Bundessozialgericht - B 2 U 33/07 R - Urteil vom 02.04.2009
Zu den Voraussetzungen der BK 3101 und der Frage, ab wann eine Hepatitis C als Berufskrankheit anzuerkennen ist.
Der Verordnungsgeber geht bei der BK 3101 typisierend davon aus, dass gerade im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege und in einem Laboratorium eine abstrakte Gefahrenlage und für die betroffenen Beschäftigten ein generell erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Durch die von ihm beabsichtigte Erweiterung des Versicherungsschutzes auf außerhalb der bezeichneten Gefährdungsbereiche tätige Versicherte, die "der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt" sind, wird deutlich, dass die besondere Gefahrenlage i.S. der 4. Regelungsalternative derjenigen entsprechen muss, die im Fall der anderen drei Regelungsalternativen des Gesundheitsdienstes, der Wohlfahrtspflege und des Laboratoriums angenommen wird.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung einer Infektion des Klägers mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) als Berufskrankheit (BK) nach Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV; im Folgenden BK 3101) streitig.
Der 1957 in Ägypten geborene Kläger war seit November 1989 als Entsorger bei der Hamburger Stadtreinigung beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte das Entleeren öffentlicher Abfallbehälter in den Stadtteilen St. Pauli und St. Georg. Im Mai 1995 wurde bei ihm eine HCV-Infektion festgestellt, die im Juli 1991 noch nicht vorgelegen hatte. Seinen im Dezember 1997 gestellten Antrag, diese Erkrankung als BK 3101 anzuerkennen, weil er sich in der Zeit von Juli 1991 bis Anfang 1995 beim Zusammenpressen von Müllbeuteln mehrfach an Kanülen verletzt habe, lehnte die Beklagte ab. Der Kläger gehöre nicht einem Personenkreis mit erhöhter Infektionsgefahr an (Bescheid vom 26. Mai 1999, Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2002).
Das Sozialgericht Hamburg (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 12. Mai 2005). Das Landessozialgericht Hamburg (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 16. Januar 2007). Als Entsorger sei der Kläger einer Infektionsgefahr nicht in ähnlichem Maße wie die Angehörigen des Gesundheitsdienstes, der Wohlfahrtspflege oder eines Laboratoriums besonders ausgesetzt gewesen. Für die Berufsgruppe der Müllentsorger lasse sich ein generell erhöhtes HCV-Infektionsrisiko nicht feststellen. Zudem fehle es an dem nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) notwendigen konkreten Nachweis einer potentiellen Infektionsquelle, da ein unmittelbarer oder mittelbarer Kontakt zu einer infizierten Spritze nicht belegt sei.
Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die fehlerhafte Auslegung des Tatbestandes der BK 3101 sowie einen Verstoß gegen die Grenzen des Rechts auf freie Beweiswürdigung und die Pflicht zur Amtsermittlung. Das LSG hätte nicht auf die Berufsgruppe der Müllentsorger abstellen dürfen, sondern feststellen müssen, ob die konkret verrichtete Tätigkeit besonders infektionsgefährdet gewesen sei. Die angefochtene Entscheidung beruhe auf nicht mehr aktuellen medizinischen Erfahrungssätzen. Die Durchseuchung mit dem HCV sei im Drogenmilieu überdurchschnittlich hoch. Der Nachweis einer bestimmten Infektionsquelle sei nicht erforderlich. Wenn dem aber so wäre, hätte es weiterer Ermittlungen bedurft.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 16. Januar 2007, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Mai 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Januar 2002 aufzuheben und festzustellen, dass die beim Kläger vorliegende Hepatitis C-Infektion eine Berufskrankheit nach Nr. 3101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Die durchgeführten Ermittlungen hätten keine besondere berufliche Gefahrenexposition ergeben.
II.
Die zulässige Revision ist im Sinne der Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung über die vom Kläger (allein noch) begehrte Feststellung der BK 3101 nicht aus.
Der erhobene Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), weil die HCV-Infektion des Klägers im Mai 1995 festgestellt worden ist und der geltend gemachte Versicherungsfall damit vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten sein soll (Art 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, § 212 SGB VII).
