Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung eines Hörsturzes auf dem linken Ohr mit der Folge einer Schwerhörigkeit links als Wehrdienstbeschädigung und die Gewährung eines Ausgleichs nach § 85 Abs. 3 Soldatenversorgungsgesetz (SVG).

Der 1949 geborene Kläger war seit 1968 Berufssoldat der DDR, seit 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik. Er war im Zeitraum August 1996 bis 31. Januar 1997 im Feldlazarett T., Kroatien, als Krankenpfleger auf der II. Inneren Bettenstation eingesetzt. Am 14. September 1996 befand er sich mit dem Zeugen Hauptfeldwebel K. auf dem Rückweg vom Mittagessen, als in ca. 1,5 m Entfernung ein Kühlaggregat mit einem sehr laut knallenden, pfeifenden Geräusch ansprang.

Am 16. September 1996 suchte der Kläger erstmals den Truppenarzt auf, der als Beschwerden vermerkte: vor zwei Tagen erstmalig Gehörverlust links, zwischenzeitlich Besserung, heute Zunahme der Hypakusis, kein sicher auslösendes Moment, gegebenenfalls angegangenes Stromaggregat. Der Kläger wurde mit dem Verdacht eines Hörsturzes auf dem linken Ohr stationär aufgenommen und vom 16. bis zum 20. September 1996 internistisch und HNO-ärztlich untersucht. Dabei wurde u.a. eine Duplexsonographie der Carotiden erstellt, die unauffällige Strömungsverhältnisse, keine Gefäßsklerose erbrachte.

Aufgrund einer ersten ärztlichen Meldung über eine mögliche Wehrdienstbeschädigung vom 2. Dezember 1997 zog die Beklagte sämtliche Gesundheitsunterlagen der ehemaligen NVA und der Bundeswehr bei und holte ein truppenärztliches Gutachten des Oberstabsarztes H. (vom 20. April 1998) ein. In einer gutachtlichen Stellungnahme im Auftrag des Sanitätsamtes der Bundeswehr regte Oberstarzt a.D. Dr. V. am 26. Februar 1999 an, ein HNO-Gutachten einzuholen. Der Leiter der HNO-Abteilung des B-Krankenhauses H., Oberstarzt Dr. S., gelangte in seinem Gutachten vom 10. August 1999 nach einer Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis, dass gegen einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Lärmereignis des Kühlaggregats und dem damals abgelaufenen Hörsturz spreche, dass das Audiogramm zwei Tage nach dem Ereignis eine Tieftonschwerhörigkeit zeige, die für ein Knalltrauma absolut untypisch sei, ein Knallereignis, das einen 40 bis 50 dB Hörverlust über alle Frequenzen zur Folge habe, auch auf dem abgewandten Ohr eine Schädigung hervorrufen müsste, die Begleitperson angeblich keinen Hörschaden davongetragen habe, die zwei Tage nach dem Ereignis dokumentierte Hörstörung sich in den Jahren danach bis zum Untersuchungstag deutlich verschlechtert habe, ohne dass weitere Lärmereignisse erwähnt worden seien. Es habe sich um einen abgelaufenen Hörsturz mit der Folge progredientem Hörverlust, möglicherweise auch Rezidivhörstürze gehandelt. Dr. V. wies in einer Stellungnahme vom 25. Oktober 1999 ergänzend darauf hin, dass der Hörsturz grundsätzlich keine Erkrankung sei, die auf äußere Einflüsse des Wehrdienstes zurückzuführen sei. Die Voraussetzungen für eine Kannversorgung seien nicht gegeben.

