Bundessozialgericht - B 4 AS 57/07 R - Urteil vom 30.09.2008
Während es sich bei Sparguthaben durchgehend um Vermögen handelt, sind ihre Zinseinnahmen hieraus als Einnahmen anzusehen. Die schuldrechtliche Unterscheidung zwischen der auf Auszahlung von Sparzinsen gerichteten Forderung und der Erfüllung dieser Forderung durch Auszahlung (Gutschrift) führt nicht zu einer Konkurrenz dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr interessiert im Falle der Auszahlung einer Forderung grundsicherungsrechtlich grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung, sondern das Gesetz stellt in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II insofern allein auf die Erzielung von Einkünften in Geld oder Geldeswert als Einkommen ab. Das gilt allerdings nicht für Fälle, in denen mit bereits erlangten Einkünften angespart wurde, z.B. bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn andernfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben auch bei seiner Auszahlung Vermögen.
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten für September 2006 um höhere Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende unter Ausschluss der Berücksichtigung in diesem Monat gutgeschriebener Zinsen als Einkommen.
Die 1948 geborene, seit Oktober 2002 arbeitslose Klägerin bezieht seit 1.1.2005 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nach den Vorschriften des SGB II. Die beklagte Arbeitsgemeinschaft (Grundsicherungsträger) bewilligte ihr für die Zeit vom 1.9.2006 bis 28.2.2007 monatliche Leistungen in Höhe von 97,95 Euro für September, 886 Euro für Oktober, 854 Euro für November und jeweils 806 Euro für Dezember 2006 bis Februar 2007. Sie ging dabei von einem Gesamtbedarf der Klägerin in Höhe von monatlich 886 Euro aus. Diesem stellte sie für September 2006 Zinseinkünfte der Klägerin in Höhe von 818,05 Euro als zu berücksichtigendes Einkommen gegenüber (Bewilligungsbescheid vom 11.9.2006). Die Zinsen wurden auf Grund eines im August 2003 abgeschlossenen Sparvertrages am 4.9.2006 für ein auf drei Jahre angelegtes Sparguthaben über 11 000 Euro zusammen mit dem Guthaben ausgezahlt. Die Zinserträge für das erste, zweite und dritte Anlagejahr (206,97 Euro, 265,43 Euro, 344,17 Euro und 1,48 Euro, zusammen 818,05 Euro) waren vertragsgemäß erst nach Ablauf des Anlagezeitraums auszuzahlen.
Die Klägerin machte erfolglos geltend, Zinsen aus Schonvermögen seien Vermögen, sodass ihr für September 2007 über die bewilligten 97,95 Euro hinaus weitere Leistungen zustünden. Sie habe die ihr ausgezahlten 11 818,05 Euro zum Erwerb eines neuen Sparbriefes (8 500 Euro), zum Ausgleich eines negativen Standes ihres Girokontos (2 015,54 Euro) sowie zur Zurückzahlung eines von Dritten geliehenen Betrages verwendet. Damit habe auch ihr Vermögen zum Stichtag 1.9.2006 (11 818,05 Euro abzüglich 2 010,54 Euro) unter dem Freibetrag gelegen (Widerspruchsbescheid vom 10.10.2006, Gerichtsbescheid des Sozialgerichts (SG) vom 7.2.2007). Im Berufungsverfahren hat sich die beklagte Arbeitsgemeinschaft vergleichsweise verpflichtet, der Klägerin für September 2006 weitere 17,23 Euro wegen der Aufwendungen für eine Haftpflichtversicherung zu zahlen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die zuletzt auf Zahlung weiterer 690,10 Euro Grundsicherungsleistungen für September 2006 gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Gesamtbedarf der Klägerin sei zwischen den Beteiligten unstreitig. Bei den im September 2006 ausgezahlten Zinsen handle es sich nicht um Vermögen, sondern um Einkommen. Die Zinserträge seien nicht mit einer Zweckbestimmung verbunden gewesen und daher anrechnungsfrei. Sie seien als einmalige Einnahme zu behandeln und im Monat ihres Zuflusses zu berücksichtigen. Ihre Aufteilung über September 2006 hinaus auf einen längeren Zeitraum sei nicht erforderlich. Die Zinseinnahmen seien bereits als im Monat ihres Zuflusses zur Bedarfsdeckung verbraucht anzusehen und hätten für die Zeit danach nicht mehr zur Bedarfsdeckung zur Verfügung gestanden. Die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf die Berücksichtigung weiterer Freibeträge oder Absetzbeträge über den von der beklagten Arbeitsgemeinschaft bereits berücksichtigten Freibetrag von 30 Euro für September 2006 hinaus. Nach allem habe die beklagte Arbeitsgemeinschaft der Klägerin ausgehend von einem Gesamtbedarf von 886 Euro unter Anrechnung einmaligen Einkommens in Höhe von (Zinserträge 818,05 Euro abzüglich Versicherungspauschale 30 Euro und Beitrag zur Kfz-Haftpflichtversicherung 17,23 Euro =) 770,82 Euro für September 2006 einen Betrag von gerundet 115 Euro geschuldet. Diesen habe sie tatsächlich auch bewilligt, davon 97,95 Euro bereits im angefochtenen Bewilligungsbescheid und weitere 17,23 Euro durch Teilvergleich im Berufungsverfahren (Urteil vom 26.10.2007).
