Bundessozialgericht - B 4 AS 49/09 R - Urteil vom 18.02.2010
Bei der Auslegung des Begriffs des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II folgt das BSG den Grundsätzen, die zum familienrechtlichen Begriff des "Getrenntlebens" entwickelt worden sind. Neben einer räumlichen Trennung setzt dies einen Trennungswillen voraus. Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II nicht unmittelbar entnehmen, wann ein Getrenntleben i.S. des SGB II vorliegt. Gegen ein enges Verständnis dieses Begriffs in dem Sinne, dass Ehegatten nur dann nicht dauernd getrennt leben, wenn sie räumlich zusammen leben, jede räumliche Trennung also bereits ein Getrenntleben beinhaltet, spricht, dass sich das Getrenntleben auf die Ehe i.S. des § 1353 BGB beziehen muss.
Gründe:
I
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Zeit vom 5.1.2005 bis 30.6.2005.
Die 1954 geborene, SGB II-Leistungen beziehende Klägerin heiratete am 5.1.2005 den 1936 geborenen H M. Beide lebten nach der Eheschließung - wie bisher - in ihren früheren Wohnungen, führten getrennte Haushalte und vereinbarten den Güterstand der Gütertrennung. Die Klägerin, die keine Absicht zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft hatte, verbrachte weiterhin drei- bis viermal wöchentlich Zeit mit ihrem Ehemann mit Gesprächen, Spaziergängen und Fernsehen. Gelegentlich wurden gemeinsame Mahlzeiten eingenommen.
Die Beklagte hatte der Klägerin bereits vor ihrer Eheschließung SGB II-Leistungen vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 in Höhe von 659,50 Euro monatlich bewilligt (Bescheid vom 10.11.2004). Diesen Bescheid hob sie mit Wirkung vom 5.1.2005 auf, weil die Klägerin nach ihrer Heirat nicht mehr hilfebedürftig sei. Unter Berücksichtigung der Pension ihres Ehemannes und der gesetzlich vorgesehenen Abzüge ergebe sich ein einzusetzendes Einkommen in Höhe von 1 521,62 Euro, das den Bedarf der Eheleute in Höhe von 936,50 Euro übersteige (Bescheid vom 27.1.2005; Widerspruchsbescheid vom 31.3.2005).
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat das klageabweisende Urteil des SG Osnabrück geändert sowie den Bescheid vom 27.1.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.3.2005 aufgehoben (Urteil des SG vom 20.9.2006; Urteil des LSG vom 24.3.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Bescheid vom 27.1.2005 sei rechtswidrig, weil in den tatsächlichen Verhältnissen keine wesentliche Änderung i.S. des § 48 SGB X eingetreten sei. Die Klägerin bilde trotz Eheschließung keine Bedarfsgemeinschaft mit ihrem Ehemann, weil sie von ihm dauernd getrennt lebe und als alleinstehend i.S. des SGB II zu betrachten sei. Der Begriff des Getrenntlebens sei nicht ausschließlich im Sinn der Kriterien des § 1567 Abs. 1 Satz 1 BGB zu verstehen, weil das Familienrecht mit dieser Definition in erster Linie Unterhaltsansprüche auf der Basis einer zuvor existierenden häuslichen und ehelichen Gemeinschaft begründe. Das Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft werde in § 7 Abs. 3 SGB II nur als Zusammenkunft von Personen mit bestimmten persönlichen Zuordnungsmerkmalen zum Hauptleistungsberechtigten definiert. Neben dem personalen Bezug würden weitere Anforderungen inhaltlicher Art nicht gestellt. Eine Partnerschaft zwischen Mann und Frau, die vor der Eheschließung keine Bedarfsgemeinschaft darstelle, werde nicht allein durch die Heirat automatisch zu einer solchen, wenn sich in tatsächlicher Hinsicht nichts geändert habe. Das "dauernd getrennt lebend" i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst a SGB II bestimme sich eigenständig nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift und ihres normativen Zusammenhangs mit § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB II. Es sei Absicht des Gesetzgebers, sich mit dem fürsorgerechtlichen Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft insgesamt von familienrechtlichen Einstandspflichten mit dem Ziel zu lösen, das SGB II als letztes soziales Auffangnetz zu etablieren. Mit dem Merkmal des Nichtgetrenntlebens von Ehegatten im Rahmen der Bildung von Bedarfsgemeinschaften knüpfe der Gesetzgeber wegen des Nachrangs von Grundsicherungsleistungen an die durch Ehe und Familie typischerweise gegebene wirtschaftliche und sonstige Lebenssituation an. Für die eine Bedarfsgemeinschaft i.S. des § 7 Abs. 3 SGB II prägende Einstandspflicht sei von Bedeutung, ob eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bestehe, wobei dem räumlichen Zusammenhang ein gewichtiges Indiz zukomme. Wenn die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Ehepartner nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben sei, liege keine Bedarfsgemeinschaft vor. Es könne nicht festgestellt werden, dass zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann eine Lebensgemeinschaft im Sinne einer räumlichen, persönlichen und geistigen Gemeinschaft wie bei Eheleuten bestehe. Auch Anhaltspunkte für eine Wirtschaftsgemeinschaft seien nicht erkennbar. Zwar möge die Absicht eines Zusammenlebens im Rahmen einer häuslichen Gemeinschaft üblicherweise dem Bild einer Ehe entsprechen. Dies schließe aber nicht aus, dass in Einzelfällen Lebensgestaltungen und Interessenlagen gegeben seien, die für eine Heirat ohne häusliche Gemeinschaft sprächen.
