Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 10 (6) P 61/07 - Urteil vom 06.02.2008
Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist als überdurchschnittlich anzusehen, wenn ein Widerspruchsverfahren überdurchschnittlich lang dauert. Als Anhaltspunkt für die überdurchschnittliche Dauer kann dabei § 88 Abs. 2 SGG dienen. Diese Vorschrift geht von einer vom Gesetzgeber im Regelfall für angemessenen erachteten Frist zur Bearbeitung des Widerspruchs von drei Monaten aus.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von der Beklagten zu erstattenden Vorverfahrenskosten.
Im September 2005 stellte die am 00.00.1939 geborene Klägerin einen Antrag auf Gewährung von Leistungen der Pflegeversicherung.
Die Beklagte lies die Klägerin daraufhin vom medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) am 16.11.2005 begutachten. Der Gutachter kam in einem 9-seitigen Pflegeformulargutachten zum Ergebnis, dass aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Pflegebedürftigkeit nach dem 11. Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) nicht gegeben seien. Aufgrund der vorliegenden Coxarthrose rechts, einer Osteoperose, Blasenentleerungsstörungen bei chronischer Blasenentzündung und einem geschwächten Kräftezustand ergäben sich lediglich ein Grundpflegebedarf von 37 Minuten täglich (Mobilität 13 Minuten/Tag, Körperpflege 24 Minuten/Tag) und ein Bedarf an hauswirtschaftlicher Versorgung von 45 Minuten am Tag.
Mit Bescheid vom 06.12.2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Leistungen der sozialen Pflegeversicherung ab. Die Klägerin erfülle die Voraussetzungen keiner Pflegestufe. Auf das dem Bescheid beigefügte Gutachten des MDK werde verwiesen.
Die Klägerin beauftragte daraufhin einen Anwalt, ihre Interessen im Widerspruchsverfahren zu vertreten. Ihr Bevollmächtigter legte am 22.12.2005 Widerspruch gegen den Leistungen ablehnenden Bescheid ein. Er begründete den Widerspruch mit einem 1,5-seitigen Schreiben vom 10.01.2006, in dem er im Einzelnen ausführte, welche Gesundheitsstörungen der Klägerin im Gutachten des MDK zu Unrecht nicht bzw. nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt worden seien. Zudem ging er auf einzelne Verrichtungen im Rahmen des § 14 Abs. 4 SGB XI ein, die aus Sicht der Klägerin nicht oder nicht in ausreichendem Maße bei Ermittlung des Pflegebedarfs berücksichtigt worden waren.
Die Beklagte ließ die Einwände der Klägerin erneut durch den MDK prüfen. Am 14.02.2006 fand insoweit ein weiterer Hausbesuch bei der Klägerin statt.
Mit Schreiben vom 23.03.2006 wies der Klägerbevollmächtigte darauf hin, dass die Dreimonatsfrist zur Erhebung einer Untätigkeitsklage abgelaufen sei. Wenn man nichts Substantiiertes bis zum 30.03.2006 von der Beklagten höre, reiche man eine entsprechende Klage ein.
Der MDK stellte das zweite Gutachten am 27.03.2006 fertig. Unter anderem angesichts der von der Klägerin erhobenen Einwände (z.B. des Asthma bronchiale) wurde nun ein Grundpflegebedarf von 48 Minuten am Tag (Mobilität 20 Minuten/Tag, Körperpflege 28 Minuten/Tag) festgestellt. Die Klägerin sei nicht mehr bettlägerig, sondern sitze etwa seit Januar im Rollstuhl. Daher benötige sie zwar nicht seit Antragstellung vom September 2005, aber zumindest seit Januar 2006 mehr Hilfe beim Kleiden, Gehen und Transfer. Mit Schreiben vom 29.03.2006 übersandte die Beklagte dem Bevollmächtigten der Klägerin das zweite Gutachten und teilte mit, dass man sich der Empfehlung des MDK (Erfüllung der Kriterien der Pflegestufe I ab dem 01.01.2006) anschließe. Es werde angefragt, ob "aufgrund der Ausführungen des Gutachters der Widerspruch zurückgezogen werde, oder der Vorgang an die Widerspruchsstelle weitergegeben werden soll".
