Hessisches Landessozialgericht - vom 23.07.2004 - Az.: L 11 U 244/01 -
Ein Unfall im Sinne des § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO liegt auch vor, wenn eine durch das (versuchte) Anheben eines Kissensteins ausgelösten Einwirkungen auf den Körper des Klägers den eingetretenen Gesundheitsschaden, nämlich hier Subarachnoidalblutungen, rechtlich wesentlich mitverursacht hat. Die Kausalität zwischen versicherter Tätigkeit (hier: Anheben des Steins) und Unfallereignis (hier: Auswirkungen der körperlichen Anstrengung auf den Körper des Klägers) ist vorliegend zu bejahen, da das Anheben des Steins rechtlich wesentliche Ursache der körperlichen Anstrengung und der damit verbundenen Auswirkungen auf den Körper des Klägers war.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Anerkennung eines Ereignisses vom 27. Januar 1995 als Arbeitsunfall im Streit. Der 1940 geborene Kläger ist von Beruf Steinmetz. Am 27. Januar 1995 war der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit mit dem Abräumen einer Grabstätte beschäftigt. Dabei versuchte er, einen etwa 70 kg schweren und für ihn nicht ersichtlich aber unstreitig am Boden festgefrorenen sog. Kissenstein hochzuheben. Während der im Rahmen dieses - erfolglos gebliebenen - Versuchs entwickelten erheblichen Kraftanstrengung verspürte der Kläger plötzlich einen stechenden Kopfschmerz. Der Kläger wurde sofort mit dem Krankenwagen in eine neurochirurgische Klinik transportiert. Dort wurde mittels eines Schädels-CT`s eine stattgehabte massive Subarachnoidalblutung festgestellt. Angiografisch ließ sich kein Nachweis einer Gefäßmissbildung bzw. einer Aneurysma erbringen. Nach dem Ereignis litt der Kläger unter arterieller Hypertonie; eine solche bestand nach einer Bescheinigung des Internisten K. vom 27. Dezember 1995 in den vorangegangenen 10 Jahren nicht. In der Folgezeit trat als Komplikation ein Hydrocephalus malresorptivus auf, der mittels eines Shunts behandelt werden musste. Der Neurologe und Psychiater A. vertrat in seinem neurologisch-psychiatrischen Kurzgutachten vom 29. Januar 1996 die Auffassung, dass hoher Blutdruck während der anstrengenden Arbeitstätigkeit zu einer Ruptur einer Hirnarterie geführt habe und damit ein Zusammenhang zwischen der Subarachnoidalblutung mit der beruflichen Tätigkeit wahrscheinlich sei.
Dr. F. führt in seinem auf Veranlassung der Beklagten unter dem 8. August 1997 erstatteten neurologisch-psychiatrischen Gutachten aus, dass im Hinblick auf den fehlenden Nachweis einer Gefäß-Vorerkrankung mehr dafür als dagegen spreche, dass die in Rede stehende berufliche Tätigkeit mit massiver Steigerung des intracraniellen Drucks eine wesentliche mitwirkende Teilursache für die Subarachnoidalblutung darstelle.
Unter dem 25. April 1999 erstattete Prof. L. unter Einbeziehung eines neuroradiologischen Fachgutachtens des Prof. Z. vom 27. Juni 1998 ein neuro-chirurgisches Zusammenhangsgutachten, in dem er bestätigte, dass Vorerkrankungen im Sinne von Gefäßkrankheiten ebenso wenig vorgelegen hätten wie eine vorbestehende arterielle Hypertonie. Nach Auffassung von Prof. L. können spontane Subarachnoidalblutungen im Rahmen erhöhter körperlicher Anstrengung und reaktiver Blutdruckerhöhung auftreten, sie können aber auch spontan beispielsweise in Ruhe und sogar im Schlaf auftreten. Der vorliegend in Rede stehende Hergang sei nicht geeignet, eine solche Blutung zu verursachen. Bei diesem Ereignis handele es sich um eine Gelegenheitsursache.
