Gründe:

I

Die Klägerin begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 18. Januar bis 31. Juli 2005. Sie wendet sich dagegen, dass der Beklagte die ihr von ihren Eltern gewährte Verpflegung als Einkommen leistungsmindernd berücksichtigt hat.

Die im Jahre 1985 geborene Klägerin bewohnte im streitigen Zeitraum mit ihren Eltern gemeinsam eine Wohnung, für die die Eltern die Miete übernahmen. Die Mutter der Klägerin erzielte im Jahre 2005 ein monatliches Bruttoeinkommen von 1.782,53 Euro. Das Kindergeld in Höhe von 154 Euro erhielt ebenfalls die Mutter der Klägerin.

Die Klägerin beantragte am 18. Januar 2005 die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dabei gab sie an, dass ihr zu Hause volle Verpflegung zur Verfügung gestellt werde, dafür behalte ihre Mutter das Kindergeld ein. Der Beklagte bewilligte daraufhin durch Bescheid vom 4. April 2005 der Klägerin Leistungen für den Zeitraum vom 18. Januar bis 31. Juli 2005 in Höhe von 61,34 Euro anteilig für den Monat Januar. Für die Zeit von Februar bis Juli 2005 wurden monatlich 131,45 Euro bewilligt. Der Beklagte ging dabei davon aus, dass nach dem Einkommen der Mutter von dieser erwartet werden könne, dass sie an die mit ihr in Haushaltsgemeinschaft lebende Tochter monatlich Leistungen in Höhe von 92,80 Euro erbringe. Weiterhin wurde die Regelleistung auf Grund der freien Verpflegung für die Klägerin um 35 v.H. (120,75 Euro monatlich) gekürzt. Den Widerspruch wies der Beklagte durch Bescheid vom 17. November 2005 zurück. Nach § 9 Abs. 5 SGB II könne vermutet werden, dass die Mutter auf Grund ihrer Einkommenssituation an die Klägerin Leistungen erbringe. Der Mutter stehe nach der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung (Alg II-V) ein Freibetrag in Höhe von 1.419,55 Euro zu. Ihr zu berücksichtigendes Gesamteinkommen in Höhe von 1.605,54 Euro (Nettoarbeitsentgelt und Kindergeld) sei nach Abzug des Freibetrags zur Hälfte, d.h. in Höhe von 92,80 Euro monatlich auf den Bedarf der Klägerin anzurechnen. Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat der Beklagte durch Bescheid vom 7. März 2006 die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für die Zeit vom 18. Januar bis 31. Juli 2005 neu festgesetzt. Der Beklagte hat das Einkommen der Mutter nunmehr nicht mehr gemäß § 9 Abs. 5 SGB II berücksichtigt, weil dieses entgegen der ursprünglichen Berechnung nur in Höhe von 1.180,60 Euro zu berücksichtigen sei und deshalb unterhalb des maßgeblichen Freibetrages liege. Allerdings verbleibe es bei der Berücksichtigung der Verpflegung durch die Eltern der Klägerin als Einkommen in Höhe von 120,75 Euro monatlich. Die Klägerin sei nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II verpflichtet, alle Möglichkeiten zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen, wozu auch die vollständige Inanspruchnahme der ihr zur Verfügung gestellten Leistung (Verpflegung) gehöre. Für die Monate Februar bis Juli 2005 bewilligte der Beklagte mithin Leistungen in Höhe von 224,25 Euro monatlich (345 Euro - 120,75 Euro). Für Januar 2005 wurden Leistungen in Höhe von 104,65 Euro bewilligt.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat durch Urteil vom 30. Oktober 2006 die Klage abgewiesen, das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg durch Urteil vom 31. Mai 2007 die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, das SG habe zutreffend entschieden, dass die kostenfreie Verpflegung Einkommen der Klägerin darstelle. Die Verpflegung stelle eine Einnahme in Geldeswert iS von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II dar. Bei Einkommen in Geldeswert genüge, wenn dieses einen bestimmten in Geld ausdrückbaren wirtschaftlichen Wert besitze. Dieser Wert werde für Kost und Logis ausdrücklich in der Sachbezugsverordnung