Gründe:

I

Streitig ist, ob der Kläger für die Zeit vom 13. Februar bis 13. Mai 2002 Anspruch auf Verletztengeld hat.

Der im Jahre 1960 geborene Kläger erlitt als abhängig Beschäftigter am 13. Januar 1992 einen Arbeitsunfall mit Tibiakopftrümmerbruch und knöchernem Kreuzbandausriss links. Deswegen gewährte ihm die beklagte Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft (BG) eine später abgefundene Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 25 v.H.. Seit Mai 1996 betrieb der Kläger ein Gewerbe zum Verkauf von Textilien, verpackten Lebensmitteln, Haushaltswaren und Militaria. Vom 14. Februar 2000 an bezog er wegen einer Erkrankung an Depressionen und Ischialgien von der beigeladenen Techniker Krankenkasse (TKK) Krankengeld in Höhe von zuletzt 77,18 Euro kalendertäglich. Die Krankengeldzahlung endete am 5. Februar 2002, nachdem der Kläger angegeben hatte, ab 6. Februar 2002 seine Tätigkeit wieder aufnehmen zu wollen. Am 20. Februar 2002 wurde bei ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13. Januar 1992 eine schon im Dezember 2001 vereinbarte operative Kniegelenksrevision durchgeführt. Er war deswegen vom 13. Februar bis 13. Mai 2002 arbeitsunfähig krank.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2003 lehnte die Beklagte die Zahlung von Verletztengeld für die Zeit ab dem 13. Februar 2002 ab. Bei einer Wiedererkrankung sei das Verletztengeld, welches einen Einkommensverlust ausgleichen solle, nach dem Arbeitseinkommen vor Beginn der neuerlichen Arbeitsunfähigkeit, hier also nach dem Arbeitseinkommen des Jahres 2001, zu bemessen. Da der Kläger im Jahre 2001 kein Arbeitseinkommen erzielt habe, sei Verletztengeld nicht zu gewähren.

Die Klage hat das Sozialgericht (SG) Dortmund abgewiesen (Urteil vom 29. Januar 2004). Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen dieses Urteil sowie den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, auf der Grundlage des der Krankengeldzahlung bis zum 5. Februar 2002 zugrunde liegenden Regelentgelts Verletztengeld für die Zeit vom 13. Februar bis 13. Mai 2002 zu gewähren (Urteil vom 6. Juni 2006). Der Kläger habe, wie es § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII voraussetze, "unmittelbar" vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 13. Februar 2002 Anspruch auf Arbeitseinkommen oder Krankengeld gehabt. Wenn er wie angegeben am 6. Februar 2002 seine selbstständige Tätigkeit wieder aufgenommen habe, sei dies die Basis für die Erzielung von Arbeitseinkommen gewesen. Andernfalls ergebe sich der Anspruch auf Verletztengeld daraus, dass er unmittelbar vor Beginn der Wiedererkrankung einen Anspruch auf Krankengeld gehabt habe. Zwar habe dann eine Lücke von einigen Tagen zwischen dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit und der Wiedererkrankung bestanden. Dem Erfordernis der Unmittelbarkeit in § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII sei damit aber noch Genüge getan.

Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung der §§ 45, 47 und 48 SGB VII. Eine Wiederaufnahme der selbstständigen Erwerbstätigkeit in der Zeit vom 6. Februar bis 12. Februar 2002 und die Erzielung von Arbeitseinkommen hieraus seien nicht erwiesen. Der Krankengeldbezug habe bereits eine Woche vor der Wiedererkrankung am 13. Februar 2002 geendet. Der in § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII verwendete Rechtsbegriff der Unmittelbarkeit impliziere einen nahtlosen Übergang zwischen Krankengeldzahlung und Arbeitsunfähigkeit, weswegen der Krankengeldanspruch am Tag vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit bestanden haben müsse.