Mit Bescheid vom 5. Juli 1999 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 27. Januar 1995 als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ein eigentlicher Unfallhergang nicht vorliege und es durch die erhebliche Kraftanstrengung zu einer Subarachnoidalblutung gekommen sei. Allein der Umstand, dass diese während der Arbeit aufgetreten sei, begründe nicht die Ursächlichkeit. Zur Begründung seines am 22. Juli 1999 erhobenen Widerspruchs stützte sich der Kläger im Wesentlichen auf die Ausführungen des Dr. F. und wies darauf hin, dass die in Rede stehende Kraftanstrengung deutlich über das übliche Maß hinausgegangen sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2000 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Subarachnoidalblutungen bei jedem Anlass auftreten könnten, der zu einer Blutdruckerhöhung führe. Darüber hinaus könnten sie sogar spontan, also ohne Anlass, wie z. B. im Schlaf, auftreten. Zum Zeitpunkt des in Rede stehenden Ereignisses sei der Kläger keiner höheren Belastung als üblich ausgesetzt gewesen, da es zu seinem Beruf gehöre, mit mehr oder weniger schweren Steinen umzugehen. Selbst wenn man einen Ursachenzusammenhang im naturwissenschaftlichen Sinne annehmen wollte, wäre ein solcher im rechtlichen Sinne gleichwohl nicht gegeben, da eigentlicher Anlass die Blutdruckerhöhung gewesen sei, die indes im täglichen Leben bei einer Vielzahl von Gelegenheiten auftrete. Die Ereignisse des 27. Januar 1995 seien daher austauschbar und aus diesem Grund als Gelegenheitsursache zu bewerten.
Am 7. April 2000 hat der Kläger beim Sozialgericht Wiesbaden (SG) Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein seitheriges Vorbringen und weist darauf hin, dass es sich bei dem Versuch, den Stein anzuheben, um eine außergewöhnliche Kraftanstrengung gehandelt habe, da der Stein - unerkannt - festgefroren und daher für den Kläger trotz größter Kraftanstrengung nicht zu bewegen gewesen sei. Zur weiteren Begründung hat er auf nach seiner Auffassung vergleichbare Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) hingewiesen.
Auf Veranlassung des SG hat Prof. C. unter dem 24. Oktober 2000 ein neurochirurgisches Gutachten erstattet. Darin führt er aus, dass in rund 80 % der - wie vorliegend - nicht traumatischen Subarachnoidalblutungen die Ursache eine Gefäßaussackung im Sinne eines sog. arteriellen Aneurysma sei. Doch beim Kläger handele es sich dagegen um eine perimesencephale Subarachnoidalblutung, welche eine spezielle Form darstelle, bei der die Blutung aus kapillären oder venösen Gefäßen komme und bei der praktisch kein Risiko einer erneuten Blutung zu erkennen sei. Bei dieser Form der Blutung sei im Allgemeinen wie auch im vorliegenden Fall die Blutungsquelle nicht nachweisbar. Die Bedeutung der Faktoren "akute Belastung" und "reaktiver Hochdruck" für die Ursächlichkeit sei in der medizinischen Wissenschaft umstritten. Im Hinblick auf den Umstand, dass ein erheblicher Anteil der Subarachnoidalblutungen im Ruhezustand auftrete und dass die körperliche Belastung selbst bei Patienten mit nachweisbar vorbestehendem Aneurysma nicht von besonderer Relevanz sei, komme in Fällen der vorliegenden Art der erheblichen Kraftanstrengung keine Bedeutung im Sinne einer Ursächlichkeit oder Mitverursachung zu.
