Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von mehr als 80 und die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" - außergewöhnliche Gehbehinderung -.

Der Beklagte hatte bei dem 1958 geborenen Kläger, der u.a. an Multipler Sklerose und den Folgen eines Motorradunfalls (1976) leidet, im Jahre 2000 einen GdB von 80 festgestellt. Den Antrag des Klägers vom 16. Dezember 2004 auf Zuerkennung eines höheren GdB und der Merkzeichen "aG" und "RF" lehnte der Beklagte nach versorgungsärztlicher Auswertung der ihm vorliegenden medizinischen Unterlagen mit Bescheid vom 23. März 2005 ab. Dem legte er folgende (verwaltungsintern mit den aus den Klammerzusätzen ersichtlichen Einzel-GdB bewertete) Funktionsbeeinträchtigungen zugrunde:

a) Funktionsminderung beider unteren Gliedmaßen, Kunstgelenkersatz der Hüfte links (50), 
b) organisches Nervenleiden, psychische Störungen (50), 
c) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen der Wirbelsäule (20).

Den Widerspruch des Klägers wies er mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2005 zurück.

Mit der Klage bei dem Sozialgericht Potsdam hat der Kläger die Feststellung eines GdB von mehr als 80 und der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" begehrt. Das Gericht hat neben Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte, u.a. des Chefarztes der Klinik für Neurologie im J-Krankenhaus Prof. Dr. K vom 14. Dezember 2006, das Gutachten des Neurologen Dr. M vom 30. Juli 2007 mit ergänzender Stellungnahme vom 9. November 2007 eingeholt, der auf der Grundlage folgender Funktionseinschränkungen zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der GdB unverändert 80 seit 2000 betrage und die Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" nicht vorlägen:

a) Multiple Sklerose mit leichter organisch-psychischer Störung, vorwiegend mit rascher Ermüdbarkeit (50), 
leichter spastischer Lähmung beider Beine mit Sensibilitätsstörungen und leichtgradigen Blasen- und sexuellen Funktionsstörungen (60), 
leichter Sehstörung mit nicht konstanten Doppelbildern und Unscharfsehen (20) 
b) posttraumatische Arthrose der linken Hüfte mit TEP und nicht belastungsabhängigen Schmerzen (20).

Ferner hat der Kläger das für die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft erstattete Rentengutachten des Unfallchirurgen Prof. Dr. H vom 15. September 2007 eingereicht.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 25. April 2008 die Klage als unbegründet abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig, da der Kläger keinen Anspruch auf einen höheren GdB als 80 habe. Er leide seit 1992 an Multipler Sklerose mit schubartigem Auftreten alle ein bis drei Jahre, seit 2004 jährlich. Nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen Dr. M habe sich in der Vergangenheit die jeweils aufgetretene neurologische Symptomatik in Form von Sensibilitätsstörungen beider Körperhälften nach Behandlung zurück gebildet. Bleibende Funktionsbeeinträchtigungen seien eine auf 400 m verkürzte ohne Hilfsmittel zu bewältigende Gehstrecke, Missempfindungen an beiden Beinen, häufiger Harndrang, Müdigkeit und Konzentrationsstörungen nach einer Stunde Belastung und leichtgradige Sehstörungen. Diese Einschätzung korrespondiere im Wesentlichen mit den Ausführungen des behandelnden Neurologen Prof. Dr. K in dessen Befundbericht vom 14. Dezember 2006. Der seit 1998 unverändert bei 2,5 liegende EDSS-Grad (Expanded Disabilitiy Status Scale), wonach eine minimale Behinderung in zwei funktionellen Systemen vorliege, dokumentiere, dass die dauerhaft vorliegenden Beeinträchtigungen eher als leichtgradig einzuschätzen seien. In Anlehnung an die Vorgaben der Anhaltspunkte für zerebral bedingte Teillähmungen und Lähmungen (Nr. 26.3, Seite 42) und Rückenmarkschäden (Nr. 26.3, Seite 49) sei die Gesamtheit der aus der Multiplen Sklerose dauerhaft resultierenden Beeinträchtigungen unter Berücksichtigung der Schubhäufigkeit mit einem Einzel-GdB von 60 zu bewerten.

Die Endoprothese des linken Hüftgelenks sei nach Nr. 26.18 (S. 118) der Anhaltspunkte abhängig von der verbliebenen Bewegungseinschränkung und Belastbarkeit zu bewerten. Die im Rahmen der Untersuchung durch Prof. Dr. H im September 2007 dokumentierten Bewegungseinschränkungen, welche die von dem Sachverständigen Dr. M ermittelten Werte überstiegen, rechtfertigen einen Einzel-GdB von 30. Weitere Beeinträchtigungen beständen bei dem Kläger nicht.