Die Beklagte beantragt, 

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, 

die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

II

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht hat das LSG dem Kläger Verletztengeld für die Zeit vom 13. Februar bis 13. Mai 2006 zuerkannt.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der Kläger wegen der Folgen des von der Beklagten zu entschädigenden Arbeitsunfalls aus dem Jahr 1992 in der Zeit vom 13. Februar bis 13. Mai 2002 erneut arbeitsunfähig krank, nachdem er zuvor wegen einer nicht mit dem Unfall in Zusammenhang stehenden Erkrankung bis einschließlich 5. Februar 2002 von der Beigeladenen Krankengeld bezogen hatte. Ob er in der Zeit vom 6. Februar bis 12. Februar 2002 seiner selbstständigen Tätigkeit nachgegangen ist, hat das LSG offengelassen, weil die Voraussetzungen des Anspruchs auf Verletztengeld unabhängig davon bereits wegen des vorangegangenen, bis zum 5. Februar 2002 währenden Krankengeldbezuges gegeben seien. Diese Bewertung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Gemäß § 48 SGB VII gelten im Fall der Wiedererkrankung an den Folgen des Versicherungsfalls die §§ 45 bis 47 SGB VII mit der Maßgabe entsprechend, dass an Stelle des Zeitpunkts der ersten Arbeitsunfähigkeit auf den der Wiedererkrankung abgestellt wird. Verletztengeld wird nach § 45 Abs. 1 SGB VII erbracht, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Winterausfallgeld, Arbeitslosengeld, nicht nur darlehensweise gewährtes Arbeitslosengeld II oder nicht nur Leistungen für Erstausstattungen für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder Mutterschaftsgeld hatten. Die geforderte Unmittelbarkeit des zeitlichen Anschlusses ist hier trotz der Lücke von sieben Kalendertagen zwischen dem Ende des Krankengeldbezuges am 5. Februar und dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 13. Februar 2002 gegeben.

Zur Auslegung des Begriffs "unmittelbar" in § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII besteht in der Kommentarliteratur keine einheitliche Auffassung. Zum Teil wird – mit unterschiedlicher Akzentuierung – ein nahtloser Übergang vom Entgelt- bzw. Leistungsbezug zum Verletztengeld verlangt (Ricke, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 2007, § 45 SGB VII RdNr. 5; Schmitt, SGB VII, 2. Aufl 2003, § 45 RdNr. 10: "Anspruch muss am Tag vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit bestanden haben"; Fröhlke, in: Lauterbach, Unfallversicherung, Stand: 2007, § 45 SGB VII RdNr. 24: "nahtloser Übergang erforderlich, ein Wochenende dazwischen aber unschädlich"; Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 2007, § 45 SGB VII RdNr. 14: "nahtloser Übergang, bei längerer Unterbrechung nicht gewahrt"), zum Teil wird eine zeitliche Lücke von bis zu einem Monat für unschädlich gehalten (Krasney in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung - Gesetzliche Unfallversicherung, Stand: 2007, § 45 SGB VII RdNr. 20), ohne dass die divergierenden Standpunkte näher begründet werden.

Allein aus der sprachlichen Fassung der Vorschrift kann entgegen der Revisionsbegründung nicht abgeleitet werden, dass bis zum letzten Tag vor Eintritt der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf eine der genannten Leistungen bestanden haben muss. Der Wortsinn zwingt nicht zu einem solchen Verständnis, denn das Wort "unmittelbar" bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Arbeitsunfähigkeit ohne Unterbrechung auf den Leistungsbezug folgen muss, ohne dass damit gesagt wäre, wann eine für den Verletztengeldanspruch schädliche Unterbrechung anzunehmen ist. Letzteres kann nur mit Blick auf die Zweckbestimmung des Verletztengeldes entschieden werden, wie sie sich aus der Gesetzessystematik und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift erschließt.

