Bundessozialgericht Urteil vom 7.12.2004, B 1 KR 5/03 R 


Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Krankengeld (Krg).

Die 1947 geborene, bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Klägerin arbeitete zuletzt bis September 1996 vollschichtig als Serviererin in einem Cafe. Vom 16. September 1996 bis 6. Oktober 1997 war sie arbeitsunfähig krank. Ihr Beschäftigungsverhältnis endete durch Arbeitgeberkündigung zum 31. März 1997. Ab 6. Oktober 1997 bezog sie von der Bundesanstalt (jetzt: Bundesagentur) für Arbeit (BA) Arbeitslosengeld (Alg) und war nunmehr auf Grund des Bezuges von Alg in der Krankenversicherung der Arbeitslosen (KVdA) pflichtversichertes Mitglied der Beklagten. Als am 11. Mai 1998 erneut ärztlich Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde, zahlte zunächst die BA das Alg gemäß § 126 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für sechs Wochen fort. Anschließend zahlte die Beklagte bis 17. Januar 1999 Krg, lehnte die Gewährung darüber hinaus jedoch ab, weil keine Arbeitsunfähigkeit mehr vorliege. Bei Arbeitslosen könne die Arbeitsunfähigkeit nicht an einer konkreten Erwerbstätigkeit oder dem zuletzt vor der Arbeitslosigkeit ausgeübten Beruf gemessen werden, vielmehr seien die ihnen nach § 121 SGB III zumutbaren Beschäftigungen maßgeblich. Nach den Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) könne die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten ohne volle Gebrauchsfähigkeit des linken Armes und der Hand sowie ohne Gefährdung durch laufende Maschinen und ohne Zeitdruck verrichten (Bescheide vom 14. Januar und 19. August 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2000).

Das hiergegen angerufene Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 10. Oktober 2001). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Klägerin nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens sowie einer Auskunft der BA zur Verfügbarkeit der Klägerin zurückgewiesen. Es hat festgestellt, die Klägerin sei über den 17. Januar 1999 hinaus zwar nur noch für halbtägige (vierstündige) regelmäßige leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt belastbar, damit als Arbeitslose aber gleichwohl nicht im Rechtssinne arbeitsunfähig krank gewesen. Denn bei Arbeitslosen sei die Arbeitsunfähigkeit am Maßstab von § 119 Abs. 3 Nr. 1, § 121 SGB III zu messen (Urteil vom 12. Dezember 2002).

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 44 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Sie genieße jedenfalls insoweit "Berufsschutz", als für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit auf eine vollschichtige Erwerbstätigkeit abzustellen sei, denn sie habe zuletzt vollschichtig gearbeitet und sich dem Arbeitsamt (ArbA) für die Arbeitssuche auch vollschichtig zur Verfügung gestellt. Ihre Arbeitsunfähigkeit dürfe nicht mit einer gesundheitlich eventuell noch möglichen, aber zuvor weder ausgeübten noch angestrebten Teilzeitbeschäftigung verneint werden.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Dezember 2002 und des Sozialgerichts Trier vom 10. Oktober 2001 sowie die Bescheide der Beklagten vom 14. Januar und 19. August 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2000 aufzuheben und ihr über den 17. Januar 1999 hinaus Krankengeld zu gewähren, hilfsweise, das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 12. Dezember 2002 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Aus § 119 Abs. 3 SGB III folge, dass derjenige arbeitslose Versicherte als arbeitsfähig gelte, der mindestens 15 Stunden in der Woche arbeiten könne. Dies sei bei der Klägerin der Fall.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist zulässig und i.S. einer Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz <SGG>) begründet. Das LSG hat die rechtlichen Maßstäbe für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit bei Arbeitslosen verkannt. Eine abschließende Entscheidung über das Bestehen von Krg-Ansprüchen der Klägerin für die streitige Zeit ab 18. Januar 1999 erfordert aber weitere tatsächliche Feststellungen.

1. Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte u.a. Anspruch auf Krg, wenn Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Das LSG hat einen Anspruch der Klägerin auf Krg über den 17. Januar 1999 hinaus verneint und sein Urteil im Wesentlichen darauf gestützt, dass bei Arbeitslosen die Arbeitsunfähigkeit am Maßstab von § 119 Abs. 3 Nr. 1, § 121 SGB III zu messen sei. § 121 SGB III mute in seinem Abs. 3 Satz 3 dem Arbeitslosen im Rahmen des Anspruchs auf Alg ab dem siebten Monat der Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung nur dann nicht zu, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger sei als das Alg. Der Klägerin sei somit im streitigen Zeitraum jede Beschäftigung zumutbar gewesen, bei der sie ein Arbeitsentgelt zumindest in Höhe der Alg-Leistungen der BA habe erzielen können. Mit einer bis zu vierstündigen regelmäßigen Belastbarkeit für leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit gewissen qualitativen Einschränkungen sei die Klägerin i.S. des § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III in der Arbeitslosenversicherung arbeitsfähig gewesen. Nach Auskunft der BA sei sie mit einer solchen Teilzeiterwerbstätigkeit auch in der Lage gewesen, ein Arbeitsentgelt zu erzielen, das höher gewesen wäre als die Arbeitslosenhilfe (Alhi), die ihr bei Bedürftigkeit unter Zugrundelegung ihres Arbeitsentgelts aus der letzten Beschäftigung zugestanden hätte (= 225,50 Euro monatlich).

Diese Ausführungen halten der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Klägerin war entgegen der Ansicht des LSG über den 17. Januar 1999 hinaus arbeitsunfähig krank (dazu unter 2. ff). Der Senat ist mangels tatrichterlicher Feststellungen jedoch nicht in der Lage, in der Sache abschließend zu entscheiden. Es steht bislang weder fest, wie lange die vom LSG festgestellten Leistungseinschränkungen angedauert haben, noch ist die Restdauer des Anspruchs auf Krg (§ 48 SGB V) bekannt.

2. Ein in der KVdA nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V versicherter Arbeitsloser ist arbeitsunfähig i.S. von § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V, wenn er auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr in der Lage ist, Arbeiten in einem zeitlichen Umfang zu verrichten, für den er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat. Die Fähigkeit und Bereitschaft zur Ausübung zumutbarer Beschäftigungen sind Voraussetzung für die Gewährung von Alg (§ 119 Abs. 4 Nr. 1, § 121 SGB III). Die gesundheitliche Fähigkeit, diese Verpflichtung zu erfüllen, ist wesentlicher "Versicherungsgegenstand" in der KVdA (vgl. BSGE 90, 72, 76 ff = SozR 3-2500 § 44 Nr. 10 S 33 ff).

Dieser Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsloser ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V oder sonstiger Regelungen. Das Gesetz regelt für die in der KVdA versicherten Arbeitslosen unmittelbar nur, dass ihnen Krg in Höhe des Betrages des Alg, der Alhi oder des Unterhaltsgeldes (Uhg) gewährt wird, den der Versicherte zuletzt bezogen hat (vgl. § 47b Abs. 1 Satz 1 SGB V). Der Senat entnimmt den genannten Maßstab allerdings der Entwicklung des Begriffs der Arbeitslosigkeit in der Beschäftigtenversicherung und dem Verhältnis der Beschäftigtenversicherung zur KVdA sowie dem Zweck der Regelungen über das Arbeitslosen zustehende Krg einerseits und der einschlägigen leistungsrechtlichen Vorschriften der Arbeitslosenversicherung andererseits.

a) Bei Versicherten, die im Zeitpunkt der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit in einem Arbeitsverhältnis stehen und einen Arbeitsplatz innehaben, liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn diese Versicherten die an ihren Arbeitsplatz gestellten beruflichen Anforderungen aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr erfüllen können. Eine Krankenkasse darf diese Versicherten, solange das Arbeitsverhältnis besteht, nicht auf Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber "verweisen", die sie gesundheitlich noch ausüben könnten. Dem krankenversicherten Arbeitnehmer soll durch die Krg-Gewährung nämlich gerade die Möglichkeit offen gehalten werden, nach Beseitigung des Leistungshindernisses seine bisherige Arbeit wieder aufzunehmen (BSG SozR 3-2200 § 182 Nr. 9 S 39; BSGE 53, 22, 30 = SozR 2200 § 1259 Nr. 59 S 167). Bietet der Arbeitgeber im Rahmen seines arbeitsrechtlichen Weisungsrechts seinem Arbeitnehmer jedoch in zulässiger Weise eine andere Arbeit/Tätigkeit an, die der Versicherte im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand noch verrichten kann, liegt Arbeitsunfähigkeit nicht mehr vor (BSG SozR 3-2200 § 182 Nr. 9 S 42). Die arbeitsvertragliche Zulässigkeit der Zuweisung einer dem Arbeitnehmer gesundheitlich möglichen Arbeit schlägt insoweit auf seinen Anspruch auf Krg durch.

b) Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ändert sich der rechtliche Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit zunächst (nur) insofern, als dafür nicht mehr die konkreten Verhältnisse am (früheren) Arbeitsplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Krg eng zu ziehen ist (BSGE 85, 271, 273 = SozR 3-2500 § 49 Nr. 4 S 12; BSGE 61, 66, 70 f = SozR 2200 § 182 Nr. 104 S 224 f jeweils mwN.). Hatte der Versicherte bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Krg, ist ihm dieses bei unveränderten Verhältnissen bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer (vgl. § 48 SGB V) bzw. bis zu dem Zeitpunkt zu gewähren, zu dem er von sich aus eine ihm gesundheitlich zumutbare Beschäftigung aufnimmt (vgl. dazu BSG SozR 4100 § 158 Nr. 6 S 6; BSGE 85, 271, 274 = SozR 3-2500 § 49 Nr. 4 S 13).

c) Der Bezugspunkt gleich oder ähnlich gearteter Tätigkeiten (vgl. oben b) wird auch durch eine Arbeitslosmeldung nicht (sofort) durch andere Maßstäbe ersetzt. Die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten entfällt nicht allein dadurch, dass er sich nach Beendigung seines bisherigen Arbeitsverhältnisses arbeitslos meldet und der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stellt. Das Krg ist dazu bestimmt, den krankheitsbedingten Ausfall des bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bezogenen und damit versicherten Arbeitsentgelts oder sonstigen Erwerbseinkommens auszugleichen. Es behält diese Funktion, solange die Unfähigkeit zur Verrichtung der ausgeübten oder einer vergleichbaren Erwerbstätigkeit andauert und dieser Bezug nicht durch die tatsächliche Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit endet (BSGE 85, 271, 273 = SozR 3-2500 § 49 Nr. 4 S 13).

d) Meldet sich der Versicherte nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos und erhält als Arbeitsloser Leistungen der BA, begründet dieser Leistungsbezug gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V die Versicherungspflicht in der KVdA, die nunmehr im Grundsatz in der folgenden Zeit auch den konkreten Umfang des Versicherungsschutzes bestimmt. Dabei brauchte der Senat bisher nicht zu entscheiden, ob die KVdA in den ersten sechs Monaten des Leistungsbezugs den Berufsschutz aus der vorherigen Beschäftigtenversicherung faktisch aufrechterhält (weil die Prüfung der Arbeitsunfähigkeit auf Grund vergleichbarer Merkmale im Zweifel zum selben Ergebnis gelangt wie während der Berufsausübung), oder ob die KVdA vorübergehend einen - möglicherweise zeitlich abgestuften - eigenständig zu beurteilenden Berufsschutz zum Gegenstand hat. Der Senat konnte insoweit bislang ebenfalls offen lassen, ob sich der krankenversicherungsrechtliche Berufsschutz in der KVdA in den ersten sechs Monaten der Arbeitslosigkeit nach den Regeln der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Verfügbarkeit bestimmt, wenn es beim Merkmal der zumutbaren Beschäftigung z.B. um den Umfang hinzunehmender Lohnminderung, zumutbare Pendelzeiten oder die Zumutbarkeit der Befristung eines angebotenen Arbeitsverhältnisses geht (vgl. BSGE 90, 72, 77 f = SozR 3-2500 § 44 Nr. 10 S 35).

Der Senat braucht hierüber auch im vorliegenden Fall nicht abschließend zu entscheiden. Denn die Arbeitsunfähigkeit richtet sich nach der genannten Rechtsprechung jedenfalls dann nicht mehr nach den besonderen Anforderungen der zuletzt ausgeübten Beschäftigung, wenn der Versicherte seit dem Verlust seines Arbeitsplatzes mehr als sechs Monate als Arbeitsloser krankenversichert war. Dies ist hier der Fall. Die Klägerin bezog, als sie ab 11. Mai 1998 erneut erkrankte, bereits seit dem 6. Oktober 1997 und damit seit mehr als sechs Monaten Alg. Somit waren Bezugspunkt für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit jedenfalls nicht mehr die von ihr früher ausgeübte Beschäftigung als Serviererin in einem Cafe bzw. gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten.

