LSG Hamburg - L 5 B 118/06 ER AS - Beschluss vom 08.03.2007
Der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist (§ 48 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG). Während sich die Gebühren des Rechtsanwalts im Zivilverfahren grundsätzlich nach dem Gegenstandswert bemessen (§ 2 Abs. 1 RVG), sind im Sozialgerichtsprozess Rahmengebühren anwendbar (§ 3 Abs. 1 RVG). Eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf einen Teil des Anspruchs führt somit im Zivilverfahren dazu, dass sich der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse auch nur nach dem Teilgegenstandswert bemisst. Im Falle einer Rahmengebühr gibt es jedoch keinen derart eindeutigen Anknüpfungspunkt für die Gebührenhöhe. Vielmehr ist die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 14 Abs. 1 S. 1 RVG). Somit führt ein geringerer Wert des Verfahrensgegenstandes nicht zwingend zu einer geringeren Gebühr innerhalb des vorgesehenen Gebührenrahmens. Mangels sachgerechter Kriterien dafür, wie sich eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf einen nach Rahmengebühren zu bemessenden Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts auswirkt und im Rahmen der Kostenfestsetzung umzusetzen ist, ist sie im sozialgerichtlichen Verfahren daher weder praktikabel noch sinnvoll.
Gründe:
Die am 28. März 2006 eingelegte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 22. März 2006, der das Sozialgericht nicht abgeholfen und die es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt hat (§ 174 Sozialgerichtsgesetz - SGG), ist statthaft und zulässig (§§ 172, 173 SGG). Sie ist jedoch nur teilweise begründet.
Sie ist unbegründet, soweit der Antragsteller die Übernahme der Reparaturkosten für sein Behindertendreirad als Beihilfe und nicht nur als Darlehen erreichen möchte. Einstweilige Anordnungen sind zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (§ 86 b Abs. 2 S. 2 SGG). Der durch den beantragten vorläufigen Rechtsschutz zu sichernde Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Notwendigkeit einer vorläufigen Sicherung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO). Dem Antragsteller steht kein Anordnungsgrund zur Seite, da er nicht glaubhaft gemacht hat, einen weitergehenden vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz zur Abwendung wesentlicher Nachteile zu benötigen. Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin vorläufig zur darlehensweisen Übernahme der Reparaturkosten verpflichtet und den Antragsteller damit in die Lage versetzt, die Reparatur unverzüglich vornehmen zu lassen. Die Frage, ob er den gewährten Betrag später an die Antragsgegnerin zurückzahlen muss oder nicht, ist nicht eilbedürftig. Es ist ihm daher zuzumuten, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Die Kostenentscheidung des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Da der Antragsteller die Übernahme der Reparaturkosten als Beihilfe beantragt hat, ihm aber lediglich ein Darlehen zuerkannt wurde, entspricht die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erstattung der Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten dem Ausgang des Verfahrens (§ 193 SGG).
Die Beschwerde ist jedoch begründet, soweit sie sich dagegen richtet, dass das Sozialgericht Prozesskostenhilfe nur in beschränktem Umfang bewilligt hat. Nach § 73 a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Zur Annahme einer hinreichenden Erfolgsaussicht genügt eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit oder – anders ausgedrückt – eine gute Möglichkeit, im Prozess zu obsiegen (vgl. die Nachweise bei Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit, Stand: Juni 2006, § 73a SGG (§ 114 ZPO) Rn. 7 ff.).
Für das sozialgerichtliche Verfahren wird eine derartige Erfolgswahrscheinlichkeit in der Regel auch dann bejaht, wenn nur von einem Teilerfolg des geltend gemachten Anspruchs auszugehen ist (z.B. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.1.2007 – L 10 B 1195/06 AS; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.2.2006 – L 20 (9) B 30/05 SO; LSG Hessen, Beschluss vom 10.1.2005 – L 6 B 124/04 AL; LSG Thüringen, Beschluss vom 13.11.2003 – L 3 B 10/03 AL - alle Juris; Bley in GK-SGG, § 73a Anm. 2a; a.A.: Zeihe, SGG, Stand: 1.11.2006, § 114 ZPO Rn. 12h; Rohwer-Kahlmann a.a.O., Rn. 23).
Dagegen wird insbesondere für das zivilgerichtliche Verfahren vertreten, dass bei teilweiser Erfolgsaussicht Prozesskostenhilfe auch nur für einen beschränkten, insoweit konkret zu formulierenden Antrag zu bewilligen sei (Philippi in Zöller, ZPO, 26. Auflage, 2006, § 114 Rn. 20; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Auflage, 2006, § 114 Rn. 102; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Auflage, 2005, S. 186).
Eine Anwendung dieser Grundsätze im sozialgerichtlichen Verfahren ist jedenfalls in den Verfahren, in denen die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes nicht anwendbar sind (vgl. § 197a SGG), nicht angezeigt.
Der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist (§ 48 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG). Während sich die Gebühren des Rechtsanwalts im Zivilverfahren grundsätzlich nach dem Gegenstandswert bemessen (§ 2 Abs. 1 RVG), sind im Sozialgerichtsprozess Rahmengebühren anwendbar (§ 3 Abs. 1 RVG). Eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf einen Teil des Anspruchs führt somit im Zivilverfahren dazu, dass sich der Vergütungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts gegen die Staatskasse auch nur nach dem Teilgegenstandswert bemisst (OLG München, Beschluss vom 28.10.1994 – 11 WF 979/94 - Juris m.w.N.). Im Falle einer Rahmengebühr gibt es jedoch keinen derart eindeutigen Anknüpfungspunkt für die Gebührenhöhe. Vielmehr ist die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers nach billigem Ermessen zu bestimmen (§ 14 Abs. 1 S. 1 RVG). Somit führt ein geringerer Wert des Verfahrensgegenstandes nicht zwingend zu einer geringeren Gebühr innerhalb des vorgesehenen Gebührenrahmens. Mangels sachgerechter Kriterien dafür, wie sich eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe auf einen nach Rahmengebühren zu bemessenden Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts auswirkt und im Rahmen der Kostenfestsetzung umzusetzen ist, ist sie im sozialgerichtlichen Verfahren daher weder praktikabel noch sinnvoll.
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren kommt nicht in Betracht, da in der Sache keine Erfolgsaussicht besteht und die Gewährung von Prozesskostenhilfe allein für das Prozesskostenhilfeverfahren ausscheidet (z.B. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs a.a.O., S. 379; Philippi a.a.O., Rn. 3; Bork in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., 2004, Rn. 12 – jeweils m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).