festgesetzt. Gewähre ein Arbeitgeber freie Kost und/oder Logis, sei dies als Einkommen des Arbeitnehmers zu bewerten. Nichts anderes gelte für von anderen (Eltern, sonstigen Verwandten oder anderen Personen) zur Verfügung gestellte Sachleistungen. Die freie Verpflegung besitze einen anerkannten (von der Sachbezugsverordnung festgelegten) Marktwert, weil Geld aufgewendet werden müsse, um diese Sachleistung zu erhalten. In diesem Sinne sei der Sachbezug "freie Verpflegung" auch gegen Geld tauschbar. Offen bleiben könne, ob die freie Verpflegung in voller Höhe des sich aus der Sachbezugsverordnung ergebenden Wertes als Einkommen zu berücksichtigen sei. Jedenfalls sei der Wert der Verpflegung mit 35 v.H. der Regelleistung (120,75 Euro monatlich) von dem Beklagten aus den vom SG erwogenen Gründen nicht zu hoch angesetzt, sodass die Klägerin durch die Entscheidung des Beklagten nicht beschwert sei.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer - vom Senat zugelassenen - Revision. Sie rügt sinngemäß eine Verletzung der §§ 11, 20 SGB II. Zu Unrecht seien die Vorinstanzen davon ausgegangen, sie erziele anrechenbares Einkommen, weil sie die Möglichkeit habe, Mahlzeiten mit ihren Eltern einzunehmen. Sie habe ein gespanntes Verhältnis zu ihren Eltern, sodass gemeinsame Gespräche bei Tisch regelmäßig im Streit enden würden. Dies sei von den Vorinstanzen auch tatsächlich nicht in Frage gestellt worden. Da sie finanziell nicht in der Lage sei, einen eigenen Hausstand zu gründen, sei sie faktisch gezwungen, im Haushalt der Eltern zu verbleiben, obwohl so gut wie keine Gemeinsamkeiten mehr bestünden. Bei der Regelleistung des § 20 SGB II handele es sich um eine Pauschale, die sich aus vielen Einzelkomponenten zusammensetze. Deshalb sei auch kein Leistungsempfänger gehalten, genau den dort ermittelten Betrag für die jeweiligen Einzelposten zu verwenden, sondern er müsse insgesamt mit der Regelleistung auskommen. Dies gelte auch für Raucher, handwerklich geschickte Personen, die sich ihre Kleider selbst schneidern oder Möbel bauen könnten. Der Gesetzgeber sei von einer einheitlichen Regelleistung als statistischem und anzupassendem Gesamtbedarfswert für den Durchschnittsbürger ausgegangen. Im SGB II selbst sei lediglich die Berücksichtigung von Einkommen als leistungsmindernd vorgesehen. Eine Reduktion der von Gesetzes wegen in der Höhe festgeschriebenen Regelleistung sehe das SGB II hingegen nicht vor. Das Prinzip der Regelleistung würde vielmehr ad absurdum geführt, wenn jeder der Posten, der bei der Ermittlung zu Grunde gelegt worden sei, auf seinen tatsächlichen Anfall zu überprüfen wäre. Dann hätte der Leistungsträger für jeden denkbaren Posten des täglichen Lebens eine Einzelfallbestimmung durchzuführen. Die Argumentation der Vorinstanzen, dass an der Regelleistung nicht gerührt, sondern lediglich Einkommen berücksichtigt werde, beinhalte eine Umgehung dieses Grundsatzes. Somit stelle die Heranziehung der Sachbezugsverordnung zur Erfassung des Wertes von Essen im elterlichen Haushalt als Einkommen lediglich einen argumentativen Versuch der Umgehung der Abschmelzung der Regelleistung dar.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 31. Mai 2007 und des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 2006 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung seines Bescheids vom 4. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. November 2005, beide in der Fassung des Änderungsbescheids vom 7. März 2006, zu verurteilen, ihr für die Zeit vom 18. bis 31. Januar 2005 Alg II in Höhe von 161 Euro und für den Zeitraum vom 1. Februar 2005 bis 31. Juli 2005 Alg II in Höhe von 345 Euro abzüglich der bereits gezahlten Beträge zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er beruft sich auf den Inhalt der angefochtenen Urteile.

