Bundessozialgericht - B 14/11b AS 61/06 R - Urteil vom 18.06.2008
Lebt ein Hilfeempfänger in einer Wohngemeinschaft, so kann er Wohnkosten bis zur Höhe der Kosten geltend machen, die einer Person zustehen, die alleine in einer bis zu 50 qm großen Wohnung wohnt.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2005.
Der 1955 geborene Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2005 von der Beklagten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Bis zum 14. Februar 2005 war er alleiniger Mieter einer 60 qm großen Zwei-Zimmer-Etagen-Wohnung in W ... Die Beklagte legte mit Bescheid vom 11. November 2004 Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 240 Euro fest. Für Ein-Personen-Haushalte sei nach den Richtlinien des Kreises R. in Anlehnung an die Mietstufen des § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) eine Kaltmiete einschließlich Nebenkosten in Höhe von 225 Euro angemessen. Von den Heizkosten in Höhe von 20 Euro monatlich sei ein Betrag von 5 Euro für die Warmwasseraufbereitung abzusetzen.
Ab dem 15. Februar 2005 bewohnte der Kläger in Wohngemeinschaft mit Frau S. O. eine Fünf-Zimmer-Erdgeschoss-Wohnung mit Garten in T. , für die eine Nettokaltmiete in Höhe von 450 Euro, Nebenkosten in Höhe von 40 Euro und eine Heizungs- und Warmwasserpauschale in Höhe von 90 Euro, insgesamt 580 Euro monatlich zu zahlen waren. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 30. Juni 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 2005 in Höhe von 521,77 Euro monatlich. Die Leistung setzte sich zusammen aus der Regelleistung in Höhe von 345 Euro und Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) in Höhe von 176,77 Euro monatlich. Auf den Widerspruch des Klägers erhöhte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 die Leistung für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. Dezember 2005 auf 533,25 Euro, im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Da der Kläger mit Frau O. in einer Wohngemeinschaft lebe, sei zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft von einem Zwei-Personen-Haushalt auszugehen. Dem Kläger sei die Hälfte des nach den Richtlinien des Kreises R. in Anlehnung an die Mietstufen des § 8 WoGG festzusetzenden Betrages zu bewilligen. Im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. September 2005 betrügen die angemessenen Unterkunftskosten 150 Euro und die angemessenen Heizkosten 26,77 Euro monatlich, sodass sich ein Anspruch in Höhe von 176,77 Euro ergebe. Ab Oktober 2005 seien die angemessenen Heizkosten auf 38,25 Euro zu erhöhen, sodass für die Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 31. Dezember 2005 ein Anspruch in Höhe von 188,25 Euro bestehe.
Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 10. Januar 2006 die Beklagte verurteilt, dem Kläger Unterkunftskosten in Höhe von 225 Euro zuzüglich 40 Euro Heizungskosten monatlich zu gewähren und die Berufung zugelassen. Nach der Produkttheorie komme es nicht auf einzelne Faktoren wie Wohnungsgröße, Wohnstandard oder Quadratmeterpreis, sondern lediglich darauf an, ob sich das Ergebnis im Rahmen des Angemessenen bewege. Zwischen den Beteiligten sei nicht streitig, dass der Kläger als Alleinstehender einen angemessenen Unterkunftsbedarf in Höhe von 225 Euro monatlich habe. Mangels Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft sei es nicht gerechtfertigt, einen Zwei-Personen-Haushalt zu Grunde zu legen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 14. September 2006 zurückgewiesen. Der Kläger habe nach dem Kopfteilprinzip tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 265 Euro. Ob ihm darüber hinaus Mietnebenkosten entstünden, sei nicht zu entscheiden, weil er hierfür keine Leistungen beantragt habe. Maßstab der Prüfung, ob die KdU angemessen seien, sei das Produkt aus der abstrakt angemessenen Unterkunftsgröße in Quadratmetern und dem nach den örtlichen Verhältnissen noch angemessenen Mietzins je Quadratmeter. Ausgangspunkt für die Bestimmung der angemessenen Höhe von Unterkunfts- und Heizungskosten sei die abstrakt zu ermittelnde Unterkunftsgröße. Hierzu könne typisierend auf die zulässigen, nach der Zahl der Haushaltsangehörigen differierenden Wohnflächen im sozialen Wohnungsbau zurückgegriffen werden, die sich aus den landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften zu § 5 Wohnungsbindungsgesetz i.V.m. § 27 Abs. 1 bis 5 Wohnraumförderungsgesetz ergäben. Insoweit sei der Begriff der Haushalts-angehörigen aber lediglich analog zu demjenigen der Bedarfsgemeinschaft zu verstehen. Ob darüber hinaus noch andere Personen in der Wohnung lebten, sei hingegen im Zusammenhang mit der Bestimmung der angemessenen Unterkunftsgröße nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II unerheblich. Für eine alleinstehende Person wie den Kläger sei damit eine Unterkunft mit einer Gesamtfläche bis zu 50 qm als angemessen anzusehen.