Mit Schreiben vom 04.04.2006 erklärte der Bevollmächtigte der Klägerin, er verstehe das Schreiben der Beklagten vom 29.03.2006 nicht. Warum solle man den Widerspruch zurückziehen, wenn die Beklagte "diesen noch nicht anerkannt habe". Es stehe der Beklagten doch frei, in einem Abhilfebescheid die Pflegestufe I anzuerkennen, unter gleichzeitiger Anerkennung der ihr obliegenden Kostenlast. Er bitte, insoweit Stellung zu nehmen. Mit weiterem Schreiben vom 22.05.2007 schlug der Klägerbevollmächtigte dann zur Vermeidung von Weiterungen und lediglich aus wirtschaftlichen Erwägungen vor, dass die Beklagte einen Abhilfebescheid erlassen solle, der auch die Übernahme der Rechtsanwaltskosten beinhalte. Für diesen Fall sei die Klägerin bereit, sich mit der Anerkennung der Pflegestufe I erst ab Januar 2006 zufrieden zu geben.
Mit Bescheid vom 31.05.2006 "billigte" die Beklagte der Klägerin die Pflegestufe I ab dem 01.01.2006 zu und teilte gleichzeitig mit, dass sie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Klägerin erstatte.
Der Klägerbevollmächtigte nahm daraufhin den Widerspruch zurück und bat, die Kostennote auszugleichen. Darin berechnete er die zu erstattenden Kosten nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) wie folgt:
Geschäftsgebühr gem. Nr. 2500 Vergütungsverzeichnis (W), § 14 I RVG 300,00 EUR Erledigungsgebühr gem. Nr. 1005W, § 14 I RVG 300,00 EUR Entgelt für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen gem. Nr. 7002 W (pauschal) 20,00 EUR Zwischensumme 620,00 EUR 16% Umsatzsteuer gem Nr. 7008 VV 99,20 EUR Endsumme 719,20 EUR
Die Beklagte übernahm mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.06.2006 die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Klägerin. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwaltes seien erstattungsfähig, da die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig gewesen sei. Die Höhe der zu erstattenden Kosten werde gem. § 63 Abs. 3 SGB X durch die Behörde festgesetzt. Es gelten die Vorschriften des RVG. Kosten würden danach in folgender Höhe erstattet:
Geschäftsgebühr (VV Nr. 2500) 240,00 EUR Pauschale nach VV Nr. 7002 20,00 EUR Umsatzsteuer (VV Nr. 7008) 41,60 EUR Endsumme 301,60 EUR
Der Abrechnung einer Erledigungsgebühr werde unter Hinweis auf die Urteile des Landessozialgerichts NRW (LSG NRW) vom 09.06.2005 - L 9 AL 196/04 - und vom 29.09.2005 - L 2 SR 43/05 - widersprochen. Eine Abhilfeentscheidung ziehe keine Erledigungsgebühr nach sich. Gebühren würden zudem nur in Höhe der Mittelgebühr anerkannt, da es sich nicht um eine umfangreiche oder schwierige Tätigkeit gehandelt habe.
Die Klägerin legte hiergegen am 19.06.2006 Widerspruch ein. Die Bestimmung der Höhe und der Angemessenheit der zu erstattenden Kosten erfolge nach den gesetzlichen Bestimmungen ausschließlich durch den Anwalt. Die anwaltliche Bestimmung könne nur dann abgeändert werden, wenn die von ihm angesetzte Rahmengebühr "unbillig" sei. Diese Unbilligkeit müsse nach der herrschenden Rechtsprechung mindestens über der "20 %-Toleranzgrenze" liegen. In vorliegender Sache sei der Widerspruch nach zeitaufwendiger Durchsicht und Wertung des vorliegenden Schriftverkehrs einschließlich der medizinischen Stellungnahme des MDK umfangreich begründet worden. Nach über 2 Monaten Untätigkeit habe die Erhebung einer Untätigkeitsklage angedroht werden müssen. Auch das zweite Gutachten des MDK habe nach Durcharbeitung mit der Klägerin ausführlich besprochen werden müssen. Das betraf insbesondere den Vorschlag zur Erledigung der Angelegenheit mit einem Beginn der Zahlung eines Pflegegeldes erst ab 01.01.2006. Die anwaltliche Tätigkeit habe danach bezüglich der Bewertung gemäß § 14 RVG über dem Bereich der Mittelgebühr gelegen. Die angesetzte Verfahrensgebühr sei daher nicht unbillig. Der Anfall der Erledigungsgebühr müsse nach individueller Betrachtung der "Tätigkeit des Anwalts" im Hinblick auf eine Erledigung der Sache geprüft werden. Das "Angebot" zur Erledigung der Sache sei kein "Anerkenntnis" im eigentlichen Sinne gewesen, denn Pflegegeld sei bereits für die Zeit ab September 2005 beantragt gewesen. Die Klägerin habe sich mit der Anerkennung der Pflegestufe I erst ab dem 01.01.2006 aufgrund der gleichzeitigen Übernahme der Anwaltskosten einverstanden erklärt und ihren Widerspruch zurückgenommen. Es liege daher sowohl eine Erledigung als auch eine zusätzliche anwaltliche Tätigkeit im Hinblick auf diese Erledigung vor.