Durch Urteil vom 15. Januar 2001 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung maßgeblich auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. C. gestützt. Dem Sachverständigen Dr. F. sei nicht zu folgen, da dieser selbst seine eigene Fachkompetenz für die in Rede stehende Problematik in Frage gestellt habe. Die vom Kläger genannte Entscheidung des BSG sei vorliegend nicht relevant, da dort zu entscheiden gewesen sei, ob bei einem anlagebedingten Gefäßwandschaden die körperliche Anstrengung wesentliche Ursache für die eingetretene Subarachnoidalblutung gewesen sei. Hingegen habe Prof. C. grundsätzlich ausgeschlossen, dass eine körperliche Anstrengung wesentliche Ursache für solche Blutungen überhaupt sein könne und habe für diese Auffassung aktuelle medizinische Literatur verwendet.
Gegen das am 15. Februar 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. März 2001 Berufung eingelegt. Entgegen den Ausführungen in dem Gutachten des Prof. C. komme der körperlichen Belastung bei Subarachnoidalblutungen ohne vorbestehendes Gefäß-Aneurysma eine erhebliche Bedeutung zu. Denn anders als bei einem vorbestehenden Aneurysma sei in Fällen der vorliegenden Art von einem nur geringeren Vorschaden auszugehen mit der Folge, dass eine sehr viel intensivere Belastung als Ursache für die Blutung erforderlich sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 15. Januar 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Juli 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2000 zu verurteilen, das Ereignis vom 27. Januar 1995 als Arbeitsunfall anzuerkennen und Leistungen nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
In seiner auf Veranlassung des Senats unter dem 20. September 2001 erstatteten ergänzenden Stellungnahme führt Prof. C. aus, dass vorliegend ein Unfallgeschehen nicht gegeben sei, da die in Rede stehende körperliche Belastung gesteuert gewesen und im Zusammenhang mit dem Trainingszustand des Klägers zu sehen sei. Danach sei eine unvorhersehbare oder ungewollte nicht erträgliche Belastung nicht eingetreten. Eine Aussage darüber, wieweit sich vorliegend aufgrund der erfolgten Belastung der Blutdruck des Klägers erhöht habe, sei nicht möglich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass körperlich trainierte Personen auf akute Kraftanstrengungen und körperliche Belastungen nicht bzw. nicht in beeindruckender Höhe mit einer Steigerung des Blutdrucks zu reagieren pflegten. Im Übrigen sei im Hinblick auf die epidemiologischen Erhebungen auch bezogen auf den Fall des Klägers eine Ursächlichkeit der körperlichen Belastung unwahrscheinlich. Etwa zwei Drittel der Subarachnoidalblutungen würden keinerlei zeitliche Korrelation zu einer körperlichen Belastung erkennen lassen. In der Literatur werde in nur etwa einem Drittel der Fälle von einer ungewohnten Anstrengung berichtet.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat ein neuro-chirurgisches Fachgutachten bei Prof. D. eingeholt, das dieser unter dem 10. Januar 2004 erstattet hat. Darin kommt Prof. D. zu dem Ergebnis, dass vorliegend die Subarachnoidalblutung auf Grundlage einer vorbestehenden aber nicht nachweisbaren Gefäßwandschwäche bzw. -schädigung durch die körperliche Kraftanstrengung wesentlich verursacht worden sei. Zwar sei eine vorbestehende Gefäßwandschwäche oder -schädigung unabdingbare Voraussetzung für das Auftreten der Blutung; dass diese aber zu diesem Zeitpunkt und in diesem Schweregrad aufgetreten sei, sei als Folge der erheblichen und abrupt gesteigerten Kraftanstrengung zu werten. Der Hinweis, dass statistisch bei der Hälfte oder zwei Dritteln der Subarachnoidalblutungen Kraftanstrengung als Auslöser keine Rolle gespielt habe, erlaube nicht den Rückschluss, dass bei übrigen Patienten die dokumentierte Kraftanstrengung als Auslöser der Blutung keine Rolle spiele. Im Übrigen würden nach einer neueren Publikation von durch ein Aneurysma bedingten Subarachnoidalblutungen 42,8 % nach vorangegangener Anstrengung auftreten.