Zur Feststellung des für diese Wohnfläche angemessenen Mietzinses sei das Mietzinsniveau am konkreten Wohnort des Hilfebedürftigen zu ermitteln. Dabei sei auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Unterkünfte am Wohnort des Hilfeempfängers marktüblichen Wohnungsmieten abzustellen. Existiere ein örtlicher Mietpreisspiegel oder eine Mietpreisübersicht von am Wohnungsmarkt beteiligten Verbänden und Organisationen, so sei vorrangig hierauf abzustellen. Es könne offen bleiben, ob der Rückgriff auf die in Anlehnung an die Wohngeldstufen des § 8 WoGG erstellten Richtlinien des Kreises R. hier zu billigen sei. Auch nach diesen Richtlinien ergebe sich jedenfalls ein angemessener Unterkunftsbedarf für Alleinstehende in der vom Kläger geltend gemachten Höhe von 225 Euro monatlich.
Wie der Kläger innerhalb des vorgegebenen Rahmens seinen Bedarf an Unterkunft decke, sei ihm freigestellt. Er könne insbesondere entscheiden, ob er eine unangemessen große Unterkunft zu einem besonders niedrigen Mietpreis anmiete oder ob er eine unangemessen teure Unterkunft bevorzuge, sich dafür aber mit einer besonders geringen qm-Zahl begnüge. Ebenso sei es ihm überlassen, ob er eine nur von ihm allein oder eine von einer Wohngemeinschaft bewohnte Unterkunft wähle. Zwar seien die tatsächlichen Unterkunftskosten, die den Ausgangspunkt der Prüfung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bilden, von der Kopfzahl der Bewohner der Unterkunft abhängig. Nicht zutreffend sei hingegen die gleichzeitige Berücksichtigung dieses Umstands im Rahmen des zweiten Prüfungsschrittes, der Ermittlung der abstrakten Angemessenheit. Die Auslegung der Beklagten führe zu einer Kollision mit der dem Hilfebedürftigen auferlegten Obliegenheit, unangemessen teuren Wohnraum notfalls durch teilweise Untervermietung auf das angemessene Maß zu reduzieren. Sie sei auch nicht mit der von der Rechtsprechung entwickelten Produkttheorie vereinbar.
Hiergegen richtet sich die vom LSG zugelassene Revision der Beklagten. Sie trägt vor, das LSG verkenne, dass bei der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten unabhängig von der Form des Zusammenlebens auf die Zahl der im Haushalt lebenden Personen abzustellen und der so ermittelte Betrag nach dem Kopfteilprinzip aufzuteilen sei. Der Kläger bilde mit Frau O. hinsichtlich der Unterkunftskosten eine Haushaltsgemeinschaft. Bestimmte Grundkosten wie z.B. die Kosten, die üblicherweise in der Kaltmiete enthalten seien und unabhängig von der Personenzahl in der Wohnung entstünden, seien nur einmal zu tragen. Der dadurch entstehende Kostenvorteil sei bei der Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten zu berücksichtigen. Diese Sichtweise entspreche auch der bisherigen sozialhilferechtlichen Praxis, die den angemessenen Betrag für eine bedarfsgerechte Unterkunft nach der Kopfzahl der Wohngemeinschaft ermittelt und aufgeteilt habe. Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften seien bei der Bestimmung des Unterkunftsbedarfs gleichzustellen. Es komme ansonsten zu einer Ungleichbehandlung von Lebensformen.