Verletztengeld soll den Entgelt- und Einkommensverlust ausgleichen, den ein in der gesetzlichen Unfallversicherung Versicherter infolge einer durch einen Versicherungsfall nach § 7 SGB VII bedingten Arbeitsunfähigkeit erleidet. Diese Funktion hatte die Leistung schon unter der Geltung der Reichsversicherungsordnung (RVO). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum früheren § 560 Abs. 1 RVO stand einem Unfallverletzten, der vor Eintritt des Arbeitsunfalls keiner entgeltlichen Tätigkeit nachgegangen war und der daher durch die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit keinen Einkommensverlust erlitten hatte, ein Anspruch auf Verletztengeld nicht zu (Urteil vom 26. Juni 1973 - 8/2 RU 162/71 - USK 7393; Urteil vom 19. Dezember 1974 - 8 RU 18/74 - BSGE 39, 63, 67 = SozR 2200 § 560 Nr. 3 S 13 m.w.N.). Umgekehrt wurde auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung einem Arbeitslosen Verletztengeld zugesprochen, weil durch die Arbeitsunfähigkeit zwar kein Arbeitsentgelt, wohl aber das Arbeitslosengeld als Lohnersatzleistung weggefallen und somit wegen der Unfallfolgen ein Einkommensverlust im weiteren Sinne eingetreten war (Urteil vom 29. November 1972 – 8/2 RU 123/71 – BSGE 35, 65, 68 f = SozR Nr. 3 zu § 560 RVO Bl Aa 6).

Im Gesetz selbst kam der Entgeltersatzcharakter des Verletztengeldes zunächst nur in den Bestimmungen über die Berechnung der Leistung zum Ausdruck. Aus § 561 Abs. 1 und Abs. 3 RVO i.d.F. des Rehabilitations-Angleichungsgesetzes vom 7. August 1974 (BGBl I 1881) ergab sich, dass Verletztengeld nur ein Arbeitnehmer oder ein "übriger" Verletzter erhalten konnte, der bei Beginn der Arbeitsunfähigkeit Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen hatte. Durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) wurde sodann § 560 Abs. 1 RVO neu gefasst und der Entgeltersatzcharakter dadurch unterstrichen, dass der Anspruch auf Verletztengeld ruhte, soweit der Verletzte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erhielt oder Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Unterhaltsgeld, Mutterschaftsgeld, Konkursausfallgeld oder Winterausfallgeld bezog. Maßgeblich war danach der durch die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit tatsächlich eintretende Einkommensverlust. Trat ein solcher nicht ein, führte dies zum Ruhen des Anspruchs auf Verletztengeld.

Anlässlich der Überführung des Unfallversicherungsrechts in das SGB VII durch das Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz (UVEG) vom 7. August 1996 (BGBl I 1254) hat der Gesetzgeber die Vorschriften über das Verletztengeld systematisch neu gegliedert und das Erfordernis einer durch die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit verursachten Lohn- oder Einkommenseinbuße bzw. des dadurch bedingten Wegfalls einer einkommensersetzenden Sozialleistung in § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII nunmehr ausdrücklich als Voraussetzung des Anspruchs auf Verletztengeld normiert. Eine Änderung der bisherigen Rechtslage sollte damit nach der Begründung zum Regierungsentwurf des UVEG nicht verbunden sein (BT-Drucks 13/2204 S 87 zu § 45).

An dieser Rechtsentwicklung wird deutlich, dass mit der Voraussetzung eines unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit bestehenden Anspruchs auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen oder eine der in § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII genannten Geldleistungen die Entgeltersatzfunktion des Verletztengeldes betont und sichergestellt werden soll, dass nur solche Versicherte die Leistung erhalten, die zum Kreis der Erwerbstätigen gehören und ihren Lebensunterhalt vor Eintritt der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit aus einer Erwerbstätigkeit oder einer daran anknüpfenden Sozialleistung bestritten haben. Für das Verständnis des Begriffs "unmittelbar" bedeutet das, dass es nicht auf einen tagesgenauen zeitlichen Anschluss, sondern darauf ankommt, dass der Versicherte, als er arbeitsunfähig wurde, von einer der im Gesetz aufgeführten Einkunftsarten gelebt haben muss. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII sind dagegen nicht erfüllt, wenn er seinen Lebensunterhalt zu diesem Zeitpunkt aus anderen Quellen, etwa aus Vermögen, Kapitaleinkünften, Rente oder Sozialhilfe, finanziert hat. War der Anspruch auf eine der durch Verletztengeld zu ersetzenden Leistungen bereits vor Eintritt der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit weggefallen, so hängt die Entscheidung davon ab, ob sich in der Zwischenzeit eine neue wirtschaftliche Lebensgrundlage gebildet hatte oder bilden konnte.