Ab dem siebten Monat der die KVdA begründenden Arbeitslosigkeit ist die Arbeitsunfähigkeit ausschließlich nach der gesundheitlichen Leistungsfähigkeit zu bestimmen und richtet sich nicht mehr nach den besonderen Anforderungen der zuletzt ausgeübten Beschäftigung. Nach der Zumutbarkeitsregelung des § 121 Abs. 3 Satz 3 SGB III ist dem Arbeitslosen im Bereich der Arbeitsförderung vom siebten Monat seiner Arbeitslosigkeit an eine Beschäftigung nur dann nicht mehr zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Alg. § 121 Abs. 3 SGB III bietet damit auch in der Krankenversicherung keine Handhabe mehr, dem Versicherten eine über die gesundheitlichen Leistungseinschränkungen hinausgehende Einschränkung seiner Verfügbarkeit zuzugestehen (z.B. wegen des höheren sozialen "Ansehens" einer früheren Beschäftigung als Facharbeiter). Eine gesundheitlich zumutbare Tätigkeit mit einem niedrigeren Nettoverdienst als dem Betrag der Leistung wegen Arbeitslosigkeit ist - so der Senat in seinem Urteil vom 19. September 2002 - praktisch nur denkbar, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, deren Arbeitszeit im Vergleich zu derjenigen am früheren Arbeitsplatz herabgesetzt ist; eine solche zeitliche Leistungsbeschränkung lässt sich aber ihrerseits nur mit der Erkrankung und nicht mit dem Gesichtspunkt des Berufsschutzes begründen (BSGE 90, 72, 78 = SozR 3-2500 § 44 Nr. 10 S 36).

e) Der Klägerin war es demgemäß (sozial) zumutbar, sich ab 18. Januar 1999 für sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verfügbar zu halten, ohne sich insoweit auf einen besonderen Berufsschutz berufen zu können. Wäre sie in der Lage gewesen, solche Tätigkeiten in dem Umfang zu verrichten, in dem sie sich auch vor dem Auftreten gesundheitlicher Defizite der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestellt hatte, hätte keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Da aber auch in der KVdA das bisherige vollschichtige Leistungsvermögen der Klägerin versichert war, wurde sie im Rechtssinne in dem Zeitpunkt arbeitsunfähig, zu dem sie zur Ausübung von Beschäftigungen in diesem zeitlichen Rahmen krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage war.

3. Aus den Ausführungen des Senats im Urteil vom 19. September 2002 (BSGE 90, 72 ff = SozR 3-2500 § 44 Nr. 10) darf entgegen der Ansicht der Beklagten allerdings nicht der Schluss gezogen werden, ein in der KVdA versicherter Arbeitsloser sei erst dann arbeitsunfähig krank, wenn sein gesundheitliches Leistungsvermögen soweit reduziert ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen ein Nettoarbeitsentgelt zumindest in Höhe der Leistungen der BA zu erzielen. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck der Krg-Gewährung in der KVdA.

a) Dass ein Versicherter auch in der KVdA Versicherungsschutz mit Anspruch auf Krg genießt, beruht auf der Erwägung, dass der Arbeitslose gegen das Risiko abgesichert sein soll, Geldleistungen für den laufenden Lebensunterhalt aus der Arbeitslosenversicherung aus Krankheitsgründen nicht mehr erhalten zu können. Das Krg stellt sich in der KVdA insoweit nicht als unmittelbarer Ersatz für entfallendes Arbeitsentgelt dar, sondern als Ersatz für eine dem Versicherten an sich zustehende, aber mangels Wegfalls der Anspruchsvoraussetzungen nun entgehende "Geldleistung wegen Arbeitslosigkeit" (BSGE 90, 72, 77 f = SozR 3-2500 § 44 Nr 10 S 34 f; Urteil des Senats vom 30. März 2004 - B 1 KR 30/02 R, SozR 4-2500 § 44 Nr. 1 S 4). Dieser gesetzliche Zweck der KVdA würde verfehlt, wenn der Ansicht der Beklagten zu folgen wäre.

Nach Ansicht der Beklagten müsste sich ein zunächst für vollschichtige, ihm qualitativ nach § 121 SGB III zumutbare Tätigkeiten verfügbarer Arbeitsloser von seiner Krankenkasse auch dann auf ihm vom zeitlichen Umfang her noch zumutbare Tätigkeiten verweisen lassen, wenn eine Erkrankung zu einer zeitlichen Reduzierung seines Leistungsvermögens führt, er mit diesem (Rest-)Leistungsvermögen aber immer noch das (bisherige) arbeitsförderungsrechtlich vorgesehene Leistungsniveau erzielen könnte. Trotz krankheitsbedingter zeitlicher Verminderung seines Leistungsvermögens und der hieraus folgenden Unmöglichkeit diejenigen Tätigkeiten weiterhin zu verrichten, für die sich der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung ursprünglich zur Verfügung gestellt hat, hätte der Arbeitslose in diesen Fällen keinen Anspruch auf Krg. Andererseits würde ihm damit - was übersehen wird - abverlangt, vom Beginn der zeitlichen Einschränkung seines Leistungsvermögens an eine erhebliche Verringerung seines bisherigen Leistungsniveaus auch bei Alg bzw. Alhi hinzunehmen.