Der Einzel-GdB für die Multiple Sklerose von 60 sei im Hinblick auf die Bewegungseinschränkungen der Hüfte zu erhöhen, so dass ein Gesamt-GdB von 80 angemessen sei. Die Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" seien nicht erfüllt. Mit der Berufung gegen diese Entscheidung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Senat hat das Gutachten des Orthopäden Dr. W vom 18. Januar 2011 eingeholt, der folgende Funktionseinschränkungen ermittelt hat:

a) Funktionsbeeinträchtigung beider Beine mit einer schubweise verlaufenden Multiplen Sklerose, Muskelinsuffizienz linker Oberschenkel, Zustand nach Hüft-TEP-Wechsel links (50), 
b) organisches Nervenleiden (Multiple Sklerose), psychische Störungen (rezidivierende depressive Erkrankung) (50), 
c) Funktionsbehinderung der Lendenwirbelsäule mit beginnenden Abnutzungserscheinungen der mittleren Lendenwirbelsäule, leichte Beckenfehlstatik bei Beinlängendifferenz und pseudoradikulären Reizerscheinungen (20),

Der Sachverständige hat das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" bei dem Kläger verneint. Seiner Einschätzung nach sei er in der Lage, Wegstrecken von 1 bis 2 km zu Fuß in einer zumutbaren Zeit zu bewältigen.

Seitens des Klägers sind der Bericht der Physiotherapeutin B vom 5. Januar 2011, der Befundbericht der Radiologin S vom 2. Februar 2011 und der Arztbericht des Urologen M vom 8. Mai 2011 zur Akte gereicht worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. April 2008 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 23. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2005 zu verurteilen, bei ihm ab 16. Dezember 2004 einen GdB von mehr als 80 und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "aG" festzustellen, hilfsweise, den Sachverständigen Dr. M zur mündlichen Erörterung seines Gutachtens zu laden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält an seinen Entscheidungen fest.

Wegen der weiteren Ausführungen der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen. Ferner wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat nur zum Teil Erfolg.

Soweit der Kläger die Festsetzung eines GdB von mehr als 80 begehrt, ist die Berufung begründet. Das Sozialgericht hat mit der angegriffenen Entscheidung insoweit die Klage zu Unrecht abgewiesen. Denn der Kläger hat ab Antragstellung Anspruch auf Festsetzung eines GdB von 100.

Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Hierbei sind als antizipierte Sachverständigengutachten die vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung herausgegebenen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit (AHP) heranzuziehen, und zwar entsprechend dem streitgegenständlichen Zeitraum in den Fassungen von 2004, 2005 und - zuletzt - 2008. Seit dem 1. Januar 2009 sind die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412) festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" in Form einer Rechtsverordnung in Kraft, welche die AHP - ohne dass hinsichtlich der medizinischen Bewertung eine grundsätzliche Änderung eingetreten wäre - abgelöst haben.

