Gründe:

I.

In den Arbeiterrentenversicherungsstreitsachen S 11 RJ 350/98 KO und S 11 RJ 1680/97 KO bestimmte der Vorsitzende der 11. Kammer des Sozialgerichts Landshut (SG) den Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 29.09.1999; gleichzeitig beauftragte er den Beschwerdeführer (Bf.) in den beiden Rechtsstreitigkeiten, in denen die Zahlung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit streitig war, am Sitzungstage nach persönlicher Untersuchung der Kläger jeweils ein Gutachten nach § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zu erstatten.

Der Bf. bezog zu dieser Zeit im Wesentlichen nur seine Pension aus der bayerischen Ärzteversorgung. Für die beiden Gutachten legte er zunächst folgende Abrechnung vor:

1. Zeitaufwand nach § 3 ZSEG

a) Aktenstudium vor der Sitzung in beiden Streitsachen 2 x 1/2 Stunde: 1 Std.

b) Untersuchung und Erstattung schriftlicher Gutachten am Sitzungstag einschließlich deren etwaiger Erläuterung in der Sitzung von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr: 4 Std. 10 Min.

c) Fahrzeit nach § 4 ZSEG: 20 Min.

zusammen: 5 Std. 30 Min.

aufgerundet nach § 3 Abs.2 ZSEG 6 Std.

Als Stundensatz wurde ein Betrag von DM 86,00 angesetzt.

2. Sonstige Aufwendungen nach §§ 8, 11 ZSEG

für die mitgebrachte Schreibkraft Frau K. von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr mit einer An- und Abfahrt von 1 1/2 Std. aufgerundet auf 7 Std. mit einem Stundensatz von DM 25,00 pro Stunde insgesamt DM 175,00

Fahrtkosten von DM 33,60

und Zehrgeld von DM 8,00

Entsprechend dieser Aufstellung setzte der Urkundsbeamte die Entschädigung des Bf. insgesamt auf DM 732,60 (Sachverständi- genentschädigung DM 516,00 + Schreibkraftentschädigung DM 216,60) fest.

Nachdem der Bf. am 29.09.1999 bereits dem Urkundsbeamten mitgeteilt hatte, er mache die gleichen Gutachten wie die Sachverständige Frau Dr.T., weshalb ihm auch der dieser gewährte 20 %ige Zuschlag zustehe, wiederholte er diesen Antrag nochmals in einem beim Beschwerdegegner (Bg.) am 25.10.1999 eingegangenen Schreiben, indem er pauschal eine Prüfung der Erhöhung seines Stundensatzes nach § 3 Abs.3 Buchst.b 2. Alternative ZSEG beantragte.

Mit Schreiben vom 30.12.1999 lehnte der Ag. eine Erhöhung des Stundensatzes ab, weil der Bf. als Sachverständiger nur bei einem Auftraggeber und auch nur in dessen Räumen tätig sei; schon deswegen könne er nicht Berufssachverständiger sein; auch liege bei ihm, wie er selbst vorgetragen habe, kein wirtschaftliches Auftreten am Markt vor; die sog. zweifache Ermessensprüfung nach § 3 Abs.3 Buchst.b ZSEG habe ergeben, dass eine Erhöhung nicht in Betracht komme; zudem sei darauf hinzuweisen, dass der Bf. im Zeitraum vom 01.10.1998 bis zum 30.09.1999 für die Erstattung von Gutachten nach den Berechnungen des Gerichts nur einen Zeitaufwand von höchstens 800 Stunden gehabt habe, nicht jedoch von über 1000 Stunden; es hätten nur 53 Terminsgutachtentage stattgefunden; dieser zeitliche Umfang entspreche nicht dem Umfang der geforderten hauptberuflichen Tätigkeit.

Diesem Schreiben lag der interne Aktenvermerk des Gerichtes vom 12.11.1999 zugrunde, in dem die Tätigkeit des Bf. in der Zeit vom 01.01.1999 bis zum 31.12.1999 erfasst wurde. Danach kam der Urkundsbeamte zu dem Ergebnis, der gesamte Zeitaufwand des Bf. für die Erstellung von Gutachten habe im Zeitraum vom 01.10. 1998 bis zum 30.09.1999 390 Stunden für Terminsgutachten und 410 Stunden für freie Gutachten, insgesamt 800 Stunden, betragen.

