Erhöht ein Soldat auf einem dem dienstlichen Bereich zuzuordnenden Weg das Risiko ohne dienstliche Gründe, so ist ihm der eingetretene Erfolg zuzurechnen. Zwar reicht nicht jedes beliebige gefahrerhöhende, selbstgefährdende Alltagsverhalten aus, um den Versorgungsschutz entfallen zu lassen. Es müssen weitere besondere Umstände hinzutreten - diese liegen jedenfalls dann vor, wenn die Risikoerhöhung durch ein vorsätzliches Verhalten herbeigeführt wird, das als Vergehen oder Verbrechen (hier Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung) strafbar ist.
Gründe
I
Der Kläger macht die Folgen eines Verkehrsunfalls als Wehrdienstbeschädigung
geltend und verlangt Beschädigtenrente nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG)
iVm dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der Kläger verrichtete seit dem 1. April 1992 gesetzlichen Wehrdienst. Am 20.
Mai 1992 war er mit drei weiteren Wehrpflichtigen in seinem Auto auf dem Weg von
der Kaserne nach Hause zur elterlichen Wohnung. Er fuhr mit etwa 70 km/h dicht
hinter einem LKW mit Anhänger. In einer lang gestreckten Linkskurve mit
durchgezogener Mittellinie scherte sein Fahrzeug nach links aus und stieß in
Höhe des LKW-Anhängers auf der linken Fahrspur mit einem entgegenkommenden Auto
zusammen (versetzter Frontalzusammenstoß). Der Kläger erlitt polytraumatische
Verletzungen, die bis September 1992 stationär behandelt wurden. Anschließend
leistete er keinen Wehrdienst mehr.
Der Beklagte erkannte bei dem Kläger mit Bescheid vom 2. März 1994 verschiedene Schädigungsfolgen ohne rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) an. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger weitere Schädigungsfolgen geltend und begehrte Beschädigtenrente nach einer MdE um mindestens 30 vH. Im Widerspruchsverfahren zog der Beklagte Strafakten über den Kläger bei. Daraus ergab sich, dass er wegen des Verkehrsunfalls vom Amtsgericht Schönebeck nach Jugendstrafrecht der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs 1 Nr 2 Buchst b, Abs 3 Nr 1 Strafgesetzbuch <StGB>) schuldig gesprochen worden war (insoweit rechtskräftiges Urteil vom 21. Juli 1993).
Nachdem er den Kläger zuvor angehört hatte, stellte der Beklagte daraufhin mit Bescheid vom 18. Juni 1997 die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 2. März 1994 nach § 48 Abs 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) fest. Die Anerkennung von Schädigungsfolgen, die nach Ablauf von zwei Jahren nicht mehr zurückgenommen werden könne (§ 45 SGB X), sei zu Unrecht erfolgt. Eine Versorgung nach dem SVG sei ausgeschlossen, weil sich der Kläger mit seinem strafbaren Verhalten vom Dienst gelöst habe. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte zurück (Bescheid vom 27. November 1997).