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung der §§ 11 und 12 SGB II. Bei ihren Zinseinnahmen handle es sich nicht um Einkommen. Vielmehr stammten sie aus freiwillig angespartem (Schon-)Vermögen und seien deshalb ihrerseits dem Vermögen zuzurechnen. Im Übrigen habe sie die Zinsen zur Unterstützung ihrer verwitweten Tochter und deren beiden Kinder, also aus einer "Unterhaltsverpflichtung" heraus und damit zweckbestimmt im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II verwendet. Soweit man Zinseinnahmen eines Sparers als Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit eines "illegalen Geldverleihers" an die Bank verstehe, müssten jeweils monatlich Freibeträge in Höhe von 100 Euro gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 1 SGB II gewährt werden. Da die Zinseinnahmen nicht nur auf einen Monat entfallen, seien nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V für die Verzinsungszeit jeweils monatliche Freibeträge von 30 Euro zu berücksichtigen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 26.10.2007 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7.2.2007 aufzuheben und den beklagten Grundsicherungsträger unter Abänderung seines Bescheides vom 11.6.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.10.2006 zu verurteilen, ihr für September 2006 weitere 690,10 Euro zu zahlen.
Die beklagte Arbeitsgemeinschaft beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die beklagte Arbeitsgemeinschaft hält das LSG-Urteil für zutreffend.
II
Die Revision ist zulässig.
Gründe, die einer Sachentscheidung des Revisionsgerichts entgegenstehen könnten, liegen nicht vor. Insbesondere war die Berufung zulässig. Dem steht nicht entgegen, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes mit Wirkung zum 1.4.2008 für Klagen der vorliegenden Art von bisher 500 Euro auf nunmehr 750 Euro angehoben worden ist (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.d.F. des Art 1 Nr. 24 Buchst a des SGGArbGÄndG vom 26.3.2008, BGBl I 444). Diesen Wert erreicht die Beschwer der Klägerin zwar nicht. Streitig war lediglich die Berücksichtigung eines Betrags in Höhe von 690,10 Euro für nur einen Monat. Die seit 1.4.2008 geltende höhere Berufungssumme (750 Euro) findet im vorliegenden Fall jedoch noch keine Anwendung, weil sowohl bei Einlegung der Berufung als auch im Zeitpunkt der Entscheidung des LSG (Oktober 2007) die Berufungssumme noch bei 500 Euro lag (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG in der bis 31.3.2008 geltenden Fassung; zum maßgeblichen Zeitpunkt für die Anwendung des neuen Rechts und Vertrauensschutzgesichtspunkte bei den am 1.4.2008 bereits anhängig gewesenen Streitigkeiten vgl. Hauck in jurisPR-SozR 17/2008, Anm. 4 unter 6.; Leitherer, NJW 2008, 1258, 1261, zur vergleichbaren Situation bei früheren Rechtsänderungen vgl. BSG, SozR Nr. 3 zu § 143 SGG und Nr. 9 zu § 149 SGG).
