Bundessozialgericht - B 14 AS 1/12 R - Urteil vom 22.08.2012
Kann der Schuldner, der das Haus bewohnt, die (gesamten) Tilgungsleistungen nicht dauerhaft allein aufbringen, kann er Ausgleichsansprüche gegenüber dem anderen Schuldner geltend machen, nicht aber - weitergehend als der Alleineigentümer einer Immobilie - Kosten der Unterkunft gegenüber dem Träger der Grundsicherung.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Höhe der an die Kläger in den Zeiträumen vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 und vom 1.6.2007 bis 30.11.2007 zu erbringenden Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Hinblick auf weitere Kosten der Unterkunft und Heizung.
Der 1961 geborene Kläger zu 1 und seine beiden Kinder, der 1994 geborene Kläger zu 2 und die 1996 geborene Klägerin zu 3, bewohnen ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 109 qm, das im Eigentum des Klägers zu 1 und seiner geschiedenen Ehefrau - der Mutter der Kläger zu 2 und 3 - steht. Für die Finanzierung des Hausbaues sowie für den Erwerb des Grundstücks hatten der Kläger zu 1 und seine geschiedene Ehefrau 1998 Kredite bei der H Sparkasse sowie der H Wohnbaukreditanstalt aufgenommen. Diese bedient der Kläger zu 1 nach der Scheidung der Ehe im Jahr 2004 allein. Er ist als Grafiker selbstständig tätig, im Zeitraum vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 erzielte er keine Einnahmen aus dieser Tätigkeit. Die Kläger zu 2 und 3 erhalten Unterhaltsleistungen von ihrer Mutter; der Kläger zu 1 erhält das für sie gezahlte Kindergeld.
Mit Bescheid vom 20.6.2006 bewilligte das beklagte Jobcenter den Klägern für die Zeit vom 1.6.2006 bis 30.11.2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 920,92 Euro monatlich und legte dabei als berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft Schuldzinsen in Höhe von 563,82 Euro, Heizkosten in Höhe von 62,50 Euro, Betriebskosten in Höhe von 121,49 Euro und Wassergeld in Höhe von 47 Euro monatlich (insgesamt 794,81 Euro) zugrunde, nicht aber die Aufwendungen zur Tilgung der Kredite. Nach Berücksichtigung von Einkommen in Höhe von 408 Euro monatlich (Unterhalt der Kinder und Kindergeld) bewilligte er Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 386,81 Euro. Mit Änderungsbescheid vom 27.11.2006 berechnete er die Leistungen für Oktober und November 2006 neu und legte dabei Kosten der Unterkunft in Höhe von 811,01 Euro monatlich zugrunde (563,82 Euro zuzüglich 173,85 Euro Nebenkosten und 73,34 Euro Heizung). Widerspruch und Klage zum Sozialgericht (SG) Hamburg (Az: S 25 AS 159/07), mit der die Kläger weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 798,66 Euro (für den gesamten Bewilligungsabschnitt) geltend gemacht hatten, blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 19.12.2006 und Urteil des SG vom 16.10.2008).
Mit Bescheid vom 21.5.2007 bewilligte der Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 (886,78 Euro für Juni 2007 und 886,42 Euro monatlich für die Zeit vom 1.7.2007 bis 30.11.2007). Für die Kosten der Unterkunft legte er Schuldzinsen in Höhe von 563,82 Euro monatlich zugrunde. Widerspruch und Klage zum SG, mit der die Kläger weitere Leistungen in Höhe von 1097,82 Euro (für den gesamten Bewilligungsbescheid) geltend gemacht hatten, blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 10.7.2007 und Urteil des SG vom 16.10.2008).
Die Berufungen der Kläger hat das hiergegen angerufene Landessozialgericht (LSG) Hamburg in der mündlichen Verhandlung vom 8.9.2011 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und die Berufungen sodann mit Urteil vom selben Tag zurückgewiesen. Für die Kläger, die Leistungsberechtigte im Sinne des SGB II seien, bestehe Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft weder in Höhe des hälftigen Tilgungsanteils der Finanzierungskosten noch unter Berücksichtigung einer Instandhaltungspauschale in Höhe von 40 Euro monatlich. Die Tilgungsleistungen seien nicht als angemessene Kosten der Unterkunft anzuerkennen, da diese der Vermögensbildung dienten und ein Ausnahmefall nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht vorliege. Eine besondere Verknüpfung der Tilgungsleistungen mit den Kosten der Unterkunft ergebe sich durch eine ausschließlich das Innenverhältnis zwischen dem Kläger zu 1 und seiner geschiedenen Ehefrau betreffende Vereinbarung nicht. Sie stelle lediglich eine Verrechnung wechselseitiger Ansprüche aus § 426 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) bzw. aus § 745 Abs. 2 BGB dar, die das Grundbedürfnis des Wohnens nicht unmittelbar berühre.