 

II

Die Revision der Klägerin ist begründet. Zu Unrecht sind das LSG und der Beklagte davon ausgegangen, dass die Regelleistung der Klägerin gekürzt werden darf, weil sie ihren Nahrungsbedarf durch die Gewährung von Verpflegung durch ihre Eltern gedeckt hat. Jedenfalls für den hier streitigen Zeitraum (18. Januar 2005 bis 31. Juli 2005) fehlte es im SGB II und der maßgebenden Alg II-V vom 20. Oktober 2004 (BGBl I 2622; in Kraft vom 1. Januar 2005 bis 30. September 2005) an einer hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage für eine Berücksichtigung von zur Verfügung gestellter Ernährung als Einkommen (1.). Offen bleiben kann, ob sich nach der ab 1. Januar 2008 geltenden Alg II-V vom 17. Dezember 2007 (BGBl I 2942) die Rechtslage anders darstellen würde. Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel geäußert (vgl. Urteil vom 18. Juni 2008 - B 14 AS 22/07 R, RdNr. 22 ff), ob im System des SGB II die Zurverfügungstellung von Vollverpflegung als Sachleistung überhaupt als Einkommen bedarfsmindernd berücksichtigt werden darf (hierzu unter 2.).

1. Der Klägerin steht im streitigen Zeitraum vom 18. Januar bis 31. Juli 2005 die Regelleistung gemäß § 20 Abs. 2 SGB II in ungekürzter Höhe zu. Der Beklagte war nicht befugt, die der Klägerin von ihren Eltern gewährte Vollverpflegung bedarfsmindernd als Einkommen zu berücksichtigen. Von daher waren die den streitigen Zeitraum regelnden Bewilligungsbescheide vom 4. April 2005, 17. November 2005 (Widerspruchsbescheid) und 7. März 2006 (Änderungsbescheid) entsprechend zu ändern.

Der Beklagte ist in seinen Bescheiden zu Unrecht davon ausgegangen, dass durch die Verpflegung der Klägerin im Haushalt der Eltern der Bedarf der Klägerin zum Teil gedeckt werde, sodass die Regelleistung um 35 v.H., also 120,75 Euro anteilig zu kürzen sei. Für ein entsprechendes Vorgehen des Beklagten enthält die Alg II-V in der ab 1. Januar 2005 geltenden Fassung vom 20. Oktober 2004 (a.a.O.) keine Rechtsgrundlage. § 13 SGB II bestimmt in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, dass durch Verordnung bestimmt werden kann "welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist". Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass die Gewährung von Verpflegung eine Einnahme in Geldeswert gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II darstellt, so ist auf Grund des Wortlauts und der Struktur des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II jedenfalls zu fordern, dass in der Alg II-V selbst ausdrücklich geregelt wird, "wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist". Wäre diese Voraussetzung erfüllt, müsste sodann die Frage geklärt werden, ob diese Einnahme in Geldeswert einen "Marktwert" hat bzw. haben muss (vgl. einerseits SG Freiburg, Urteil vom 24. Oktober 2006 - S 9 AS 1557/06; SG Osnabrück, Urteil vom 20. Juni 2007 - S 24 AS 189/07; und andererseits LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29. Januar 2007 - L 13 AS 14/06 ER; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 19. Juni 2007 - L 3 ER 144/07 AS). Für den von dem Beklagten vorgenommenen konkreten Rechenschritt, die Regelleistung um 35 v.H. zu kürzen, enthielt die Alg II-V im streitigen Zeitraum jedoch keinerlei Rechtsgrundlage oder auch nur interpretatorischen Anhalt. Nach § 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuches nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt (Vorbehalt des Gesetzes). Der belastende Verwaltungsakt - Kürzung der Regelleistung durch ersparte Aufwendungen in Höhe von 35 v.H. der Regelleistung - bedarf mithin einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Für das Vorgehen des Beklagten jedenfalls im Jahre 2005 ist eine Rechtsgrundlage nicht ersichtlich, die den Anforderungen des § 31 SGB I genügen könnte. Dies dürfte für den Verordnungsgeber Anlass gewesen sein, mit Wirkung zum 1. Januar 2008 in § 2 Abs. 5 Alg II-V eine Rechtsgrundlage für ein solches Vorgehen erstmals zu schaffen (vgl. unter 2.).