Mit Schreiben vom 30.01.2000 beantragte der Bf. die richterliche Festsetzung der Entschädigung. Er machte geltend, mindestens 70 % seiner Berufseinkünfte als gerichtlicher oder außergerichtlicher Sachverständiger zu beziehen; daneben habe er keine oder nur ganz geringe Berufseinkünfte; er weise darauf hin, dass Ruhestandsbezüge kein Berufseinkommen darstellten; er erstatte auch Gutachten für das Bayer. Landessozialgericht in München, für andere Sozialgerichte, für Versicherungen und für Privatpersonen; er stehe dem Markt als Gutachter zur Verfügung; im Gesetz stehe nirgends, wieviele Auftraggeber ein Gutachter haben müsse; bei der Zusammenstellung der Termine sei vergessen worden, dass er auch Gutachten ohne einen Termin erstelle; er erstelle auch orthopädische Zusatzgutachten; nicht mitgerechnet seien noch 76 Vertragsgutachten; Untersuchungen und auch Ausarbeitungen führe er auch zu Hause durch; er arbeite nicht nebenamtlich; auch stehe nirgends im ZSEG, wo und wie, in welcher Zahl, mit welchem Zeitaufwand und mit welchen Entschädigungsverträgen die Sachverständigengutachten zu fertigen seien; es sei nur gefordert, dass der Sachverständige sein derzeitiges Berufseinkommen im vorgegebenen Rahmen aus gutachtlicher Tätigkeit erziele.

Der Urkundsbeamte traf keine andere Entscheidung und legte die beiden Kostensachen dem Gericht zur Entscheidung vor.

Dieses setzte mit Beschluss vom 06.11.2000 die Entschädigung für die Sachverständigengutachten des Bf. vom 29.09.1999 auf insgesamt DM 732,60 fest. Zur Begründung führte es aus, der Bf. habe keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschlages nach § 3 Abs.2 ZSEG, weil dies nicht billigem Ermessen entspräche. Hierbei ging es davon aus, dass der Bf. Berufssachverständiger sei, die somit mögliche Erhöhung des Stundensatzes der Entschädigung jedoch nicht nur im Ermessen des beauftragenden Gerichtes stehe, sondern nach ausdrücklicher Bestimmung des § 3 Abs.2 Buchst.b ZSEG nur im Rahmen der Billigkeit gewährt werden könne; zur Ausfüllung des Begriffs des billigen Ermessens sei die Differenz zwischen der nach § 3 Abs.2 ZSEG zu gewährenden Grundentschädigung und dem Entgelt, das der Sachverständige für eine entsprechende Leistung in der privaten Wirtschaft oder in sonstigen Bereichen außerhalb der Rechtspflege erzielt hätte, auf ein für ihn annehmbares Maß zu reduzieren; das bedeute zugleich, dass der Sachverständige, der für die Tätigkeit in der Rechtspflege lediglich angemessen entschädigt werden solle, einen gewissen Einkommensverlust hinzunehmen habe, bevor es zu einer Erhöhung des Stundensatzes im Sinne des § 3 Abs.2 ZSEG kommen könne; ob ein Erwerbsverlust unzumutbar sei, ergebe sich zwar aus den Umständen des Einzelfalles, jedoch habe die Rechtsprechung Richtwerte entwickelt, unterhalb derer grundsätzlich von einem zumutbaren Erwerbsverlust auszugehen sei; diese Richtwerte lägen bei 20 und 25 %; bei einem Vergleichssatz von DM 94,05 für ein Privatgutachten entsprechend der Gebührenordnung für Ärzte erleide der Bf. mit einem Stundensatz von DM 86,00 eine Einbuße von DM 8,05, also knapp unter 9 %, die durchaus hinzunehmen sei.

Gegen diese Beschlüsse des SG vom 06.11.2001 legte der Bf. jeweils mit Schreiben vom 02.12.2001 beim Sozialgericht am 04.12. 2001 Beschwerde ein, der das Sozialgericht nicht abhalf. Die von der Kammer vertretene Rechtsauffassung entspräche nicht den praktizierten Tatsachen; auch habe das Sozialgericht Gelsenkirchen mit Beschluss vom 28.06.1999 unter Hinweis auf Auskünfte von Versicherungsgesellschaften festgestellt, dass in der Privatwirtschaft ein hauptberuflich tätiger medizinischer Sachverständiger in der Regel einen Stundensatz von DM 131,10 (2,3-facher Satz nach Nr.85 GOÄ) erhalte; demzufolge erleide er einen wirtschaftlichen Verlust von 36 %.