Die Kläger rügen mit ihren Revisionen die Verletzung von § 22 Abs. 1 SGB II und machen geltend, der Kläger zu 1 und seine geschiedene Ehefrau hätten bei Scheidung eine Vereinbarung getroffen, dass er das Haus zusammen mit den Kindern weiter bewohnen könne, er aber verpflichtet sei, die gesamten Kreditraten allein zu zahlen und insoweit seine geschiedene Ehefrau von der Inanspruchnahme durch die Kreditgeber freizustellen. In dieser Form habe er den Anspruch seiner geschiedenen Ehefrau auf eine Nutzungsentschädigung befriedigt. Das LSG habe diese vertraglichen Beziehungen nicht ausreichend gewürdigt, insoweit sei Beweis angeboten worden. Im Übrigen handele es sich um Wohnungseigentum nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) und er sei nach § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG zur Bildung einer Instandhaltungsrücklage von 40 Euro monatlich gehalten.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 8. September 2011 sowie
a) das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2008 (Az: S 25 AS 159/07) aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 20. Juni 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 27. November 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 19. Dezember 2006 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern für den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 30. November 2006 über die mit Bescheid vom 20. Juni 2006 gewährten Leistungen hinaus weitere Leistungen zu bewilligen, und zwar für jeden Kläger eine Nutzungsentschädigung von 31,04 Euro monatlich sowie für den Kläger zu 1 eine Instandhaltungsrücklage von 40 Euro
sowie des Weiteren
b) das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. Oktober 2008 (Az: S 25 AS 1793/07) aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 21. Mai 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2007 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, den Klägern für den Zeitraum vom 1. Juni 2007 bis 30. November 2007 über die mit Bescheid vom 21. Mai 2007 gewährten Leistungen hinaus weitere Leistungen zu bewilligen, und zwar für jeden Kläger eine Nutzungsentschädigung von 47,66 Euro monatlich und für den Kläger zu 1 eine Instandhaltungsrücklage von 40 Euro monatlich.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
II
Die zulässigen Revisionen der Kläger sind im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung und Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Für eine abschließende Entscheidung des Senats fehlt es an hinreichenden Feststellungen zu den berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II und zur Höhe des Einkommens und ggf. des Vermögens der Kläger. Allerdings können die Kläger mit ihrer Auffassung nicht durchdringen, als Kosten für Unterkunft und Heizung seien die Tilgungsleistungen und eine Instandhaltungsrücklage zu berücksichtigen.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind einerseits die Bescheide des Beklagten vom 20.6.2006 und vom 27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2006, mit denen über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 1.6.2006 bis zum 30.11.2006 entschieden worden sind, und andererseits der Bescheid des Beklagten vom 21.5.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.7.2007, der die Zeit vom 1.6.2007 bis zum 30.11.2007 betrifft. In der Sache wenden sich die Kläger nur dagegen, dass ihnen für die streitigen Zeiträume weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung nicht bewilligt worden sind. Diese Beschränkung des Streitgegenstandes ist nach der ständigen Rechtsprechung der für das SGB II zuständigen Senate zulässig (vgl. nur BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1 RdNr. 18).
2. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach diesem Buch Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Nach § 7 Abs. 2 SGB II erhalten Leistungen auch Personen, die mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben.
Auf Grundlage der Feststellungen des LSG lässt sich nicht abschließend klären, ob die Kläger, die gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 1 und 4 SGB II eine Bedarfsgemeinschaft bilden, hilfebedürftig gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II sind. Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, u.a. nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält.
Nach § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II ist zur Prüfung des individuellen Leistungsanspruchs der Kläger einerseits der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft und andererseits deren Gesamteinkommen zu ermitteln. Bei Bestimmung des maßgeblichen Gesamtbedarfs sind neben den Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 Abs. 2, § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung zugrunde zu legen, soweit sie angemessen sind (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Welche Kosten für Unterkunft und Heizung vorliegend überhaupt anfallen und welche Kosten davon für die Kläger als angemessen anzusehen sind, kann auf Grundlage der Feststellungen des LSG nicht beurteilt werden (dazu unter 3). Ferner ist unklar geblieben, in welcher Höhe die Kläger über zu berücksichtigendes Einkommen und ggf. über Vermögen verfügen. Feststellungen hierzu fehlen für den Bewilligungszeitraum vom 1.7.2007 bis 30.11.2007 vollständig.
3. Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend hat das LSG als angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung i.S. des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die selbst genutzte Immobilie der Kläger lediglich die Kosten zugrunde gelegt, die im maßgeblichen örtlichen Bereich für vergleichbare Mietwohnungen als angemessen anzusehen sind (vgl. nur BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 10 RdNr. 35 m.w.N.), wobei die im Kalenderjahr anfallenden, berücksichtigungsfähigen Gesamtkosten mit der im örtlichen Vergleichsraum abstrakt angemessenen Jahresnettokaltmiete zu vergleichen sind (vgl. BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 44).
