Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei der Klägerin festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).

Der Beklagte hatte 2010 bei der Klägerin einen Gesamt-GdB von 30 festgestellt. Dem hatte er folgende Behinderungen zugrunde gelegt:

1. psychische Störung, psychosomatische Erkrankung (Einzel-GdB von 30),
2. Funktionsstörungen des Darmes (Einzel-GdB von 10),
3. Bandscheibenschaden (Einzel-GdB von 10).

Den Änderungsantrag der Klägerin vom 7. Mai 2012 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25. Juni 2012 ab. Auf den Widerspruch der Klägerin setzte der Beklagte im Hinblick auf die Verschlimmerung des Darmleidens mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2012 den Gesamt-GdB auf 40 herauf. Er ging hierbei von folgenden Behinderungen aus:

1. psychische Störung, psychosomatische Erkrankung (Einzel-GdB von 30),
2. Funktionsstörungen des Darmes (Einzel-GdB von 20),
3. Bandscheibenschaden (Einzel-GdB von 10).

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) Klage erhoben, mit der sie einen GdB von 50 geltend gemacht hat. Das Sozialgericht hat neben Befundberichten das Gutachten des Facharztes für Allgemeinmedizin. Dr. S vom 22. März 2016 mit ergänzender Stellungnahme vom 23. November 2016 eingeholt, der den Gesamt-GdB auf 40 eingeschätzt hat. Der Sachverständige hat hierzu folgende GdB-relevante Einzelbehinderungen ermittelt:

1. Depression (Einzel-GdB von 30),
2. Reizdarm, Fettleber (Einzel-GdB von 20),
3. Verschleiß der Wirbelsäule, Bandscheibenleiden (Einzel-GdB von 10),
4. Sprunggelenkknorpelschaden, operierte Verrenkung der Fußhebersehne rechts (Einzel-GdB von 20),
5. Beeinträchtigung des Sehvermögens (Einzel-GdB von 10).

Dem Gutachten folgend hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom 13. Dezember 2016 abgewiesen. Mit der Berufung gegen diese Entscheidung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 13. Dezember 2016 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 25. Juni 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2012 zu verpflichten, bei ihr mit Wirkung ab dem 7. Mai 2012 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.

Der Beklagtenvertreter beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält einen Gesamt-GdB von 40 für ausreichend.

Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.

Die Klägerin hat Anspruch auf Festsetzung eines Gesamt-GdB von 50 mit Wirkung ab dem 7. Mai 2012.

Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Hierbei sind die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412), die am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" heranzuziehen.

Der Senat hat aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens die Überzeugung gewonnen, dass das psychische Leiden der Klägerin mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten ist. Die Klägerin leidet an einer Depression, die bereits als eine stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit anzusehen ist. Die Bewertung mit einem Einzel-GdB von 30 hält sich in dem von Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV vorgesehenen Rahmen.

Für die Darmbeschwerden der Klägerin ist nach der Überzeugung des Senats, der der Einschätzung durch den in der ersten Instanz herangezogenen Sachverständigen. Dr. S in dessen Gutachten folgt, ein Einzel-GdB von 10 anzusetzen.

Daneben hat der Sachverständige Behinderungen im Funktionssystem der unteren Extremitäten festgestellt. Der Sprunggelenkknorpelschaden ist, wie Dr. S überzeugend dargelegt hat, mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten (Teil B Nr. 18.14 der Anlage zu § 2 VersMedV).

Die Beeinträchtigungen des Sehvermögens bedingen nach Teil B Nr. 4 der Anlage zu § 2 VersMedV einen Einzel-GdB von 10.

Liegen - wie hier - mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zur VersMedV ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird.

Bei der Klägerin ist der Gesamt-GdB danach mit 50 festzusetzen. Der Einzel-GdB von 30 für das psychische Leiden ist in Übereinstimmung mit der Bewertung durch die Beklagte im Hinblick auf die ab Antragstellung mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewertende Darmerkrankung um einen Zehnergrad heraufzusetzen. Eine Anhebung um einen weiteren Zehnergrad auf einen GdB von 50 ist nach Überzeugung des Senats im Hinblick auf die im gerichtlichen Verfahren ermittelten Behinderungen der Klägerin im Funktionssystem der unteren Extremitäten geboten. Denn die Auswirkungen der bei der Klägerin vorliegenden einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen sind voneinander unabhängig und damit betreffen ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens. Die weiteren Behinderungen der Klägerin, die mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten sind, rechtfertigen keine Erhöhung des GdB, da - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen - zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie berücksichtigt den Ausgang des Rechtsstreits.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.