Der Bg. widersprach dieser Ansicht im Schriftsatz vom 18.03. 2002 und wies u.a. darauf hin, der vom Bf. angeführte Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen sei in einem gleichgelagerten Fall des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.04. 2000 nicht als Regelfall bestätigt worden; Gleiches gelte für ebenso beigefügte Beschlüsse des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen. Im Übrigen meldete er Zweifel an, ob der Bf. 70 % der genannten Daten erreiche; was den Zeitaufwand beträfe, so werde dieses Erfordernis nach Aktenlage eindeutig nicht erfüllt; was die Einkünfte anbelange, so sei der Bf. dagegen bislang einen Nachweis über seine Einkünfte aus Gutachtertätigkeit schuldig geblieben.

Nachdem der Bf. zur weiteren Begründung Einkommensunterlagen und Listen erstellter Gutachten lediglich ab dem Jahr 2000 vorgelegt und der Bg. grundsätzlich infrage gestellt hatte, ob dem bereits sich im Ruhestand befindlichen Bf. ein Zuschlag als ärztlicher Berufssachverständiger zustehe, legte dieser schließlich den Einkommensteuerbescheid für 1999 vor, in dem er Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von DM 42.544,00 zu versteuern hatte. Auf Anfrage des Gerichtes übersandte das Sozialgericht Landshut einen Auszug aus der Haushaltsüberwachungsliste, die die vom Bf. in der Zeit von Juli bis Dezember 1999 erstellten bzw. abgerechneten Gutachten erfasste; da das SG erst ab Juli 1999 über EDV erfasste Aufzeichnungen verfüge, sei es nicht möglich, die vom Bf. von Januar bis Juni erstellten Gutachten mitzuteilen. Hierzu führte der Bf. aus, neben den genannten 31 Gutachten fehlten diejenigen für Oktober, November, Dezember aus unerklärlichen Gründen; anhand der Sitzungsanzahl im 3. Quartal sei ebenso von 19 Terminen auszugehen, so dass die Anzahl für das 2. Halbjahr auf mindestens 38 Termine zu erhöhen sei. Bei den Terminen im Gericht würden aber nachweisbar nicht nur eines, sondern regelmäßig drei bis vier Gutachten erstellt, manchmal seien es auch sechs, insofern sei die Addition auf der Liste falsch; es müsse davon ausgegangen werden, dass im 2. Halbjahr 1999 (38 Termine bei der Annahme des Faktors 3) mindestens 114 Termingutachten erstellt worden seien und nicht nur 51, wie fälschlicherweise angenommen; daraus lasse sich unter Berücksichtigung des gesamten Zeitaufwandes ein Stundensatz von EUR 45,00 errechnen. Mit Fax vom 15.04.2005 wiederholte er im Wesentlichen diese Argumentation und übersandte eine Aufstellung für das Jahr 2004.

Der Bg. wies in seiner Stellungnahme vom 07.04.2005 darauf hin, für 51 im 2. Halbjahr 1999 erstellte Gutachten ergebe sich eine Gesamtentschädigung von DM 18.506,63; hochgerechnet auf das ganze Jahr 1999 ergäben sich damit in etwa aber nur die in dem vom Bf. bereits vorgelegten Einkommensteuerbescheid für 1999 aus einer selbständigen Tätigkeit erzielten DM 42.544,00; die Einkünfte lägen damit aber noch deutlicher unter den geforderten DM 260.680,00 (= 70 % aus DM 342.400,00) als die 2001 erzielten DM 106.331,00.

II.

1.
Zwar trat am 01.07.2004 das "Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz - JVEG)" in der Fassung des Art.2 des "Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (KostRMoG)" vom 05.05.2004, BGBl. 718, in Kraft, jedoch ist für den vorliegenden Fall das ZSEG weiter anzuwenden, da der Bf. als Sachverständiger vor dem 01.07.2004 herangezogen wurde (§ 25 Satz 1 JVEG). Nach § 16 Abs.1 ZSEG wird die Entschädigung eines Sachverständigen auf Antrag durch gerichtlichen Beschluss festgesetzt, hiergegen ist die Beschwerde nach § 16 Abs.2 ZSEG statthaft und zulässig, wenn der Beschwerdewert von DM 100,00 bzw. nunmehr EUR 50,00 überschritten ist. Diese Voraussetzungen liegen beim Bf. vor, der neben seiner Schreibkraftentschädigung statt DM 516,00 eine um 20 % höhere Entschädigung begehrt. Gemäß § 24 Satz 1 JVEG wird diese Entschädigung nach bisherigem Recht berechnet.

2.
Die Entschädigung des Bf. für die Gutachten vom 29.09.1999 wird auf DM 835,80 (EUR 427,34) festgesetzt. Entgegen der Auffassung des SG und des Bg. kann der Bf. einen Zuschlag zum Stundensatz nach § 3 Abs.3 Buchst.b 2. Alternative ZSEG geltend machen.

