Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten sind ein Anspruch auf die Feststellung der Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 oder Nr. 2110 der Anlage (ab 1. Juli 2009 Anlage 1) zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV; im Folgenden BK 2108 oder BK 2110) und ein Recht auf eine Verletztenrente streitig.

Der 1957 geborene Kläger leidet an einem Bandscheibenschaden im Bereich der Lendenwirbelsäule (LWS). Es liegt eine monosegmentale Betroffenheit der LWS bei L 4/5 im Sinne einer deutlichen Höhenminderung des Bandscheibenraumes mit Prolaps und eine Spondylose im Segment L 2/3 vor. Sie geht nicht über das Altersmaß hinaus und betrifft nur ein Segment, das nicht osteochondrotisch verändert ist. Ferner bestehen keine Chondrose mindestens im Grad II, kein Prolaps an einem anderen Segment der unteren Lendenwirbelsäule und keine altersvorauseilenden Erkrankungen außerhalb des Segments L 4/5.

Der Kläger war als ausgebildeter Kraftfahrzeugmechaniker von Januar 1978 bis Mai 1980 in der Reifenmontage und von Juni 1980 bis Mai 1994 als Lkw-Fahrer und Baumaschinist (zu 80 % seiner Gesamtarbeitszeit) sowie als Verleger von Rand- und Pflastersteinen (zu 20 % seiner Gesamtarbeitszeit) beschäftigt. Anschließend war er bis Juni 1997 als Lkw-, Bagger- und Schaufelladerfahrer selbstständig und unversichert tätig. In der Zeit von Juli 1997 bis Mai 2000 war er als Holztransportfahrer und von Juni 2000 bis Juni 2003 als Baggerfahrer beschäftigt, wobei er ab Juni 2001 zu 35 % seiner Gesamtarbeitszeit auch als Steinsetzer arbeitete.

Die Beklagte lehnte es ab, eine BK 2108 oder eine BK 2110 als Versicherungsfall und Versicherungsansprüche hieraus festzustellen, weil es an einer überdurchschnittlichen Belastung der LWS fehle (Bescheid vom 21. Dezember 2004, Widerspruchsbescheid vom 4. März 2005). Das Sozialgericht Konstanz (SG) hat die Klagen abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 2. Februar 2006). Das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 20. Februar 2008). Die versicherten Tätigkeiten seien nicht hinreichend mit schädigenden Einwirkungen verbunden gewesen. Unabhängig davon sei der Ursachenzusammenhang zwischen den gefährdenden Einwirkungen und der Wirbelsäulenerkrankung nicht gegeben, weil kein belastungskonformes Schadensbild im Sinne der jeweiligen BK vorliege. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aus den Konsensempfehlungen zur Begutachtung von Wirbelsäulenerkrankungen, da eine Begleitspondylose beim Kläger nicht bestehe.

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung der "Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfall- und Berufskrankheitenversicherung". Dieser Kausalitätsnorm, der aufgrund Gewohnheitsrechts Gesetzeskraft zukomme, werde allein das Gutachten von Prof. Dr. E. gerecht. Die Arbeitsbelastungen im Sinne der BKen 2108 und 2110 lägen offen- und gerichtskundig vor. Es widerspreche den Denkgesetzen, wenn das LSG, gestützt auf ein Parteigutachten eines Parteibeamten der Berufsgenossenschaft, den jeweiligen Belastungen die Erheblichkeit und Kausalität abspreche. Mit den Regeln eines fairen Verfahrens nach Art 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) sei es nicht vereinbar, dass ein privatrechtlicher Verein, dem die Beklagte angehöre, Beweisregeln und Beweisregelwerke erarbeite.

Der Kläger beantragt, 

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Februar 2008 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 2. Februar 2006 sowie die ablehnenden Entscheidungen im Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2005 aufzuheben und festzustellen, dass die bei ihm vorliegende bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbelsäule eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 oder Nr. 2110 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung ist, und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vH zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, 

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

II.

Die Revision ist zulässig.

Gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 und 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) muss die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm bezeichnen. Es bedarf der Darlegung, inwieweit das LSG eine Vorschrift des materiellen Bundesrechts nicht oder nicht richtig angewandt hat (stellv. BSG vom 16. Oktober 2007 - B 8/9b SO 16/06 R - SozR 4-1500 § 164 Nr. 3 RdNr. 9). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht, soweit der Kläger rügt, das LSG habe die "Kausalitätsnorm der gesetzlichen Unfall- und Berufskrankheitenversicherung" verletzt. Der Revisionsbegründung ist nicht zu entnehmen, welche die "Kausalitätsnorm" betreffende Vorschrift des Bundesrechts das Berufungsgericht weshalb verletzt haben soll. Der Kläger hat aber seine materiellen Bedenken gegen das angefochtene Urteil und seine Verfahrensrügen gerade noch hinreichend deutlich geltend gemacht. Dass er die Verfahrensrügen unzulässig erhoben hat, betrifft nicht die Zulässigkeit, sondern die Begründetheit der zulässigen Revision und bewirkt, dass der Senat an die tatsächlichen Feststellungen des LSG gebunden ist.

Die Revision ist indes nicht begründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung gegen den die Klagen abweisenden Gerichtsbescheid des SG zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung einer BK 2108 oder BK 2110 und kein Recht auf eine Verletztenrente.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) sind BKen nur diejenigen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. In der BKV ist die BK 2108 als "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheiten ursächlich waren oder sein können" und die BK 2110 als "Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkungen von Ganzkörperschwingungen im Sitzen, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheiten ursächlich waren oder sein können" bezeichnet.