Auch der Ansatz des LSG, das ohne Angabe einer Rechtsgrundlage auf die Sachbezugsverordnung (SachbezV) vom 19. Dezember 1994 (BGBl I 3849), zuletzt geändert durch die hier maßgebende Verordnung vom 22. Oktober 2004 (BGBl I 2663), abgestellt hat, um die Berücksichtigung von Ernährung als Einkommen zu begründen, ist nicht tragfähig. Nach § 1 Satz 1 SachbezV wurde der Wert der als Sachbezug zur Verfügung gestellten Verpflegung auf monatlich 200,30 Euro festgesetzt. Die SachbezV ist jedoch nicht auf die kostenlose Zurverfügungstellung von Nahrung durch Verwandte, Eltern etc anzuwenden. Dies folgt zunächst daraus, dass die SachbezV lediglich über § 2 Abs. 4 Alg II-V in Bezug genommen wird. § 2 Alg II-V regelte in der bis 30. September 2005 geltenden Fassung der Alg II-V - ohne jede Differenzierung zwischen selbständigen und unselbständigen Beschäftigungen - die Berechnung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit im weitesten Sinne. Gemäß § 2 Abs. 1 Alg II-V war bei der Berechnung des Einkommens von den Bruttoeinnahmen auszugehen. Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V sind Sachleistungen nach der SachbezV in der jeweils geltenden Fassung zu bewerten. Diese Regelungen der Alg II-V gelten ausdrücklich für die Bestimmung der Höhe von Einkommen aus Erwerbstätigkeit. In diesem Kontext der Berücksichtigung von Erwerbseinkommen bzw. von Nebeneinkünften gemäß §§ 11, 30 SGB II ist es systemgerecht, vom jeweiligen Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Sachleistungen zu bewerten, um dem erwerbstätigen Grundsicherungsempfänger als Sachleistung verkappt gewährten Lohn sachgerecht bewerten zu können. Dementsprechend ist es Hauptziel der Sachbezugsverordnung, Lohnbestandteile möglichst weitgehend der Sozialversicherungspflicht zu unterwerfen.

Es kann hier aber dahinstehen, inwieweit bei einem Grundsicherungsempfänger, der abhängig beschäftigt ist, und als sog "Aufstocker" ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezieht, in natura geleistete Lohnbestandteile nach § 2 Alg II-V in Verbindung mit § 1 SachbezV bewertet werden können. Denn im vorliegenden Kontext geht es nicht um die Erzielung von Einnahmen aus abhängiger Beschäftigung und die Gewährung von Lohnbestandteilen in natura (als Verpflegung oder Deputate o.ä.). Konsequenter Weise ermöglichte der später am 1. Oktober 2005 in Kraft getretene § 2b Alg II-V dann auch nur eine "entsprechende Anwendung" des § 2 Alg II-V für die Berechnung des Einkommens aus nicht abhängiger Beschäftigung (vgl. hierzu im Einzelnen Urteil des Senats vom 18. Juni 2008, B 14 AS 22/07 R, RdNr. 17 ff). Die Berücksichtigung der von Verwandten gewährten kostenlosen Nahrung kann aber auch nicht "entsprechend" bewertet werden wie die innerhalb einer abhängigen Beschäftigung (als Lohnbestandteil) gewährte kostenfreie Ernährung. Jedenfalls deckte auch der Wortlaut des erst ab 1. Oktober 2005 in Kraft getretenen § 2b Alg II-V nicht einen so weitgehenden Eingriff in die Struktur der Regelleistung, wie er mit einer anteiligen Kürzung verbunden ist (vgl. hierzu im Einzelnen Urteil des Senats vom 18. Juni 2008, a.a.O.).

Bei Anwendung der § 2 Abs. 4 Satz 1 Alg II-V i.V.m. § 1 SachbezV in der hier maßgeblichen Fassung wäre der Wert der Verpflegung im streitigen Zeitraum mit 200,30 Euro monatlich anzusetzen gewesen (vorbehaltlich einer endgültigen Klärung, dass es sich bei der der Klägerin gewährten Ernährung tatsächlich um eine "Vollverpflegung" gehandelt hätte). Mithin könnte eine Anwendung dieser Regelung auf zur Verfügung gestellte Ernährung auch dazu führen, dass dem Grundsicherungsempfänger der Wert der gewährten Verpflegung mit einem deutlich höheren Betrag in Ansatz gebracht würde, als ihm in der Regelleistung für Ernährung überhaupt zugestanden wird (BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, a.a.O.).