Dagegen hat der Kläger mit seiner Klage vorgetragen, aus seinem Verhalten lasse sich nicht auf die Absicht zum Überholen schließen. Er müsse vielmehr einen "Black out" gehabt haben oder in einen "Sekundenschlaf" gefallen sein. Das Sozialgericht Magdeburg (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 11. Oktober 2001), das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) hat die Berufung mit folgender Begründung zurückgewiesen (Urteil vom 27. November 2003): Der Beklagte habe zu Recht die anfängliche Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 2. März 1994 festgestellt. Der Kläger habe weder Anspruch auf Feststellung weiterer Schädigungsfolgen noch auf Beschädigtenrente. Der Ausgangsbescheid sei rechtswidrig; der Kläger habe sich zwar auf dem versorgungsrechtlich grundsätzlich geschützten Heimweg von der Dienststelle zu seinem Heimatort befunden, der Versorgungsschutz sei jedoch mit Einleiten des strafbaren Überholmanövers unterbrochen worden. Damit habe er einen wehrdienstfremden Zweck verfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs durch grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Überholen (§ 315c Abs 1 Nr 2 Buchst b, Abs 3 Nr 1 StGB) Zweifel an der Verfolgung wehrdienstfremder Zwecke regelmäßig ausgeschlossen. Es ergebe sich auch kein Anhaltspunkt dafür, dass der Kläger ausnahmsweise überwiegend dienstliche Zwecke verfolgt haben könnte. Nach den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen, die sich im Unfallzeitpunkt in den Fahrzeugen hinter dem des Klägers befunden hätten, sei dessen Fahrzeug ausgeschert und sodann in Höhe des Anhängers des überholten LKW mit dem entgegenkommenden PKW zusammengestoßen. Der vom Kläger in Erwägung gezogene "Black out" oder "Sekundenschlaf" scheide als Erklärung für den Unfallhergang aus. Er selbst habe nach seinen Angaben keine Erinnerung mehr an das Geschehen, könne also nur hypothetische Geschehensabläufe zur Diskussion stellen. Im Übrigen müsse der Kläger nach den Aussagen der Unfallzeugen seinen PKW in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Ausscheren nach links beschleunigt haben. Andernfalls hätte der Zusammenstoß nicht in Höhe des LKW-Anhängers, sondern hinter diesem erfolgen müssen. Das strafgerichtliche Urteil beruhe daher auf dem tatsächlichen Geschehensablauf.
Mit seiner Revision rügt der Kläger Verfahrensmängel sowie die Verletzung materiellen Rechts. Dazu trägt er vor: Das LSG sei bei der Anwendung des SVG zu Unrecht davon ausgegangen, an die Wertung des Strafgerichts gebunden zu sein. Die Beweiswürdigung des Strafgerichts sei zudem unzutreffend. Zwar habe er sich nicht verkehrsgerecht verhalten, weil er zumindest zu einem erholsamen Kurzschlaf hätte pausieren müssen. Er sei jedoch nicht rücksichtslos oder mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren, habe nicht grob eigensüchtig gedrängelt und sei auch nicht absolut fahruntüchtig gewesen. Es liege vielmehr anders als im Strafurteil festgestellt ein "Black out" bzw "Augenblicksversagen" vor. Abgesehen davon seien die Voraussetzungen für einen Leistungsausschluss im Versorgungsrecht und im Unfallversicherungsrecht identisch. Ein gegenteiliges Ergebnis verstieße gegen das grundgesetzliche Gebot der Widerspruchsfreiheit gesetzlicher Normen. Auch bei einem vorsätzlichen Straßenverkehrsdelikt entfalle der versorgungsrechtliche Wegeunfallschutz deshalb nicht.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des LSG Sachsen-Anhalt vom 27. November 2003 und des SG Magdeburg vom 11. Oktober 2001 sowie den Bescheid des Beklagten vom 18. Juni 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 1997 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 2. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 1997 zu verurteilen, ihm nach dem SVG unter Feststellung einer "Stressinkontinenz der Harnblase" als weiterer Schädigungsfolge ab 1. April 1993 Beschädigtenrente nach einer MdE um mindestens 30 vH zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Es hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der erkennende Senat habe bereits entschieden, dass bei einer Verurteilung wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs durch grob verkehrswidriges und rücksichtsloses Überholen die Annahme der Verfolgung eines wehrdienstlichen Zweckes ausscheide. Das LSG habe die Wertung des Strafgerichts zudem nicht ungeprüft übernommen, sondern den Sachverhalt eigenständig gewürdigt, nämlich "Black out", "Augenblicksversagen" oder "Sekundenschlaf" als Erklärungen für den Unfallhergang tatrichterlich ausgeschlossen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
II
Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht nicht. Die Instanzgerichte haben zu Recht die Verwaltungsentscheidungen des Beklagten bestätigt.
Der Kläger war bei dem Verkehrsunfall am 20. Mai 1992 versorgungsrechtlich nicht geschützt. Er war vom Heimweg zwar weder (örtlich) abgewichen noch hatte er ihn (zeitlich) unterbrochen. Bei dem vorsätzlich falschen, grob verkehrswidrigen und rücksichtslosen, als fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs strafbaren Überholen hat er jedoch in qualitativer Hinsicht den versorgungsrechtlich geschützten Heimweg verlassen (dazu 1.). Deshalb sind weder weitere Schädigungsfolgen anzuerkennen, noch ist ihm Beschädigtenrente zu gewähren (dazu 2.). Von Rechtsprechung eines anderen Senats des BSG weicht der erkennende Senat mit dieser Entscheidung nicht ab (dazu 3.).