Die Feststellung einer Listen-BK setzt u.a. voraus, dass die im BK-Tatbestand genannten beruflichen Einwirkungen die jeweilige Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität; zu den weiteren Voraussetzungen vgl. BSG vom 2. April 2009 - B 2 U 9/08 R - BSGE 103, 59 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 14, jeweils RdNr. 9). Das ist bei dem LWS-Schaden des Klägers nach den für den Senat bindenden (§ 163 SGG) tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht der Fall.

Das Berufungsgericht hat den Ursachenzusammenhang zwischen den jeweils gefährdenden Einwirkungen i.S. der BK 2108 und BK 2110 sowie der Bandscheibenerkrankung des Klägers verneint. Es hat festgestellt, dass es an einem für die beiden BKen jeweils typischen belastungskonformen Schadensbild fehlt. An diese Feststellung ist der Senat gebunden. Das LSG hat sich auf den medizinischen Erfahrungssatz gestützt, bei einem Krankheitsbild der beim Kläger vorliegenden Art sei eine Verursachung der Erkrankung durch die spezifischen beruflichen Einwirkungen i.S. der BKen 2108 und 2110 ausgeschlossen (zur Frage der Bindung nach § 163 SGG im Falle von Rechtstatsachen vgl. BSG vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7). Die Frage, ob der vom Tatbestand einer BK geforderte Ursachenzusammenhang vorliegt, ist vom Tatsachengericht unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten. Den aktuellen Stand der Erfahrungssätze der jeweiligen Wissenschaft hat es, sofern nicht ausnahmsweise hinreichende Gerichtskunde vorliegt und eingeführt wird, durch Anhörung von Sachverständigen zu ermitteln. Dabei sind die einschlägigen wissenschaftlichen Publikationen zu berücksichtigen (vgl. BSG a.a.O. RdNr. 21).

Das LSG hat den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Ermittlung des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes Rechnung getragen. Es hat zur Klärung des medizinischen Erfahrungssatzes ein Sachverständigengutachten eingeholt und sich zudem an den einschlägigen Konsensempfehlungen orientiert. Außerdem ist es bei der Feststellung des berufskrankheitstypischen Schadensbildes nicht von einem nicht offenkundig falschen medizinischen Erfahrungssatz ausgegangen. Jedenfalls in solchen Fällen besteht für das Revisionsgericht keine rechtliche Veranlassung, das Bestehen und den Inhalt des vom LSG festgestellten Erfahrungssatzes ohne eine zulässig erhobene Verfahrens- oder Inhaltsrüge selbst von Amts wegen zu prüfen.

Die sinngemäß erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten, ist unzulässig. Es hätte dargelegt werden müssen, dass das Gericht die Grenzen seiner ihm durch § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG eingeräumten Befugnis verletzt hat, nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung zu entscheiden. Es musste aufgezeigt werden, dass es gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstoßen oder das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht ausreichend berücksichtigt hat (BSG vom 31. Mai 2005 - B 2 U 12/04 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 RdNr. 9). Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung nicht gerecht.

Der Kläger hat einen fehlerhaft angewendeten Erfahrungssatz nicht bezeichnet. Es ist schon nicht behauptet worden, das LSG habe einen bestehenden Erfahrungssatz nicht berücksichtigt oder einen tatsächlich nicht existierenden Erfahrungssatz herangezogen (BSG vom 2. Mai 2001 - B 2 U 24/00 R - SozR 3-2200 § 581 Nr. 8 S 37 m.w.N.).

Auch ein Denkgesetz, gegen das das LSG verstoßen haben könnte, ist nicht aufgezeigt worden. Es hätte dargelegt werden müssen, dass das LSG zu einer bestimmten, aus seiner Sicht erheblichen Frage aus den gesamten rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten nur eine Folgerung hätte ziehen können, jede andere nicht folgerichtig "denkbar" ist und das Gericht die allein in Betracht kommende nicht gesehen hat (vgl. BSG vom 11. Juni 2003 - B 5 RJ 52/02 R - Juris RdNr. 13 m.w.N.). Weshalb die gutachtliche Einschätzung von Prof. Dr. E. die einzig denkbare Folgerung gewesen sein soll, legt die Revision indes nicht dar. Sie hat sich nicht mit den entgegenstehenden sachverständigen Beurteilungen auseinandergesetzt und nicht aufgezeigt, aus welchen Gründen diese unter keinen Umständen folgerichtig sind.

Der Kläger hat ferner nicht dargestellt, dass das LSG entgegen § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG das Gesamtergebnis des Verfahrens nicht berücksichtigt hat. Er hat nicht dargetan, dass das Tatsachengericht einem Sachverständigengutachten gefolgt ist, ohne sich mit den Gegengründen eines anderen Gutachtens auseinander zu setzen, dass es ein Gutachten nicht in die Beweiswürdigung einbezogen hat, dass es einem Gutachten gefolgt ist, obwohl in der Person des Sachverständigen gesetzliche Ausschlussgründe vorlagen oder dass es einem Sachverständigengutachten nicht gefolgt ist, ohne diese Abweichung ausreichend begründet zu haben (BSG vom 4. Juni 2002 - B 2 U 16/01 R - Juris RdNr. 21). Er setzt im Kern lediglich seine Beweiswürdigung an die Stelle derjenigen des LSG. Damit ist eine formgerechte Rüge der Verletzung der Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung aber nicht erhoben (vgl. BSG vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - SozR 4-8570 § 1 Nr. 16 RdNr. 31).

Da beim Kläger der Versicherungsfall nach der BK 2108 oder 2110 nicht eingetreten ist, hat er auch kein Recht auf eine Verletztenrente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.