Mit ihrer Revision rügt die Beklagte einen Verstoß gegen § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst a SGB II. Das LSG berücksichtige nicht die hier vorliegende besondere Gestaltungsform der Ehe, in der unstreitig eine häusliche Gemeinschaft zwischen den Eheleuten von vornherein nicht bestanden habe bzw. bestehe und bei der es sich für (wenigstens) einen Ehepartner um eine sog Versorgungs- oder Zweckehe gehandelt habe und bis zum Tod handeln solle. Bei fehlender häuslicher Gemeinschaft sei entscheidend für das Getrenntleben der nach außen erkennbare Trennungswille, d.h. der Wille, die Lebensgemeinschaft und damit auch die diese kennzeichnende Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft dauerhaft nicht fortsetzen zu wollen. Würden Ehen zu einem bestimmten Zweck, hier dem der Versorgung, eingegangen, könne es schon aus Gründen der Gleichbehandlung im Ergebnis nicht gerechtfertigt sein, dass die Eheleute - jedenfalls solange ihre Ehe in der vereinbarten Form "funktioniere" - nur die mit der Eheschließung verbundenen Vorteile, nicht jedoch auch die hieraus entstehenden Pflichten oder Nachteile, wie z.B. die Behandlung als Bedarfsgemeinschaft, in Kauf nehmen wollten. Anders als im "Normalfall" des Getrenntlebens bestehe in diesen Fällen die Lebensgemeinschaft in der vereinbarten Form fort und auch die Ehe solle dauerhaft bis zum Tod bestehen, weil sonst die gerade für die Zeit nach dem Tod des Ehepartners erwartete Versorgung nicht in der erhofften Form eintreten könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 24. März 2009 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Osnabrück vom 20. September 2006 zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
II
Die Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Urteils des LSG und der Zurückverweisung an dieses Gericht begründet (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG). Aufgrund fehlender Sachverhaltsfeststellungen des LSG zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Ehemanns der Klägerin und dem Bedarf der Ehegatten insgesamt kann der Senat nicht beurteilen, ob und in welchem Umfang die Beklagte die Bewilligung der SGB II-Leistungen mit Wirkung vom 5.1.2005 wegen einer wesentlichen Änderung der tatsächlichen Verhältnisse aufheben durfte. Anders als vom LSG angenommen, bildete die Klägerin aber mit ihrem Ehemann ab der Heirat eine Bedarfsgemeinschaft i.S. des SGB II. Das Berufungsurteil beruht insofern auf einer unzutreffenden Rechtsansicht zum Begriff des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II, weil dieser ausgehend von der Typik dieser Regelung nach familienrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen ist.
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 27.1.2005, gegen den sich die Klägerin zu Recht (nur) mit der reinen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) wendet; mit der Aufhebung dieses Bescheides bleibt die im Bewilligungsbescheid vom 10.11.2004 enthaltene Verfügung über die Bewilligung von SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 wirksam. Bei der Prüfung, ob die Aufhebung zu Recht erfolgte, ist bei der hier vorliegenden reinen Anfechtungsklage die Sach- und Rechtslage zu dem Zeitpunkt maßgebend, in dem der angefochtene Verwaltungsakt erlassen worden ist (BSG, Urteil vom 20.4.1993 - 2 RU 52/92 - SozR 3-1500 § 54 Nr. 18 S 46 m.w.N.). Gegenstand der Überprüfung des LSG-Urteils im Revisionsverfahren sind daher die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Zustellung des angefochtenen Bescheides im Januar 2005, nicht die Frage, ob zu einem späteren Zeitpunkt von einem Getrenntleben zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann ausgegangen werden kann.
2. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Bewilligungsentscheidung ist § 40 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X. Hiernach ist, soweit in den Verhältnissen, die bei Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 SGB III ist dabei mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse der Verwaltungsakt aufzuheben, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt hat (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X). Dabei genügt es, dass nicht der Hilfebedürftige selbst, sondern - wie hier - eine andere Person, deren wirtschaftliche Verhältnisse für den Leistungsanspruch rechtserheblich sind, Einkommen oder Vermögen erzielt hat (BSG, Urteil vom 11.1.1989 - 10 RKg 12/87 - SozR 1300 § 48 Nr. 53 S 149). Neben der Frage, ob wegen des Bestehens einer Bedarfsgemeinschaft dem Grunde nach eine Einkommensanrechnung erfolgen kann, setzt § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X auch eine Prüfung voraus, in der der Einfluss der Erzielung von Einkommen auf die Leistungshöhe vorzunehmen ist. Die letzte Prüfung hat das LSG unterlassen, weil es davon ausging, dass die Klägerin und H M auch nach ihrer Heirat keine Bedarfsgemeinschaft bildeten.
3.a) Die Klägerin bildete jedoch mit ihrem Ehemann mit Wirkung ab 5.1.2005 eine Bedarfsgemeinschaft, weil sie nicht zeitgleich mit der Eheschließung von ihm i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II dauernd getrennt lebte. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 9 Abs. 1 SGB II in der Normfassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954) ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit (Nr. 1) oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen (Nr. 2) sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II sind bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und das Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehört als Partner der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen u.a. der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte (§ 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II).
b) Bei der Auslegung des Begriffs des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II folgt der Senat den Grundsätzen, die zum familienrechtlichen Begriff des "Getrenntlebens" entwickelt worden sind. Neben einer räumlichen Trennung setzt dies einen Trennungswillen voraus. Zwar lässt sich dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II nicht unmittelbar entnehmen, wann ein Getrenntleben i.S. des SGB II vorliegt. Gegen ein enges Verständnis dieses Begriffs in dem Sinne, dass Ehegatten nur dann nicht dauernd getrennt leben, wenn sie räumlich zusammen leben, jede räumliche Trennung also bereits ein Getrenntleben beinhaltet, spricht, dass sich das Getrenntleben auf die Ehe i.S. des § 1353 BGB beziehen muss. Da § 1353 Abs. 1 BGB mit der Bestimmung einer Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft nur die Grundstrukturen der Ehe, nicht jedoch die Art und Weise vorgibt, in der sich das Zusammenleben der Ehegatten vollzieht, ist die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft; jedoch kann bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt (Ehewohnung) eine solche i.S. des § 1353 BGB sein (Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl. 2010, § 1353 BGB RdNr. 6 ff; MünchkommBGB/Ey, § 1565 RdNr. 23, 5. Aufl. 2010; BGH, Urteil vom 7.11.2001 - XII ZR 247/00 - NJW 2002, 671). Haben die Ehegatten - wie hier - bei oder nach der Eheschließung einvernehmlich ein Lebensmodell gewählt, das eine häusliche Gemeinschaft nicht vorsieht, kann allein der Wille, diese auf absehbare Zeit nicht herzustellen, ein Getrenntleben nach familienrechtlichen Grundsätzen nicht begründen (Staudinger/Rauscher, BGB, 2004, § 1567 RdNr. 51). Vielmehr muss regelmäßig der nach außen erkennbare Wille eines Ehegatten hinzutreten, die häusliche Gemeinschaft nicht herstellen zu wollen, weil er die eheliche Gemeinschaft ablehnt (§ 1567 Abs. 1 BGB). In der hier vorliegenden Ausgangskonstellation kommt es nach familienrechtlichen Maßstäben für eine Trennung entsprechend darauf an, ob einer der Partner die bisherige Form der Lebensgemeinschaft ohne gemeinsamen Lebensmittelpunkt nicht mehr aufrecht erhalten will, das Eheband also lösen will (Palandt/Brudermüller, BGB, 69. Aufl. 2010, § 1567 RdNr. 5; KG Berlin, Beschluss vom 12.8.1981 - 3 WF 3833/81 - NJW 1982, 112; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.3.1981 - 7 WF 32/81 - FamRZ 1981, 677). Für die Annahme eines Getrenntlebens reicht es also entgegen der Rechtsansicht des LSG nicht aus, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen eine Lebensgemeinschaft i.S. einer räumlichen, persönlichen und geistigen Gemeinschaft sowie eine Wirtschaftsgemeinschaft von vornherein nicht bestanden hat. Erforderlich ist vielmehr ein Wille zur Änderung des einvernehmlich gewählten Ehemodells. Ein solcher Trennungswille lag jedoch nach den Feststellungen des LSG im Januar 2005 weder bei der Klägerin noch bei ihrem Ehemann vor.