Ermächtigungsgrundlage für die Bezeichnung von BKen ist § 551 Abs. 1 RVO. Danach sind BKen Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet (Listen-BK) und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet (Satz 2). Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann BKen sind, wenn sie durch die Arbeit in bestimmten Unternehmen verursacht worden sind (Satz 3).
Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die ggf. bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität), und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Dass die berufsbedingte Erkrankung ggf. den Leistungsfall auslösende Folgen nach sich zieht (haftungsausfüllende Kausalität), ist keine Bedingung für die Feststellung einer Listen-BK (vgl. BSG vom 2. April 2009 - B 2 U 9/08 R - zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Dabei müssen die "versicherte Tätigkeit", die "Verrichtung", die "Einwirkungen" und die "Krankheit" i.S. des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (vgl. BSG vom 27. Juni 2006 - B 2 U 20/04 R - BSGE 96, 291 = SozR 4-2700 § 9 Nr. 7, jeweils RdNr. 15; BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17, jeweils RdNr. 13 ff).
Der Verordnungsgeber hat die BK 3101 wie folgt bezeichnet: "Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war". Da sich bei dieser BK der Ansteckungsvorgang im Nachhinein häufig nicht mehr feststellen lässt, tritt an die Stelle der "Einwirkungen" i.S. des § 551 Abs. 1 Satz 3 RVO eine erhöhte Infektionsgefahr, die im Vollbeweis vorliegen muss. Ob der Versicherte einer der versicherten Tätigkeit innewohnenden "Infektionsgefahr in besonderem Maße" ausgesetzt war, hängt einerseits von der Durchseuchung des Umfelds der Tätigkeit, d.h. der kontaktierten Personen sowie der Objekte, mit oder an denen zu arbeiten ist, und andererseits von der Übertragungsgefahr der ausgeübten Verrichtungen ab, die sich nach dem Übertragungsmodus der jeweiligen Infektionskrankheit sowie der Art, der Häufigkeit und der Dauer der vom Versicherten verrichteten gefährdenden Handlungen bestimmt. Da für die Anerkennung der BK 3101 nicht eine schlichte Infektionsgefahr genügt, sondern eine (z.T. typisierend nach Tätigkeitsbereichen) besonders erhöhte Infektionsgefahr vorausgesetzt wird (vgl. § 551 Abs. 1 Satz 3 Halbsatz 1, § 9 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 SGB VII), kommt es darauf an, welche einzelnen Arbeitshandlungen im Hinblick auf den Übertragungsweg besonders gefährdend sind (vgl. zu Begriff und Prüfung der erhöhten Infektionsgefahr: BSG vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen).
Ob danach die Voraussetzungen der BK 3101 vorliegen, lässt sich anhand der tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen. Hepatitis C ist zwar eine Infektionskrankheit. Der Kläger war auch als Beschäftigter nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO versichert. Mangels ausreichender Feststellungen kann der Senat aber nicht entscheiden, ob der Kläger zudem einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt war und diese ggf. die Erkrankung verursacht haben kann.
Der Kläger hat seine versicherte Tätigkeit nicht im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium ausgeübt. Entscheidend ist daher, ob er i.S. der 4. Alternative der BK 3101 "durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war". Insoweit hat das LSG zu Unrecht auf die Berufsgruppe der Müllentsorger abgestellt und für diesen Personenkreis ein generell erhöhtes Infektionsrisiko verlangt, ohne die vom Versicherten konkret verrichteten Tätigkeiten zu berücksichtigen. Bei der BK 3101 ist vielmehr festzustellen, ob dem versicherten Tätigkeitsbereich eine abstrakte Gefährdung innewohnt und sich die generelle Gefahr auf Grund der im Gefahrenbereich individuell vorgenommenen Verrichtungen auch tatsächlich realisiert haben kann. Das ergibt sich aus der mit der 4. Alternative der BK 3101 vom Verordnungsgeber verfolgten Regelungsabsicht.
