Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SB 28/04 - Urteil vom 30.01.2007
Die in der GdB-Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein. Bei einer Wirbelsäulenerkrankung liegt eine spezielle ärztliche Behandlung erfordernde Schmerzhaftigkeit, die ggf. einen höheren GdB begründen könnte, bei Massagen, Spritzen und therapeutischen Lokalanästhesien nicht vor, da diese Behandlungen zu den gewöhnlichen Anwendungen bei Wirbelsäulenerkrankungen gehören. Ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom kann nur anerkannt werden, wenn z.B. aus der Medikation ersichtlich wird, dass ein besonders hoher Leidensdruck besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hohe und höchste Dosierungen stärkster Schmerzmittel per Medikation verabreicht werden.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen höheren Grad der Behinderung (GdB) als 40 nach § 69 des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IX).
Mit Bescheid vom 27.07.1992 bezeichnete der Beklagte die bei dem 1950 geborenen Kläger festgestellte Behinderung neu. Im Vergleich zum Feststellungsbescheid vom 07.12.1990 (GdB 40) fügte er der bislang unter Ziff.1 festgestellten "Funktionsstörung der Wirbelsäule durch Wirbelgleiten" einen "Wirbelbruch" an und behielt im Übrigen unter Ziff.2 die Bezeichnung "Magengeschwürsleiden, Zwölffingerdarmgeschwürsleiden" bei. Eine Änderung des bisherigen Gesamt-GdB von 40 (GdB für Ziff.1: 30, für Ziff.2: 20) hielt er mangels einer wesentlichen Änderung in den gesundheitlichen Verhältnissen nicht für angezeigt.
Die vom Kläger am 07.02.1996 und 25.09.2000 gestellten Neufeststellungsanträge, bei denen der Beklagte auch die Ergebnisse eines von der LVA in der Orthopädischen Klinik T. in der Zeit vom 03.10. bis 31.10.1995 gewährten Reha-Aufenthaltes sowie den Bericht der Internistischen Praxen S. vom 30.10.1998 auswertete, lehnte er mit Bescheiden vom 10.06.1996 und 07.11.2000 ab.
Mit Bescheid vom 27.06.2002 lehnte der Beklagte den erneuten Neufeststellungsantrag vom 26.04.2002 nach vorheriger Auswertung der Unterlagen des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in R. (Bandscheiben-OP LWK 4/5 in der Zeit vom 14.04. bis 19.04.2002) durch seinen ärztlichen Dienst (Allgemeinmedizinerin Dr.F.) vom 30.09.2002 ab. Der Zustand nach Bandscheibenoperation ohne bleibende sensomotorische Defizite könne zu keinem höheren Einzel-GdB führen (der GdB von 30 sei ohnehin keinesfalls kleinlich bewertet). Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.11.2002 zurück.
Seine am 18.12.2002 zum Sozialgericht Regensburg erhobene Klage begründete der Kläger mit einer wesentlichen Verschlechterung der gesundheitlichen Verhältnisse im Vergleich zu den Feststellungen im Bescheid vom 1990 sowie mit einem Blutdruckleiden und einer Herzerkrankung. Insgesamt sei ein Gesamt-GdB von mindestens 60 gerechtfertigt. Als Anlage fügte er einen Krankenhaus-Entlassungsbericht des C. Krankenhauses S. , R. , über die stationäre Behandlung einer Herzerkrankung vom 20.01. bis 24.01.2003 bei.
Nach Beiziehung von Befundberichten des Hausarztes und des Orthopäden Dr.G. stellte der von Amts wegen beauftragte Arzt für Öffentliches Gesundheitswesen Dr.G. in seinem Gutachten vom 22.01.2004 nach Untersuchung des Klägers fest, die Beeinträchtigungen "1. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Wirbelgleiten, operierte Bandscheibe mit Restbeschwerden" seien mit einem Einzel-GdB von 30 ebenso wie "2. Magen- und Zwölffingerdarmgeschwürsleiden" mit einem Einzel-GdB von 20" zutreffend bewertet. Da sich beide Behinderungen jedoch nicht ungünstig gegenseitig beeinflussten, könne der Gesamt-GdB lediglich mit 30 eingeschätzt werden. Eine schwerwiegende Herzkranzgefäßverengung sei ausgeschlossen, da der Kläger bis 100 Watt belastbar gewesen sei, ohne dass sich ein Hinweis auf eine Mangeldurchblutung des Herzmuskels gefunden habe.
Mit Urteil vom 22.01.2004 wies das Sozialgericht die Klage im wesentlichen unter Hinweis auf die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996" (AP) sowie das Gutachten des Dr.G. ab. Den Gesamt-GdB schätzte es ebenfalls nur auf 30 und stellte fest, eine Erhöhung des bereits zuerkannten GdB von 40 sei insbesondere deshalb nicht möglich, weil sich die festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen nicht wechselseitig ungünstig beeinflussten.