2. Etwas anderes folgt für den vorliegend zu entscheidenden Zeitraum auch nicht aus den Neuregelungen in § 2 Abs. 5 Alg II-V i.V.m. § 4 Alg II-V i.d.F. der Verordnung vom 17. Dezember 2007 (BGBl I 2942). Hiernach ist bereitgestellte Vollverpflegung pauschal in Höhe von monatlich 35 v.H. der nach § 20 SGB II maßgebenden monatlichen Regelleistung als Einkommen zu berücksichtigen (Satz 1). § 2 Abs. 5 Satz 1 SGB II enthält nunmehr (i.V.m. § 4 Alg II-V) eine § 31 SGB I genügende, hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage, wie bereitgestellte Vollverpflegung als Einkommen zu berücksichtigen ist (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Allerdings trat diese Fassung der Verordnung nach § 10 Alg II-V erst am 1. Januar 2008 in Kraft und misst sich keinerlei Rückwirkung bei.

Es liegt kein Anhalt dafür vor, dass mit der Neuregelung in § 2 Abs. 5 Alg II-V lediglich eine Klarstellung erfolgen sollte, mit der ein bereits immer schon vorhandener Regelungswille des Gesetz- und Verordnungsgebers deklaratorisch (und ggf. auch mit Wirkung für die Vergangenheit) Ausdruck gefunden hat. Doch auch bei einer entsprechenden Anwendung der Rechtsgedanken aus § 2 Abs. 5 Alg II-V n.F. mit Wirkung für die Vergangenheit würden sich im vorliegenden Fall erhebliche Probleme ergeben. § 2 Abs. 5 Satz 3 Alg II-V bestimmt nunmehr: "Übersteigt das Einkommen nach den Sätzen 1 und 2 in einem Monat den sich nach § 62 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch als Belastungsgrenze für nicht chronisch Kranke mit ganzjährigem Bezug von Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch ergebenden Betrag nicht, so bleibt es als Einkommen unberücksichtigt." Nach der Begründung zu § 2 Abs. 5 Satz 3 Alg II-V enthält dieser Satz eine Bagatellgrenze (abgedruckt bei Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, Anhang S 1274). Eine Berücksichtigung der Einnahmen aus Nahrungsgewährung erfolgt also - unabhängig davon, ob diese im Krankenhaus oder von Eltern oder sonst wie gewährt wurde - nur dann, wenn die Einnahmen die Belastungsgrenze von derzeit 83,28 Euro übersteigen. § 2 Abs. 5 Satz 2 Alg II-V n.F. erklärt ausdrücklich, dass bei Zurverfügungstellung von Teilverpflegung auf das Frühstück ein Anteil von 20 % und auf das Mittag- und Abendessen Anteile von je 40 % des sich nach § 2 Abs. 5 Satz 1 Alg II ergebenden Betrages entfallen. Geht der Verordnungsgeber mithin selbst davon aus, dass Verpflegung nur teilweise gewährt werden kann, so wäre jedenfalls im Rahmen der Neuregelung des § 2 Abs. 5 Alg II-V auch im Einzelfall zu prüfen, in welchem Umfang der Klägerin tatsächlich Verpflegung zur Verfügung gestellt worden ist. Die Klägerin hat während des gesamten Rechtsstreits, ohne dass dem im Einzelnen nachgegangen worden wäre, jeweils geltend gemacht, sie nehme nicht regelmäßig an den Mahlzeiten bei ihren Eltern teil. Geht § 2 Abs. 5 Satz 2 Alg II-V von einer Teilberücksichtigung von Verpflegungsleistungen aus, so ist dann jeweils im Einzelfall auch zu ermitteln, in welchem Umfang und in welcher Häufigkeit die eventuell nur teilweise zur Verfügung gestellte Ernährung einer "Vollverpflegung" gleichzusetzen ist. Erst danach wäre zu überprüfen, ob diese nach § 2 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 Alg II-V zu bewertende Nahrung auch die Freibetragsgrenze von 83,28 Euro monatlich überstiege.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bei einer zulässigen, ermächtigungskonformen Berücksichtigung (hierzu sogleich) von Vollverpflegung als Einkommen auch § 6 der Alg II-V in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung Anwendung finden muss. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V wäre dann von dem "Einkommen" in Gestalt der gewährten Vollverpflegung jeweils ein Pauschbetrag von 30 Euro abzusetzen (vgl. hierzu BSG Urteil vom 18. Juni 2008, B 14 AS 22/07 R, RdNr. 20).

