LSG NRW - Beschluss vom 21.09.2005 - Az.: L 10 B 7/05 SB
Privatpersonen, die geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten vor Gericht betreiben, ohne dass ihnen das mündliche Verhandeln vor diesem Gericht gestattet ist, sind von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen. Dies gilt nicht für Ehegatten Ehegatten, Lebenspartner oder Verwandte in gerader Linie, aber für Geschwister.
Gründe:
Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Klägerin ist unbegründet.
Das Sozialgericht (SG) hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Prozessbevollmächtigten der Klägerin, der eine behördliche Erlaubnis nach Artikel (Art.) 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) nicht besitzt und auch nicht zu dem dort genannten Personenkreis gehört, vom schriftlichen Verfahren vor dem Sozialgericht und von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen (Art. 1 §§ 2 ff. RBerG). Einer behördlichen Erlaubnis bedurfte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin jedoch, da es sich vorliegend um eine geschäftsmäßige Besorgung einer fremden Angelegenheit handelt (Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG). Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Beschlusses.
Das erstmalig von der Klägerin im Beschwerdeverfahren geltend gemachte Verwandtschaftsverhältnis - der Prozessbevollmächtigte sei ihr Bruder - führt zu keinem anderen Ergebnis. Trotz der behaupteten verwandtschaftlichen Beziehung handelt es sich, insbesondere auch unter Berücksichtigung der zahlreichen übrigen von diesem geführten Verfahren, um eine "fremde" Angelegenheit, die er geschäftsmäßig besorgt. Denn der Rechtsstreit, in dem es um die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Nachteilsausgleich "außergewöhnliche Gehbehinderung" geht, betrifft nicht die Rechtsposition des Besorgenden, sondern obliegt der Sorge eines anderen, nämlich der Klägerin (Kleine-Cosack, RBerG, 2004, Allgem. Teil II B Rn.124). Etwas anderes könnte sich für den Fall ergeben, dass eine Hilfeleistung eines Ehegatten für den anderen durch die eheliche Beistandspflicht (§ 1353 Abs. 1 Satz 2 BGB) geboten ist und sachgemäß nicht ohne gleichzeitige Rechtsbesorgung gewährt werden kann (BGH, Urteil vom 26. Juli 2001 - III ZR 172/00 -,NJW 2001, 3541 ff.). Eine derartige Beistandspflicht besteht unter Geschwistern nicht.
Der Ausschluss des Prozessbevollmächtigten von der mündlichen Verhandlung vor dem SG folgt, worauf das SG zu Recht hingewiesen hat, auch aus § 73 Abs. 6 Satz 1 SGG, § 157 Abs. 1, 3 Zivilprozessordnung, die neben den Vorschriften des RBerG bestehen (Kleine-Cosack, RBerG, 2004, Allgem. Teil II B Rn.100). Danach sind Privatpersonen, die geschäftsmäßig fremde Rechtsangelegenheiten vor Gericht betreiben, ohne dass ihnen das mündliche Verhandeln vor diesem Gericht gestattet ist, von der mündlichen Verhandlung ausgeschlossen. Die von der Klägerin zitierten Vorschriften des § 73 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) stehen einem Ausschluss nach den genannten Vorschriften nicht entgegen. Denn sie regeln lediglich, dass die Beteiligten sich in jeder Lage des Verfahrens durch prozessfähige Bevollmächtigte vertreten lassen können und die Vollmachterteilung bei bei Ehegatten oder Lebenspartnern und Verwandten in gerader Linie unterstellt werden kann. Dazu gehören indes nicht Geschwister (§ 1589 Satz 1 BGB).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).