Mit seiner Berufung vom 05.03.2004 zum Bayer. Landessozialgericht verfolgte der Kläger sein Begehren der Feststellung eines höheren GdB als 40 weiter und beantragte mit Schreiben vom 11.05.2004, den Sachverständigen Dr.O. nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu hören. Dieser stellte in seinem orthopädischen Gutachten vom 08.09.2004 neben einer Vielzahl geringerer Funktionsbeeinträchtigungen, für die er entweder keinen bzw. nur einen GdB von 10 für angemessen erachtete, eine "schwerwiegende Funktions- und Belastungseinschränkung mit chronischem Schmerzsyndrom der gesamten WS sowie ein Postnukleotomiesyndrom links" fest, wofür er einen GdB von 50 für angemessen erachtete. Die wesentliche Verschlechterung sah er in einer erheblich schmerzhaften Funktions- und Belastungseinschränkung der gesamten WS mit vielfachen druckschmerzhaften Muskelverspannungen und Blockierungen sowie diskreter rezidivierender cervikaler und insbesondere lumbaler radikulärer Symptomatik und einem chronischen Schmerzsyndrom mit Ischiassymptomatik links sowie einem Postnukleotomiesyndrom links nach Bandscheibenoperation L4/5 sowie bei einem darüber hinaus bestehenden Bandscheibenprolaps LWK 5/SWK 1 rechts mediolateral.
Nachdem der Sachverständige seitens des Gerichtes mit Schreiben vom 04.01.2005 unter Hinweis auf die AP gebeten wurde in Ergänzung seines Gutachtens darzulegen, wie er bezüglich der Wirbelsäule zu einem GdB von 50 gelange, teilte er mit Schreiben vom 12.01.2005 mit, beim Kläger sei eine Beeinträchtigung in drei WS-Abschnitten gegeben, so dass eine GdB-Einschätzung von über 40 anzunehmen sei. Hinzu kämen anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit chronisch rezidivierenden Nervendrucksymptomen sowie ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom.
Der Beklagte übersandte am 11.02.2005 das chirurgische Gutachten nach Aktenlage des Dr.H. vom 03.02.2005, in dem zunächst beanstandet wurde, dass kein Messblatt für die Wirbelsäule beigelegt worden sei. Beschrieben sei eine Beweglichkeit der Halswirbelsäule bei Drehung von 80-0-80 Grad, bei der Seitneigung rechts/links von 30-0-40 Grad sowie ein KBA (Kinn-Brustbein-Abstand) von 0/18 cm, was letztlich einer freien Beweglichkeit der HWS entspräche. Die vom Gerichtsgutachter beschriebene vermehrte Hohlschwingung der HWS, die erheblich vermehrte Rundung der BWS sowie die Hyperlordose der LWS seien anhand der vorliegenden Röntgenbilder nicht nachvollziehbar. Zwar bestünden ausstrahlende Beschwerden im gesamten linken Bein mit Gefühlsminderung von Fuss und Zehen, motorische Ausfallserscheinungen sowie Störungen des Reflexverhaltens lägen jedoch nicht vor. Im Interesse der Gleichbehandlung aller Schwerbehinderten sei lediglich der bereits von Dr.G. vorgeschlagene Einzel-GdB von 30 AP-gemäß zutreffend. Bei einer lediglich endgradig eingeschränkten Schultergelenksbeweglichkeit nach Messblatt für die oberen Gließmaßen sowie einer Hüftgelenksbeweglichkeit von 5-0-130 Grad beidseits sowie noch guter Spreiz- und Drehfähigkeit könne auch für das angegebene Schulter- und Hüftleiden noch nicht der vom Gutachter vorgeschlagene Einzel-GdB von 10 anerkannt werden.
Der Sachverständige Dr.O. stimmte in seiner auf Anforderung des Gerichtes eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 01.06.2005 den Ausführungen des Dr.H. , soweit sie die Beweglichkeit der HWS beträfen, als schlüssig zu und teilte gleichzeitig mit, bei der Angabe der Messwerte für die HWS sei ihm ein gravierender Fehler unterlaufen. Aufgrund der Überprüfung seiner handschriftlichen Aufzeichnungen ergäben sich bei der HWS Bewegungsmaße für die Drehung von rechts/links 40-0-50 Grad, Seitneigung rechts/links 20-0-25 Grad, KBA 2/16 cm und Zeichen nach Fleche 0 cm. Diese Einschränkungen der Beweglichkeit der HWS seien nachvollziehbar in Verbindung mit den radiologisch nachweisbaren schwerwiegenden degenerativen Veränderungen sowohl auf den Röntgenaufnahmen als auch im Kernspin. Seiner Ansicht nach erscheine ihm die Beweglichkeit der Wirbelsäule in drei Abschnitten mindestens hälftig eingeschränkt. Ein Messblatt für die Wirbelsäule habe er in seiner fast 30-jährigen Gutachtertätigkeit noch nicht benutzt und halte dies auch nicht für notwendig, da seine angegebenen Messwerte ausreichten. Aus der "Eigenanamnese" und der "Sozialanamnese: ... derzeit Massagen, Spritzen, therapeutische Lokalanästhesie (TLA) und Akkupunktur", also "Schmerztherapie", könnten erfahrungsgemäß typische Beschwerden eines "Postnukleotomiesyndroms" mit chronischen Schmerzen erkannt werden, ohne dass schwerwiegende motorische Ausfallserscheinungen oder Störungen des Reflexverhaltens vorliegen müssten. Er sei der Meinung, den angegebenen GdB richtig eingeschätzt zu haben.
Der Beklagte übersandte mit Schreiben vom 01.07.2005 hierzu eine Stellungnahme des Dr.H. vom 28.06.2005, der darauf hinwies, Dr.O. habe die Funktionsparameter der HWS nunmehr dahingehend korrigiert, dass mittelgradige Funktionseinschränkungen der HWS zu entnehmen seien. Es lägen demnach in den zwei beweglichen Abschnitten der Wirbelsäule mittelgradige Funktionseinschränkungen vor, welche mit einem Einzel-GdB von 30 nach den AP ausreichend bewertet seien. Ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom komme weiterhin nicht in Betracht, Massagen, Spritzen und therapeutische Lokalanästhesien gehörten zu den gewöhnlichen Anwendungen bei Wirbelsäulenerkrankungen. Die vorgelegten Röntgenbilder rechtfertigten keinesfalls die vom Gutachter beschriebene vermehrte Hohlschwingung der HWS. Ebenso verhalte es sich mit der Angabe schwerwiegender degenerativer Veränderungen.
Hierzu entgegnete die Klageseite mit Schreiben vom 05.02.2005, dem Kläger sei eine Schmerztherapie in einem Schmerzzentrum angeraten worden, im Übrigen bezog sie sich auf die Ausführungen des Dr.O ...
Dem hielt der Beklagte die chirurgische Stellungnahme des Dr.H. vom 19.08.2005 entgegen, wonach ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom nur dann anzuerkennen sei, wenn auch aus der Medikation ersichtlich werde, dass ein besonders hoher Leidensdruck gegeben sei. Dies sei dann der Fall, wenn hohe und höchste Dosierungen stärkster Schmerzmittel per Medikation verabreicht würden. Da aber auch der Gerichtsgutachter in der Eigenanamnese kein einziges Schmerzmittel erwähne, sei weiterhin die Berücksichtigung eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms nicht veranlasst.
Mit Schreiben vom 10.05.2006 bezog sich der Kläger nachdrücklich auf die Feststellungen des Dr.O. und rügte eine sachgerechte Auseinandersetzung mit den darin aufgezeigten Problempunkten durch den Beklagten.
Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 18.05.2006 sein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt hatte, gab die Klageseite mit Schreiben vom 09.06.2006 ebenfalls ihr Einverständnis hierfür ab.
Der Kläger, für den im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.01.2007 niemand erschienen war, beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22.01.2004 sowie den Bescheid vom 27.06.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2002 aufzuheben und den GdB ab 26.04.2002 höher als 40 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Zum Verfahren beigezogen wurden die Schwerbehindertenakten und die Akten des Sozialgerichts Regensburg - S 2 SB 1070/02.
Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren des Beklagten und des Sozialgerichts wird gem. § 202 SGG und § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweisunterlagen, bezüglich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakten nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung statthafte (§ 144 Abs.1 Satz 2 SGG), form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 51 Abs.1 Nr.7, 143 ff., 151 SGG i.V.m. §§ 2, 69 SGB IX), jedoch nicht begründet und deshalb zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 22.01.2004 und der ihm zugrundeliegende Bescheid des Beklagten vom 27.06.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2002 sind nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die nach § 69 Abs.1 Satz 1 SGB IX zuständigen Behörden des Beklagten einen höheren GdB im Sinne von §§ 2 Abs.1, 69 Abs.1 SGB IX als 40 feststellen. Damit entfällt auch sein Anspruch auf Ausstellung eines Ausweises nach §§ 69 Abs.5, 2 Abs.2 SGB IX, weil bei ihm kein die Schwerbehinderteneigenschaft begründender GdB von wenigstens 50 vorliegt.