Nach dieser Vorschrift kann die nach Abs.2 zu gewährende Entschädigung bis zu 50 v.H. überschritten werden nach billigem Ermessen ... wenn er (sc. der Sachverständige) seine Berufseinkünfte zu mindestens 70 v.H. als gerichtlicher oder außergerichtlicher Sachverständiger erzielt.

Ausweislich der Angaben des Bf. und des von ihm vorgelegten Einkommensteuerbescheides für das Jahr 1999 erzielte er in diesem Jahr Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von DM 42.544,00. Da er nach den nunmehr vorgelegten Unterlagen des SG vom 10.03.2005 im 2. Halbjahr 1999 für 51 erstellte Gutachten eine Gesamtentschädigung von DM 18.506,63 erhalten hat, stimmt der Senat mit dem Bg. darin überein, dass sich - hochgerechnet auf das ganze Jahr 1999 - damit Einkünfte aus Sachverständigentätigkeit in etwa in Höhe der im Einkommensteuerbescheid für 1999 ausgewiesenen selbständigen Tätigkeit von DM 42.544,00 ergeben. Unabhängig davon, ob damit alle Sachverständigentätigkeiten des Bf. und ihre Höhe insgesamt zutreffend erfasst werden, geht der Senat jedenfalls davon aus, dass der Bf. zu nahezu 100 % seine Berufseinkünfte als Sachverständiger erzielt. Dies gilt auch für den Beruf eines Sachverständigen, den dieser als pensionierter Arzt ausübt. Für den Begriff "Beruf" und auch den damit zusammenhängenden Begriff "Berufseinkünfte" ist die Auslegung dieses Begriffes durch das Bundesverfassungsgericht heranzuziehen. Danach ist der Begriff weit auszulegen und umfasst grundsätzlich jede sinnvolle, erlaubte Tätigkeit (BVerfGE 7, 397 und 54, 313; 68, 281). Er umfasst nicht nur alle Berufe, die sich in bestimmten, traditionell oder sogar rechtlich fixierten "Berufsbildern" darstellen, sondern auch die vom Einzelnen frei gewählten untypischen (erlaubten) Betätigungen (BVerfGE 7, 397). Für die Annahme eines besonderen Berufs kommt es nicht entscheidend darauf an, wie groß die Zahl der Angehörigen dieses "Spezialberufs" ist. Es gibt Berufe, bei denen infolge einer spezialisierten Ausbildung oder eines der Sache nach beschränkten Betätigungsfeldes die Zahl ihrer Angehörigen von Natur aus begrenzt ist (BVerfGE 17, 274). Zum Wesen des freien Berufs - auch eines medizinischen Sachverständigen - gehört die Unabhängigkeit der gesamten Berufsgestaltung: Der Angehörige eines freien Berufs hat die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft, kann insbesondere seine Arbeitszeit frei einteilen. Er trägt aber auch das volle wirtschaftliche Berufsrisiko (BVerfGE 16, 294). Damit kann auch ein pensionierter Arzt nach Aufgabe seiner Kassenpraxis und einer weitgehenden Einschränkung seiner privaten Praxistätigkeit ein Berufssachverständiger sein; zu seinen Berufseinkünften sind Pensions- oder Rentenzahlungen nicht heranzuziehen.

Soweit sich der Bg. bzw. das SG auf den Umfang der hauptberuflichen Tätigkeit im Vergleich zu einem hauptberuflich Beschäftigten mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 oder mehr Stunden oder aber einem nach wie vor als Kassenarzt hauptberuflich tätigen Sachverständigen bezieht und dem Bf. im Hinblick auf eine möglicherweise erheblich niedrigere durchschnittliche Wochenarbeitszeit den Berufssachverständigenzuschlag verweigert, kann sich der Senat dieser Argumentation nicht anschließen. Der Umfang der gutachterlichen Tätigkeit des Bf. im fraglichen Zeitraum war - wie auch in den Jahren danach - hinsichtlich Anzahl der gefertigten Gutachten und dafür aufgewendeter Zeit dergestalt, dass eine "hauptberufliche" Ausübung der Sachverständigentätigkeit vorlag. Eine nur geringfügige, gelegentliche Fertigung von Gutachten, die den Zuschlag ausschließen würde (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., Rdnr.86, 89 zu § 3 ZSEG), hat nicht stattgefunden.

Der Auffassung des Bg., als weiteres Kriterium auf die Frage der "hauptberuflichen" Ausübung der Sachverständigentätigkeit sei auch auf die Höhe der Einkünfte aus dieser Tätigkeit (mindestens 70 % von DM 372.400,00) abzustellen, schließt sich der Senat unter Hinweis auf den insoweit leeren Gesetzeswortlaut und die Argumentation des Bf. nicht an.

