Bayerisches Landessozialgericht - L 15 RF 28/16 - Kostenbeschluss vom 22.08.2016
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird. Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Vergütung eines Gutachtens nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) bei Überschreitung des vom Gericht zuvor für das Gutachten angeforderten Kostenvorschusses.
In dem am Bayer. Landessozialgericht (LSG) unter dem Aktenzeichen L 13 R 80/15 geführten rentenversicherungsrechtlichen Verfahren wurde der Antragsteller, der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ist, auf Antrag des dortigen Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz und nach Einzahlung eines Vorschusses von 2.000,- EUR mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Im Auftragsschreiben des Gerichts vom 28.12.2015 an den Antragsteller war folgender Hinweis enthalten:
"Sollten aus zwingenden Gründen die gesamten Kosten den eingezahlten Vorschuss von 2000,00 EUR übersteigen, so werden Sie gebeten, dem Gericht unverzüglich die endgültige Höhe der Kosten schriftlich mitzuteilen. In diesem Falle warten Sie bitte die Benachrichtigung des Gerichts ab, ob das Gutachten zu erstatten ist oder die Akten ohne Erledigung des Gutachtensauftrags zurückgesandt werden sollen. Mehrkosten für die weitere Bearbeitung werden nur nach Einwilligung des Gerichts übernommen."
Am 14.04.2016 ging das unter dem Datum vom 07.04.2016 erstellte Gutachten des Antragstellers samt einer Rechnung vom 13.04.2016 (Anmerkung des Senats: Das anstelle von 2016 angegebene Rechnungsjahr "2015" stellt einen eindeutigen Schreibfehler dar.) über 2.628,11 EUR beim LSG ein.
Die Kostenbeamtin des LSG setzte die Vergütung des Antragstellers für sein Gutachten vom 07.04.2016 mit Schreiben vom 23.06.2016 auf 2.000,- EUR fest. Die Kürzung begründete sie damit, dass die beantragte Vergütung den eingezahlten Vorschuss von insgesamt 2.000,- EUR um 628,11 EUR und damit erheblich übersteige. Die Erhöhung habe der Antragsteller dem Gericht nicht vorher angekündigt, so dass keine Möglichkeit bestanden habe, den Kläger über die weiteren Mehrkosten zu informieren.
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 28.06.2016 gewendet und vorgetragen, dass der Nettorechnungsbetrag 2.208,50 EUR betrage und dies gegenüber dem eingezahlten Vorschuss von 2.000,- EUR nur eine Erhöhung von gut 10 % darstelle. Diese Erhöhung sei nicht als erheblich anzusehen und daher erstattungsfähig. Die zuzügliche Umsatzsteuer sei als durchlaufender Posten nicht Bestandteil der Vergütung und separat zu betrachten. Er beantrage daher die gerichtliche Festsetzung der Vergütung.
II.
Die Festsetzung der Vergütung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 28.06.2016 die gerichtliche Festsetzung beantragt.
Die Vergütung für das Gutachten vom 07.04.2016 ist wegen einer erheblichen Überschreitung des dafür eingezahlten Vorschusses gemäß § 8 a Abs. 4 JVEG auf die Höhe des Vorschusses, also 2.000,- EUR, festzusetzen.
1. Auslegung des Schreibens des Antragstellers vom 28.06.2016
Das Schreiben des Antragstellers vom 28.06.2016 beinhaltet lediglich einen Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Vergütung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG.
Mit dem Schreiben ist keine nachträgliche Reduzierung der Vergütungsforderung verbunden, wie sie zur Vermeidung einer erheblichen Überschreitung im Sinn von § 8 a Abs. 4 JVEG erfolgen hätte können (vgl. Beschlüsse des Senats vom 06.10.2015, Az.: L 15 SF 323/14, und vom 11.11.2015, Az.: L 15 RF 43/15). Denn eine Auslegung des Schreibens ergibt zweifelsfrei, dass der Antragsteller den Zahlbetrag seiner Vergütungsforderung nicht auf eine Höhe von 2.208,50 EUR beschränken wollte, sondern nach wie vor eine Vergütung in einer Höhe von 2.208,50 EUR zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 419,61 EUR, also von insgesamt 2.628,11 EUR begehrt.
2. Prüfungsumfang im Verfahren der gerichtlichen Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der vom Kostenbeamten vorgenommenen Ermittlung der Entschädigung oder Vergütung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Festsetzung durch den Kostenbeamten handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Festsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungsweg sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos. Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungs- oder Vergütungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die im Verwaltungsweg erfolgte Festsetzung beschränkt zu sein. Die vom Gericht festgesetzte Entschädigung oder Vergütung kann daher auch niedriger ausfallen, als sie zuvor vom Kostenbeamten festgesetzt worden ist; das Verbot der reformatio in peius gilt nicht (h.M., vgl. z.B. Beschluss des Senats vom 08.05.2014, Az.: L 15 SF 42/12; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, JVEG, 26. Aufl. 2014, § 4, Rdnr. 12 - m.w.N.).
3. Einschlägige Rechtsnorm des § 8 a Abs. 4 JVEG
Mit dem 2. KostRMoG ist mit Wirkung zum 01.08.2013 die Vorschrift des § 8 a JVEG eingeführt worden, dessen hier maßgebliche Absätze 4 und 5 wie folgt lauten:
"(4) Übersteigt die Vergütung den angeforderten Auslagenvorschuss erheblich und hat der Berechtigte nicht rechtzeitig nach § 407 a Absatz 3 Satz 2 der Zivilprozessordnung auf diesen Umstand hingewiesen, erhält er die Vergütung nur in Höhe des Auslagenvorschusses.
(5) Die Absätze 3 und 4 sind nicht anzuwenden, wenn der Berechtigte die Verletzung der ihm obliegenden Hinweispflicht nicht zu vertreten hat."
§ 407 a Absatz 3 Satz 2 Zivilprozessordnung (ZPO) lautet wie folgt:
"Erwachsen voraussichtlich Kosten, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstandes stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen, so hat der Sachverständige rechtzeitig hierauf hinzuweisen."
Der Gesetzgeber hat die Neuregelung des § 8 a JVEG wie folgt begründet (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf des 2. KostRMoG - Bundestags-Drucksache 17/11471 (neu), S. 259 f.):
"Der vorgeschlagene § 8 a JVEG soll das Schicksal des Vergütungsanspruchs für Fälle der nicht ordnungsgemäßen Leistungserbringung regeln. Die vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an der für die Sachverständigenvergütung ausgewogenen Rechtsprechung ... und die Absätze 3 und 4 sollen diejenigen Fälle regeln, in denen der Sachverständige gegen Pflichten verstößt, die einen unmittelbaren kostenrechtlichen Bezug haben.
...
Die Absätze 3 und 4 sollen die Fälle regeln, in denen der Sachverständige pflichtwidrig gegen die Verpflichtung aus § 407 a Absatz 3 Satz 2 ZPO verstößt, indem er es unterlässt, rechtzeitig darauf hinzuweisen, dass voraussichtlich Kosten erwachsen, die erkennbar außer Verhältnis zum Wert des Streitgegenstands stehen oder einen angeforderten Kostenvorschuss erheblich übersteigen. Hat das Gericht jedoch dem Sachverständigen die Zahlung eines Kostenvorschusses in einer bestimmten Höhe ohne weitere Hinweise mitgeteilt, kann der Sachverständige unterstellen, dass das Gericht von der Verhältnismäßigkeit dieses Betrags ausgeht.
...
Der vorgeschlagene Absatz 5 soll ein Verschuldenserfordernis in den Fällen der Absätze 3 und 4 festlegen. Dadurch soll dem Berechtigten ermöglicht werden, sich auf ein mangelndes Verschulden berufen zu können, um die Rechtsfolge der Vergütungsminderung nicht eintreten zu lassen. Systematisch wird ein Verschulden generell vermutet, so dass es dem Berechtigten obliegt, mangelndes Verschulden darzulegen. Als Verschuldensmaßstab soll Vorsatz und Fahrlässigkeit genügen."
Bedenken gegen eine Anwendbarkeit des § 8 a Abs. 4 JVEG im sozialgerichtlichen Verfahren bestehen nicht (vgl. Beschluss des Senats vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E).
4. Anwendung des § 8 a Abs. 4 JVEG im vorliegenden Fall
Die Vergütung des Antragstellers ist auf die Höhe des Vorschusses festzusetzen, da die sich aus dem eingezahlten Vorschuss (vgl. unten Ziff. 4.1.) ergebende Erheblichkeitsgrenze (vgl. unten Ziff. 4.2.) durch die dem Antragsteller ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung (vgl. unten Ziff. 4.3.) erreicht oder überschritten wird (vgl. unten Ziff. 4.4.), der Antragsteller auf die erhebliche Überschreitung nicht rechtzeitig hingewiesen hat (vgl. unten Ziff. 4.5.) und nicht der Nachweis geführt ist, dass er die Verletzung der Hinweispflicht nicht zu vertreten hat (vgl. unten Ziff. 4.6.), mit der Konsequenz, dass die Vergütung auf die Höhe des Vorschusses ohne Aufschlag festzusetzen ist (vgl. unten Ziff. 4.7.).
4.1. Eingezahlter Vorschuss
Eingezahlt worden ist ein Vorschuss in Höhe von 2.000,- EUR.
4.2. Erheblichkeitsgrenze für die Überschreitung des Vorschusses
Die Erheblichkeitsgrenze liegt im vorliegenden Fall bei 2.400,- EUR.
Eine Überschreitung des Vorschusses dann erheblich ist, wenn die Überschreitung mindestens 20 % des Vorschusses beträgt (vgl. Beschlüsse des Senats vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E, und vom 06.10.2015, Az.: L 15 SF 323/14).
Bei einem Vorschuss in Höhe von 2.000,- liegt die Erheblichkeitsgrenze daher bei 2.400,- EUR (2.000,- EUR x 1,2).
4.3. Ohne Berücksichtigung der Regelung des § 8 a Abs. 4 JVEG zustehende Vergütung
Die dem Antragsteller zustehende Vergütung (zum Begriff der Vergütung in diesem Zusammenhang: vgl. Beschluss des Senats vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E - dort Ziff. 5.3.), wenn kein Fall des § 8 a Abs. 4 JVEG gegeben wäre, beträgt 2.628,11 EUR.
Die einem Sachverständigen zustehende Vergütung ergibt sich aus § 8 Abs. 1 JVEG, begrenzt durch das Antragsprinzip (vgl. Beschlüsse des Senats vom 26.06.2012, Az.: L 15 SF 423/09, und vom 17.12.2013, Az.: L 15 SF 275/13; Thüringer LSG, Beschluss vom 27.01.2005, Az.: L 6 SF 745/04). Zur Ermittlung des objektiv erforderlichen und zu vergütenden Zeitaufwands verweist der Senat insbesondere auf seine Grundsatzbeschlüsse vom 14.05.2012, Az.: L 15 SF 276/10 B E, und vom 18.05.2012, Az.: L 15 SF 104/11.
Die nach den aufgezeigten Vorgaben ermittelte Vergütung des Antragstellers entspricht den Rechnungsbetrag vom 13.04.2016, nämlich 2.628,11 EUR; wegen der Offensichtlichkeit der Berechtigung der Höhe der Vergütungsforderung in der Rechnung des Antragstellers sieht der Senat von detaillierten Ausführungen ab.
