Gründe:

I

Der Beschwerdeführer begehrt eine höhere Vergütung für seine Tätigwerden in einem Schwerbehindertenverfahren auf PKH - Basis.

Mit Bescheid vom 27.10.2006 lehnte das Versorgungsamt Wuppertal einen Antrag des Klägers auf Anerkennung eines höheren Grades der Behinderung als 40 ab. Der Kläger erhob Widerspruch und beantragte beim Amtsgericht die Gewährung von Beratungshilfe. Nach erfolgter Bewilligung beauftragte er den Beschwerdeführer, ihn im Rahmen der Beratungshilfe in seinem laufenden Verwaltungsverfahren zu vertreten.

Das Versorgungsamt übersandte die Verwaltungsakten am 15.3.2007 an die Bezirksregierung Münster, die den Widerspruch mit an den Kläger adressierten Bescheid vom 16.7.2007 zurückwies.

Mit Schreiben vom 13.7.2007 wandte sich der Beschwerdeführer an das Versorgungsamt und zeigte die Vertretung des Klägers an. Das Schreiben erreichte die Bezirksregierung Münster am 19.7.2007 (Bl. 72 Verwaltungsakte).

Auf die vom Beschwerdeführer rechtzeitig erhobene Klage holte das Sozialgericht umfangreiche ärztliche Befund- und Behandlungsberichte über den Kläger ein und zog Gutachten aus anderen Verfahren bei. Nach deren Auswertung bot die Beklagte dem Kläger im Wege einer vergleichsweisen Regelung an, bei ihm ab Oktober 2006 einen GdB von 50 und die Voraussetzungen für das Merkzeichen G anzuerkennen. Der Beschwerdeführer nahm das Angebot für den Kläger nach einem ergänzenden Hinweis des Gerichts an.

Mit Beschluss vom 22.09.2008 setzte der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die im Rahmen der Prozesskostenhilfe an den Beschwerdeführer zu erstattenden Kosten auf ingesamt 417,20 EUR fest (S. 21 Kostenheft). Die Bedeutung der Sache sei gemessen an anderen sozialgerichtlichen Verfahren als durchschnittlich anzusehen; deshalb erhalte der die Beschwerdeführer nur die durchschnittliche Rahmengebühr von 250 Euro. Der Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit hinsichtlich des Anerkenntnisses sei sogar nur gering gewesen seien. Daher sei nur eine unterdurchschnittliche fiktive Terminsgebühr nach Ziffer 3106 VV RVG in Höhe von 110 EUR anzusetzen. Die Gebühr für die Beratungshilfe von 70 EUR sei zur Hälfte anzurechnen.

Der Beschwerdeführer hat mit seiner Erinnerung vorgetragen, aufgrund der extremen Erkrankungen des Klägers hätten umfangreiche rechtliche Bewertungen stattfinden und zahlreiche Befundbericht ausgewertet werden müssen. Die Anerkenntnisgebühr müsse sogar noch erhöht werden, da es nicht einfach gewesen sei, dem Kläger das Ergebnis zu vermitteln. Die doppelte Anrechnung der Beratungshilfegebühr sei ebenfalls nicht gerechtfertigt.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 20.03.2009 hat das Sozialgericht die dem Beschwerdeführer zu zahlenden Gebühren und Auslagen wie zuvor schon der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle auf 417,20 EUR festgesetzt.

Das Verfahren sei nicht überdurchschnittlich schwierig gewesen. In allen Schwerbehindertenverfahren seien mehr oder weniger umfangreiche Unterlagen aus zu werten. Dass der Inhalt der Unterlagen nicht mit dem tatsächlichen Gesundheitszustand übereinstimme, komme ebenfalls häufiger vor. Die fiktive Terminsgebühr richte sich nach dem hypothetischen Aufwand, der bei Durchführung eines Termins voraussichtlich entstanden wäre. Der Beschwerdeführer habe das Anerkenntnis der Beklagten nur noch anzunehmen brauchen. Dieser erheblich verminderte Aufwand müsse sich in den Gebühren niederschlagen. Die Anrechnung der Gebühr für die Beratungshilfe ergebe sich aus Ziffer 2503 Abs. 2 VV RVG.

Mit seiner rechtzeitig erhobenen Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die seiner Meinung nach doppelt erfolgte Anrechnung der Beratungshilfegebühr. Zudem sei der Gebührenrahmen voll auszuschöpfen und nicht nur die Mittelgebühr zu Grunde zu legen, weil umfangreiche Befundunterlagen auszuwerten gewesen und dem Kläger erläutern gewesen sein. Die Absenkung der Anerkenntnisgebühr widerspreche der Rechtsprechung des LSG NRW.

