armutsbekämpfung" sogar durchaus konsequent, wenn der Gesetzgeber der Kinderzuschlagsregelung eben diesen Existenzminimumbericht auch zur Berechnung der Leistung "Kinderzuschlag" zu Grunde legt.
Soweit hinter der Leistung "Kinderzuschlag" auch die Ziele der Armutsbekämpfung im Niedriglohnbereich (BT-Drucks 15/1516, S 84; s auch Kievel, aaO; Wild, aaO) und der Schaffung eines Arbeitsanreizes (vgl hierzu Spellbrink in Eicher/Spellbrink, aaO, RdNr 5) bei bereits vorhandenem Einkommen der Eltern stehen, ist es zudem zumindest nicht sinnwidrig, in einem Teilbereich der Leistungsberechnung auf den Existenzminimumbericht der Bundesregierung zurückzugreifen. Dieser liefert die Grundlage für eine Einschätzung der Höhe des steuerlich zu verschonenden Existenzminimums, in Abhängigkeit von den wirtschaftlichen Verhältnissen und dem in der Rechtsgemeinschaft anerkannten Mindestbedarf (vgl BT-Drucks 15/2462, S 1). Der im Sozialhilferecht und damit letztendlich auch im Grundsicherungsrecht anerkannte Mindestbedarf bietet dabei nur die Maßgröße für das einkommensteuerrechtliche Existenzminimum (BT-Drucks 15/2462, S 1 f unter Hinweis auf BVerfGE 87, 153, 169 ff). Gerade im Hinblick auf die Kosten für Unterkunft und Heizung weist das Bundesministerium für Finanzen, das federführend für den Existenzminimumbericht ist, darauf hin, dass wegen der regionalen Unterschiede, im Hinblick auf das steuerfrei zu stellende Existenzminimum der Eltern auf einen unteren Wert - ohne Berücksichtigung des Einzelfalls - zurückzugreifen sei. Im Zentrum der Betrachtung steht mithin das Existenzminimum der Eltern oder anders ausgedrückt der steuerfrei zu stellende Bedarf der Eltern, wodurch zugleich auch das Existenzminimum der Kinder garantiert wird. Der Ansatz des SGB II ist insoweit ein anderer. Dort wird die Bedarfsgemeinschaft, der auch die Kinder angehören, in den Blick genommen. Konsequenterweise wird der Bedarf der Bedarfsgemeinschaft im Hinblick auf die Unterkunftskosten im SGB II daher zu gleichen Teilen der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ermittelt. Der Sinn und Zweck des Kinderzuschlags gebietet es daher nicht unbedingt, zur Berechnung des Mindesteinkommens auch bezogen auf die Kosten für Unterkunft und Heizung auf § 22 SGB II zurückzugreifen.
Soweit daher im Hinblick auf die Bestimmung der Kosten für Unterkunft und Heizung der Klägerin der Existenzminimumbericht der Bundesregierung zu Grunde zu legen ist, ergibt sich im konkreten Fall eine bei der Klägerin anzusetzende Höhe der Unterkunftskosten von 253,88 EUR (62,44 % von 406,60 EUR). Hieraus folgt, wie bereits dargelegt, dass die Klägerin mit dem von ihr erzielten Einkommen die Mindesteinkommensgrenze des § 6a Abs 1 Nr 2 iVm § 6a Abs 4 Satz 1 und 2 BKGG nicht erreicht.
Nach dem für den streitigen Zeitraum letzten Existenzminimumbericht (§ 6a Abs 4 Satz 2 BKGG) vom 5. Februar 2004 (BT-Drucks 15/2462) ist im Jahre 2005 eine Bruttokaltmiete für eine Alleinstehende von monatlich 216 EUR und ein Heizkostenanteil für diese von 50 EUR zu Grunde zu legen (BT-Drucks 15/2462, S 3, 4). Der Senat geht dabei davon aus, dass der Abzug von 25 % für Warmwasserkosten von den Heizkosten unter Berücksichtigung der Kostensteigerungen in den Jahren 1999 bis 2005 nach dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung in dem Betrag von 50 EUR enthalten sein soll. Bei einer "Zwei- und Dreikindfamilie" beträgt der Kostenanteil des einzelnen Kindes 67 EUR an der Bruttokaltmiete. Hinzu kommen 13 EUR für den Heizkostenanteil (BT-Drucks 15/2462, S 4 - ohne nähere Angaben zu den Warmwasserkosten). Der "Warmmietenanteil" der alleinstehenden Erwachsenen macht mithin 266 EUR und der zweier Kinder zusammen 160 EUR aus. Der Anteil des alleinstehenden Erwachsenen steht also in einem Verhältnis von 62,44 % (= 265,99 EUR) zu 37,56 % für das Kind. In diesem Verhältnis ist die Miete für angemessenen Wohnraum iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II nach dem Existenzminimumbericht zwischen den Bewohnern einer Wohnung aufzuteilen.
Da das Einkommen der Klägerin - ohne Wohn- und Kindergeld - mithin die Mindesteinkommensgrenze bestehend aus dem zuvor bestimmten Bedarf an Leistungen nach dem SGB II und Kosten für Unterkunft und Heizung unterschreitet, konnte der Senat von einer weiteren Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen des § 6a BKGG absehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.