Nach § 133 Abs. 3 Satz 1 SGB III (hier noch anzuwenden in der bis 31. Dezember 2004 geltenden Fassung des 1. SGB III-Änderungsgesetzes <1. SGB III-ÄndG> vom 16. Dezember 1997, BGBl I 2970; ab 1. Januar 2005 ähnlich § 131 Abs. 5 SGB III) vermindert sich das Bemessungsentgelt für die Leistungen der BA (und damit die Leistung selbst) nämlich entsprechend der zeitlichen Verringerung der Verfügbarkeit des Arbeitslosen, wenn er nicht mehr bereit oder wegen zeitlich eingeschränkten Leistungsvermögens nicht mehr in der Lage ist, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten (vgl. hierzu Begründung zum Arbeitsförderungs-Reformgesetz <AFRG>, BT-Drucks 13/4941, S 178 zu § 133 Abs. 2, seit dem In-Kraft-Treten des 1. SGB III-ÄndG am 1. Januar 1998 inhaltsgleich Abs. 3). Wäre die Ansicht der Beklagten zutreffend, würde die krankheitsbedingte Reduzierung des zeitlichen Leistungsvermögens damit zum einen keinen Krg-Anspruch begründen; zum anderen käme es deswegen aber auch nach Ablauf der sechswöchigen Leistungsfortzahlung (§ 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III) zu einer Verringerung der Leistungen der BA. Es ist indessen gerade in der KVdA die Funktion des Krg eine derartige, auf krankheitsbedingter Leistungsminderung beruhende Einkommensminderung auszugleichen. Im Übrigen würde die Ansicht der Beklagten das Krankheitsrisiko Arbeitsloser und das Risiko hieraus folgender Leistungseinschränkungen weitestgehend aus der Krankenversicherung herauslösen und der Arbeitslosenversicherung zuweisen. Dies liefe aber auf eine vom Gesetz außerhalb der Nahtlosigkeitsregelung des § 125 SGB III so nicht vorgesehenen Systemabgrenzung hinaus.

b) Der Maßstab der Arbeitsunfähigkeit für Arbeitslose kann entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht im Umkehrschluss aus § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III entnommen werden; diese Regelung bestimmt, dass "arbeitsfähig" ein Arbeitsloser ist, der eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes aufnehmen und ausüben kann.

Hieraus folgert die Beklagte, Arbeitslose seien erst dann arbeitsunfähig, wenn sie auf Grund einer Erkrankung nicht mehr in der Lage sind, leichte Tätigkeiten mindestens 15 Stunden wöchentlich zu verrichten. Diese Auslegung des § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III widerspricht zum einen dem o.g. Zweck des Krg. Zum anderen lässt der allein arbeitsförderungsrechtliche Zweck des § 119 Abs. 3 Nr. 1 SGB III keinen Umkehrschluss auf den krankenversicherungsrechtlichen Begriff der "Arbeitsunfähigkeit" zu, denn Letzterer kennt (außerhalb des § 74 SGB V) gerade keine Teil-Arbeitsunfähigkeit oder eine prozentual bemessene Arbeitsunfähigkeit (vgl. BSGE 47, 47, 50 = SozR 2200 § 1237 Nr. 9 S 9; SozR 2200 § 1255 Nr. 21 S 50; Höfler in Kasseler Komm, § 44 SGB V RdNr 19). Sachliche Gründe dafür, weshalb in der KVdA etwas grundlegend anderes gelten sollte als in der Krankenversicherung der Beschäftigten, sind nicht ersichtlich.