Sind demnach die Voraussetzungen für die Annahme eines Berufssachverständigen - wie hier - erfüllt, ist, wie bei der 1. Alternative des Buchst.b des § 3 Abs.3, Rechtsfolge ein Zuschlag, dessen Gewährung und dessen Höhe im Ermessen der Gerichtsverwaltung steht (Beschluss des Bayer. LSG vom 10.11. 1997, Az.: L 12 B 203/96.Ar mit weiteren Nachweisen). Nach dieser nach wie vor geltenden Rechtsprechung des Kostensenats ist demnach entscheidendes Ermessenskriterium für das Ausmaß der Erhöhung die Differenz zwischen dem festgesetzten Stundensatz nach dem ZSEG und der Vergütung, die für eine ärztliche Gutachtertätigkeit außerhalb der Rechtspflege erzielt worden wäre. Diese Differenz soll durch den Zuschlag jedenfalls auf ein erträgliches Maß vermindert werden, um so auf einen Entschädigungsbetrag zu kommen, der sich nicht allzu sehr vom Entgelt unterscheidet, das für vergleichbare Leistungen in anderen Bereichen gezahlt wird. Die Höhe des Zuschlags hängt also allein von der Unangemessenheit der Grundentschädigung ab, wobei aber mit dem Zuschlag kein voller Ausgleich erzielt werden soll. Denn bei der Tätigkeit eines gerichtlichen Sachverständigen, der gemäß § 407 der Zivilprozessordnung (ZPO) zur Gutachtenserstattung verpflichtet ist, handelt es sich um eine Indienstnahme Privater zu öffentlichen Aufgaben. Diese kann auch zu einer von Verfassungs wegen nicht zu beanstandenden, wirtschaftlichen Einbuße führen (vgl. BVerfGE 33, 240 = NJW 1972, 1891). Dabei ist der Zuschlag umso höher zu bemessen, je weiter sich die tatsächliche Vergütungsentwicklung von den Sätzen des ZSEG entfernt.

Die Kostenpraxis in der Bayerischen Sozialgerichtsbarkeit hat sich darauf verständigt, nach der Erhöhung der Grundentschädigung des § 3 Abs.2 ZSEG durch Art.6 Nr.2 Buchst.a des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 mit Wirkung ab 01.07.1994 ohne nähere Prüfung einen Zuschlag von 20 % zu gewähren, sofern die Voraussetzungen des § 3 Abs.3 ZSEG erfüllt sind.

Nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung (Art.3 Abs.1 Grundgesetz) kann von dieser Praxis nur generell für die Zukunft, nicht jedoch im Einzelfall ohne besondere sachliche Rechtfertigung abgegangen werden. Ein sachlicher Grund, der gegenüber dem Bf. ein Abweichen von der üblichen Verwaltungspraxis rechtfertigt, ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Dies gilt auch und insbesondere für die Argumente einer freiberuflichen Tätigkeit ohne eigene Praxis sowie die vom Sozialgericht seit vielen Jahren geübte Praxis von Terminsgutachten und die damit verbundenen Zeit- und Kosteneinsparungen (siehe hierzu o.g. Beschluss des Bayer. LSG vom 10.11.1997). Auch der Umstand, dass der Bf. die hauptberufliche Tätigkeit eines Berufssachverständigen als im Ruhestand befindlicher Arzt ausübt, stellt keinen solchen Grund dar.

Unter Zugrundelegung des vom Sozialgericht in Übereinstimmung mit dem Bf. ermittelten Zeitaufwandes für die beiden Gutachten vom 29.09.1999 errechnet sich für Aktenstudium, Untersuchung, Erstattung eines Gutachtens und der Fahrzeit ein Gesamtaufwand von 6 Stunden. Unter Zugrundelegung eines Stundensatzes von DM 86,00 errechnet sich bei einem Zuschlag von 20 % ein Stundensatz von DM 103,02; hieraus ergibt sich die Sachverständigenentschädigung in Höhe von DM 835,80 (103,2 x 6), so dass sich unter Berücksichtigung der Schreibkraftentschädigung in Höhe von DM 216,60 eine Gesamtentschädigung in Höhe von DM 835,80 (= EUR 427,34) errechnet. In dieser Höhe war auch die Entschädigung des Bf. festzusetzen.

Diese Entscheidung ergeht kostenfrei (§ 183 SGG) und ist endgültig (§ 16 Abs.2 Satz 4 ZSEG; § 177 SGG).