Die Beteiligten haben im Rahmen des am 26. Mai 2004 von dem Berichterstatter durchgeführten Erörterungstermins ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auch im Vorbringen der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 27. Januar 1995 als Arbeitsunfall und diesbezügliche Entschädigungsleistungen.
Gemäß dem nach § 212 des Sozialgesetzbuches Siebter Band (SGB VII) vorliegend noch maßgeblichen § 548 Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ist ein Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter "bei" einer versicherten Tätigkeit, insbesondere bei einer solchen aufgrund eines Arbeitsverhältnisses (§ 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO) erleidet. Ein Unfall ist ein körperlich schädigendes, eng begrenztes (plötzliches) Ereignis (Rike in: Kasseler Kommentar, § 548 RVO, Rdnr. 5 m.w.N.; vgl. dazu nunmehr auch den Wortlaut des § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Der Begriff des äußeren Ereignisses verlangt einen von außen auf den Körper einwirkenden Vorgang gleich welcher Stärke. Dagegen sind Erscheinungen aufgrund rein innerer Vorgänge als sog. "innere Ursachen" aus dem Unfallbegriff auszuscheiden. Eine solche innere Ursache liegt vor, wenn eine allein oder wesentlich auf dem Gesundheitszustand des Verletzten beruhende krankhafte Erscheinung auftritt, also ohne Mitwirken eines äußeren Vorgangs.
Der Kläger stand bei der für seine Erkrankung verantwortlich gemachten Handlung, dem (versuchten) Anheben des Kissensteins, nach § 539 Abs. 1 Nr. 1 RVO unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, da der Kläger diese Tätigkeit beim Abräumen eines Grabes und damit im Rahmen seines Berufes des Steinmetzes ausübte. Vorliegend ist ein "von außen" auf den Kläger einwirkendes Ereignis nicht deshalb zu verneinen, weil - unstreitig - eine ummittelbare Verletzung und damit traumatische Schädigung nicht gegeben war und damit als Ursache der Blutung von vornherein ausscheidet. Denn eine Einwirkung von außen ist auch dann gegeben, wenn sich ihr Ausgangspunkt im Körperinneren befindet, sie aber von der versicherten Tätigkeit wesentlich mit verursacht worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 U 18/00 R; Landessozialgericht für den Freistaat Sachsen - LSG Sachsen - Urteil vom 12. Dezember 2002, L 2 U 188/00; Kater/Leupe, SGB VII, § 8 Rdnr. 19, m.w.N.). Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass ein Unfall im Sinne des § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO vorliegt, wenn die durch das (versuchte) Anheben des Kissensteins ausgelösten Einwirkungen auf den Körper des Klägers den eingetretenen Gesundheitsschaden, nämlich die Subarachnoidalblutungen, rechtlich wesentlich mitverursacht habe. Die Kausalität zwischen versicherter Tätigkeit (hier: Anheben des Steins) und Unfallereignis (hier: Auswirkungen der körperlichen Anstrengung auf den Körper des Klägers) ist vorliegend zu bejahen, da das Anheben des Steins rechtlich wesentliche Ursache der körperlichen Anstrengung und der damit verbundenen Auswirkungen auf den Körper des Klägers war. Im Übrigen ist auch die Kausalität zwischen dem Primärschaden der Subarachnoidalblutung und dem nachfolgenden Hydrocephalus malresorptivus gegeben.