Ob nach diesen Grundsätzen ein weitergehender Anspruch auf Kosten der Unterkunft und Heizung besteht, kann nicht entschieden werden, denn das LSG hat es versäumt, Feststellungen zu den (insgesamt) tatsächlich angefallenen Kosten der Unterkunft (insbesondere auch der Nebenkosten) und zu den Kosten für Heizung zu treffen. Die Bezugnahme auf die Bescheide des Beklagten im Urteil des LSG reicht als Feststellung insoweit nicht aus, weil die Bescheide keine Aussage dazu treffen, welche Kosten tatsächlich angefallen sind, sondern nur wiedergeben, welche Bedarfe der Beklagte als berücksichtigungsfähig und angemessen angesehen hat. Erst wenn feststeht, welche Kosten angefallen sind, kann in einem weiteren Schritt entschieden werden, welche dieser Kosten bei selbst genutzten Wohnimmobilien zu den grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen gehören (vgl. etwa die Aufzählung in BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 44 RdNr. 14). Soweit solche Kosten in einer Summe fällig werden, sind sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen, nicht aber auf längere Zeiträume zu verteilen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 9 Nr. 5 RdNr. 36). Abschließend ist dann zu entscheiden, inwieweit diese Kosten als angemessen anzusehen und als Bedarf zu übernehmen sind. Die für diese Prüfung notwendigen Feststellungen, auch zur abstrakten Angemessenheit des Mietpreises im räumlichen Vergleichsmaßstab, wird das LSG nach Zurückverweisung des Rechtsstreits nachzuholen haben.
a) Zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass die monatlichen Tilgungsleistungen für die Immobilie nicht zu den berücksichtigungsfähigen Kosten für Unterkunft und Heizung gehören, für die Leistungen zu erbringen sind (vgl. bereits BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 3 RdNr. 24). Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (BSG Urteil vom 7.7.2011 - B 14 AS 79/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 48 RdNr. 18 m.w.N.). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Fällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist (BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 13). Ein solcher Fall liegt nach dem Vorbringen der Kläger nicht vor.
Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass Tilgungsaufwendungen nicht schon dann zu berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft werden, wenn sie vom Nutzer der Wohnimmobilie dem Kreditgeber gegenüber als Gesamtschuldner nach § 421 BGB geschuldet werden und der andere Schuldner, der die Wohnimmobilie selbst nicht nutzt, keine Zahlungen leistet. Die Kläger übersehen, dass vorliegend die gesamten Schuldzinsen und nicht nur die im Innenverhältnis auf den Kläger zu 1 entfallenden Anteile unabhängig von der Frage, wer zivilrechtlich zur Tragung dieser Kosten verpflichtet ist, als berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft nicht nur des Klägers zu 1, sondern auch der Kläger zu 2 und 3 anerkannt worden sind. Hinsichtlich des auf die Tilgung entfallenden Teils verbleibt es aber dabei, dass der Beklagte diese - nicht anders als im Fall des (hilfebedürftigen) Alleineigentümers - grundsätzlich nicht zu übernehmen hat, weil sie in erster Linie dem Vermögensaufbau dienen.
Soweit die Kläger auf die Regelungen des § 426 Abs. 1 BGB Bezug nehmen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Gerade weil die Zahlung der Tilgungsraten auch der Vermögensbildung des Miteigentümers dient, besteht nach dieser Vorschrift ein Anspruch auf Ausgleich im Innenverhältnis. Insbesondere nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht für einen Ehegatten im Zweifel kein Anlass mehr, dem anderen Ehegatten weitere Vermögensmehrungen zukommen zu lassen, sodass spätestens ab diesem Zeitpunkt der aus § 426 Abs. 1 BGB resultierende Ausgleichsanspruch wieder auflebt (vgl. etwa Bundesgerichtshof (BGH) Urteil vom 13.1.1993 - XII ZR 212/90 - NJW-RR 1993, 386 = FamRZ 1993, 676 m.w.N.). Gerade das Bestehen solcher Ausgleichsansprüche schließt es aus, Tilgungsleistungen, die im Innenverhältnis auf den Miteigentümer entfallen, der die Immobilie nicht nutzt, als Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen. Kann der Schuldner, der das Haus bewohnt, die (gesamten) Tilgungsleistungen nicht dauerhaft allein aufbringen, kann er Ausgleichsansprüche gegenüber dem anderen Schuldner geltend machen, nicht aber - weitergehend als der Alleineigentümer einer Immobilie - Kosten der Unterkunft gegenüber dem Träger der Grundsicherung.