Die Revision ist indessen unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Grundsicherungsleistungen für September 2006. Zu Recht hat die beklagte Arbeitsgemeinschaft die der Klägerin im September 2006 ausgezahlten Zinsen als Einkommen in diesem Monat berücksichtigt (dazu 1.). Einer Verteilung dieses Einkommens auf mehrere Monate (größere Bezugszeiträume) bedurfte es nicht (dazu 2.). Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass über den Absetzbetrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V hinaus weitere Freibeträge einkommensmindernd berücksichtigt werden (dazu 3.).
1. Die Klägerin hat Anspruch auf Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, dies allerdings nur unter Berücksichtigung ihrer Zinseinkünfte als Einkommen.
a) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung erhalten Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften oder Mitteln, hierin einbezogen das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen, sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält.
Die Voraussetzungen der genannten Nummern 1, 2 und 4 sind bei der Klägerin erfüllt. Sie war im streitigen Zeitraum dem Grunde nach auch hilfebedürftig (Nr. 3), und zwar unabhängig davon, ob die im September gutgeschriebenen Zinseinnahmen in voller Höhe einmalig in diesem Monat berücksichtigt und ihrem Gesamtbedarf gegenübergestellt werden. Der vom LSG festgestellte Gesamtbedarf (886 Euro) war im September 2006 nicht in vollem Umfang durch zu berücksichtigendes Einkommen der Klägerin gedeckt.
b) Die beklagte Arbeitsgemeinschaft hat zur Berechnung des individuellen Leistungsanspruchs dem Gesamtbedarf (886 Euro) der Klägerin für September 2006 zu Recht die in diesem Monat gutgeschriebenen Zinseinnahmen gegenübergestellt.
Der individuelle Leistungsanspruch, der einem alleinstehenden Hilfebedürftigen im Regelfall für einen Kalendermonat zusteht (zum Monatsprinzip vgl. u.a. § 41 Sätze 3 und 4; § 20 Abs. 2 Satz 1, § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II), ergibt sich, wenn die Summe des für den betreffenden Zeitraum zu berücksichtigenden Einkommens und Vermögens dem für denselben Zeitraum ermittelten gesamten Bedarf gegenübergestellt wird und die Summe aus Einkommen und Vermögen geringer ist als der Gesamtbedarf (zur Berechnungsweise bei Bedarfsgemeinschaften vgl. BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 3 RdNr. 9).
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Nach § 12 Abs. 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen, hiervon nach Abs. 2 der Vorschrift jedoch Freibeträge abzusetzen. Zudem sind in § 12 Abs. 3 SGB II bestimmte Vermögensbestandteile aufgeführt, die ganz oder teilweise nicht (bedarfsmindernd) zu berücksichtigen sind.
Während es sich beim Sparguthaben der Klägerin durchgehend um Vermögen handelt, sind ihre Zinseinnahmen hieraus als Einnahmen anzusehen. Die schuldrechtliche Unterscheidung zwischen der auf Auszahlung von Sparzinsen gerichteten Forderung und der Erfüllung dieser Forderung durch Auszahlung (Gutschrift) führt nicht zu einer Konkurrenz dergestalt, dass die Forderung als Vermögen und daneben die Leistung aus der Forderung als Einkommen zu berücksichtigen wären. Vielmehr interessiert im Falle der Auszahlung einer Forderung grundsicherungsrechtlich grundsätzlich nicht das Schicksal der Forderung, sondern das Gesetz stellt in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II insofern allein auf die Erzielung von Einkünften in Geld oder Geldeswert als Einkommen ab. Das gilt allerdings nicht für Fälle, in denen mit bereits erlangten Einkünften angespart wurde, z.B. bei Banken, Sparkassen oder Versicherungen. Denn andernfalls wertete man den Rückgriff auf Erspartes unzulässig erneut als Einkommen. Dementsprechend bleibt ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben auch bei seiner Auszahlung Vermögen (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.2.1999 - 5 C 16/98, NJW 1999, 3210 f = juris RdNr. 16, und 5 C 14/98, NJW 1999, 3137 f = juris RdNr. 15). Beim vorliegend verzinsten Kapital handelt es sich um sog Schonvermögen, denn kraft der Übergangsvorschrift des § 65 Abs. 5 SGB II beträgt der vom Vermögen der 1948 geborenen Klägerin abzusetzende Grundfreibetrag abweichend von § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II nicht 150 Euro, sondern 520 Euro je vollendetem Lebensjahr, insgesamt also (58 x 520 Euro =) 30.160 Euro. Das verzinste Kapital lag mit 8.000 Euro weit unter dieser Freibetragsgrenze. Dies führt jedoch nicht dazu, dass die Früchte des Kapitals ebenfalls rechtlich dem Kapital bzw. Vermögen i.S. von § 12 SGB II zuzurechnen sind.