c) Aus dem systematischen Kontext des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II mit den Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft folgt nicht, dass dem SGB II ein anderer Begriff des Getrenntlebens zugrunde liegt. Auch das SGB II geht davon aus, dass eine Bedarfsgemeinschaft bei Eheleuten (noch) bestehen kann, wenn diese, z.B. wegen des pflegebedürftigen Aufenthalts eines Ehegatten in einem Heim, räumlich voneinander getrennt leben (für die Konstellation der vorübergehenden räumlichen Trennung nach bisherigem Zusammenleben so auch: Spellbrink in Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2 Aufl. 2007, § 7 RdNr. 41; bei räumlicher Trennung nicht gemeinsam wirtschaftender Ehegatten: Mrozynski, Grundsicherung und Sozialhilfe, II.7 RdNr. 16, Stand August 2006; für die Konstellation einer räumlichen Trennung ohne Trennungswillen: S. Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 1. Aufl. 2009, § 7 SGB II, RdNr. 17). Der Grundgedanke der Bedarfsgemeinschaft beruht auf der Annahme, dass in dieser Gemeinschaft alle Mitglieder füreinander Verantwortung auch im finanziellen Sinne übernehmen. Erst nachrangig, wenn die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ihren Bedarf nicht gemeinsam decken können, sind Grundsicherungsleistungen zu gewähren (vgl. § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB I; § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II). Die Vermutung einer gegenseitigen Bedarfsdeckung hat der Gesetzgeber des SGB II dabei nicht vorrangig mit dem Vorhandensein von Unterhaltsansprüchen verbunden, sondern an die in § 7 Abs. 3 SGB II im Einzelnen aufgeführten tatsächlichen Umstände geknüpft (vgl. BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr. 5 RdNr. 39). Bei Eheleuten verlangt er - im Unterschied etwa zur Konstellation der eheähnlichen Lebensgemeinschaft (§ 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II) - gerade nicht das gemeinsame Leben in einem Haushalt.
d) Mit dem Anknüpfen an den Status der Ehe in § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II unterstellt der Gesetzgeber im Sinne einer verwaltungspraktischen Anwendung der SGB II-Vorschriften vielmehr regelmäßig das Vorhandensein einer durch Ehe und Familie typischerweise gegebenen wirtschaftlichen und sonstigen Lebenssituation (vgl. in anderem Zusammenhang BVerwG, Urteil vom 26.1.1995 - 5 C 8/93 - BVerwGE 97, 344). Dabei liegt es im Wesen einer typisierenden gesetzlichen Verallgemeinerung, dass mit dem Bezug auf bestimmte tatsächliche Verhältnisse bzw. sozialtypische Befunde eine weite, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einbeziehende Betrachtung stattfindet. Hierbei darf sich der Gesetzgeber grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen auszunehmen (BVerfG, Beschluss vom 11.1.2005 - 2 BvR 167/02 - BVerfGE 112, 164, 280 f; BVerfG, Beschluss vom 13.2.2008 - 2 BvL 1/06 - BVerfGE 120, 125 ff, 155). Es soll gerade nicht bei jeder Gestaltungsform der Ehe im Einzelfall geprüft werden, ob mit ihr auch eine bestimmte Form des Zusammenlebens und Wirtschaftens verbunden ist. Auch bei der hier vorliegenden Ehe ohne gemeinsamen räumlichen Lebensmittelpunkt wird daher die hiermit typischerweise verbundene wirtschaftliche und sonstige Lebenssituation unterstellt. Wie sich weiter aus den §§ 1360, 1361 und 1567 BGB ergibt, geht das BGB von der grundsätzlich auch im SGB II zu beachtenden Vermutung des Nichtgetrenntlebens von Ehegatten aus (Hohm in Gemeinschaftskommentar SGB II, § 7 RdNr. 51, Stand 8/2008). Eine Bedarfsgemeinschaft i.S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II liegt entsprechend nur dann nicht (mehr) vor, wenn ein Getrenntleben festgestellt worden ist, was hier - wie bereits ausgeführt - nicht der Fall ist.
e) Auch aus dem das SGB II prägenden Grundsatz der Subsidiarität, § 3 Abs. 3 SGB II (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 58/06 R - SozR 4-4200 § 9 Nr. 5 RdNr. 39; BSG, Urteil vom 13.11.2008 - B 14 AS 2/08 R - BSGE 102, 76 ff = SozR 4-4200 § 9 Nr. 7) lässt sich nicht ableiten, dass der Begriff des "nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten" i.S. von § 7 Abs. 3 Nr. 3a SGB II abweichend von familienrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen ist. Nach der Neuordnung der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums durch das SGB II (Viertes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954)) und das SGB XII (Gesetz zur Einordnung des Sozialhilferechts in das SGB vom 27. Dezember 2003 (BGBl I 3022)) wird - bezogen auf Unterhaltsansprüche von Ehegatten - dem Nachranggrundsatz des SGB II entweder über die Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft oder nach Maßgabe des § 33 SGB II Geltung verschafft. Der Anspruchsübergang nach § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II setzt einen zivilrechtlichen Unterhaltsanspruch voraus. Ginge der SGB II-Träger in Abweichung von familienrechtlichen Grundsätzen in der vorliegenden Fallkonstellation von einem Getrenntleben der Eheleute aus, könnte der Nachranggrundsatz weder über die Regelungen zur Bedarfsgemeinschaft noch effektiv über § 33 SGB II umgesetzt werden, weil nach familienrechtlichen Maßstäben kein Anspruch auf Trennungsunterhalt, sondern nur ein solcher auf Familienunterhalt nach den §§ 1360, 1360a BGB gegeben ist. Dieser steht jedoch grundsätzlich im Ermessen der Ehegatten und ist - mit Ausnahme eines Taschen- und Wirtschaftsgeldes - regelmäßig nicht auf eine Geldrente gerichtet, über die der Empfänger frei verfügen kann (Wendl/Staudigl, Unterhaltsrecht, 7. Aufl. 2008, § 3 RdNr. 1; BGH, Urteil vom 22.1.2003 - XII ZR 2/00 - FamRZ 2003, 363; vgl. zum fraglichen Übergang von Ansprüchen auf Naturalunterhalt: Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 33 RdNr. 21). Insofern ist die vom LSG zur Auslegung des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst a SGB II herangezogene Rechtsprechung des BVerwG auf das SGB II nicht übertragbar, weil sie wesentlich mit der Durchsetzbarkeit des sozialhilferechtlichen Aufwendungsersatzanspruchs der nicht getrennt lebenden Ehegatten (§ 29 BSHG bzw. § 19 Abs. 5 SGB XII) zur Verwirklichung des Nachranggrundsatzes begründet worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.1.1995 - 5 C 8/93 - BVerwGE 97, 344 ff, 347).
4. Allerdings lässt sich aufgrund der vom LSG getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob und ggf. in welchem Umfang die Beklagte wegen des Wegfalls der Hilfebedürftigkeit der Klägerin die Bewilligung von SGB II-Leistungen gänzlich aufheben durfte. Für die Frage, in welchem Umfang die Hilfebedürftigkeit der Klägerin mit Wirkung vom Zeitpunkt der Heirat am 5.1.2005 entfallen ist, sind Feststellungen zur Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens ihres Ehemannes und seines Bedarfs, insbesondere auch seiner Kosten für Unterkunft und Heizung und möglicher Mehrbedarfe, erforderlich. Dabei wird zu prüfen sein, ob die tatsächlichen (Gesamt-) Aufwendungen der Klägerin und ihres Ehemannes i.S. von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II angemessen sind. Es sind die tatsächlichen Mietaufwendungen beider Eheleute mit den Wohnungsmieten für Zwei-Personen-Haushalte im maßgeblichen Vergleichsraum abzugleichen. Auch soweit die Unterkunftskosten den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, kann nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II eine weitere (befristete) Kostenübernahme durch die Beklagte erfolgen. Insofern ist zu prüfen, ob und ggf. nach welchem Zeitablauf den Eheleuten eine Senkung der Unterkunfts- und Heizkosten möglich und subjektiv zumutbar war (vgl. BSG, Urteil vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 RdNr. 29 f), wobei auch zu berücksichtigen ist, dass Hilfebedürftige nur dann eine Kostensenkungsobliegenheit trifft, wenn sie Kenntnis hiervon hatten (vgl. hierzu im Einzelnen Urteil des Senats vom 17.12.2009 - B 4 AS 19/09 R - RdNr. 15 - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Ergibt eine Gegenüberstellung des Gesamtbedarfs mit dem Einkommen der Bedarfsgemeinschaft eine Differenz zugunsten des Gesamtbedarfs, besteht in diesem Umfang ein weiterhin der (vollständigen) Aufhebung der Bewilligung entgegenstehender Leistungsanspruch der Klägerin.
5. Das angefochtene Urteil ist daher gemäß § 170 Abs. 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das LSG zurückzuverweisen.