Auf der Grundlage des damaligen Standes der Sachverhaltsaufklärung hat das Sozialgericht für die aus der Multiplen Sklerose dauerhaft resultierenden Beeinträchtigungen einschließlich der psychischen Störungen unter Berücksichtigung der Schubhäufigkeit einen Einzel-GdB von 60 angenommen. Der Senat hält diese Bewertung - unter Zugrundelegung der dem Sozialgericht seinerzeit vorliegenden Erkenntnisse - für überzeugend und verweist auf die insoweit zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils vom 25. April 2008 (vgl. § 153 Abs. 2 SGG). Indes haben sich im Berufungsverfahren neue Tatsachen ergeben, da der Kläger einen Arztbrief seines Urologen M vom 8. Mai 2011 vorgelegt hat, der eine neurogene Blasenentleerungsstörung, eine hyperaktive Blase und einen Zustand nach Epididymitis (Entzündung des Nebenhodens) diagnostiziert und von chronisch rezidivierenden therapieresistenten Schmerzen, einer massiven, teils stündlichen Pollakisurie mit zum Teil Dranginkontinenz bei nicht beherrschbarem imperativem Harndrang, Nykturie (3x), einer therapieresistenten Algurie, Staccato-Miktion und einer chronischen therapieresistenten Testalgie beidseits berichtet hat. Nach den Angaben des Klägers leidet er an diesen Beschwerden seit fünf bis sechs Jahren, also bereits im Zeitpunkt der Antragstellung bei dem Beklagten. Der Senat hat keinen Anlass, dieses Vorbringen in Zweifel zu ziehen. Die geschilderten urologischen Beschwerden erfordern es, für die aus der Multiplen Sklerose folgenden Beeinträchtigungen einschließlich der psychischen Störungen einen höheren GdB als 60 anzusetzen. Das Sozialgericht hat in seiner Entscheidung das Gutachten des Neurologen Dr. M vom 30. Juli 2007 mit ergänzender Stellungnahme vom 9. November 2007 berücksichtigt, in welchem auch Blasenentleerungsstörungen des Klägers aufgeführt sind. Da nur von einer geringen Restharnbildung berichtet worden ist, wären sie als Entleerungsstörungen leichten Grades im Sinne der Nr. 26.12 (Seite 90) der AHP 2004 bis 2008 bzw. der Nr. 12.2.2 (Bl. 66) der Anlage zur VersMedV mit einem fiktiven Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Tatsächlich handelte es sich im Hinblick auf die vom Urologen M mitgeteilten Schmerzen beim Harnlassen um Entleerungsstörungen stärkeren Grades, die im mittleren Bereich des vorgesehenen GdB-Rahmens von 20 bis 40 - also mit einem GdB von 30 - zu bewerten sind. Ein höherer GdB kommt nicht in Betracht, da die Notwendigkeit manueller Entleerung und der Anwendung eines Blasenschrittmachers sowie eine erhebliche Restharnbildung nicht vorlagen. Der Verlust des Nebenhodens führt allerdings nach Nr. 26.13 (Seite 93) der AHP 2004 bis 2008 bzw. nach Nr. 13.2 (Bl. 68) der Anlage zur VersMedV zu keinem GdB. Nach Ansicht des Senats ist es erforderlich, die aus der Multiplen Sklerose folgenden Beeinträchtigungen mit einem Einzel-GdB von 70 zu bewerten.

Das Hüftgelenksleiden des Klägers und die Funktionsbeeinträchtigungen der Beine bedingen nach der überzeugenden Einschätzung des Orthopäden Dr. W in dessen Gutachten vom 18. Januar 2011 einen Einzel-GdB von 50. Dieser Bewertung schließt der Senat sich an. Ein Einzel-GdB von 50 ist insbesondere dadurch gerechtfertigt, dass in der Vergangenheit die Schübe durch die Multiple Sklerose regelmäßig auch die beiden unteren Extremitäten befallen haben und Behandlungen über mehrere Monate erforderlich gemacht haben.

Die Funktionshinderungen der Lendenwirbelsäule sind gemäß dem Vorschlag des Sachverständigen Dr. W mit einem Einzel-GdB von 20 anzusetzen.

Aus den danach vorliegenden Einzel-GdB von 70, 50 und 20 ist ein Gesamt-GdB von 100 zu bilden. Der Einzel-GdB von 70 für die aus der Multiplen Sklerose folgenden Beeinträchtigungen einschließlich der psychischen Störungen ist im Hinblick auf das mit einem Einzel-GdB von 50 zu bewertende Hüftgelenksleiden und die Funktionsbeeinträchtigungen der Beine um 30 zu erhöhen. Es liegt auf der Hand, dass die den Kläger infolge der Multiplen Sklerose, vor allem der neurogenen Blasenentleerungsstörung, treffenden Auswirkungen auf dessen Teilhabe am Leben in der Gesellschaft durch die orthopädischen Leiden verstärkt werden. Im Übrigen ist die Berufung nicht erfolgreich, da das Sozialgericht mit der angegriffenen Entscheidung die Klage zu Recht abgewiesen hat: Der Bescheid vom 6. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2008 ist insoweit rechtmäßig, als der Beklagte die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" abgelehnt hat. Denn der Kläger hat hierauf keinen Anspruch.