1. Die Feststellung über die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Dauerverwaltungsakts vom 2. März 1994 hat der Beklagte zu Recht auf § 48 Abs 3 SGB X gestützt, obwohl anders als dort vorausgesetzt die Verhältnisse, die diesem Verwaltungsakt zu Grunde gelegen haben, sich nicht geändert hatten. Das in § 48 Abs 3 Satz 1 SGB X vorgesehene "Einfrieren" oder "Abschmelzen" von Leistungen setzt stets eine Entscheidung über die Rechtswidrigkeit des Ausgangsbescheides voraus. Diese Feststellung kann als eigenständige Regelung iS des § 31 SGB X zur frühzeitigen Klärung des Sozialrechtsverhältnisses auch selbstständig und zeitlich vor dem Ausspruch eines "Einfrierens" oder "Abschmelzens" getroffen werden (BSG SozR 3 3100 § 62 Nr 4 mwN; Steinwedel Kasseler Komm, Stand Mai 2003, § 48 SGB X RdNr 67). Der Beklagte konnte diese Feststellung auch während des Widerspruchsverfahrens gegen den Ausgangsbescheid treffen (vgl zur reformatio in peius im Widerspruchsverfahren BSG SozR 3 3870 § 4 Nr 5).
Der Bescheid vom 2. März 1994 ist rechtswidrig. Nach § 80 SVG erhält ein Soldat, der eine Wehrdienstbeschädigung erlitten hat, auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Eine Wehrdienstbeschädigung ist eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist (§ 81 Abs 1 SVG). Als Wehrdienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Wehrdienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle (§ 81 Abs 4 Satz 1 Nr 2 SVG). Auf einem solchen versorgungsrechtlich geschützten Weg hat sich der Kläger zum Unfallzeitpunkt nicht (mehr) befunden.
Das Zurücklegen eines Weges hängt mit dem Wehrdienst zusammen, wenn zwischen beidem ein innerer Zusammenhang besteht (stRspr, zuletzt BSGE 88, 247, 248 = SozR 3 3200 § 81 Nr 19 mwN; ebenso zum Unfallversicherungsrecht der 2. Senat des BSG: SozR 3 2200 § 550 Nr 21 und SozR 3 2700 § 8 Nr 10). Bei der Feststellung dieses inneren Zusammenhangs geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versorgungsschutz in der Soldatenversorgung reicht (BSGE 88, 247, 248 = SozR 3 3200 § 81 Nr 19 mwN). Dies ist keine Frage der Kausalität im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne. Es ist vielmehr wertend zu entscheiden, ob das Handeln des Soldaten noch zum "Zurücklegen des mit dem Wehrdienst zusammenhängenden Weges" gehört, ob beides so aufeinander bezogen ist, dass es sachlich zusammenzufassen ist (vgl BSGE 88, 247, 249 = SozR 3 3200 § 81 Nr 19). Im Kern geht es darum, ob der eingetretene Schaden dem Soldaten persönlich also dessen privater Sphäre oder seinem Dienstherrn also der dienstlichen Sphäre zuzurechnen ist (BSGE 88, 247, 248 = SozR 3 3200 § 81 Nr 19 mwN).
Der innere Zusammenhang zwischen der primär geschützten Tätigkeit (Wehrdienst) und dem Zurücklegen des Weges setzt voraus, dass der Weg wesentlich dazu dient, den Ort der Tätigkeit oder nach Beendigung der Tätigkeit die eigene Wohnung oder einen anderen Endpunkt des Weges von dem Ort der Tätigkeit zu erreichen. Maßgebend ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten/Soldaten, so wie sie insbesondere durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Fehlt es an einem solchen inneren Zusammenhang, scheidet ein Versicherungs /Versorgungsschutz selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte/Soldat auf dem Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (BSG SozR 3 2200 § 550 Nr 14 und zuletzt BSGE 88, 247, 249, jeweils mwN; ebenso BVerwG Urteil vom 27. Mai 2004, 2 C 29/03, DVBl 2004, 1377, 1378 zu § 31 Abs 2 Beamtenversorgungsgesetz <BeamtVG>: "Handlungsintention des Beamten, wie sie sich im äußeren Erscheinungsbild manifestiert").
Dieses durch die Gerichte entwickelte Kriterium der Handlungstendenz erfasst diejenigen Fälle sachgerecht, in denen der Versicherte/Soldat von dem rechtlich geschützten Weg in räumlicher (zB durch Umwege) oder zeitlicher (zB durch Unterbrechungen) Hinsicht abweicht. Dabei lässt sich das realisierte Risiko nach dem Kriterium der objektivierbaren Handlungstendenz wertend entweder der privaten Sphäre des Versicherten/Soldaten oder aber der betrieblichen/dienstlichen Sphäre zuordnen. Dieser Maßstab versagt aber bei "qualitativen" Abweichungen vom geschützten Weg. In diesen Fällen ist nicht fraglich, ob das Zurücklegen des Weges dazu dient, die Dienststelle oder die Wohnung zu erreichen, fraglich ist, ob die riskante Art und Weise, in der dies geschieht, noch dem Schutz des Versorgungsrechts unterfällt. Bei einem solchen "qualitativen" Verlassen des geschützten Weges ist zuerst danach zu fragen, wer die Abweichung veranlasst hat. Hat der Soldat das Risiko ohne dienstliche Gründe erhöht, so ist ihm der eingetretene Erfolg an sich zuzurechnen. Allerdings reicht nicht jedes beliebige gefahrerhöhende, selbstgefährdende Alltagsverhalten aus, um den Versorgungsschutz entfallen zu lassen. Es müssen weitere besondere Umstände hinzutreten, wobei § 81 Abs 7 SVG nur einen speziellen Fall (absichtlich herbeigeführte gesundheitliche Schädigung) ausdrücklich regelt.
Solche Umstände liegen jedenfalls dann vor, wenn die Risikoerhöhung durch ein vorsätzliches Verhalten herbeigeführt wird, das als Vergehen oder Verbrechen strafbar ist. Diese Wertung entnimmt der Senat einerseits der grundsätzlich auch im SVG geltenden Regel des Unfallversicherungsrechts (BSG SozR 3200 § 81 Nr 16; SozR 3 3200 § 81 Nr 7), dass verbotswidriges Handeln den Versicherungsfall nicht ausschließt (§ 7 Abs 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch <SGB VII>), andererseits aus § 101 Abs 2 SGB VII, § 52 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 104 Abs 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Diese Normen sind Ausdruck eines notwendig auch im Soldatenversorgungsrecht zu leistenden Ausgleichs widerstreitender Grundsätze: Das Sozialrecht hat keine strafrechtlichen Funktionen wahrzunehmen und keine "Nebenstrafe" auszusprechen. Es widerspräche aber der Einheit der Rechtsordnung, wenn "der Staat" ein strafbares Verhalten leistungsrechtlich "belohnte" (so Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 2 Unfallversicherungsrecht, 1996, § 30 RdNr 70; vgl auch Ricke in Kasseler Komm, Stand März 2004, § 101 SGB VII RdNr 4a). Nach § 101 Abs 2 SGB VII, § 52 SGB V und § 104 Abs 1 SGB VI kann die Erbringung von Leistungen dann ganz oder teilweise ausgeschlossen werden, wenn der Versicherungsfall bei einem Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen eingetreten ist. Die diesen Normen zu Grunde liegende Wertung gilt auch im Soldatenversorgungsrecht, sofern die Straftat gerade das risikoerhöhende Verhalten beinhaltet, also nicht nur bei dessen Gelegenheit begangen wird. Denn auch im Soldatenversorgungsrecht wäre es widersprüchlich, bestrafte der Staat einerseits ein Dritte gefährdendes (oder sogar verletzendes) Handeln und entschädigte zugleich den Täter für die ihn treffenden Folgen derselben Straftat aus Steuermitteln. Hier führt dies auf Tatbestandsebene unmittelbar zum Ausschluss des Versorgungsschutzes (vgl zum Versagen des Kriteriums der Handlungstendenz bei erheblich kriminellem Verhalten auch in der Unfallversicherung Ricke aaO); im Recht der gesetzlichen Unfall , Kranken und Rentenversicherung besteht für die Sozialleistungsträger als Normanwender insoweit auf der Rechtsfolgenebene ein Ermessensspielraum (§ 101 Abs 2 SGB VII, § 52 SGB V, § 104 Abs 1 SGB VI).