Dies folgt nach der freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats aus den Ausführungen des Sachverständigen Prof. D. in seinem neurochirurgischen Fachgutachten vom 10. Januar 2004 sowie den Feststellungen des Dr. F. in dem auf Veranlassung der Beklagten erstatteten neurologisch-psychiatrischen Gutachten vom 8. August 1997, das im vorliegenden Verfahren im Wege des Urkundsbeweises zu verwerten ist. Zwischen allen im Verwaltungs- und gerichtlichen Verfahren gehörten Sachverständigen besteht Einigkeit, dass eine Subarachnoidalblutung ohne jeglichen Gefäßfaktor also ohne eine Vorschädigung der betroffenen Gefäße nicht denkbar ist. Aus diesem Grund scheidet eine alleinige Ursächlichkeit der angeschuldigten körperlichen Anstrengung und mit ihr verbundenen körperlichen Reaktionen, namentlich des Anstiegs des Blutdrucks, als alleinige Ursache der Subarachnoidalblutung von vornherein aus. Ihre Ursächlichkeit im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung kommt daher nur dann in Betracht, wenn sie rechtlich wesentlich ist. Die Wertung als rechtlich wesentliche Ursache erfordert jedoch nicht, dass der berufliche Faktor die alleinige oder überwiegende Bedingung ist. Haben mehrere Ursachen (in medizinisch-naturwissenschaftlicher Hinsicht) gemeinsam zum Entstehen der Erkrankung beigetragen, sind sie nebeneinander (Mit-)Ursachen im Rechtssinne, wenn beide in ihrer Bedeutung und Tragweite beim Eintritt des "Erfolges" wesentlich mitgewirkt haben. Der Begriff "wesentlich" ist nicht identisch mit der Beschreibung "überwiegend", "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine "nicht annähernd gleichwertige", sondern rechnerisch (prozentual) also verhältnismäßig niedriger zu wertende Bedingung kann für den Erfolg wesentlich sein. Ein mitwirkender Faktor ist vielmehr nur dann rechtlich unwesentlich, wenn er von einer anderen Ursache ganz in den Hintergrund gedrängt wird. Daher ist es zulässig, eine - rein naturwissenschaftlich betrachtet - nicht gleichwertige (prozentual also verhältnismäßig niedriger zu bewertende) Ursache rechtlich als "wesentlich" anzusehen, weil gerade und nur durch ihr Hinzutreten zu der anderen wesentlichen Ursache "der Erfolg" eintreten konnte. Darüber hinaus ist zu beachten, dass im Hinblick auf den Schutzzweck der gesetzlichen Unfallversicherung jeder Versicherte grundsätzlich in dem Gesundheitszustand geschützt ist, in dem er sich bei Aufnahme seiner Tätigkeit befindet, auch wenn etwa dieser Zustand eine größere Gefährdung begründet. Eingebunden sind alle im Unfallzeitpunkt bestehenden Krankheiten, Anlagen, konstitutionell oder degenerativ bedingten Schwächen und Krankheitsdispositionen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, 2003). Dementsprechend darf nach ständiger Rechtsprechung des BSG eine Schadensanlage als allein wesentliche Ursache nur dann gewertet werden, wenn sie so stark ausgeprägt und so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung des akuten Krankheitsbildes keiner besonderen, in ihrer Art unersetzlichen äußeren Einwirkung aus der Versichertentätigkeit bedurft hat, sondern der Gesundheitsschaden wahrscheinlich auch ohne diese Einwirkungen durch beliebig austauschbare Einwirkungen des unversicherten Alltagslebens zu annähernd gleicher Zeit und in annähernd gleicher Schwere entstanden wäre (vgl. Erlenkemper, Arbeitsunfall, Schadensanlage und Gelegenheitsursache in: SGb 1997, S. 355, 358, m.w.N.; LSG Sachsen, Urteil vom 30. März 2000, L 2 U 52/96). Bezogen auf die Subarachnoidalblutung ist eine rechtlich wesentliche Mitursache der Arbeitstätigkeit dann zu verneinen, wenn die vorbestehende Gefäßmissbildung so schwer, d. h. die Krankheitsanlage so leicht ansprechbar gewesen ist, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte. Diese ursächliche Bedeutung für den Eintritt einer Blutung hat eine Krankheitsanlage z. B. dann, wenn die akuten Erscheinungen zur selben Zeit auch ohne äußere Einwirkungen auftreten könnten oder auch jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis die Erscheinungen ausgelöst hätte (vgl. BSG Urteil vom 2. Mai 2001, B 2 U 18/00 R - m.w.N.). Unter Anlegung dieses Maßstabs kommt dem Versuch des Klägers, den Kissenstein anzuheben, die Bedeutung einer wesentlichen Mitursache zu. Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass nach übereinstimmenden und für den Senat überzeugenden Feststellungen des ganz überwiegenden Teils der Sachverständigen, namentlich Prof. D., Prof. C. und Dr. F. eine vorbestehende Gefäßschädigung, insbesondere ein Aneurysma sich nicht hat feststellen lassen. Daraus folgt, dass eine schwerwiegende, leicht ansprechbare Gefäßmissbildung, deren "Auslösung" besondere akute Erscheinungen nicht bedurft hätte, jedenfalls nicht dokumentiert ist. Auf der anderen Seite hat der Kläger im Zeitpunkt des Eintritts der Blutung unstreitig eine schwere körperliche Verrichtung vollzogen, indem er versuchte, den ca. 70 kg schweren und zur fraglichen Zeit am Boden festgefrorenen Kissenstein anzuheben. Soweit Prof. C. in seinem Gutachten vom 24. Oktober 2000 das Gewicht dieses Steins einmal mit lediglich 15 kg angegeben hat, folgt hieraus für die Frage der körperlichen Anstrengung des Klägers nichts anderes. Zum einen stimmt diese Angabe nicht mit dem übrigen Vorbringen im Rahmen des Verwaltungs- und Gerichtsverfahrens überein. Insbesondere hat der Kläger bereits gegenüber Dr. F. das Gewicht des Steins mit 70 kg angegeben. Darüber hinaus ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Stein seinerzeit angefroren gewesen war, mit der Folge, dass nach auch insoweit übereinstimmenden Feststellungen der Sachverständigen die Tätigkeit mit einer erheblichen Kraftanstrengung verbunden war, da sich der Stein nicht bewegen ließ. Soweit Prof. C. die Ursächlichkeit dieser Kraftanstrengung für den Eintritt der Blutung mit dem Hinweis auf statistische Erhebungen über Subarachnoidalblutungen verneint, vermag dies den Senat nicht zu überzeugen. Insbesondere das von Prof. C. aber auch von Prof. L. herangezogene Argument, wonach ein erheblicher Teil von Subarachnoidalblutungen in Ruhe oder sogar im Schlaf aufgetreten sei, spricht nicht gegen die Ursächlichkeit der entfalteten Kraftanstrengung im vorliegenden Fall. Wie Prof. C. selbst darstellt, beziehen sich diese statistischen Erhebungen auf Patienten mit vorbestehenden Aneurysmen und den Eintritt von Rupturen eben dieser Aneurysmen. Wie ausgeführt konnte jedoch beim Kläger ein vorbestehendes Aneurysma gerade nicht festgestellt werden, weshalb er mit der genannten Patientengruppe bereits im Ansatz nicht vergleichbar ist. Soweit Prof. C. die These vertritt, dass wenn schon bei Aneurysmapatienten dem Faktor körperlicher Belastung keine signifikante Rolle zukomme, dies erst recht im Falle von Subarachnoidalblutungen ohne vorbestehendes Aneurysma gelten müssen, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen. Für diese These liefert Prof. C. keine überzeugende Begründung; er untermauert sie auch nicht mit einschlägigen Belegen aus der medizinischen Fachliteratur. Gegen die Richtigkeit seiner These spricht im Übrigen, dass gerade in den Fällen, in denen eine - leicht ansprechbare - Vorschädigung im Sinne eines Aneurysmas nicht gegeben ist, notwendigerweise ein für die Auslösung der Blutung wesentlicher Faktor hinzutreten muss. In diesem Sinne argumentieren auch die Sachverständigen Prof. D. und Dr. F., die übereinstimmend darauf hinweisen, dass eine schwerwiegende, leicht ansprechbare Gefäßmissbildung vorliegend gerade nicht nachgewiesen ist. Im Übrigen wird die auf statistischen Erhebungen fußende Argumentation von Prof. C. auch durch den Hinweis von Prof. D. auf eine neuere Publikation entkräftet, wonach bei 500 durch ein Aneurysma bedingte Subarachnoidalblutungen 42,8 % nach vorangegangener Anstrengung aufgetreten seien. Auf Grundlage dieser Erhebung ist bereits die These, wonach dem Faktor Kraftanstrengung bei Aneurysma-Patienten keine signifikante Rolle zukomme, wenig stichhaltig. Jedenfalls vermag sie aus den genannten Gründen nicht gegen die Ursächlichkeit der Kraftanstrengung im vorliegenden Fall zu sprechen.