Der Bezirksrevisor ist der Beschwerde entgegengetreten und hat umfangreich zur Frage der Anrechnung der Beratungshilfegebühr vorgetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten verwiesen.

 

II.

Die Beschwerde ist zulässig, weil sie innerhalb der Zweiwochenfrist des §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 3 RVG erhoben wurde und einen Beschwerdewert von mehr als 200 EUR betrifft wie von §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 1 RVG vorausgesetzt.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf Festsetzung einer höheren Vergütung. Zur Begründung verweist der Senat zunächst auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen er folgt, und sieht nach § 142 Abs. 2 S. 3 SGG vor einer weiteren Darstellung in den Beschlussgründen ab.

Der Beschwerdeführer stellt zu Unrecht die Rechtmäßigkeit der Anrechnung der Geschäftsgebühr im Rahmen der Beratungshilfe auf die Gebühren für das gerichtliche Verfahren infrage. Nach Ziffer 2503 Abs. 2 S. 1 VV RVG ist die Beratungshilfegebühr auf die Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren zur Hälfte anzurechnen. Der Wortlaut der Vorschrift unterscheidet nicht zwischen nach § 193 SGG kostenprivilegierten Gerichtsverfahren und solchen, in denen streitwertgebundene Wertgebühren anfallen (insoweit wie hier LSG NRW. B. v. 16.12.2009 - L 19 B 180/09 AS, Juris Rn. 70 ff.).

Zumindest in der hier vorliegenden Fallkonstellation vermag der Senat sich nicht der teilweise in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Ansicht anzuschließen, dass die Anrechnungsvorschrift des Ziffer 2503 Abs. 2 S. 1 VV RVG gegen ihren Wortlaut nach ihrem Sinn und Zweck sowie nach der Systematik des RVG einschränkend auszulegen ist (wie hier: LSG NRW, Beschlüsse vom 01.02.2007 - L 12 B 8/06 AS - und vom 29.10.2009 - L 1 B 6/09 AS - unter Aufgabe der Rechtsprechung im Beschluss vom 18.03.2008 - L 1 B 21/07 AL -; LSG Thüringen Beschlüsse vom 16.01.2009 - L 6 B 21/07 - und vom 26.01.2009 -6 B 256/08 SF -; LSG Sachsen Beschluss vom 12.08.2009 - L 9 R 167/09 B KO; a.A. Schneider in: Schneider/Wolf, RVG, 4. Aufl., W 2503 Rn 20; sowie vor allem mit ausführlicher Begründung LSG NRW. B. v. 16.12.2009 - L 19 B 180/09 AS, Juris Rn. 70 ff.).

Voraussetzung für eine teleologische Reduktion einer Vorschrift ist eine offene oder verdeckte Regelungslücke, mithin der argumentative Nachweis, dass der Gesetzgeber der Norm durch ihren Wortlaut einen weiteren Anwendungsbereich verliehen hat, als es seiner Absicht entsprach. Ein solcher Nachweis lässt sich hier nach Ansicht des Senats nicht führen.

Von vornherein kein überzeugendes Argument für eine teleologische Reduktion liefert der Rechtszustand unter der Geltung der BRAGO. Rechtsprechung und Literatur hatten zwar die Anrechnung der Geschäftsgebühr bei Anwendung der Vorgängervorschrift der hier zu diskutierenden Ziffer 2503 Abs. 2 S. 1 VV RVG, des § 132 Abs. 2 S. 2 BRAGO, einschränkend ausgelegt und eine Anrechnung nur vorgenommen, wenn die Beratungshilfe außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens geleistet wurde. Diese Rechtsprechung lässt sich aber auf das RVG nicht mehr übertragen, weil die Gebührensystematik in weiten Teilen nicht mehr den Bestimmungen der BRAGO, insbesondere über die Anrechnung von Gebühren, entspricht (insoweit wie hier LSG NRW. B. v. 16.12.2009 - L 19 B 180/09 AS, Juris Rn. 70 ff.).