Nach vorheriger Anhörung wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2006 zurück. Eine vom Rechtsanwalt getroffene Gebührenbestimmung sei nicht verbindlich, wenn sie unbillig sei (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Unbillig sei sie nach Auffassung des BSG nicht erst bei einer Abweichung um 20 %. Maßgebend für die Gebührenbemessung seien die Umstände des Einzelfalles. Dabei sei von der Mittelgebühr auszugehen. Nicht verkannt werde die Bedeutung der Entscheidung für die Klägerin. Hierbei handele es sich jedoch nur um ein Element in der Gebührenbemessung. Die Tätigkeit des Klägerbevollmächtigten habe die Einlegung des Widerspruchs mit Schreiben vom 22.12.2005 und dessen Begründung mit Schreiben vom 10.01.2006 umfasst. Mit Schreiben vom 23.03.2006 sei eine Untätigkeitsklage angedroht worden. Zwischenzeitlich sei allerdings bereits am 14.02.2006 ein Hausbesuch des MDK erfolgt gewesen. Im daraufhin erstellten Gutachten vom 27.03.2006 sei der MDK aufgrund des nunmehr ermittelten Pflegeaufwands zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Pflegebedürftigkeit nach dem SGB Xl seit dem 01.01.2006 vorliege. Das zweite Gutachten des MDK vom 27.03.2006 sei der Widerspruchsbegründung auch nicht gefolgt. Der MDK habe vielmehr festgestellt, dass der Hilfebedarf sich seit der ersten Begutachtung geändert habe und inzwischen die Voraussetzungen der Pflegestufe I erreiche. Das Mandantengespräch sowie die Durchsicht und Bewertung des Gutachtens würden durch den Regelhöchstwert abgegolten. Die Verfahrensdauer alleine könne keine Gebührenerhöhung rechtfertigen. Somit sei der Gebührenbemessung ein unrichtiger Maßstab zugrundegelegt worden, der eine Unbilligkeit nach sich ziehe. Eine besonders umfangreiche oder schwierige Tätigkeit sei nicht ersichtlich. Schwierig sei die Tätigkeit nur dann, wenn erhebliche, im Normalfall nicht auftretende Probleme auf juristischem oder nicht juristischem Gebiet auftauchten. Mehr als 5 Stunden an berechnungsfähiger Zeit seien vorliegend jedoch nicht anzusetzen gewesen. Auch erhebliche Probleme seien nicht zu bewältigen gewesen. Die Mittelgebühr sei die billige Gebühr für den vorliegenden Normalfall. Daher sei der Schwellenwert i.H.v. 240,- EUR bei der Geschäftsgebühr anzusetzen. Nach V/ Nr. 1005, 1002 entstehe eine Erledigungsgebühr, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes durch die anwaltliche Mitwirkung erledige. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt.
Mit der hiergegen am 3.11.2006 vor dem Sozialgericht (SG) Aachen erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst weitere Kosten in Höhe von 417,60 EUR geltend gemacht. Nach einem Hinweis des SG auf die Revisionsentscheidungen des BSG zur Erledigungsgebühr vom 07.11.2006 hat sie die Klage insoweit zurückgenommen und fordert nunmehr nur noch den Ansatz einer um 60,- EUR höheren Geschäftsgebühr zzgl. Umsatzsteuer, insgesamt 69,60 EUR. Zur Begründung wiederholt sie ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren und weist erneut darauf hin, dass zumindest die Toleranzgrenze von 20% nicht überschritten sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2006 zu verurteilen, weitere Kosten in Höhe von 69,60 EUR zu erstatten.
Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertretene Beklagte hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat wiederholt zur Begründung auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid und Widerspruchsbescheid verwiesen. Ein Bevollmächtigter sei stets verpflichtet, das Vorverfahren gewissenhaft, sorgfältig und gründlich zu bearbeiten. Eine höhere Gebühr rechtfertige sich daraus nicht. Mehr als den Widerspruch einzulegen habe der Klägerbevollmächtige nicht tun müssen. Gem. Ziffer 7 Pflegerichtlinien (PflRL) erfolge generell eine zweite Begutachtung im Widerspruchsverfahren.
Das SG Aachen hat die Klage durch Urteil vom 24.05.2007 abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die angefochtene Entscheidung entspreche hinsichtlich der allein streitigen Höhe der Geschäftsgebühr der Sach- und Rechtslage und sei daher nicht rechtswidrig. Nach § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 RVG entständen Betragsrahmengebühren für eine Tätigkeit außerhalb des sozialgerichtlichen Verfahrens, sofern das Gerichtskostengesetz (GKG) - wie im vorliegenden Fall - keine Anwendung finde. Diese Betragsrahmengebühren entständen somit auch für das isolierte Vorverfahren zwischen Sozialleistungsempfängern und Behörden. Bei Rahmengebühren bestimme der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG die Höhe der Gebühr im Einzelfall nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Die Schwellengebühr von 240,- EUR sei dabei Ausgangspunkt zur Ermittlung der angemessenen Gebühr. Sie dürfe nur überschritten werden, wenn die Bemessungskriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG überdurchschnittlich erfüllt seien. Aufwand und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit seien vorliegend nur als durchschnittlich zu bewerten. Beim Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei der zeitliche Aufwand zu berücksichtigen, den der Rechtsanwalt auf die Angelegenheit verwenden musste. Dieser beschränke sich auf die Erhebung des Widerspruchs nebst Begründung, die Anmahnung der Widerspruchsentscheidung sowie die Besprechung des im Widerspruchsverfahren eingeholten MDK-Gutachtens. Dabei handele es sich um die Arbeitsschritte, die typischerweise bei der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens in Rechtsgebieten mit medizinischer Sachverhaltsaufklärung anfielen. Die Schwierigkeit der Angelegenheit ergebe sich aus der Intensität der Arbeit. Schwierig sei eine Tätigkeit, bei der erhebliche, im Normalfall nicht auftretende Probleme entweder auf juristischem oder tatsächlichem Gebiet zu behandeln seien. Vorliegend handele es sich um einen Normalfall aus dem Bereich der Pflegeversicherung, der ausschließlich in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären gewesen sei (Beurteilung des Hilfebedarfs bei den gesetzlich definierten Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens). Seien die in § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG vorrangig genannten Kriterien, insbesondere die an erster Stelle genannten Kriterien Schwierigkeit und Umfang der anwaltlichen Tätigkeit aber nur durchschnittlicher Natur, erscheine das Überschreiten der Schwellengebühr als unbillig.