Mit Prof. D. und Dr. F. ist der Senat nach alledem der Überzeugung, dass die vom Kläger beim Anheben des Kissensteins entfaltete körperliche Anstrengung wesentliche (Teil-)Ursache für den Eintritt der Subarachnoidalblutung gewesen ist.
Dem steht nicht entgegen, dass ein zum Zeitpunkt der Kraftanstrengung erhöhter Blutdruck des Klägers als die Blutung unmittelbar auslösende Ursache nicht dokumentiert ist, worauf Prof. C. zu Recht hinweist. Nach übereinstimmender Darstellung aller Sachverständigen, einschließlich Prof. Z., Prof. L. und Prof. C. ist jede plötzliche Erhöhung des arteriellen Blutdrucks, namentlich im Rahmen erhöhter körperlicher Anstrengung, grundsätzlich geeignet, eine Blutung der in Rede stehenden Art auszulösen. Eine solche Blutdruckerhöhung wurde unmittelbar zum Zeitpunkt der Kraftanstrengung nicht dokumentiert, da aus nahe liegenden Gründen zu dieser Zeit eine Blutdruckmessung nicht stattgefunden hat. Die bei Einlieferung in die Klinik festgestellte Hypertonie ist nach Auffassung der Ärzte bereits als Reaktion auf die stattgehabte Blutung zu werten und lässt daher keine Rückschlüsse auf die Höhe des Blutdrucks zum Zeitpunkt der Kraftanstrengung zu. Mit Dr. F. ist aber davon auszugehen, dass durch die unstreitig erhebliche Kraftanstrengung des Klägers eine massive Druckerhöhung im Schädel ausgelöst wurde. Dem stimmt letztlich auch Prof. C. zu, indem er ausführt, dass das akute Ereignis vom 27. Januar 1995 durchaus eine akute körperliche Belastung des Klägers, möglicherweise gefolgt von einem durch körperliche Belastung induzierten akuten Blutdruckanstieg, bedeutet hat.
Berücksichtigt man daher im Ergebnis, dass der Versuch, den festgefrorenen Stein hochzuheben eine akute körperliche Belastung (so Prof. C.) eine erhebliche bzw. außergewöhnliche Kraftanstrengung (so Dr. F. und Prof. D.) dargestellt hat, die auf eine nicht nachweisbare Schädigung des Gefäßsystems getroffen ist, so kann dieser Kraftanstrengung nicht allein die Bedeutung einer Gelegenheitsursache beigemessen werden. Vielmehr muss sie als rechtlich wesentlich qualifiziert werden. Das Ereignis vom 27. Januar 1995 ist danach ein Arbeitsunfall im Sinne von § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO und die Beklagte zu dessen Anerkennung sowie zur Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen dieses Ereignisses verpflichtet.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Entscheidung über die Zulassung der Revision folgt aus § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Entscheidung im Hinblick auf das Verhältnis zwischen Vorschaden und beruflicher Einwirkung im Falle einer vorbestehenden, aber nicht - beispielsweise in Form eines Aneurysmas - feststellbaren Gefäßschädigung und hinzutretender erheblicher körperlicher Kraftanstrengung sowie die an die arbeitsbedingte (Teil-) Ursache zu stellenden Anforderungen für die Anerkennung als Arbeitsunfall zu.