Wenn der Antragsteller - um eine erhebliche Überschreitung des Vorschusses zu vermeiden - die Ansicht vertritt, die für sein Gutachten anfallende Umsatzsteuer sei "als durchlaufender Posten nicht Bestandteil der Vergütung und separat zu betrachten", ist diese Ansicht nicht ansatzweise nachvollziehbar. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit § 8 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 JVEG "die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer, sofern diese nicht nach § 19 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes unerhoben bleibt", ausdrücklich als Teil der "Vergütung" bezeichnet. Mit dem Begriff der Vergütung kann daher nur der Zahlbetrag für das Gutachten gemeint sein. Ob ein Teil dieses Zahlbetrags für den Antragsteller einen aus seiner Sicht "durchlaufenden Posten" darstellt, ist für die Bemessung der Erheblichkeitsgrenze des § 8 a Abs. 4 JVEG ohne Bedeutung. Bei seiner Argumentation übersieht der Antragsteller auch, dass für den die Kosten tragenden Beteiligten, der das Gutachten gemäß § 109 SGG beantragt hat, die Umsatzsteuer gerade keinen durchlaufenden Posten darstellt, sondern er die Kosten der Umsatzsteuer in gleicher Weise wie die anderen Rechnungspositionen selbst zu tragen hat. Die vom Antragsteller gewünschte Auslegung wäre mit dem Schutzzweck des § 8 a Abs. 4 JVEG genauso wie mit dem des § 407 a Abs. 3 Satz 2 ZPO nicht vereinbar, der den Prozessbeteiligten davor bewahrt, dass er für ihn unverhältnismäßig hohe Kosten zu tragen hat, und der ihm die Möglichkeit eröffnen soll, zu überlegen, ob ihm die Sache das noch wert ist (vgl. Reichhold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl. 2016, § 407 a, Rdnr. 5; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a.a.O., § 8 a, Rdnr. 33; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.01.2011, Az.: L 2 SF 173/10 B). Entscheidend kann also nicht sein, was dem Sachverständigen nach Abzug der Umsatzsteuer als Vergütung verbleibt, sondern was der Beteiligte für das Gutachten aufzuwenden hat.
4.4. Erreichen (bzw. Überschreiten) der Erheblichkeitsgrenze durch die dem Antragsteller objektiv zustehende Vergütung
Der unter Ziff. 4.3. ermittelte Betrag von 2.628,11 EUR liegt über der in Ziff. 4.2. bestimmten Erheblichkeitsgrenze des § 8 a Abs. 4 JVEG in Höhe von 2.400,- EUR.
4.5. Kein rechtzeitiger Hinweis des vergütungsberechtigten Sachverständigen auf die erhebliche Überschreitung des Vorschusses
Nach den Vorgaben des § 8 a Abs. 4 JVEG hätte der Antragsteller das LSG spätestens zu dem Zeitpunkt informieren (und vor einem Weiterarbeiten am Gutachten die Antwort des Gerichts abwarten) müssen, als der bis dahin entstandene Vergütungsanspruch im Sinn des § 8 JVEG die Erheblichkeitsgrenze zu erreichen drohte. Dies hat er nicht getan.
Der Antragsteller hat vor Vorlage des Gutachtens überhaupt nicht darauf hingewiesen, dass die ihm zustehende Vergütung die Erheblichkeitsgrenze erreichen oder überschreiten werde, sondern das Gutachten zusammen mit seiner Rechnung über 2.628,11 EUR vorgelegt.
4.6. Fehlendes Verschulden bei der Verletzung der Hinweispflicht
Es ist nicht nachgewiesen, dass der Antragsteller die Verletzung seiner Pflicht, auf die erhebliche Überschreitung des Vorschusses rechtzeitig hinzuweisen, nicht zu vertreten hat.