Mangels eines örtlichen Mietspiegels sei es zulässig, auf den in § 8 WoGG angegebenen Höchstbetrag für bis Ende 1965 bezugsfertig gewordenen Wohnraum abzustellen. Danach seien für einen alleinstehenden Hilfebedürftigen Kosten für Unterkunft in Höhe von 225 Euro und für Heizung in Höhe von 40 Euro monatlich angemessen.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 14. September 2006 und des Sozialgerichts Schleswig vom 10. Januar 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtenen Urteile für zutreffend. Er sei nicht anders zu behandeln als ein Hilfebedürftiger, der in einer unangemessen teuren Wohnung lebe und einen Teil untervermiete, um die Kosten auf ein angemessenes Maß zu reduzieren.
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Das LSG hat zu Recht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Dem Kläger stehen KdU i.S. des § 22 SGB II in dem vom SG bestimmten Umfang von 265 Euro monatlich zu.
1. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung nicht entgegen.
a) Gegenstand des Verfahrens sind Ansprüche des Klägers auf KdU für die Zeit vom 1. Juli 2005 bis 31. Dezember 2005. Es handelt sich dabei um einen abtrennbaren selbständigen Anspruch, sodass eine Beschränkung des Streitgegenstandes möglich ist. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sind beim Streit um höhere Leistungen zwar auch im SGB II grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen (BSG SozR 4-4300 § 428 Nr. 3 RdNr. 16; Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 29/06 R - RdNr. 18; Urteil vom 5. September 2007 - B 11b AL 49/06 R - RdNr. 19). Von diesem Grundsatz hat das BSG für den Fall der KdU eine Ausnahme gemacht (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 RdNr. 18 ff), weil die Zuständigkeit für die Regelleistung und die KdU nach § 6 SGB II unterschiedlich und die Leistung inhaltlich von anderen Leistungen abgrenzbar ist.
b) Die Beklagte als eine nach § 44b SGB II i.d.F. des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2014) gebildete Arbeitsgemeinschaft ist beteiligtenfähig nach § 70 Nr. 2 SGG (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 1). § 44b SGB II ist ungeachtet seiner Verfassungswidrigkeit bis zum 31. Dezember 2010 weiterhin anwendbar (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 20. Dezember 2007 - 2 BvR 2433/04 und 2 BvR 2434/04 - DVBl 2008, 173 ff = NVwZ 2008, 183 ff = NZS 2008, 198 ff).
2. Der Kläger ist Berechtigter i.S. des § 7 Abs. 1 SGB II i.d.F. des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2014). Er hat das 15. Lebensjahr vollendet, nicht jedoch das 65. Lebensjahr (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II). Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG ist er i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II i.V.m. § 8 Abs. 1 SGB II erwerbsfähig und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Der Kläger ist überdies hilfebedürftig i.S. des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. §§ 9, 11 und 12 SGB II. Er hat einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II in der von ihm beanspruchten Höhe.
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Wohnungskosten ist nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 RdNr. 24; Nr. 3 RdNr. 19 ff) in mehreren Schritten zu prüfen: Zunächst bedarf es der Feststellung, welche Größe die gemietete Wohnung aufweist. Nach Feststellung der Wohnraumgröße ist als weiterer Faktor der Wohnstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist. Die Wohnung muss im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers ankommt, kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung oder Lage isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet wird. Das BSG folgt insoweit der Produkttheorie, die abstellt auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 RdNr. 20). Die vom Kläger geltend gemachten Kosten sind danach angemessen.
a) Es kann offen bleiben, wie hoch die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung im streitigen Zeitraum waren. Eine vertragliche Abrede über den vom Kläger zu tragenden Mietanteil hat das LSG nicht festgestellt. In einem solchen Fall ist die Aufteilung der Wohnkosten grundsätzlich nach Köpfen vorzunehmen wie in den Fällen der gemeinsamen Nutzung einer Wohnung durch mehrere Familienangehörige, auch wenn sie nicht zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 31. Oktober 2007 - B 14/11b AS 7/07 R; Urteil vom 23. November 2006 - B 11b AS 1/06 R = SozR 4-4200 § 20 Nr. 3 RdNr. 28 m.w.N.). Danach wäre unter Zugrundelegung einer Warmmiete in Höhe von 580 Euro von tatsächlichen Aufwendungen des Klägers in Höhe von 290 Euro auszugehen. Ungeachtet dessen hat der Kläger aber nur Kosten in Höhe von 225 Euro zuzüglich angemessener Heizkosten geltend gemacht. Das Urteil des SG, mit dem die Beklagte zur Zahlung von insgesamt 265 Euro verurteilt worden ist, hat der Kläger nicht angegriffen. Die Beklagte hat danach jedenfalls den im Rahmen der Angemessenheit liegenden Teil der Unterkunftskosten zu zahlen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 RdNr. 25).