Nach § 69 Abs. 4 SGB IX stellen die Versorgungsämter neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen für schwerbehinderte Menschen sind. Zu diesen Merkmalen gehört die außergewöhnliche Gehbehinderung, für die in den Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "aG" einzutragen ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 Schwerbehindertenausweisverordnung) und die den von dem Kläger begehrten Zugang zu straßenverkehrsrechtlichen Parkerleichterungen eröffnet. Als Schwerbehinderte mit außergewöhnlicher Gehbehinderung sind nach Nr. 11 der zu § 46 Straßenverkehrsordnung erlassenen allgemeinen Verwaltungsvorschrift (VV) solche Personen anzusehen, die sich wegen der Schwere ihres Leidens dauernd nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung außerhalb ihres Kraftfahrzeuges bewegen können. Hierzu zählen Querschnittsgelähmte, Doppeloberschenkelamputierte, Doppelunterschenkelamputierte, Hüftexartikulierte und einseitig Oberschenkelamputierte, die dauernd außerstande sind, ein Kunstbein zu tragen, oder nur eine Beckenkorbprothese tragen können oder zugleich unterschenkel- oder armamputiert sind, sowie andere Schwerbehinderte, die nach versorgungsärztlicher Feststellung, auch aufgrund von Erkrankungen, dem vorstehend angeführten Personenkreis gleichzustellen sind (siehe hierzu auch Nr. 31 der AHP von 2004, 2005 und 2008 bzw. nach Teil D Nr. 3 (S. 115f.) der Anlage zur VersMedV).

Eine derartige Gleichstellung setzt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) voraus, dass die Gehfähigkeit des Betroffenen in ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt ist und er sich nur unter ebenso großen Anstrengungen wie die in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 der VV aufgeführten Schwerbehinderten oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen kann (Urteil vom 11. März 1998, B 9 SB 1/97 R, BSGE 82, 37). Zwar handelt es sich bei den beispielhaft aufgeführten schwerbehinderten Menschen mit Querschnittslähmung oder Gliedmaßenamputationen in Bezug auf ihr Gehvermögen nicht um einen homogenen Personenkreis, so dass es möglich ist, dass einzelne Vertreter dieser Gruppen auf Grund eines günstigen Zusammentreffens von gutem gesundheitlichen Allgemeinzustand, hoher körperlicher Leistungsfähigkeit und optimaler prothetischer Versorgung ausnahmsweise nahezu das Gehvermögen eines Nichtbehinderten erreichen, was namentlich bei körperlich trainierten Doppelunterschenkelamputierten mit Hilfe moderner Orthopädietechnik der Fall sein kann. Derartige Besonderheiten sind jedoch nicht geeignet, den Maßstab zu bestimmen, nach dem sich die Gleichstellung anderer schwerbehinderter Menschen mit dem genannten Personenkreis richtet. Vielmehr hat sich der Maßstab der Gleichstellung an dem der einschlägigen Regelung vorangestellten Obersatz zu orientieren (so BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002, B 9 SB 7/01 R, BSGE 90, 180). Es kommt daher nicht darauf an, ob der das Merkzeichen "aG" beanspruchende schwerbehinderte Mensch funktional einem Doppeloberschenkelamputierten oder Querschnittsgelähmten gleichsteht, sondern ob er sich außerhalb seines Kraftfahrzeuges wegen der Schwere seines Leidens entweder nur mit fremder Hilfe oder nur mit großer Anstrengung fortbewegen kann, und zwar praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an. Die Gehfähigkeit muss so stark eingeschränkt sein, dass es dem Betroffenen unzumutbar ist, längere Wege zu Fuß zurückzulegen. Das Bundessozialgericht hat in diesem Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, dass die für das Merkzeichen "aG" geforderte große körperliche Anstrengung gegeben sein dürfte, wenn der Betroffene bereits nach einer Wegstrecke von 30 m wegen Erschöpfung eine Pause einlegen muss (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2002 a.a.O.).

Der Kläger ist zwar in seiner Gehfähigkeit beeinträchtigt, jedoch ist sein Gehvermögen nicht in so ungewöhnlich hohem Maße eingeschränkt, dass sie sich nur unter ebenso großen Anstrengungen fortbewegen kann wie der in Nr. 11 Abschnitt II Nr. 1 Satz 2 der VV genannte Personenkreis. Nach den eigenen Angaben des Klägers ist ihm seit 2004 eine Gehstrecke von 100 m möglich. Ein derartiges Leistungsvermögen schließt die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" eindeutig aus. Der hilfsweise beantragten Vernehmung des Sachverständigen Dr. M bedarf es nicht, da es auf dessen Einschätzung, dass die Gehfähigkeit des Klägers rund 400 m betrage, nicht entscheidungserheblich ankommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Es entspricht der Billigkeit, dass der Kläger, obwohl er zum Teil obsiegt hat, die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen hat. Denn hätte er seine massiven urologischen Beschwerden, an denen er seit fünf bis sechs Jahren leidet, rechtzeitig vorgebracht, hätte das gerichtliche Verfahren voraussichtlich vermieden werden können.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.