Wegen der fehlenden Rückwirkung des § 2 Abs. 5 Alg II-V in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung kann hier auch offen bleiben, ob die Neuregelungen in § 2 Abs. 5 Alg II-V von der Ermächtigungsgrundlage in § 13 SGB II gedeckt sind. Der Senat hat in seinem Urteil vom 18. Juni 2008 (B 14 AS 22/07 R, RdNr. 22 ff) erhebliche Bedenken gegen die Ermächtigungskonformität des § 2 Abs. 5 Alg II-V in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung angemeldet. Er hat dabei insbesondere darauf abgestellt, dass das SGB II auf eine individuelle Bedarfsbestimmung - anders als § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII - verzichtet und die pauschalierende Regelleistung des § 20 SGB II gerade die Selbstverantwortung und Eigenständigkeit der Hilfeempfänger fördern sollte. Es erscheint daher im Rahmen der durch § 20 Abs. 1 SGB II genannten Grundbedürfnisse mit dem Sinn und Zweck der Pauschalierung kaum vereinbar, in einem verwaltungsaufwendigen Einzelfallverfahren doch eine inhaltliche Bedarfsprüfung vorzunehmen.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass durch eine Berücksichtigung der von Eltern gewährten Vollverpflegung gemäß § 2 Abs. 5 Alg II n.F. ggf. der Rechtsgedanke des § 9 Abs. 5 SGB II unterlaufen werden könnte. § 9 Abs. 5 SGB II (in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 (BGBl I 2954)) bestimmt: "Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaften mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann". Der Beklagte ging hier zunächst davon aus, dass die Mutter der Klägerin dieser Leistungen erbringen kann. Bereits § 1 Abs. 2 der Alg II-V in der hier maßgebenden Fassung vom 20. Oktober 2004 (a.a.O.) enthielt für die Vermutungsregelung des § 9 Abs. 5 SGB II erhöhte Freibeträge. Diese Regelung findet sich unverändert in § 1 Abs. 2 Alg II-V in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung vom 17. Dezember 2007 (a.a.O.). Der Freibetrag für die Mutter der Klägerin liegt hier beim doppelten Satz der nach § 20 Abs. 2 SGB II maßgebenden Regelleistung zuzüglich der anteiligen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung sowie darüber hinausgehend 50 % der diesen Freibetrag übersteigenden bereinigten Einnahmen. In seinem Änderungsbescheid vom 7. März 2006 hat der Beklagte - wohl auch unter Berücksichtigung dieser Regelung des § 1 Abs. 2 Alg II-V - anerkannt, dass die Vermutungsregelung des § 9 Abs. 5 SGB II im vorliegenden Fall nicht zu Lasten der Klägerin eingreift. Insofern könnte die Berücksichtigung der von den Eltern gewährten Vollverpflegung im Rahmen des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Alg II-V (bzw. jetzt § 2 Abs. 5 Alg II-V) eine Umgehung dieser Freibetragsregelung gemäß § 9 Abs. 5 SGB II in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Alg II-V darstellen. Letztlich kann dies hier jedoch dahinstehen, zumal die Rechtsansicht vertreten wird, dass § 9 Abs. 1 SGB II einen eigenständigen und unmittelbaren Subsidiaritätsgrundsatz enthält, der unabhängig von der Vermutungsregelung des § 9 Abs. 5 SGB II zur Anwendung kommen muss (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. März 2008 - L 7 AS 5473/07; in Revision unter B 14 AS 32/08 R).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz.