Gründe:

I

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die chronische Nasenatmungsbehinderung des Klägers als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4302 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV; BK Nr. 4302) anzuerkennen und zu entschädigen ist.

Der im Jahre 1946 geborene Kläger führte nach einer Beschäftigung in einem landwirtschaftlichen Betrieb von 1962 bis 1971 Schweiß- und Lackierarbeiten aus; nach einer daran anschließenden Tätigkeit als Betriebsschlosser arbeitete er von 1980 bis 2001 als Küchenmonteur.

Im September 2001 wurde für ihn eine BK-Anzeige wegen einer Behinderung der Nasenatmung aufgrund beruflicher Staubbelastung erstattet. Die Beklagte holte eine Stellungnahme ihres Technischen Aufsichtsdienstes, der das Vorliegen der sog arbeitstechnischen Voraussetzungen für die BK Nr. 4302 verneinte, und ein Gutachten der Ärztin für Lungen- und Bronchialheilkunde sowie Allergologie Dr. M. , die eine durch außerberufliche Allergene erworbene chronische Rhinopathie ohne Hinweis auf berufliche Verursachung annahm, ein. Nachdem ihr beratender Arzt Dr. S. das Vorliegen einer BK Nr. 4301 oder Nr. 4302 ebenfalls negiert und lediglich das Tragen einer Atemschutzmaske bei möglicher Exposition gegenüber irritativen Stäuben oder Dämpfen aus medizinischer Sicht für sinnvoll gehalten hatte, lehnte die Beklagte es ab, die chronische Nasenatmungsbehinderung des Klägers als BK zu entschädigen und vorbeugende Maßnahmen und Leistungen nach § 3 Abs. 2 BKV zu erbringen (Bescheid vom 9. Juni 2004). Die Voraussetzungen für eine Anerkennung der BKen nach Nr. 4301, Nr. 4302 und Nr. 1315 der Anlage zur BKV seien nicht gegeben Dem Widerspruch des Klägers wurde nur insoweit stattgegeben, als die Kosten für eine Atemschutzmaske von der Beklagten übernommen wurden; im Übrigen wurde er zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 17. August 2004). Eine BK könne mit Sicherheit ausgeschlossen werden, zumal nach fachärztlicher Beurteilung auch kein objektiver Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als Küchenmonteur vorliege, weil ein Verbleib in diesem Beruf bei Benutzung einer Atemschutzmaske aus ärztlicher Sicht möglich sei.

Das Sozialgericht Trier (SG) hat auf Antrag des Klägers gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ein Sachverständigengutachten des Hals-, Nasen-, Ohrenarztes Dr. K. eingeholt, der bei dem Kläger eine ausgeprägte rezidivierende polypöse chronische Pansinusitis mit rezidivierender Nasenmuschelhyperplasie bei allergischer Prädisposition diagnostizierte und ausführte, diese Erkrankung sei nicht durch allergisierende Stoffe und auch nicht durch Isocyanate verursacht, sodass weder eine BK nach Nr. 4301 noch eine nach Nr. 1315 der Anlage zur BKV vorliege. Vielmehr handele es sich mit Wahrscheinlichkeit um eine durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe wesentlich mitverursachte obstruktive Erkrankung der oberen Atemwege, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen habe, die für die Verschlimmerung bzw. das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich seien oder sein könnten. Unter der Voraussetzung, dass die oberen Atemwege nicht ausdrücklich aus der Definition ausgeschlossen seien, liege eine BK Nr. 4302 vor. Das SG hat sodann die auf Anerkennung und Entschädigung seiner chronischen Nasenatmungsbehinderung als BK Nr. 4302 gerichtete Klage des Klägers abgewiesen (Urteil vom 24. August 2005). Abgesehen davon, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht gegeben sein dürften, seien jedenfalls die arbeitsmedizinischen Voraussetzungen für eine BK Nr. 4302 zu verneinen, weil bei dem Kläger lediglich Atemwegserkrankungen der oberen Luftwege i.S. einer Rhinopathie gegeben seien, die von der Nr. 4302 der Anlage zur BKV nicht erfasst würden.

Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat die Berufung des Klägers unter Bezugnahme auf die Entscheidungsgründe des SG zurückgewiesen (Urteil vom 13. Dezember 2005).

Mit seiner - vom Bundessozialgericht (BSG) zugelassenen - Revision macht der Kläger eine Verletzung der Nr. 4302 der Anlage zur BKV geltend. Die vom LSG vorgenommene Einschränkung des Anwendungsbereichs dieser Vorschrift auf Erkrankungen der unteren Luftwege finde im Wortlaut der Norm, der sämtliche obstruktiven Atemwegserkrankungen erfasse, keine Stütze. Im Übrigen habe der im erstinstanzlichen Verfahren nach § 109 SGG als Sachverständiger gehörte Dr. K. in seinem Gutachten vom 20. April 2005 bestätigt, dass bei dem Kläger eine BK nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV vorliege und die dadurch bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 20 v.H. zu bewerten sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß, 

das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 24. August 2005 sowie das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 13. Dezember 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 9. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. August 2004 zu verurteilen, bei ihm eine chronische Nasenatmungsbehinderung als BK nach Nr. 4302 der Anlage zur BKV anzuerkennen und zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt, 

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Aus der historischen Entwicklung der BK-Nrn. 4301 und 4302 ergebe sich, dass Erkrankungen der oberen Atemwege von der Nr. 4302 der Anlage zur BKV nicht erfasst würden. Die Nrn. 4301 und 4302 seien bis Ende 1976 als "Bronchialasthma" unter Nr. 41 der Anlage 1 zur 7. BKVO erfasst gewesen. Mit der Aufteilung in zwei getrennte BK-Tatbestände und der Aufgliederung in zwei Krankheitsbezeichnungen durch die Neufassung der BKVO vom 8. Dezember 1976 habe der Verordnungsgeber keine inhaltliche, sondern lediglich eine begriffliche Änderung vorgenommen und den Wortlaut an die medizinische Terminologie angepasst, nicht jedoch den Schutzbereich der Norm erweitert. Dies ergebe sich auch aus der Verordnung zur Änderung der BKVO vom 22. März 1988, mit der die BK Nr. 4301 ausdrücklich um die Rhinopathie erweitert worden sei; dessen hätte es nicht bedurft, wenn Erkrankungen der oberen Atemwege ohne weiteres den obstruktiven Atemwegserkrankungen zuzuordnen wären. Auch das als Interpretationshilfe heranzuziehende Amtliche Merkblatt des Bundesministeriums für Arbeit zur BK Nr. 4302 stelle inhaltlich auf Erkrankungen der unteren Atemwege ab. Da die tatsächlichen Feststellungen des LSG auch bei Unterstellung einer Zuordnung der Rhinopathie zur BK Nr. 4302 für eine Anerkennung der Erkrankung des Klägers als BK nicht ausreichten, sei die Sache ggf. an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

II

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das LSG hat seine Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen, weil bei ihm keine BK Nr. 4302 anzuerkennen ist.

Streitgegenstand ist im vorliegenden Revisionsverfahren allein die Anerkennung einer BK Nr. 4302. Zwar hat die Beklagte in dem angefochtenen Bescheid vom 9. Juni 2004 ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Anerkennung der BKen nach Nr. 4301, Nr. 4302 und Nr. 1315 der Anlage zur BKV seien nicht gegeben, jedoch hat der Kläger bereits im erstinstanzlichen Verfahren seinen Klageantrag auf die BK Nr. 4302 beschränkt, auch im Berufungsverfahren lediglich die Anerkennung dieser BK geltend gemacht und sich im Revisionsverfahren allein mit dem Vorliegen der Voraussetzungen für diese BK auseinandergesetzt. Sein hier auf Anerkennung und Entschädigung einer chronischen Nasenatmungsbehinderung "als BK" gerichteter Antrag ist demgemäß so auszulegen, dass er (nur) die BK Nr. 4302 betrifft.

BKen sind Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII)). Als eine solche BK ist in der Nr. 4302 der Anlage zur BKV bezeichnet: Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Für die Anerkennung einer Erkrankung als BK Nr. 4302 müssen demnach folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Der Versicherte muss aufgrund seiner versicherten Tätigkeit chemisch-irritativ oder toxisch wirkenden Stoffen ausgesetzt gewesen sein und er muss an einer obstruktiven Atemwegserkrankung leiden, die durch die versicherten Einwirkungen verursacht worden ist und den Versicherten zum Unterlassen aller gefährdenden Tätigkeiten gezwungen haben muss.

Es mangelt hier bereits am Vorliegen einer obstruktiven Atemwegserkrankung i.S. dieser Vorschrift. Nach den von keinem Beteiligten mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG leidet der Kläger an einer Atemwegserkrankung der oberen Luftwege i.S. einer Rhinopathie. Eine solche Erkrankung wird von der BK Nr. 4302 nicht erfasst, wie SG und LSG zutreffend entschieden haben.

Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm in seinem systematischen Zusammenhang. Die Würdigung des Wortlauts einer Vorschrift ist die Grundlage jeder Auslegung; ist der Wortlaut eindeutig und nach ihm sprachlich und begrifflich das klar zum Ausdruck gebracht, was dem vom Normgeber gewollten Sinn der Vorschrift entspricht, so ist grundsätzlich hiernach auszulegen (vgl. BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 4 m.w.N.). Der Begriff der "obstruktiven Atemwegserkrankungen" erscheint in der Anlage zur BKV unter dieser Gruppenbezeichnung (Nr. 43 a.a.O.) in den Nrn. 4301 und 4302. Während der Begriff in der Nr. 4301 durch den Klammerzusatz "(einschließlich Rhinopathie)" ergänzt wird, fehlt dieser Zusatz in der Nr. 4302. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss ("argumentum e contrario"), dass jedenfalls im hier vorliegenden Kontext der Begriff der obstruktiven Atemwegserkrankung die Atemwegserkrankung der Rhinopathie nicht umfasst; anderenfalls wäre der Zusatz unnötig und damit falsch, wovon nicht ausgegangen werden kann.