Zinsgutschriften aus einem Sparguthaben sind Einnahmen in Geld i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II und als Einkommen des Versicherten zu berücksichtigen, wenn sie dem Hilfebedürftigen zeitlich nach Stellung seines Antrags auf Grundsicherungsleistungen (vgl. § 37 SGB II) zugeflossen sind. Die Abgrenzung zwischen Einnahmen und Vermögen ist insoweit in Anlehnung an die vom Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) für das Sozialhilferecht entwickelten und vom 14. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende weiterentwickelten Grundsätzen vorzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.2.1999 - 5 C 35/97 = BVerwGE 108, 296 ff: Steuererstattung; BVerwG, Urteil vom 18.2.1999 - 5 C 14/98 = NJW 1999, 3137 f; 14. Senat des BSG, Urteile vom 30.7.2008 - B 14/7b AS 12/07 R und 26/07 R jeweils zum Zufluss einer Steuererstattung vor Bedarfszeitraum/Antragstellung - beide Urteile zur Veröffentlichung vorgesehen -; BSG, Urteil vom 30.7.2008 - B 14/11b AS 17/07 R, Zufluss von Überbrückungsgeld vor dem Bedarfszeitraum; für Zinsen und Kapitalerträge ebenso Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 12 Rn 77; Brühl in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 11 Rn 9; Söhngen in jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 11 RdNr. 28; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 11 RdNr. 26). Der erkennende 4. Senat des BSG schließt sich der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG zur Abgrenzung zwischen Einkommen und Vermögen an. Danach ist Einkommen alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte. Dabei ist grundsätzlich vom tatsächlichen Zufluss auszugehen, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zufluss als maßgeblich bestimmt.
Auch für Zinseinnahmen gilt danach: Erfolgt deren Zufluss vor der Antragstellung, sind sie dem - ggf. durch Freibeträge nach § 11 Abs. 2 SGB II berücksichtigungsfrei gestellten - Vermögen zuzurechnen. Sind sie dem Hilfebedürftigen dagegen zugeflossen, nachdem der Hilfebedürftige den zukunftsgerichteten Antrag (vgl. § 37 Abs. 2 SGB II) auf Grundsicherungsleistungen gestellt hatte, sind Zinseinnahmen als Einkommen zu berücksichtigen. Letzteres war bei der Klägerin der Fall.
c) Die Zinseinnahmen der Klägerin fallen nicht unter die Bagatellgrenze des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V.
§ 13 SGB II ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales u.a. zu bestimmen, welche weiteren Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind und wie das Einkommen im Einzelnen zu berechnen ist (Nr. 1), sowie welche Pauschbeträge für die vom Einkommen abzusetzenden Beträge zu berücksichtigen sind (Nr. 3). Auf Grund § 13 SGB II hat der Verordnungsgeber die Alg II-V vom 20.10.2004 (BGBl I 2622) erlassen. Diese VO wurde mehrfach geändert, durch § 10 der "neuen" Alg II-V vom 17.12.2007 (BGBl I 2942) aufgehoben und mit Wirkung vom 1.1.2008 durch die "neue" Alg II-V vom 17.12.2007 (BGBl I 2942) ersetzt.