Auch § 126 Abs. 1 Satz 1 SGB III ordnet zudem die Fortzahlung des (ungekürzten) Alg an, wenn ein Arbeitsloser während des Bezuges von Alg infolge Krankheit arbeitsunfähig wird. Schon der Wortlaut dieser Regelung schließt es aus, dass in der KVdA Grundsätze gelten sollten, die von der Krankenversicherung Beschäftigter entscheidend abweichen. Wäre die Ansicht der Beklagten zutreffend, dürfte auch die BA bei Auftreten von Leistungseinschränkungen des Versicherten wegen Krankheit keinerlei Leistungsfortzahlung nach § 126 SGB III leisten, solange das verbliebene zeitliche Restleistungsvermögen 15 Stunden oder mehr beträgt bzw. mit dem Restleistungsvermögen noch ein Nettoarbeitsentgelt der in § 121 Abs. 3 SGB III genannten Höhe erzielt werden kann. Diese Konsequenz zieht das Gesetz indessen nicht und wird durch § 133 Abs. 3 Satz 3 SGB III ausdrücklich ausgeschlossen; danach bleiben bei der in § 133 Abs. 3 Satz 1 SGB III grundsätzlich angeordneten Verringerung des Bemessungsentgelts wegen Einschränkungen des zeitlichen Leistungsvermögens Leistungseinschränkungen unberücksichtigt, wenn das Alg nach den Vorschriften des Zweiten Titels (hier: §§ 125, 126 SGB III) bei Minderung der Leistungsfähigkeit geleistet wird.

c) Schließlich sprechen Gründe der Verwaltungspraktikabilität gegen die Richtigkeit der Ansicht der Beklagten. Läge Arbeitsunfähigkeit in der KVdA erst dann vor, wenn der erkrankte Arbeitslose mit seinem zeitlichen Restleistungsvermögen keine Beschäftigung mehr ausüben kann, bei der das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als das Alg (bzw. gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 SGB III a.F. die frühere Alhi), wären dazu regelmäßig entsprechende Feststellungen und Berechnungen der Krankenkassen erforderlich. Diese Leistungsträger müssten dann in jedem Einzelfall die konkreten Verdienstmöglichkeiten des erkrankten Versicherten ermitteln. Anhand welchen Maßstabs dabei bei kranken Arbeitslosen die mit der "Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen" (vgl. § 121 Abs. 3 Satz 3 SGB III) bestimmt werden sollten, ist nicht erkennbar.

4. Der Senat verkennt nicht, dass seine Auslegung des Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der KVdA Arbeitslose dazu veranlassen könnte, den Anspruch auf Alg zunächst weitgehend auszuschöpfen, um anschließend unter Berufung auf ihre Arbeitsunfähigkeit Krg zu erhalten, das dann in Höhe des zuvor gezahlten Alg gezahlt wird. Eine Begrenzung der Höchstbezugsdauer des Krg-Anspruchs auf die Restdauer des Alg-Anspruchs oder eine Anrechnung von Krg-Bezugszeiten auf die Dauer des restlichen Alg-Anspruchs sind im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen (vgl. §§ 48, 50 SGB V, § 128 SGB III). Ebenso könnte allein durch den längeren Bezug von Krg wiederum ein erneuter Anspruch auf Alg entstehen (vgl. § 123 Satz 1, § 24 Abs. 1, § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB III). Soweit der Gesetzgeber derartige "Drehtüreffekte" rechtspolitisch nicht hinnehmen will, wird er diese - ähnlich wie z.B. bei den früheren leistungsrechtlichen Folgen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (vgl. z.B. § 27 Abs. 3 Nr. 5 SGB III) - durch geeignete Regelungen auszuschließen haben oder muss durch eine Sonderregelung den Begriff der Arbeitsunfähigkeit für den Bereich der KVdA zumindest modifizieren. Im Wege richterrechtlicher Rechtsfortbildung lassen sich entsprechende weitreichende Rechtsfolgen nicht herbeiführen.

5. Nach allem ergibt sich, dass die Klägerin im Rechtssinne über den 17. Januar 1999 hinaus arbeitsunfähig krank war und ihr dem Grunde nach ein Anspruch auf Krg zustand. Das Berufungsgericht hat jedoch - von seinem rechtlichen Standpunkt aus konsequent - nicht festgestellt, für welche Zeiträume bzw. in welchem Umfang der Krg-Anspruch der Klägerin bereits verbraucht war (vgl. § 48 SGB V) und bis zu welchem Zeitpunkt die erforderlichen tatsächlichen Voraussetzungen einer ärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit und Krg-Gewährung vorlagen. Insoweit bedurfte es der Zurückverweisung der Sache an das LSG.

6. Die Kostenentscheidung bleibt einer abschließenden Entscheidung des LSG vorbehalten.