Die gesetzliche Regelung des § 8 a Abs. 5 JVEG ist so konstruiert, dass das Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) des Vergütungsberechtigten widerleglich vermutet wird. Von einer Widerlegung des vom Gesetzgeber vermuteten Verschuldens kann grundsätzlich nur dann ausgegangen werden, wenn der Sachverständige keine Kenntnis von der Höhe des Vorschusses gehabt hat (vgl. Beschlüsse des Senats vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E, vom 06.10.2015, Az.: L 15 SF 323/14, und vom 11.11.2015, Az.: L 15 RF 43/15; Reyels, jurisPR-SozR 15/2016, Anm. 2). Insbesondere kann sich ein Sachverständiger nicht darauf berufen, dass er zunächst davon ausgegangen sei, dass der Vorschuss ausreichend hoch und ihm die Überschreitung erst zu einem Zeitpunkt aufgefallen sei, als der vergütungsrechtliche Wert seiner Arbeit den Vorschuss bereits erheblich überschritten habe (ausführlich zum Gesichtspunkt des Verschuldens: vgl. Beschluss des Senats vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E).
Im vorliegenden Fall ist ein fehlendes Verschulden des Antragstellers nicht nachgewiesen. Auf die Höhe des eingezahlten Vorschusses ist der Antragsteller mit dem Gutachtensauftrag hingewiesen worden. Der Antragsteller ist, der üblichen Praxis in der Sozialgerichtsbarkeit in Bayern folgend, sogar überobligatorisch über die rechtliche Konsequenz einer Überschreitung des Vorschusses unter Verstoß gegen die Hinweispflicht belehrt worden. Denn für die Frage des Verschuldens kommt es allein auf die Kenntnis der Vorschusshöhe, nicht aber auf die rechtlichen Konsequenzen einer (erheblichen) Überschreitung an (vgl. Beschlüsse des Senats vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E, und vom 06.10.2015, Az.: L 15 SF 323/14; Oberlandesgericht - OLG - Hamm, Beschlüsse vom 14.10.2014, Az.: I-10 U 104/11, 10 U 104/11, und vom 08.05.2015, Az.: I-12 U 62/14, 12 U 62/14; Landgericht - LG - Heidelberg, Beschluss vom 05.02.2015, Az.: 3 T 4/15).
4.7. Rechtsfolge des § 8 a Abs. 4 JVEG: Kürzung auf die Höhe des Vorschusses
Die Vergütung ist gemäß § 8 a Abs. 4 JVEG auf die Höhe des Vorschusses, d.h. auf 2.000,- EUR, zu kürzen.
Ein Aufschlag auf die Höhe dessen, was die maximal mögliche Vergütung unterhalb der Erheblichkeitsgrenze darstellen würde, also von 20 % abzüglich eines Cents, ist nicht vorzunehmen (h.M. in Literatur und Rechtsprechung, vgl. Beschlüsse des Senats vom 08.06.2015, Az.: L 15 SF 255/14 E, und vom 06.10.2015, Az.: L 15 SF 323/14; OLG Hamm, Beschlüsse vom 24.07.2014, Az.: I-24 U 220/12, 24 U 220/12, vom 14.10.2014, Az.: I-10 U 104/11, 10 U 104/11, und vom 08.05.2015, Az.: I-12 U 62/14, 12 U 62/14; LG Hannover, Beschluss vom 07.08.2014, Az.: 92 T 87/14; LG Heidelberg, Beschluss vom 05.02.2015, Az.: 3 T 4/15; Reyels, a.a.O.; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 8 a JVEG, Rdnr. 64; Meyer/Höver/Bach/Oberlack, a.a.O., § 8 a, Rdnr. 33, wobei hier die missverständliche Formulierung "kann die Vergütung auf den Betrag des angeforderten Vorschusses begrenzt werden" verwendet wird; denn dagegen, dass die Begrenzung der Vergütung im Ermessen des Gerichts stünde, spricht der eindeutige Wortlaut des Gesetzes).
Das LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Festsetzung der Vergütung gemäß § 4 Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).