Wegen der unterschiedlichen Regelungszwecke des SVG und des SGB VII ist diese gesetzliche Differenzierung entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht gleichheitswidrig (iS des Art 3 Abs 1 Grundgesetz). Auch die beamtenrechtliche Dienstunfallfürsorge nach § 31 Abs 2 BeamtVG, dessen Text mit der die Dienstunfallfürsorge der Berufssoldaten normierenden Regelung des § 27 Abs 3 SVG insoweit identisch ist, kennt solche Unterscheidungen. Zwar entspricht auch sie im Wesentlichen der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie ist im Einzelnen aber ebenfalls anders ausgestaltet. So kommt im Rahmen der Dienstunfallfürsorge anders als in der gesetzlichen Unfallversicherung ein "dritter Ort" als Ziel und Ausgangspunkt nur in Betracht, soweit dies ausdrücklich bestimmt ist (BVerwG Urteil vom 27. Mai 2004, 2 C 29/03, DVBl 2004, 1377, 1378; vgl zu weiteren Abweichungen OVG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 28. Januar 2004, 1 A 228/01, juris).
Unter Berücksichtigung des dargelegten Maßstabes ist die Entscheidung des LSG, dem Kläger Versorgungsschutz zu versagen, rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger ist wegen des dienstlich nicht veranlassten riskanten, unfallverursachenden Überholmanövers vom 20. Mai 1992 rechtskräftig einer Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung gemäß § 315c Abs 1 Nr 2 Buchst b, Abs 3 Nr 1 und § 230 StGB schuldig gesprochen worden. Die Risikoerhöhung ist wertend nicht (mehr) der dienstlichen, sondern (bereits) der privaten Sphäre des Klägers zuzurechnen. Im Unfall hat sich nicht eine allgemeine Gefahr des Straßenverkehrs realisiert, die vom Versorgungsschutz umfasst ist, sondern eine erhöhte Gefahr, die der Kläger selbst vorsätzlich in strafrechtlich verantwortlicher Weise gesetzt hat.
Der Senat ist an die tatsächlichen Feststellungen des LSG gebunden (§ 163 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Der Kläger hat dagegen keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen vorgebracht.
Soweit der Kläger eine unter Verstoß gegen § 103 SGG unterbliebene Sachverhaltsaufklärung behauptet, hat er nicht dargelegt, zu welchen Ermittlungen sich seiner Auffassung nach das LSG hätte gedrängt fühlen müssen. Er hat allein Zweifel an dem vom LSG festgestellten Sachverhalt geäußert. Das reicht nicht aus.
Soweit der Kläger rügt, das LSG habe selbst feststellen müssen, ob er objektiv "grob verkehrswidrig und rücksichtslos falsch überholt" (§ 315c Abs 1 Nr 2 Buchst b StGB) und subjektiv vorsätzlich (§ 15 StGB) gehandelt habe, macht er zum einen geltend, die Vorinstanz habe sich zu Unrecht an die strafrichterliche Beurteilung gebunden gefühlt. Dieser Angriff geht schon deshalb fehl, weil das LSG den Schuldausspruch der Strafgerichte zu Recht nicht ohne eigene Würdigung übernommen hat. In seinen Urteilsgründen hat es vielmehr die entscheidungserheblichen Tatsachen selbst festgestellt. Es durfte dabei das strafgerichtliche Beweisergebnis im Wege des Urkundsbeweises (§ 118 Abs 1 SGG iVm §§ 415 ff Zivilprozessordnung) durch Beiziehung der dortigen Akten verwerten (vgl dazu auch BSGE 75, 180 = SozR 3 3200 § 81 Nr 12).