§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V in ihrer ursprünglichen und nach § 6 Alg II-V i.d.F. vom 22.8.2005 (BGBl I 2499) auch im streitigen Zeitraum (September 2006) noch geltenden Fassung vom 20.10.2004 (BGBl I 2622) bestimmte, dass außer den in § 11 Abs. 3 SGB II genannten Einnahmen einmalige Einnahmen und Einnahmen, die in größeren als monatlichen Zeitabständen anfallen, nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind, wenn sie jährlich 50 Euro nicht übersteigen. Die Zinseinnahmen der Klägerin in Höhe von 818,05 Euro lagen weit über dieser Bagatellgrenze. Dies gilt selbst dann, wenn man die im September 2006 als einmalige Auszahlung zu erfüllende Zinsschuld der Bank auf die Laufzeit des Sparvertrages und damit auf drei Jahre aufteilen würde.
d) Die behauptete Verwendung der Zinseinnahmen seitens der Klägerin zur Unterstützung ihrer Tochter und Enkel führt nicht dazu, dass die Berücksichtigung der Zinseinnahmen als Einkommen entfällt.
Nach § 11 Abs. 2 Nr. 7 SGB II sind Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag vom Einkommen abzusetzen. Hieran fehlt es. § 11 Abs. 2 Nr. 7 SGB II wurde durch Art 1 Nr. 9 Buchst a) des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (BGBl I 1706) mit Wirkung ab 1.8.2006 ins SGB II eingefügt und setzt neben einer titulierten Unterhaltsforderung Dritter tatsächliche Aufwendungen, also die Erfüllung der Unterhaltsschuld voraus. Das LSG hat weder eine gesetzliche Unterhaltspflicht der Klägerin noch das Vorliegen eines Unterhaltstitels noch hierauf beruhende tatsächliche Unterhaltszahlungen der Klägerin festgestellt.
e) Kapitalzinsen sind schließlich auch keine sonstigen zweckbestimmten, nicht als Einkommen zu berücksichtigende Leistungen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II. Wie bereits das BVerwG ausgeführt hat, werden Kapitalzinsen zwar kausal für etwas, nämlich als Gegenleistung für die zeitweise Überlassung einer bestimmten Geldsumme an Dritte (Bank) gezahlt, nicht aber final für etwas geleistet (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.2.1999 - 5 C 14/98 = NJW 1999, 3137 f, juris RdNr. 10). Sparer können die durch Kapitalanlage erzielten Zinseinnahmen regelmäßig verwenden, wie sie es wollen. Über die Tilgungsbestimmung der Bank hinaus, die auf die Erfüllung ihrer Zinsverpflichtung gegenüber dem Sparer lautet, ist mit der Zinszahlung kein weitergehender Zweck verbunden.
2. Die Beklagte hat die im September zugeflossenen Zinseinnahmen der Klägerin in Höhe von 818,05 Euro zu Recht im vollem Umfang diesem Kalendermonat zugeordnet und keine Verteilung auf mehrere Monate (Verteilzeitraum, s Urteil des Senats vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R) vorgenommen.
a) § 2b Alg II-V in ihrer hier anwendbaren Fassung der Ersten VO zur Änderung der Alg II-V vom 22.8.2005 (BGBl I 2499) bestimmt, dass § 2 Alg II-V über die Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit auf die Berechnung des Einkommens aus Einnahmen, die nicht unter §§ 2, 2a fallen, entsprechend anzuwenden ist. Das heißt: Auch für Einnahmen aus Kapitalvermögen finden die für Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit geltenden Regeln entsprechende Anwendung; eine dem früheren § 2b Alg II-V entsprechende Vorschrift enthält seit 1.1.2008 § 4 Alg II-V i.d.F. vom 17.12.2007, dessen Satz 2 ausdrücklich anordnet, dass insbesondere auch Einnahmen aus Kapitalvermögen nach Maßgabe des § 2 Alg II-V zu behandeln sind. Danach gilt für Einnahmen aus Kapitalvermögen folgendes (vgl. § 2b, § 2 Abs. 3 Alg II-V i.d.F. vom 22.8.2005, BGBl I 2499): "Einmalige Einnahmen sind von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Abweichend von Satz 1 ist eine Berücksichtigung der Einnahmen ab dem Monat, der auf den Monat des Zuflusses folgt, zulässig, wenn Leistungen für den Monat des Zuflusses bereits erbracht worden sind. Einmalige Einnahmen sind, soweit nicht im Einzelfall eine andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag anzusetzen".
b) Eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme bleibt rechtlich auch über den Zuflussmonat und den Bewilligungszeitraum hinaus zu berücksichtigendes Einkommen (vgl. BSG, Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R zum Verteilzeitraum bei einer Steuererstattung). Die Beklagte war vorliegend jedoch nicht verpflichtet, die der Klägerin im September zugeflossenen Zinseinnahmen auf weitere Folgemonate des Verteilzeitraums aufzuteilen.