Dass diese Auslegung der Norm auch dem vom historischen Normgeber gewollten Sinn entspricht, ergibt sich aus der Entwicklung der genannten Vorschriften. In der 7. BKVO vom 20. Juni 1968 (BGBl I 721) wurde als BK unter Nr. 41 ein "Bronchialasthma, das zur Aufgabe der beruflichen Beschäftigung oder jeder Erwerbsarbeit gezwungen hat" genannt, eine Erkrankung der tieferen Luftwege. Mit der Neufassung der 7. BKVO durch die am 1. Januar 1977 in Kraft getretene Verordnung zur Änderung der 7. BKVO wurde die Nr. 41 unter der Gruppenbezeichnung "obstruktive Atemwegserkrankung" ersetzt durch die BKen Nr. 4301 - noch ohne den Klammerzusatz - und Nr. 4302 und damit zweifach aufgeteilt. Nach der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf dieser Verordnung (BR-Drucks 563/76 S 4) geschah dies, weil es sich - je nach Art der verursachenden Stoffe - um verschiedene Krankheitsformen handelt; gleichzeitig sollten die Krankheitsbezeichnungen der neueren medizinischen Terminologie angepasst werden; eine materiell-rechtliche Änderung war damit insoweit nicht verbunden (vgl. BSGE 49, 148, 150 = SozR 5670 Anl. 1 Nr. 4302 Nr. 1). Mit dieser Neufassung wurden mithin neue medizinische Erkenntnisse und Erfahrungen in Normtext umgesetzt, die aber nicht zu einer Ausdehnung auf andere als diejenigen Bronchialerkrankungen - Erkrankungen der tieferen Luftwege - führen sollten und geführt haben, die schon nach Nr. 41 der Anlage zur 7. BKVO als BKen bezeichnet waren (vgl. BSG, Beschluss vom 13. Januar 1978 - 8 BU 216/77 = Meso B 10/336 = HVBG RdSchr VB 38/78). Eine materielle Änderung in der Gruppe Nr. 43 wurde erst mit der Verordnung zur Änderung der BKVO vom 22. März 1988 (BGBl I 400), die am 1. April 1988 in Kraft getreten ist, vorgenommen, indem in der Nr. 4301 nach dem Wort "Atemwegserkrankungen" der Klammerzusatz "(einschließlich Rhinopathie)" eingefügt wurde (Art 1 Nr. 9 a.a.O.). Dies geschah nach der Begründung der Bundesregierung zum Entwurf dieser Verordnung (BR-Drucks 33/88 S 9 zu Art 1 Nr. 9), weil Krankheitssymptome durch Allergene oder Antigene bevorzugt in den Organsystemen auftreten, in denen Antikörper mit Antigenen in Kontakt geraten, und dann neben den tieferen Atemwegen (allergische Bronchopathie) auch die oberen Atemwege unter dem Krankheitsbild der allergischen Rhinopathie betroffen sein können; die bisherige Beschränkung auf die tieferen Atemwege sollte deshalb bei dieser BK aufgegeben werden. Der Wortlaut der Nr. 4302 blieb unverändert, sodass davon ausgegangen werden muss, dass für diese BK keine entsprechenden neuen medizinischen Erkenntnisse vorlagen und dementsprechend auch keine Einbeziehung der oberen Luftwege erfolgen sollte. Seither ist der Wortlaut der Nrn. 4301 und 4302 unverändert geblieben und gilt weiterhin in der auf der Grundlage des SGB VII erlassenen aktuellen BKV vom 31. Oktober 1997 (BGBl I 2623) in der Fassung der Änderungs-VO vom 5. September 2002 (BGBl I 3541). Daher erscheint auch ein "Redaktionsversehen", aufgrund dessen es lediglich versehentlich unterlassen worden wäre, auch die BK Nr. 4302 mit dem Klammerzusatz "(einschließlich Rhinopathie)" zu versehen, ausgeschlossen. Dass eine durch chemisch-irritativ oder toxische Noxen verursachte Rhinopathie von der BK Nr. 4302 nicht erfasst wird, entspricht im Übrigen auch der - soweit ersichtlich - einhelligen Meinung in Rechtsprechung und Fachliteratur (s etwa Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S 1122 Nr. 17.11.5.1; Becker in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, SGB VII, Stand Juli 2007, § 9 RdNr. 520 BK4302 Anm. 2; Podzun/Nehls, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl. 2004, Kennz 243 S 4; Mehrtens/Brandenburg, Die BKV, Stand August 2007, M 4302 Anm. 2; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. Oktober 1991 - L 3 U 137/90 = HV-Info 1993, 1213; Bayer. LSG, Urteil vom 8. April 1992 - L 2 U 64/91 = HV-Info 1992, 1540 = Meso B 50/4).

Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.