Es kann dahinstehen, ob der Argumentation des 19. Senats des LSG NRW für eine einschränkende Auslegung in der Fallkonstellation zu folgen ist, in der ein Rechtsanwalt einem Kläger sowohl Beratungshilfe geleistet als auch ihn im Widerspruchs - und anschließenden Klageverfahren vertreten hat. Für einen solchen Rechtsanwalt wirkt sich die Befassung mit der Angelegenheit in einem Widerspruchsverfahrens in den kostenprivilegierten Verfahren nach § 193 SGG zweifach gebührenmindernd aus: Zum Einen durch die Anwendung des bei Vorbefassung geminderten Gebührenrahmens nach Ziffer 3103 VV RVG und zum Anderen durch die Anrechnung der Hälfte der Geschäftsgebühr für die Beratungshilfe nach Nummer 2503 RVG auf die Gebühr nach Ziffer 3103 VV RVG. Dies obwohl sich Art und Umfang der anwaltlichen Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren nicht danach unterscheiden, ob der Rechtsanwalt im vorausgegangenen Widerspruchsverfahren unter den Bedingungen der Beratungshilfe tätig gewesen ist oder nicht. In diese Richtung argumentiert auch der Beschwerdeführer, indem er eine "doppelte Anrechnung" der Beratungshilfegebühren rügt. Indes stellt sich diese Frage hier nicht. Der Beschwerdeführer hat den Kläger im Widerspruchsverfahren nicht vertreten, sondern ist erst nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nach außen tätig geworden ist. Daher hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle seine Vergütung zutreffenderweise nicht aus dem wegen Vorbefassung abgesenkten Kostenrahmen nach Ziffer 3103 VV RVG, sondern aus dem vollen Kostenrahmen nach Ziffer 3102 VV RVG berechnet (S. 21 Kostenheft). Auf die dem Beschwerdeführer danach zu gewährende Vergütung kann die hälftige Geschäftsgebühr aus Beratungshilfe wie von Ziffer 2503 VV RVG vorgeschrieben angerechnet werden, ohne zu der vom 19. Senat des LSG NRW in einer anderen Konstellation kritisierten zweifachen Gebührenminderung wegen Vorbefassung zu führen.

Voraussetzung für eine Anrechnung der hälftigen Geschäftsgebühr für die Beratungshilfe ist danach, dass sowohl das Beratungshilfeverfahren als auch das anschließende gerichtliche oder behördliche Verfahren vom selben Rechtsanwalt bzw. derselben Sozietät betrieben werden, beide Verfahren denselben Gegner betreffen, beide Verfahren denselben Streitgegenstand betreffen und schließlich zwischen beiden Verfahren ein gewisser zeitlicher Zusammenhang besteht (LSG NRW. B. v. 29.10.2009 - L 1 B 6/09 AS, Juris Rn. 19 m.w.Nw.). Diese Voraussetzungen sind im Falle des Beschwerdeführers eindeutig erfüllt.

Zu Unrecht verlangt der Beschwerdeführer darüber hinaus für sein Tätigwerden mehr als die Mittelgebühr. Maßgebende Kriterien für die Bemessung der hier in Betracht kommenden Rahmengebühren i.S.d. § 14 RVG sind unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vor allem der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers. Aufwand und Schwierigkeit des vorliegenden Verfahrens auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gehen über ein durchschnittliches Maß nicht hinaus. Die vom Beschwerdeführer verfasste Klagebegründung umfasst nur zwei Seiten. Die nicht besonders umfangreiche sozialgerichtliche Akte besteht ansonsten nahezu ausschließlich aus ärztlichen Berichten und in anderen Verfahren erstellten Gutachten. Ihre Ergebnisse haben schließlich zu einem Vergleichsangebot der Beklagten geführt haben, das der Beschwerdeführer für den Kläger nur noch anzunehmen brauchte. Welchen überdurchschnittlichen Aufwand der Beschwerdeführer in diesem Verfahren betrieben hat, erschließt sich daher nicht.

Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Herabsetzung der Anerkenntnisgebühr auf 110 EUR wendet, stützt der von ihm angeführte Beschluss des LSG NRW (vom 18.03.2008 - L 20 B 238/07) seine Argumentation nicht. Der zitierte Beschluss betrifft einen Fall, in dem die Bevollmächtigte umfangreiche Akten durchzuarbeiten und bei der umfassenden Darstellung der Sach- und Rechtslage in ihren Schriftsätzen erheblichen Aufwand zu leisten hatte. Dies trifft auf die Tätigkeit des Beschwerdeführers, wie ausgeführt, nicht zu. Die Annahme eines unterdurchschnittlichen Aufwands im Rahmen der der fiktiven Terminsgebühr für die bloße Annahme eines Vergleichsangebots ist daher nicht zu beanstanden.

Dieser Beschluss unanfechtbar.