Die Tatbestandsalternative "durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt" geht auf die Siebente Berufskrankheiten-Verordnung (7. BKVO) vom 20. Juni 1968 (BGBl I S 721) zurück. Während nach dem davor geltenden Recht Infektionskrankheiten nur dann BKen waren, wenn sie durch berufliche Beschäftigung in bestimmten Unternehmen verursacht wurden, sind mit der 7. BKVO in den bis heute unverändert gebliebenen Tatbestand der BK der Infektionskrankheiten die mit den früher bezeichneten Unternehmen vergleichbaren Tätigkeitsbereiche Gesundheitsdienst, Wohlfahrtspflege und Laboratorium aufgenommen worden. Darüber hinaus ist die Alternative "durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt" mit der Begründung eingeführt worden, dass die Beschränkung auf bestimmte Unternehmen in einigen Einzelfällen zu Härten geführt habe und es angezeigt erscheine, den Versicherungsschutz über den bisher schon erfassten Personenkreis auf Versicherte auszudehnen, die im Einzelfall durch ihre Tätigkeit der Ansteckungsgefahr besonders ausgesetzt seien (vgl. BR-Drucks 128/68 Allgemeiner Teil).
Der Verordnungsgeber geht bei der BK 3101 typisierend davon aus, dass gerade im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege und in einem Laboratorium eine abstrakte Gefahrenlage und für die betroffenen Beschäftigten ein generell erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Durch die von ihm beabsichtigte Erweiterung des Versicherungsschutzes auf außerhalb der bezeichneten Gefährdungsbereiche tätige Versicherte, die "der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt" sind, wird deutlich, dass die besondere Gefahrenlage i.S. der 4. Regelungsalternative derjenigen entsprechen muss, die im Fall der anderen drei Regelungsalternativen des Gesundheitsdienstes, der Wohlfahrtspflege und des Laboratoriums angenommen wird. Auch die 4. Regelungsalternative setzt daher voraus, dass die versicherte Tätigkeit eine abstrakte Gefahrenlage in sich birgt. Ist unter Berücksichtigung der Art der versicherten Tätigkeit und der Beschaffenheit des Tätigkeitsumfeldes eine generelle Gefährdung nicht denkbar, scheidet schon deshalb die BK 3101 aus. Liegt hingegen eine mit der versicherten Tätigkeit verbundene abstrakte Gefährdung vor, kommt es darüber hinaus darauf an, ob der Versicherte infolge seiner konkret ausgeübten Verrichtungen einer erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt war, die sich - wie bereits ausgeführt wurde - nach der Durchseuchung des Tätigkeitsumfeldes sowie der Übertragungsgefahr richtet.
Das LSG hätte sich daher nicht auf die Prüfung beschränken dürfen, ob die versicherte Tätigkeit an sich infektionsgefährdet ist. Vielmehr ist zunächst zu klären, ob die im Rahmen der versicherten Tätigkeit verrichteten Arbeiten ihrer Art nach unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Arbeitsumfeldes mit einer abstrakten Gefahrenlage einhergehen. Das LSG wird daher insoweit festzustellen haben, welche Tätigkeiten der Kläger im Einzelnen zu welchen Zeiten verrichtet hat.
Das Vorliegen einer abstrakten Gefahrenlage erscheint nach dem Vorbringen des Klägers nicht ausgeschlossen. Das Entleeren öffentlicher Abfallbehälter und Zusammenpressen von Müllbeuteln in Ortsbereichen, in denen Drogenabhängige sich gehäuft zum Drogenkonsum aufhalten und die von ihnen benutzten Spritzen entsorgen, geht mit einer Ansteckungsgefahr einher. Innerhalb der Gruppe der Drogenabhängigen ist die Durchseuchung mit HCV überdurchschnittlich hoch (vgl. Potthoff/Schüler/Wedemeyer/Manns, Epidemiologie der Virushepatitis A, B und C, in Selmair/Manns, Virushepatitis als Berufskrankheit, 2. Aufl., S 20 f; Hofmann/Kralj/Hasselhorn, Hepatitis B- und Hepatitis C-Virus: Die Bedeutung der Infektion von Patienten durch medizinisches Personal, in Selmair/Manns, a.a.O., S 65; Kralj/Hofmann/Rieger, Hepatitis B- und Hepatitis C-Epidemiologie bei Beschäftigten im Gesundheitsdienst, in Selmair/Manns, a.a.O., S 85). Darüber ist das HCV auch außerhalb des menschlichen Körpers in Blutresten über einen Zeitraum von mehreren Tagen überlebensfähig (vgl. Böhm/Jilg, Die Stabilität und Dauer der Infektiosität von Hepatitis A-Viren, Hepatitis B-Viren und Hepatitis C-Viren außerhalb des menschlichen Organismus als wichtige Kriterien für die Beurteilung des berufsbedingten Infektionsrisikos, in Selmair/Manns, a.a.O., S 128) und ist die Nadelstichverletzung, insbesondere mit einer Hohlnadel, ein geeigneter Übertragungsweg, der ein besonders hohes Übertragungsrisiko beinhaltet, da hier regelmäßig der Transfer relativ großer Mengen menschlichen Blutes möglich ist (vgl. Trautwein/Manns, Vorgehen nach Nadelstichverletzung bei Hepatits B- und C-Infektion in der Klinik, in Selmair/Manns, a.a.O., S 145; Remé, Arbeitsmedizinische Grundlagen für die Konkretisierung von Beweiserleichterungen im Berufskrankheitenfeststellungsverfahren - Fallgruppen und Einzelfallermittlungen, in Selmair/Manns, a.a.O., S 190).