Mit Bescheid vom 7. Dezember 1999 lehnte die Beklagte einen Anspruch auf Ausgleich nach § 85 Abs. 1 SVG in Verbindung mit § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG ab. Eine Folge einer Wehrdienstbeschädigung liege vor, wenn der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Gesundheitsschaden und einem schädigenden Tatbestand zumindest wahrscheinlich sei. In der medizinischen Wissenschaft bestehe Ungewissheit über die Ursache der bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörung "Hörsturz auf dem linken Ohr, in der Folge Schwerhörigkeit links (pancochleäre Innenohrperzeptionsschwerhörigkeit) mit ständigem Tinnitus auf dem linken Ohr; Hochtonperzeptionsschwerhörigkeit rechts". Die erforderliche Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs sei deshalb nicht gegeben. Ein Ausgleich könne auch nicht nach § 85 Abs. 3 SVG in Verbindung mit § 81 Abs. 6 Satz 2 SVG gewährt werden. Wenn die zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben sei, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit bestehe, könne unter bestimmten Voraussetzungen die Gesundheitsstörung als Folge der Wehrdienstbeschädigung anerkannt werden. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, da der Hörsturz keine Erkrankung sei, die auf äußere Einflüsse des Wehrdienstes zurückzuführen sei. Den dienstlichen Belastungen könne keine wesentliche Bedeutung für die Entwicklung und den Verlauf des Leidens beigemessen werden.

Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde machte der Kläger geltend, es habe aufgrund des Auslandseinsatzes eine extrem höhere psychische, physische und dienstliche Belastung bestanden; diese Besonderheiten sowie die Tatsache, dass an den Standorten ein ständiges Dröhnen und Summen durch viele Stromgeneratoren geherrscht habe, sei unberücksichtigt geblieben. Es sei auch nicht beachtet worden, dass Dauergeräusche auch zu Schädigungen am Ohr führen könnten. Abgesehen davon seien der Tinnitus links und die Schwerhörigkeit links ursächlich überhaupt nicht berücksichtigt worden.

Durch Beschwerdebescheid vom 17. April 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nicht jede Gesundheitsstörung, die während des Wehrdienstes erstmalig oder verstärkt auftrete, sei ohne weiteres Folge einer Wehrdienstbeschädigung, sie sei es vielmehr nur dann, wenn sie durch Tatbestände im Sinne des § 81 SVG verursacht worden sei. Ursachen könnten nur Bedingungen sein, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hätten. Das Anspringen des Stromaggregates habe beim Kläger nicht zu einem Knalltrauma geführt, sondern der Kläger habe einen Hörsturz erlitten. Die Ursache eines Hörsturzes sei noch weitgehend ungeklärt. Die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges sei damit nicht gegeben. Auch die Voraussetzungen einer so genannten Kannversorgung seien nicht erfüllt. Erforderlich sei auch dafür, dass schädigende Tatbestände vorlägen, die das Leiden hervorrufen oder verschlimmert haben könnten, die aber hinsichtlich ihres Verursachungswertes wegen der Ungewissheit in der medizinischen Wissenschaft nicht beurteilbar seien. Die Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz (Anhaltspunkte) Nr. 86 würden akute lokale Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen sowie Virusinfektionen als schädigende Tatbestände, die einen Hörsturz hervorrufen können, benennen. Belastungen in Form von Stress oder Lärm würden hier nicht genannt. Es fehle damit an den Voraussetzungen für die Anerkennung im Rahmen der Kannversorgung.

Mit der dagegen vor dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte könne nur dann den ursächlichen Zusammenhang als nicht gegeben annehmen, wenn sie wissenschaftlich ausschließen könne, dass der Hörsturz von dem plötzlichen Anspringen des Kühlaggregates herrühren könne.

Nachdem das Sozialgericht das Modell des angeschuldigten Kühlcontainers nicht feststellen konnte, hat es D. K. als Zeugen vernommen. Dieser hat in der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2001 angegeben, auf der linken Seite habe sich ein Kühlcontainer befunden, auf der rechten Seite eine freie Fläche. Plötzlich sei ein Knall ertönt, der von dem Kühlcontainer gekommen sei, es habe sich um einen Knall wie von einer Fehlzündung eines Motors gehandelt. Er sei dabei zusammengezuckt und habe einen kurzen Druck auf den Ohren gehabt, der aber schnell wieder vorbeigegangen sei.

Auf Antrag des Klägers hat das Sozialgericht ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) des Chefarztes der Klinik für HNO-Heilkunde des Klinikums B. S., Dr. L., eingeholt. Dieser ist am 11. Oktober 2002 zu dem Ergebnis gelangt, bei dem Kläger bestehe eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit links mit Tinnitus, die nach einem Hörsturz im September 1996 aufgetreten sei. Das angegebene Schalltrauma könne kaum als wesentliche Bedingung für den Hörverlust angesehen werden, weil für Gehörschäden nach hohen Impulsschallpegeln audiometrisch Merkmale eines Haarzellschadens mit einem Hörverlust bei 3 kHz von 40 dB nachgewiesen sein müssten, die aber nach den mehrfachen audiologischen Befunden während des Behandlungszeitraums vom 16. bis 20. September 1996 nicht vorgelegen hätten. Der anfängliche Hörverlust habe sich nach erfolgreicher Therapie soweit gebessert, dass der Untersuchte mit einem audiologischen Befund entlassen worden sei, der bei Vergleich mit einem Audiogramm vom 21. Februar 1992 annähernd identisch gewesen sei. Das angeschuldigte Schadensereignis sei nur als Gelegenheitsursache zu werten, die eine schon vorbestehende Instabilität des Innenohrs mit den Symptomen eines Hörsturzes ausgelöst habe. Daher sei mit hoher Wahrscheinlichkeit der nicht lärmbedingte Krankheitsfaktor als wesentliche Ursache anzusehen.

Durch Urteil vom 28. Mai 2003 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zwar fehle die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Knalltrauma und der Gehörerkrankung. Die Gutachter S. und L. seien aber zu der Auffassung gelangt, dass die beim Kläger bestehende Hörschädigung auf einer Innenohrerkrankung mit fortschreitendem Hörverlust beruhe, die ihrerseits Folge eines Hörsturzes sei. Ob ein derartiger Hörsturz eine so genannte Kannversorgung begründe, richte sich nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht 1996 (Anhaltspunkte). Die danach erforderliche Voraussetzung, dass ein ursächlicher Einfluss der im Einzelfall vorliegenden Umstände in den wissenschaftlichen Arbeitshypothesen als theoretisch begründet in Erwägung gezogen werden kann, sei erfüllt. Der gerichtliche Gutachter Dr. L. sehe eindeutig das akustische Hörtrauma als geeignet an, einen Hörsturz auszulösen. Der ursächliche Einfluss des Knalltraumas auf die Hörschädigung bestehe darin, dass dieses Trauma einen Hörsturz ausgelöst habe, der anderenfalls trotz vorbestehender Instabilität des Innenohrs infolge akuter lokaler Durchblutungsstörungen möglicherweise niemals, oder aber erst später akut geworden wäre. Vorausgegangene psychische Belastungen in Form von Stress - hier durch die von einem Knalltrauma hervorgerufene psychische Belastung - finde sich häufig in der Krankengeschichte von Hörsturz-Patienten. Die dargelegte Auffassung der manifest gewordenen Verschlimmerung des Krankheitsbildes lasse sich durchaus nachvollziehen. Zwischen der Einwirkung und dem wissenschaftlich in seiner ursächlichen Bedeutung umstrittenen Zustand habe auch die erforderliche zeitliche Verbindung bestanden. Da die Voraussetzungen für eine Kannversorgung als erfüllt anzusehen seien, habe die Beklagte den Kläger unter Ausübung ihres Ermessens erneut zu bescheiden, wobei die Beklagte davon auszugehen habe, dass die Innenohrschwerhörigkeit des linken Ohres mit Tinnitus als Folge einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne der Verschlimmerung anzusehen sei. Gegebenenfalls habe sie die erforderliche Zustimmung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales einzuholen.

Gegen das ihr am 26. Juni 2003 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 1. Juli 2003, mit der sie geltend macht, nach dem Gutachten von Dr. L. sei das Bagatelltrauma nur als Gelegenheitsursache zu werten, welche eine schon vorbestehende Instabilität des Innenohres ausgelöst habe. Deshalb bestehe kein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem während des Wehrdienstes erlittenen akustischen Bagatelltrauma und dem Zustand nach Hörstürzen. Die vom Sozialgericht erwähnten lokalen Durchblutungsstörungen seien nicht nachvollziehbar. Vielmehr seien beim Kläger zum Zeitpunkt des Hörsturzes solche Störungen fachinternistisch am 16. September 1996 und dann am 22. Juni 1997 ausgeschlossen worden. Es hätten unauffällige Strömungsverhältnisse im Bereich der zuführenden Hirnarterien bestanden und bei der cerebralen Radionukleidangiographie habe sich eine unauffällige arterielle Phase finden lassen. Gehe man davon aus, dass das Anspringen des Aggregates und der Hörsturz zeitlich zusammenträfen, könne auch nicht von vorausgegangenen psychischen Belastungen gesprochen werden. Unabhängig davon sei psychischer Stress in Rdnr. 86 Abs. 5 der Anhaltspunkte nicht erwähnt. Der Gutachter Dr. L. habe nicht nur die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, sondern auch die Anwendbarkeit der Kannversorgung ausgeschlossen. Der Gutachter hätte sich anderenfalls damit auseinandersetzen müssen, weshalb er ein akustisches Bagatelltrauma in der wissenschaftlichen Arbeitshypothese als Entstehung für einen Hörsturz theoretisch begründet in Erwägung ziehe.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. Mai 2003 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Auf Anfrage des Senats, ob neue Erkenntnisse des Sachverständigenbeirats zur Verursachung durch Belastung in Form von Stress vorliegen, hat das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung am 14. November 2003 mitgeteilt, ein idiopathischer Hörsturz könne auch nach dienstlichem Stress (in dessen Folge es zur lokalen Durchblutungsstörung eines Ohres gekommen sei) als Schädigungsfolge anerkannt werden, wobei anderen Einwirkungen wie privatem Stress oder außerdienstlicher Lärmbelastung keine überragende Bedeutung zukommen dürfe. Neuere Erkenntnisse zum Stress- und Hörsturz seien hier nicht bekannt. Die in Nr. 86 Abs. 5 genannten medizinischen Voraussetzungen für eine Kannversorgung seien bewusst allgemein definiert, da zu jeder Kannversorgung ein fachärztliches Gutachten zur Diagnose und zur Frage, worin die Ungewissheit der medizinischen Wissenschaft in der Kausalitätsbeurteilung bestehe, vorliegen solle. Die Beklagte hat hierzu eingewandt, dass nur dann, wenn es durch Stresseinwirkungen zu lokalen Durchblutungsstörungen gekommen sei, Voraussetzungen für eine Kannversorgung bei idiopathischem Hörsturz vorlägen.

Durch Beschluss vom 15. November 2004 ist das Land Brandenburg, vertreten durch das Landesamt für Soziales und Versorgung, nach § 75 Abs. 2 SGG beigeladen worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 34 VS 33/01 -) und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Anerkennung des Hörsturzes auf dem linken Ohr und der Schwerhörigkeit links mit ständigem Tinnitus als Wehrdienstbeschädigung.

Der Bescheid vom 7. Dezember 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2000 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Soweit das Sozialgericht einen Anspruch des Klägers auf Anerkennung seiner Krankheit als Wehrdienstbeschädigung infolge eines Knalltraumas als Pflichtleistung im Sinne des § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG abgelehnt hat, hat der Kläger hiergegen keine Einwendungen erhoben, so dass der Anspruch des Klägers im Hinblick auf § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG - auch wenn dieser nach der Rechtsprechung des BSG (SozR 3-3850 § 52 Nr. 1) Streitgegenstand ist - nicht erneut zu prüfen war.

Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Krankheit als Wehrdienstbeschädigung nach § 81 Abs. 6 Satz 2 SVG im Wege der Kannversorgung. Danach kann mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung die Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung anerkannt werden, wenn die dafür erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht. In diesem Zusammenhang hat das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung für eine Reihe von Krankheiten, bei denen eine Kannversorgung in Frage kommt, eine allgemeine Zustimmung erteilt, deren Voraussetzungen in den Kapiteln zur Beurteilung der einzelnen Krankheitszustände jeweils beschrieben ist. Hierzu gehört der Hörsturz nicht, sondern er bedarf gemäß Nr. 39 Abs. 7, S. 154 der Anhaltspunkte 2004 einer Zustimmung im Einzelfall. Erläuternd wird in Nr. 86 Abs. 5, S. 220 der Anhaltspunkte 2004 ausgeführt, dass der Hörsturz eine plötzlich auftretende, meist einseitige Innenohrschwerhörigkeit bis Taubheit darstellte, dessen Ursache noch weitgehend ungeklärt sei. Äthiopathogenetisch würden akute lokale Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen sowie Virusinfektionen diskutiert.

Das Sozialgericht hat die Voraussetzungen einer Kannversorgung unter dem Gesichtspunkt bejaht, dass der Kläger einer von einem Knalltrauma hervorgerufenen psychischen Belastung ausgesetzt gewesen sei. Diese Beurteilung lässt jedoch unberücksichtigt, dass nach Nr. 86 Abs. 5 eine Anerkennung des Hörsturzes nur dann in Betracht zu ziehen ist, wenn äthiopathogenetisch akute lokale Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen oder Virusinfektionen festgestellt worden sind. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Anhaltspunkte dafür, dass beruflicher Stress als solcher als Verursachung anzusehen ist, bestehen entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht. Denn auch nach dem von ihm zitierten Gesundheitsbrockhaus werden als Auslöser Durchblutungsstörungen im Innenohr diskutiert. Diese könnten u.a. durch Stress ausgelöst worden sein. Zwischenglied der Kausalitätskette ist mithin das Feststellen von Durchblutungsstörungen im Innenohr. Dass derartige Durchblutungsstörungen beim Kläger vorgelegen haben, kann nicht festgestellt werden. Vielmehr hat die Beklagte zu Recht auf die umfassenden Untersuchungen des Klägers in dem Zeitraum vom 16. bis 20. September 1996, in denen u.a. auch Durchblutungsstörungen nachgegangen worden war, hingewiesen. Aufgrund der Nachfrage bei der Sektion Versorgungsmedizin des ärztlichen Sachverständigenbeirats durch den Senat ist auch nicht festzustellen, dass neue Erkenntnisse des Sachverständigenbeirats zur Verursachung durch Belastung in Form von Stress vorliegen. Denn der Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit und Soziale Sicherung vom 14. November 2003 zufolge kann ein idiopathischer Hörsturz nach dienstlichem Stress nur dann anerkannt werden, wenn es infolge des Stresses zur lokalen Durchblutungsstörung des Ohres gekommen ist. Über diese engen Vorschriften zur Feststellung der Wahrscheinlichkeit hinaus ist die Verwaltung nicht ermächtigt, die Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs ausreichen zu lassen. Vielmehr folgt eine enge Auslegung des § 81 Abs. 6 Satz 2 SVG aus der durch das Grundgesetz beschränkten Befugnis des Bundesgesetzgebers, die ihm obliegende Normsetzung zu delegieren. Soll die Verwaltungsspitze ermächtigt werden, die Ermessensausübung zum Leistungsrecht allgemein zu regeln, so kann diese Ermächtigung nicht den Inhalt haben, Ansprüche über das hinaus zu erweitern, was im Gesetz angelegt ist (vgl. BSG SozR 3-3200 § 81 Nr. 9). Eine derartige Möglichkeit des Ursachenzusammenhangs würde man jedoch ausreichen lassen, wenn über das Erfordernis von lokalen Durchblutungs- und Stoffwechselstörungen sowie Virusinfektionen hinaus allein das Vorliegen von Stress als Verursachung angesehen würde.

Nach alledem hatte die Berufung der Beklagten Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.