Dies ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit aus der Entwicklungsgeschichte des § 2 Abs. 3 Alg II-V und dessen Zweck. Die ursprüngliche Fassung des § 2 Alg II-V vom 20.10.2004 (BGBl I 2622) sah die Möglichkeit, einmalige Einnahmen auf mehrere Kalendermonate zu verteilen, noch nicht vor. Dies konnte dazu führen, dass die einmaligen Einnahmen den Bedarf im Zuflussmonat überstiegen und die Hilfebedürftigkeit entfallen ließen. Damit entfiel für den Arbeitsuchenden in diesem Monat auch die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2a SGB XI), mit der Konsequenz, dass er sich ggf. freiwillig krankenversichern musste. Dies und der damit auch für die beklagte Arbeitsgemeinschaft verbundene erhöhte Verwaltungsaufwand haben den Verordnungsgeber veranlasst, im Regelfall (des Entfallens der Krankenversicherungspflicht) eine Verteilung der einmaligen Einnahmen auf "angemessene Zeiträume" zuzulassen (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 3 Alg II-V i.d.F. vom 22.8.2005, BGBl I 2499; zur nicht amtlichen Begründung der Änderung des bisherigen § 2 Abs. 3 Alg II-V vgl. Söhngen in jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 11 RdNr. 35; Mecke in Eicher/ Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 11 RdNr. 66; vgl. zum Regelfall i.S. des § 2 Abs. 2 Satz 3 Alg II-V Entscheidung des Senats vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R: Steuererstattung).
Entfällt durch die Berücksichtigung der einmaligen Einnahme die Hilfebedürftigkeit des Leistungsberechtigten und die Leistungspflicht der Arbeitsgemeinschaft jedoch nicht in vollem Umfang und bleibt die Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung bestehen, liegt kein Regelfall i.S. des § 2 Abs. 2 Satz 3 Alg II-V vom 22.8.2005 vor, der eine Aufteilung der einmaligen Einnahme über mehrere Monate rechtfertigen könnte. Ein den Regelfall begründender sachlicher Grund, die Zinseinnahmen nicht in vollem Umfang als einmalige Einnahme zur Bestreitung des Lebensunterhalts im Zuflussmonat zu verwenden, ist nicht ersichtlich. Ein solcher Grund kann insbesondere nicht darin erblickt werden, dass durch "Streckung" der einmaligen Einnahmen auf mehrere Kalendermonate in jedem Monat des Verteilzeitraums (dazu unter 3.) Freibeträge von Einkommen abgesetzt werden könnten und dadurch der Umfang der Berücksichtigung insgesamt wirtschaftlich verringert würde.
3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass über den Absetzbetrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V hinaus weitere Freibeträge einkommensmindernd berücksichtigt werden.
Die beklagte Arbeitsgemeinschaft hat vom Einkommen der Klägerin (818,05 Euro Zinseinnahmen) im September 2006 einen Pauschbetrag in Höhe von 30 Euro für September abgesetzt. Rechtsgrundlage hierfür ist § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V in ihrer ursprünglichen und gemäß § 6 Alg II-V i.d.F. vom 22.8.2005 (BGBl I 2499) auch für den vorliegenden Zeitraum geltenden Fassung vom 20.10.2004. Danach war u.a. vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ein Pauschbetrag von 30 Euro monatlich für Beiträge zu privaten Versicherungen abzusetzen. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG waren über (die im Berufungsverfahren im Wege eines dort geschlossenen Vergleiches zu berücksichtigenden) 17,23 Euro für Kfz-Haftpflichtversicherung hinaus auch keine weiteren Beiträge zu öffentlichen und privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II vom Einkommen der Klägerin absetzbar.
Die Klägerin hat schließlich auch keinen Anspruch auf den Freibetrag gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II in Höhe von monatlich 100 Euro. Dieser Freibetrag steht - an Stelle der (Frei-) Beträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II - von vornherein nur erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu, die auch erwerbstätig sind. Dies war bei der Klägerin im streitigen Zeitraum nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.