Die Klägerin greift das am 22.07.2007 zugestellte Urteil mit ihrer Berufung vom 16.07.2007 an und trägt vor: Der dem Bevollmächtigten zukommende Toleranzbereich von 20% sei nicht überschritten. Für sie sei die Bedeutung der Angelegenheit sehr groß gewesen. Es handele sich um ein existenzielles Problem der Einstufung in die richtige Pflegestufe. Die Beklagte habe an die Bescheidung des Widerspruchs erinnert werden müssen. Die umfangreichen Gutachten hätten mit ihrem Bevollmächtigten genauestens besprochen und mit der Beklagten über eine vergleichsweise Erledigung korrespondiert werden müssen. Die Angelegenheit sei umfangreich und schwierig gewesen. Für das Überschreiten der Schwellengebühr reiche das aus. Es genüge sogar, dass nur ein Merkmal vorliege. Besonders schwierige und/oder besonders umfangreiche Tätigkeiten seien dafür nicht erforderlich. Es sei auch nicht stets eine Auseinandersetzung mit Gutachten in Widerspruchsverfahren erforderlich, vorliegend hätten aber sogar zwei besprochen werden müssen. Das zweite MDK Gutachten habe 11 Seiten umfasst. Erst die Sachkenntnis des Klägerbevollmächtigten als Fachanwalt für Sozialrecht habe die Beklagte dazu veranlaßt, ein zweites Gutachten einzuholen. Zudem bestehe im Sozialrecht ein besonderes Haftungsrisiko des Anwalts. Schriftlich habe eine Untätigkeitsklage angedroht werden müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 24.05.2007 abzuändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 13.06.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2006 zu verurteilen an sie weitere 69,20 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor: Die Tätigkeit des Klägerbevollmächtigten sei weder umfangreich noch schwierig gewesen. Die Einholung eines zweiten Gutachtens im Widerspruchsverfahren sei eine übliche Vorgehensweise (Ziffer 7 PflRL i.V.m. § 17 Abs. 1 S 1 SGB XI) und unverzichtbar (§ 18 SGB XI). Die Übernahme der vollen Kosten des Widerspruchsverfahrens sei ein Entgegenkommen gewesen. Eigentlich hätten die Kosten wegen des späteren als des beantragten Leistungsgewährungstermins gequotelt werden müssen. Höhere Gebührensätze für Fachanwälte sehe das RVG nicht vor.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist statthaft und im Übrigen zulässig.
Mit der Klage und der Berufung wird zwar lediglich (noch) eine Geldleistung in Höhe von 69,60 EUR geltend gemacht. Das SG hat die Berufung jedoch gem. § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausdrücklich im Urteilstenor zugelassen. Daran ist der Senat gem. § 144 Abs. 3 SGG gebunden, auch wenn sich aus den Entscheidungsgründen nicht ergibt, warum die Berufung zugelassen worden ist (BSGE 1, 258; 10, 272; BSG NJW 62, 2174; Meyer-Ladewig in Meyer-Ladewig, SGG, 8. Auflage 2005,Rdn. 42). Die Berufung ist auch begründet. Die Klägerin ist durch das Urteil des SG beschwert. Sie hat Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr weitere 69,60 EUR erstattet. Rechtsgrundlage der Erstattungsforderung des Klägers ist § 63 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.
Die hier strittigen Gebühren und Auslagen des Bevollmächtigten der Klägerin aus dem Vorverfahren sind nur erstattungsfähig, wenn seine Zuziehung notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB X). Diese Voraussetzung ist erfüllt, da die Beklagte dies mit Bescheiden vom 31.05. und 13.06.2006 unangefochten festgestellt hat (BSG l vom 16.03.2006 - B 4 Ra 59/04 R - juris-Rdn. 22 m.w.N.).
Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts für die Tätigkeit im Vorverfahren, die grundsätzlich erstattungsfähig sind, ergeben sich aus den Bestimmungen des anwaltlichen Gebührenrechts (vgl. von Wulffen/Roos, SGB X, 5. Aufl. 2005, § 63 Rdn. 29). Maßgeblich sind die Regelungen des am 01.07.2004 inkraftgetretenen RVG (Art. 8 Satz 1 i.V.m. Art. 6 Nr. 4 und Art. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts vom 05.05.2004, BGBl I 718), da der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit nach dem 01.07.2004, nämlich im November 2005 erteilt wurde (§ 61 Abs. 1 RVG).
Nach § 3 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 S. 1 RVG entstehen für eine Tätigkeit außerhalb des sozialgerichtlichen Verfahrens, sofern das Gerichtskostengesetz (GKG) keine Anwendung findet, Betragsrahmengebühren und daher auch für das isolierte Vorverfahren zwischen Sozialleistungsempfängern und Behörden (vgl. LSG NRW Urteil vom 29.01.2007 - L 1 AL 54/06 - m.w.N.). Das ist hier der Fall. Die Beteiligten haben im Verwaltungsverfahren über Pflegeversicherungsleistungen nach dem SGB Xl gestritten. Ein sich insoweit anschließendes sozialgerichtliches Verfahren wäre für die Klägerin als Versicherte kostenfrei gewesen (§ 183 Satz 1 SGG).