Lassen die Tätigkeitsart und das Arbeitsumfeld auf eine abstrakte Gefährdungslage schließen, bedarf es außerdem der tatsächlichen Feststellungen zur Notwendigkeit einer konkret erhöhten Infektionsgefahr und damit zu der Frage, ob die Verrichtungen des Klägers ihn mit einem durchseuchten Objektbereich in Berührung gebracht haben oder ob sie im Hinblick auf den Übertragungsmodus der Hepatitis C-Infektion sowie ihrer Art, Häufigkeit und Dauer nach besonders infektionsgefährdend waren.
Liegt eine durch die versicherte Tätigkeit bedingte besonders erhöhte Infektionsgefahr und die Infektionskrankheit vor, nimmt der Verordnungsgeber typisierend an, dass die Infektion während und wegen der Gefahrenlage erfolgte und die Erkrankung wesentlich verursacht hat. Für diese Typisierung ist allerdings dann kein Raum, wenn eine Infektion während oder aufgrund der versicherten Verrichtungen und damit der unterstellte Ursachenzusammenhang ausgeschlossen ist. Es darf weder die Inkubationszeit gegen einen zeitlichen Zusammenhang der Krankheit mit der beruflichen Tätigkeit sprechen noch ein anderes, dem privaten Lebensbereich zuzuordnendes Infektionsrisiko die Erkrankung verursacht haben (vgl. BSG vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R - a.a.O.).
Das LSG wird deshalb auch ggf. festzustellen haben, ob der Zeitpunkt der Infektion in den Zeitraum der Ausübung der gefährdenden Arbeitsvorgänge fällt und andere Ansteckungsrisiken bestanden haben. Da die erforderliche Einwirkung nicht in einem konkreten Infektionsvorgang, sondern einer erhöhten Infektionsgefahr besteht, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts der Nachweis eines unmittelbaren oder mittelbaren Kontaktes zu einer Infektionsquelle nicht erforderlich. Der Nachweis einer infizierten Kontaktperson bei gleichzeitiger übertragungsgefährdender Tätigkeit legt zwar das Vorliegen einer besonders erhöhten Infektionsgefahr nahe. Zwingend ist dieser Schluss aber nicht. Entscheidend ist immer die Gesamtwürdigung der das Arbeitsumfeld und die versicherte Tätigkeit betreffenden beiden Risikobereiche unter Berücksichtigung des spezifischen Übertragungsmodus und Verbreitungsgrades der jeweiligen Infektionskrankheit (vgl. BSG vom 2. April 2009 - B 2 U 30/07 R - a.a.O.). Dem steht auch nicht das Urteil des Senats vom 30. Mai 1998 (2 RU 33/87 - NZA 1988 S 823) entgegen. Darin wird vielmehr ausdrücklich darauf hingewiesen, dass und unter welchen Voraussetzungen auch ohne den Nachweis einer infizierten Kontaktperson die Feststellung der BK 3101 zulässig ist.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.