Einem Ausgleichsanspruch des Klägers zu 1 nach § 426 Abs. 1 BGB kann zwar von seiner geschiedenen Ehefrau der Einwand der entgeltfreien Nutzung entgegengehalten werden. Der geschiedenen Ehefrau steht ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 745 Abs. 2 BGB zu, wenn - wie vorliegend vom Kläger zu 1 vorgetragen - zwischen den geschiedenen Eheleuten nach ihrem Auszug Einigkeit über die alleinige Nutzung der im Miteigentum stehenden früheren Ehewohnung durch den Kläger zu 1 besteht (zuletzt BGH Urteil vom 4.8.2010 - XII ZR 14/09 - BGHZ 186, 372, RdNr. 15 m.w.N.). Bei einer Abrede zwischen den geschiedenen Ehegatten wegen der Finanzierung der Immobilie, wie sie hier vorgetragen ist (nämlich der einverständlichen Übernahme sämtlicher Finanzierungskosten durch den alleinigen Nutzer ohne tatsächliche Zahlung einer Nutzungsentschädigung), handelt es sich aber - entgegen der Auffassung der Kläger - um eine anderweitige Bestimmung i.S. des § 426 Abs. 1 Satz 1 Halbs 2 BGB (erneut BGH Urteil vom 13.1.1993 - XII ZR 212/90 - NJW-RR 1993, 386 = FamRZ 1993, 676). Solche abweichenden - auch konkludenten - Bestimmungen berühren lediglich das Innenverhältnis der Gesamtschuldner und führen hinsichtlich der Tilgungsleistungen nicht zu berücksichtigungsfähigen Kosten der Unterkunft nach dem SGB II.
Es braucht vorliegend nicht abschließend entschieden zu werden, wie die tatsächliche Zahlung einer Nutzungsentschädigung nach § 745 BGB an den Miteigentümer (insbesondere wenn keine nennenswerten Finanzierungskosten mehr aufzubringen sind oder der Wohnwert diese übersteigt) im Anwendungsbereich des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu werten wäre. Wenn eine solche Nutzungsentschädigung dem Wohnwert (orientiert an der ortsüblichen Miete) entspricht und nicht an der Höhe der Schuld- und Tilgungszinsen bemessen wird, könnte anderes gelten. Die Kläger machen aber nicht geltend, von der Miteigentümerin tatsächlich zur Zahlung einer (weitergehenden) Nutzungsentschädigung herangezogen zu werden.
b) Auch ein Anspruch auf Berücksichtigung einer Instandhaltungsrücklage als Kosten der Unterkunft besteht nicht. Dabei kann offen bleiben, ob solche Zahlungen, die an eine Eigentümergemeinschaft nach dem WEG zu leisten sind, grundsätzlich zu den berücksichtigungsfähigen Kosten bei Wohnungseigentum gehören, weil der Wohnungseigentümer (ähnlich wie der Mieter) rechtlich zu ihrer Zahlung auch dann verpflichtet ist, wenn tatsächlich Aufwendungen für Instandhaltung nicht anfallen (so etwa LSG Baden-Württemberg Urteil vom 26.1.2007 - L 12 AS 3932/06 - ZFSH/SGB 2007, 347 = FEVS 58, 461 zum Hausgeld; LSG Rheinland-Pfalz Urteil vom 23.7.2009 - L 5 AS 111/09 = ZFSH/SGB 2009, 744 zu einer Instandhaltungsrücklage und den Kosten des Kabelanschlusses). Offen kann auch bleiben, ob die Wohnimmobilie des Klägers zu 1 und seiner geschiedenen Ehefrau Wohnungseigentum i.S. der §§ 2, 3 WEG darstellt.
Die Pflicht zur Bildung einer Instandhaltungsrückstellung kann sich jedenfalls nur aus der Teilungserklärung oder der Gemeinschaftsordnung und entsprechenden Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft ergeben (vgl. nur Reichel-Scherer in: jurisPK-BGB, 5. Aufl. 2010, § 21 WEG RdNr. 338 m.w.N.). Zwar besteht ein Anspruch eines jeden Wohnungseigentümers nach § 21 Abs. 4 und 5 Nr. 4 WEG, die Bildung einer Instandhaltungsrückstellung zu beschließen. Vorliegend ist aber nicht erkennbar und von den Klägern auch nicht behauptet, dass eine entsprechende rechtlich bindende Verpflichtung besteht. Solange ein solcher Beschluss, auf den hin tatsächlich Zahlungen erfolgen, nicht vorliegt, kommt die Berücksichtigung einer Instandhaltungsrücklage auch für Wohnungseigentümer von vornherein nicht in Betracht (vgl. BSG Urteil vom 3.3.2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 17 RdNr. 16).
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.