Soweit sich der Kläger zum anderen gegen die berufungsgerichtliche Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 SGG) wendet, hat er keine ordnungsgemäße Verfahrensrüge erhoben. Das Tatsachengericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung; es ist in seiner Beweiswürdigung frei und lediglich an die Regeln der Logik und der Erfahrung gebunden. § 128 Abs 1 SGG ist erst verletzt, wenn die Beweiswürdigung gegen allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze verstößt. Von einem Verstoß gegen Denkgesetze kann nur gesprochen werden, wenn der festgestellte Sachverhalt nur eine Folgerung erlaubt, jede andere nicht denkbar ist und das Gericht gerade die einzig denkbare Schlussfolgerung nicht gezogen hat (stRspr, BSG SozR 1500 § 103 Nr 25 mwN). Dies hat der Kläger nicht dargetan, sondern allein mögliche Geschehensabläufe vorgetragen, die sich überdies gegenseitig ausschließen (Sekundenschlaf einerseits, Augenblicksversagen andererseits). Gegen allgemeine Erfahrungssätze verstößt das Gericht, wenn es einen bestehenden Erfahrungssatz nicht berücksichtigt (BSG SozR 1500 § 128 Nr 4) oder einen tatsächlich nicht existierenden Erfahrungssatz anwendet (BSGE 36, 35, 36; BSG SozR § 128 SGG Nr 72 und 89). Rügen dieser Art hat der Kläger ebenfalls nicht erhoben.
2. Wegen fehlenden Versorgungsschutzes zum Unfallzeitpunkt ist auch die weitere Klage unbegründet, mit der der Kläger die Feststellung einer weiteren Schädigungsfolge sowie Beschädigtenrente nach dem SVG begehrt. Der von ihm insoweit angefochtene Bescheid des Beklagten vom 2. März 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 1997 ist nicht zu seinen Lasten rechtswidrig.
3. Der Senat sieht sich nicht veranlasst, gemäß § 41 Abs 2 SGG ein Vorlageverfahren zum Großen Senat des BSG einzuleiten.
Eine Divergenzvorlage nach § 41 Abs 2 SGG ist nicht erforderlich. Der erkennende Senat beabsichtigt nicht, in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abzuweichen. Eine Abweichung iS des § 41 Abs 2 SGG hier von den Entscheidungen des 2. Senats vom 19. Dezember 2000 (SozR 3 2200 § 550 Nr 21) und vom 4. Juni 2002 (SozR 3 2700 § 8 Nr 10) kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um die unterschiedliche Beantwortung derselben Rechtsfrage handelt, auf der die frühere Entscheidung eines anderen Senats beruht, wenn also eine Identität der Rechtsfrage in der zu entscheidenden Sache und der früheren Entscheidung des anderen Senats besteht (vgl BSGE 65, 281, 287 = SozR 4100 § 134 Nr 38).
Die genannte Entscheidung des 2. Senats vom 4. Juni 2002 ist auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung ergangen und betrifft die Auslegung des § 8 Abs 1 und 2 Nr 1 SGB VII, während hier das Soldatenversorgungsrecht, nämlich die Auslegung des § 81 SVG, Gegenstand der Entscheidung ist. Soweit der erkennende Senat in der Entscheidung vom 11. Oktober 1994 (BSGE 75, 180, 182 mwN = SozR 3 3200 § 81 Nr 12) ausgeführt hat, die Grundentscheidungen des sozialen Unfallversicherungsrechts seien auch im Entschädigungsrecht zu beachten, ist damit die Rechtsfrage nicht zu einer solchen auf dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung geworden, sondern betrifft weiterhin die Auslegung von Normen des sozialen Entschädigungsrechts, für die lediglich bestimmte Grundentscheidungen des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung herangezogen werden (ebenso 2. Senat, BSG SozR 3 2700 § 8 Nr 10). Im Bereich der Soldatenversorgung nimmt der Senat die Abgrenzung des geschützten Weges nach Wertungen vor, die sich bei qualitativen Abweichungen vom geschützten Weg von den Wertungen des SGB VII insbesondere in § 7 Abs 2, § 101 Abs 2 SGB VII unterscheiden (bei räumlichen und zeitlichen Abweichungen vom geschützten Weg besteht dagegen im Ergebnis in der Regel Übereinstimmung). Diese Unterscheidung ist durch das Gesetz selbst angelegt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.