Bis zu welcher zeitlichen Grenze eine Unterbrechung zwischen dem Wegfall des Entgelt- oder Leistungsanspruchs und dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit mit Blick auf die Lohnersatzfunktion des Verletztengeldes unschädlich sein kann und ob für die Grenzziehung auf Grundsätze zurückgegriffen werden kann, die das BSG in anderem Zusammenhang zur Kontinuität aufeinander folgender Entgeltersatzleistungen formuliert hat (vgl. etwa BSGE 51, 193, 194 ff = SozR 2200 § 1241b Nr. 4 S 6 ff; SozR 2200 § 1240 Nr. 11 S 17; BSGE 58, 175, 177 = SozR 4100 § 59 Nr. 3 S 7 zum Anschluss von Übergangsgeld an Krankengeld), braucht aus Anlass des jetzigen Rechtsstreits nicht entschieden zu werden. Denn nach den zuvor entwickelten Maßstäben ist im vorliegenden Fall der vom Gesetz geforderte unmittelbare zeitliche Zusammenhang jedenfalls zu bejahen. Als das Krankengeld am 5. Februar 2002 endete, stand seit langem fest, dass der Kläger bereits eine Woche später, am 13. Februar 2002, eine länger dauernde stationäre Krankenhausbehandlung wegen der Unfallfolgen antreten würde. Auch wenn er in den verbleibenden sieben Tagen Aktivitäten im Hinblick auf eine spätere Wiederaufnahme seiner selbstständigen Erwerbstätigkeit entfaltet haben sollte, liegt es auf der Hand, dass sich seine durch den vorausgegangenen zweijährigen Krankengeldbezug geprägte wirtschaftliche Lebensgrundlage in dieser Zeit nicht verändert hatte und auch nicht verändern konnte.

Die Höhe des Verletztengeldes richtet sich, wie das LSG ebenfalls zutreffend entschieden hat, nach § 47 Abs. 4 SGB VII. Danach wird bei Versicherten, die unmittelbar vor dem Versicherungsfall Krankengeld bezogen haben, bei der Berechnung des Verletztengeldes von dem bisher zugrunde gelegten Regelentgelt ausgegangen. Von einem Krankengeldbezug "unmittelbar vor dem Versicherungsfall" ist trotz der Lücke von sieben Kalendertagen zwischen dem Wegfall des Krankengeldes am 5. Februar 2002 und dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit am 13. Februar 2002 auch bei Anwendung der Berechnungsvorschriften auszugehen. Dafür ist ohne Belang, ob der Kläger in der Zwischenzeit seine selbstständige Erwerbstätigkeit wiederaufgenommen hatte oder nicht. Auch wenn Ersteres zutreffen sollte, führt dies entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Anwendung des § 47 Abs. 1 SGB VII mit der Folge, dass an das erzielte Arbeitseinkommen anzuknüpfen und mangels eines solchen Verletztengeld nicht zu zahlen wäre. Da das Verletztengeld dazu bestimmt ist, das zuletzt vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zum Lebensunterhalt dienende Einkommen zu ersetzen, müssen seiner Berechnung die Einkünfte zugrunde gelegt werden, die während des letzten wirtschaftlichen Dauerzustandes den Lebensstandard des Versicherten geprägt haben. Das war hier das bis zum 5. Februar 2002 bezogene Krankengeld.

Die Revision der Beklagten war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.