Nach § 2 Abs. 2 RVG bestimmt sich in diesen Fällen die Höhe der Vergütung nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Gemäß Nr. 2500 VV RVG in der Fassung des Art. 3 Kostenrechtmodernisierungsgesetz (KostRMoG) vom 05.05.2004 (BGBl. I 2004, 718) - jetzt umbenannt in Nr. 2400 - beträgt die Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren die Betragsrahmengebühren entstehen, 40,- EUR bis 520,- EUR. Bei der zwischen den Beteiligten strittigen Rahmengebühr bestimmt der Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 S. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Im Hinblick auf die Bemessung der Gebühr ist zu berücksichtigen, dass eine Gebühr von mehr als 240,- EUR (sogenannte Schwellengebühr) nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (amtliche Anmerkung zu Nr. 2400 VV RVG).
Der Senat geht in Folgendem davon aus, dass die Gebühr des Rechtsanwaltes für das (isolierte) sozialgerichtliche Vorverfahren zunächst nach den in § 14 Abs. 1 RVG genannten Gesichtspunkten innerhalb des Rahmens von 40,- bis 520,- EUR zu bestimmen ist. Erst der sich danach ergebende Betrag ist in den Fällen auf 240,- EUR zu "kappen", in denen die Tätigkeit des Rechtsanwaltes nicht "umfangreich oder schwierig" gewesen ist (vgl. BSG vom 29.03.2007 - B 9a SB 4/06 R; ebenso z.B. Dinkat in Mayer/Kroiß, RVG Handkommentar, 2. Aufl., Nr. 2400 bis 2401 VV Rdn. 5 ff; Baumgärtel u.a., RVG, 11. Auflage, VV Nr. 2400 Rdn. 5 f). Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten ist somit die Kappungsgebühr des Nr. 2400 VV RVG nicht der Ausgangspunkt, um die angemessene Gebühr im Rahmen des § 14 RVG zu bestimmen. Vielmehr gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze des § 14 RVG, in durchschnittlichen Fällen ist dabei von der Mittelgebühr auszugehen (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, § 3 Rdn. 23).
Die vom Bevollmächtigten der Klägerin bestimmte Gebühr ist danach verbindlich, wenn sie billigem Ermessen entspricht (§ 14 Abs. 1 RVG). Ob dies der Fall ist, unterliegt der Wertung. Billiges Ermessen ist nicht positiv zu bestimmen, sondern lässt sich nur negativ abgrenzen, indem ausgehend von einer konkreten Bestimmung der Gebühr festgestellt wird, dass diese außerhalb des Bereichs liegt, der vom billigen Ermessen abgedeckt ist. Maßgebend können nur die Umstände des Einzelfalls sein. Dabei ist zu beachten, dass das grundsätzliche Gebührenbestimmungsrecht des Anwalts nicht dadurch praktisch ausgehöhlt werden darf, dass eine Gebührenbemessung schon dann als unbillig korrigiert wird, wenn sie lediglich "gut bemessen" ist. Jede Ermessensausübung bewegt sich innerhalb eines durch die Umstände bestimmten Rahmens und eine Ermessensausübung ist auch dann noch billig, wenn sie an den oberen Rand des durch die Umstände bestimmten Rahmens geht. Erst dann, wenn dieser obere Rand überschritten wird, ist die Gebühr unbillig. Dann ist erst für das Gericht der Weg frei, das anwaltliche Ermessen durch eigenes Ermessen zu ersetzen (Urteil des Senats vom 14.11.2007 - L 10 KA 24/07 - m.w.N.). Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass die Korrektur nicht auf grobe Unbilligkeit beschränkt ist, sonst hätte der Gesetzgeber sich des Begriffs der offenbaren Unbilligkeit, wie sie z.B. in § 319 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch formuliert ist, bedient. Unbilligkeit kann dann vorliegen, wenn der Rechtsanwalt einen auf der Hand liegenden Faktor überhaupt nicht beachtet oder einen offensichtlich völlig abwegigen Faktor zum Maßstab gemacht hat. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen wobei Dritter u.a. auch die Staatskasse ist, muss ausdrücklich festgestellt werden, dass die bestimmte Gebühr unbillig hoch ist. Zweifel gehen zu Lasten des Dritten. Im Allgemeinen werden Abweichungen von bis zu 20% noch als verbindlich angesehen (BSG, Urteil vom 26.02.1992 - 9a RVs 3/90 -; Urteil des Senats vom 14.11.2007 - L 10 KA 24/07 - ; Schneider/Wolf, RVG, 3. Auflage, § 14 Rdn. 75; Gerold/Schmidt, RVG, 16. Auflage, § 14 Rdn. 8 ff).
Von diesen Grundsätzen ausgehend ist der strittige Ansatz der Geschäftsgebühr durch den Klägerbevollmächtigten nach Nr. 2400 VV RVG mit 300,- EUR nicht unbillig i.S.d. § 14 RVG. Dieser Betrag liegt nur rund 7% über der Mittelgebühr der Nr. 2400 VV RVG von ((40,- EUR + 520,- EUR) / 2) 280,- EUR. Da unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin die Tätigkeit des Bevollmächtigten im Vorverfahren zumindest als durchschnittlich zu bewerten ist, hält sich der leicht über der Mittelgebühr liegende Ansatz im Rahmen der Toleranzgrenze von 20%.
Dabei ist der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit als überdurchschnittlich anzusehen. Das Widerspruchsverfahren dauerte nämlich von der Einlegung des Widerspruchs am 22.12.2005 bis zur Einigung der Beteiligten am 31.05.2006 ein knappes halbes Jahr. Als Anhaltspunkt für die überdurchschnittliche Dauer kann dabei § 88 Abs. 2 SGG dienen. Diese Vorschrift geht von einer vom Gesetzgeber im Regelfall für angemessenen erachteten Frist zur Bearbeitung des Widerspruchs von drei Monaten aus (Leitherer in Meyer-Ladewig,SGG, 8. Auflage 2005, Rdn. 5a). Die Überschreitung dieses Zeitrahmens um das Doppelte ist zur Überzeugung des Senats als überdurchschnittlich zu bewerten. Soweit die Beklagte einwendet, dass diese Verfahrensdauer ihr nicht anzulasten sei, es habe vorliegend wie in Pflegegeldfällen üblich ein zweites Gutachten des MDK im Widerspruchsverfahren eingeholt werden müssen, ändert das nichts an dieser Einschätzung. Die Frage nach dem zeitlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im Rahmen des § 14 RVG ist nicht anders zu beurteilen, wenn die Beklagte diesen nicht kürzer gestalten konnte. Auch den konkreten zeitlichen Arbeitsaufwand sieht der Senat als zumindest leicht überdurchschnittlich an. Der Bevollmächtigte musste zwei Formulargutachten von 9 bzw. 10 Seiten durcharbeiten und sie jeweils mit der Klägerin besprechen. Zudem musste auch das weitere Vorgehen besprochen werden, nachdem die Beklagte auf das zweite Pflegegutachten des MDK hin keine Leistungen ab Antragstellung im September 2005 bewilligen wollte, sondern lediglich ab Januar 2006. Entgegen der Auffassung des SG und der Beklagten beschränkte sich die Tätigkeit des Klägerbevollmächtigten dabei nicht nur auf die Einlegung des Widerspruchs und seine Begründung. Vielmehr waren neben den beiden Besprechungen insgesamt sechs Schreiben des Bevollmächtigten notwendig (1. Einlegung des Widerspruchs (1 Seite); 2. Begründung des Widerspruchs (1,5 Seiten), 3. Anmahnung der Bearbeitung des Widerspruchs (1 Seite) mit Schreiben vom 23.03., 4. bis 6. Schreiben: 3 kurze, viertelseitige Schreiben, mit denen die Beteiligten sich über die Art der Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache einigten), bis die Beteiligten sich im Rahmen des Vorverfahrens darauf verständigt hatten, dass die Klägerin die begehrten Leistungen nicht ab Antragstellung, sondern erst vier Monate später erhielt, ihr die Beklagte dafür bei den Kosten entgegen kam und diese dem Grunde nach trotz teilweise Unterliegens in der Sache in voller Höhe übernahm.