aa) Das LSG hat zu Recht entschieden, dass eine Wohnfläche von 50 qm als angemessen anzusehen ist. Nach der Rechtsprechung des BSG ist bei der Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße die für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zugrunde zu legen (SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 RdNr. 19). Nach der Verwaltungsvorschrift des Landes Schleswig-Holstein zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung nach Wohnungsbindungsgesetz und Wohnraumförderungsgesetz vom 17. Juni 2004 (Amtsbl. Schl.-H. 2004 S. 548, zuletzt geändert am 23. Januar 2006, Amtsbl. Schl.-H. 2006 S. 87), Punkt 8.5.1, steht dem Kläger als Einzelperson eine Wohnfläche von bis zu 50 qm zu. Für einen aus zwei Personen bestehenden Haushalt sieht die Verwaltungsvorschrift eine Wohnfläche bis zu 60 qm vor.
Für die Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist allein auf den Kläger abzustellen. Die Frage der Angemessenheit kann stets nur im Hinblick auf den Hilfebedürftigen nach dem SGB II und den mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen beantwortet werden. Nur für diesen Personenkreis ergeben sich durch dieses Kriterium Begrenzungen. Zwar stellen die einschlägigen Wohnraumförderungsbestimmungen auf die Zahl der Haushaltsmitglieder ab. Die Kategorie der Haushaltsgemeinschaft kennt das SGB II aber, abgesehen von der Ausnahmevorschrift des § 9 Abs. 5 SGB II, deren Voraussetzungen hier ersichtlich nicht vorliegen, nicht. Rechtlich relevant ist eine Personenmehrheit nur dann, wenn sie eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II bildet. Die Grundsicherungsträger und die Gerichte werden bei einer Personenmehrheit stets zunächst zu prüfen haben, ob die in dieser Vorschrift enumerativ genannten Voraussetzungen für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft vorliegen oder ob lediglich eine Wohnung gemeinsam genutzt wird. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG besteht zwischen dem Kläger und Frau O. keine - allein in Betracht kommende - Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst c SGB II in der Fassung des kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 (BGBl I 2014). Sie wohnen vielmehr in einer reinen Wohngemeinschaft zusammen. Mangels Vorliegens einer aus mehreren Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaft ist maßgeblich mithin ausschließlich der Anspruch des Klägers, der als "allein stehend" i.S. des § 20 Abs. 2 SGB II anzusehen ist (vgl. BSG SozR 4-4200 § 20 Nr. 2 RdNr. 18).
Hieraus ergibt sich keine ungerechtfertigte Besserstellung des Klägers gegenüber Hilfebedürftigen, die mit Personen zusammen wohnen, mit denen sie eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Die in § 7 Abs. 3 SGB II genannten Konstellationen zeichnen sich sämtlich durch eine besondere Verbundenheit und gegenseitige Verantwortlichkeit der einbezogenen Personen aus. Das findet auch in den Wohnverhältnissen und -bedürfnissen seinen Niederschlag (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. September 2007 - L 5 B 1280/07 AS ER; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 23. März 2006 - L 6 AS 96/06 ER und vom 13. April, - L 9 AS 131/06 ER). Bei einer Bedarfsgemeinschaft kann typischerweise davon ausgegangen werden, dass der Wohnraum insgesamt gemeinsam genutzt wird. Die Überlassung eines Raumes an ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zur ausschließlichen Nutzung, etwa ein Kinderzimmer, erfolgt regelmäßig nicht aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung und vermittelt dementsprechend auch keine Rechtsposition. Bei einer Wohngemeinschaft wird hingegen typischerweise jeweils einem Bewohner ein Recht zur alleinigen Nutzung eines Teils des Wohnraums eingeräumt. Nur ein Teil der Wohnung, zumeist Flur, Küche und Bad, werden gemeinschaftlich genutzt. Unabhängig davon, ob in anderen Bereichen auch gemeinsam gewirtschaftet wird, besteht jedenfalls hinsichtlich des individuellen