Auch insoweit ist die Ursache für die Anzahl der Schreiben des Bevollmächtigten grundsätzlich unerheblich, so bspw. auch die Notwendigkeit eine Untätigkeitsklage anzudrohen. Die Verursachung des Schriftwechsels ändert nichts am Umfang der Tätigkeit im Sinne des § 14 RVG. Ob der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn der Umfang der Tätigkeit zielgerichtet hoch gehalten worden wäre, um höhere Gebühren abzurechnen, kann offen bleiben. Anhaltspunkte für ein derartiges Verhalten liegen nicht vor. Der Senat sieht den Umfang der Tätigkeit allerdings nicht als weit überdurchschnittlich an, da nur die Voraussetzungen der Pflegestufe I und damit weniger Erkrankungen und geringer zeitlicher Pflegeaufwand zu prüfen waren, als bspw. bei einem Streit um die Pflegestufen II oder III. Auch der absolute zeitliche Aufwand war geringer als in Fällen mit erheblich größerem Ermittlungsbedarf, so bspw. bei vielen Impfschadensfällen.
Die Tätigkeit des Klägerbevollmächtigten im Vorverfahren war unterdurchschnittlich schwierig. Schwierig ist die anwaltliche Tätigkeit nur dann, wenn erhebliche, im Normalfall nicht auftretende Probleme auf juristischem oder nicht juristischem Gebiet auftauchten (Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, Rdn. 16 zu § 14 RVG). Das war nicht der Fall. Es waren standardisierte MDK-Gutachten auf Schlüssigkeit, Unrichtigkeiten oder Unvollständigkeit zu prüfen. Rechtliche Probleme stellten sich dabei nicht, lediglich tatsächliche. Der Klägerbevollmächtigte musste darlegen und tat das auch, dass und warum die Erkrankungen der Klägerin zu größerem Pflegeaufwand führten als im ersten MDK-Gutachten angenommen.
Bezüglich der Bedeutung der Angelegenheit ist vorrangig auf das Interesse des Auftraggebers, d.h. der Klägerin, abzustellen (vgl. Römermann in Hartung/Römermann/ Schons, RVG, 2. Aufl., § 14 Rdn. 32). Dass die Angelegenheit (fortlaufende Gewährung von Pflegegeld bei ambulanter Pflege) für die Klägerin von besonderer Bedeutung war, bestreitet die Beklagte nicht. Die Klägerin spricht sogar davon, dass es sich um ein existenzielles Problem der Einstufung in die richtige Pflegestufe gehandelt habe. Soweit die Beklagte darauf hinweist, es handele sich bei diesem Kriterium lediglich um eines von mehreren Kriterien im Rahmen des § 14 RVG, trifft dies zwar zu. Die besondere Bedeutung spricht aber dennoch dafür, die Angelegenheit insgesamt als zumindest durchschnittlich zu bewerten.
Die Klägerin hat ihre wirtschaftlichen Verhältnisse nicht im Einzelnen offen gelegt. Sie hat jedoch den Prozess weder mittels Rechtsschutzversicherung noch Prozesskostenhilfe finanziert bzw. finanzieren müssen. Es spricht somit nichts für unterdurchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse.
Gemäß § 14 Abs. 1 S. 3 RVG war zudem das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Dieses war - worauf die Klägerin zurecht hinweist - aufgrund der strittigen, zeitlich unbefristeten Pflegegeldleistungen zumindest als leicht überdurchschnittlich anzusehen.
War somit der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit überdurchschnittlich, die Angelegenheit jedoch unterdurchschnittlich schwierig, waren die streitigen Leistungen für die Antragstellerin von besonderer und damit von überdurchschnittlicher Bedeutung und ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zumindest durchschnittlich und war das Haftungsrisiko zumindest leicht überdurchschnittlich, war der Ansatz einer die für den Normalfall angemessenen Mittelgebühr lediglich um 7% übersteigenden Gebühr durch den Klägerbevollmächtigten nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG.
Die somit zutreffend vom Bevollmächtigten der Klägerin ermittelte Gebühr war auch nicht in einem zweiten Prüfungsschritt nach Nr. 2400 VV RVG auf 240,- EUR zu kappen, wie die Beklagte und das SG dies getan haben. Die Angelegenheit war zwar unterdurchschnittlich schwierig, jedoch - wie bereits dargelegt - überdurchschnittlich umfangreich. Das genügt nach dem eindeutigen Wortlaut der Nr. 2400 VV RVG, damit nicht gekappt wird.