Wohnraums in aller Regel eine klare Trennung der dem Einzelnen zuzuordnenden Bereiche. Deutlich wird das in den Fällen, in denen eine Person als Hauptmieter auftritt und mit den weiteren Personen einen Untermietvertrag über einen Teil der Wohnung schließt. Aber auch in Fällen, in denen mehrere Personen als Hauptmieter auftreten, kann eine entsprechende Aufteilung durch interne Abreden erfolgen. Die gemeinsame Nutzung von Räumen rechtfertigt auch keinen Abschlag von der angemessenen qm-Zahl (so aber Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 22 RdNr. 44; wie hier LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 9. November 2007 - L 28 AS 1059/07 -). Sie ist vielmehr, sofern nicht besondere vertragliche Abreden bestehen, durch die Aufteilung der tatsächlichen Wohnkosten, ggf. nach Kopfzahl, berücksichtigt. Es würde im Gegenteil eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung bedeuten, wenn dem in einer Wohngemeinschaft wohnenden allein stehenden Hilfebedürftigen im Rahmen der Bestimmung der abstrakten Angemessenheit eine geringere Quadratmeterzahl zugebilligt würde als dem tatsächlich allein wohnenden Hilfebedürftigen.
Auch soweit ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger innerhalb einer Wohngemeinschaft tatsächlich eine größere Wohnfläche beanspruchen kann als ihm im Rahmen der abstrakten Angemessenheit in einer aus zwei Personen bestehenden Bedarfsgemeinschaft zuzubilligen wäre, begründet dies keinen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung aus Art 3 Abs. 1 Grundgesetz. Es steht dem Hilfebedürftigen grundsätzlich frei, wie er seinen Bedarf an Wohnraum deckt. Solange er sich im Rahmen des Angemessenen bewegt, kann er auch mit anderen Personen gemeinsam Wohnraum anmieten und dadurch seine Wohnsituation qualitativ, etwa hinsichtlich Standard und Größe verbessern. Auch ein alleinstehender Hilfebedürftiger oder eine aus mehreren Personen bestehende Bedarfsgemeinschaft kann ausgehend von der Produkttheorie die für sie maßgebliche Wohnungsgröße überschreiten, solange das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, der Angemessenheit entspricht. Soweit der Hilfebedürftige in einer Wohngemeinschaft davon profitiert, dass die Miete pro Quadratmeter bei größeren Wohnungen regelmäßig niedriger ist als bei kleineren Wohnungen für Einzelpersonen, wird dieser Vorteil bei der Aufteilung nach Köpfen berücksichtigt und kann im übrigen auch dazu führen, dass der Bedarf für Kosten der Unterkunft tatsächlich niedriger ist als wenn der Hilfebedürftige eine Wohnung als Einzelperson nutzt. Das LSG hat insofern zutreffend darauf hingewiesen, dass die tatsächlichen Unterkunftskosten durch die Aufteilung nach Kopfzahl der Bewohner auch unterhalb des abstrakt Angemessenen sinken kann und die Leistung dann hierauf begrenzt ist. Die von der Beklagten angenommene Situation, dass für tatsächlich nicht bestehenden Bedarf geleistet wird, weil Aufwendungen erspart würden, kann nicht entstehen.
bb) Die geltend gemachten Kosten sind auch gemessen am Quadratmeterpreis nicht zu beanstanden. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 3 RdNr. 20). Als Vergleichsmaßstab ist regelmäßig die Miete am Wohnort heranzuziehen (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 2 RdNr. 24). Das LSG hat hierzu festgestellt, dass für den Wohnort des Klägers kein Mietspiegel existiert. Ferner hat es darauf verwiesen, dass die Beklagte selbst bei einer Einzelperson von einem angemessenen Mietzins in Höhe von 225 Euro ausgeht und der Kläger keine höheren Leistungen begehrt. Anhaltspunkte dafür, dass diese Aufwendungen das Maß des Angemessenen i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II überschreiten, bestehen nicht. Die Beklagte hat gegenüber dem Senat noch einmal ausdrücklich bekräftigt, dass sie Kosten in Höhe von insgesamt 265 Euro monatlich für einen Ein-Personen-Haushalt als angemessen ansieht.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.