In den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass der letzten maßgeblichen Vergleichsbescheide vom 07.12.1990 und 27.07.1992 vorlagen, ist keine wesentliche Änderung/Verschlimmerung nach § 69 SGB IX i.V.m. § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X eingetreten, die den Beklagten verpflichten würde, einen Neufeststellungsbescheid mit einem höheren GdB als 40 zu erlassen. Die in den Vergleichsbescheiden bislang festgestellten und von dem für das Lebensalter des Klägers typischen Zustand abweichenden Beeinträchtigungen seiner körperlichen Funktion, geistigen Fähigkeit oder seelischen Gesundheit, die seine Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigen (§ 2 Abs.1 SGB IX), haben sich nicht wesentlich geändert. Sie sind vom Beklagten zuletzt zutreffend als "1. Funktionsstörung der Wirbelsäule durch Wirbelgleiten, Wirbelbruch; 2. Magengeschwürsleiden, Zwölffingerdarmgeschwürsleiden" beurteilt und als Behinderung mit einem GdB von 40 bewertet worden. Diese Bewertung wurde vom Sozialgericht, gestützt auf das von Amts wegen eingeholte Sachverständigengutachten des Dr.G. vom 22.01.2004 unter Beachtung der für alle Behinderten gleichermaßen zu beachtenden AP überprüft und bestätigt. Insoweit bezieht sich der Senat auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung gem. § 153 Abs.2 SGG zurück.
An diesem Ergebnis kann das gem. § 109 SGG im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten des Orthopäden Dr.O. vom 08.09.2004 (einschließlich seiner Ergänzungen vom 12.01. und 01.06.2005) nichts ändern. Abgesehen davon, dass dieser Sachverständige zunächst den Ausführungen des Dr.H. vom Versorgungsärztlichen Dienst des Beklagten, soweit sie die Beweglichkeit der HWS betrafen, zustimmte und sie als schlüssig beurteilte, sind seine späteren Ergänzungen zu seinem Gutachten objektiv nicht nachvollziehbar, fragwürdig bzw. unglaubwürdig. Auch seine Ansicht, die Beweglichkeit der Wirbelsäule scheine ihm in drei Abschnitten "mindestens hälftig eingeschränkt" ist durch keine objektiven Befunde (wie z.B. Messblatt, Funktionsparameter) belegt. Soweit der Sachverständige ausführt, in seiner fast dreißigjährigen Gutachtertätigkeit habe er noch nie ein Messblatt benutzt und halte dies auch nicht für notwendig, da seine angegebenen Messwerte ausreichten, entzieht er selbst seinem Gutachten die objektive Grundlage. Dies gilt auch für die eigenwillige Beurteilung eines angeblichen Schmerzsyndroms. Die von ihm hierfür als Grundlage genommene "Eigenanamnese" und die "Sozialanamnese: ... derzeit Massagen, Spritzen, therapeutische Lokalanästhesie und Akkupunktur", also "Schmerztherapie" sind nicht ausreichend. Der Sachverständige Dr.O. übersieht die in Nr.18 Abs.8 der AP vorgegebene Beurteilungsgrundlage: "Die in der GdB/MdE-Tabelle angegebenen Werte schließen die üblicherweise vorhandenen Schmerzen mit ein und berücksichtigen auch erfahrungsgemäß besonders schmerzhafte Zustände. In den Fällen, in denen nach dem Sitz und dem Ausmaß der pathologischen Veränderungen eine über das übliche Maß hinausgehende, eine spezielle ärztliche Behandlung erfordernde Schmerzhaftigkeit anzunehmen ist, können höhere Werte angesetzt werden. Dies gilt insbesondere bei Kausalgien und bei stark ausgeprägten Stumpfbeschwerden nach Amputationen (Stumpfnervenschmerzen, Phantomschmerzen; ein Phantomgefühl allein bedingt keine zusätzliche GdB/MdE-Bewertung)." Demzufolge kann ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom im Falle des Klägers nicht in Betracht kommen, weil Massagen, Spritzen und therapeutische Lokalanästhesien zu den gewöhnlichen Anwendungen bei Wirbelsäulenerkrankungen gehören. Ein außergewöhnliches Schmerzsyndrom kann nur dann anerkannt werden, wenn auch beispielsweise aus der Medikation ersichtlich wird, dass ein besonders hoher Leidensdruck gegeben ist. Dies ist dann der Fall, wenn hohe und höchste Dosierungen stärkster Schmerzmittel per Medikation verabreicht werden. Da jedoch der Sachverständige Dr.O. in der Eigenanamnese seines Gutachtens kein einziges Schmerzmittel erwähnt, ist die Feststellung des Dr.H. vom 19.08.2005 nicht zu beanstanden, dass die Berücksichtigung eines außergewöhnlichen Schmerzsyndroms nicht veranlasst ist. Zu Recht weist Dr.H. auch darauf hin, dass die vom Sachverständigen Dr.O. vorgelegten Röntgenbilder keinesfalls die vom Gutachter beschriebene vermehrte Hohlschwingung der HWS wie auch die angeblichen schwerwiegenden degenerativen Veränderungen rechtfertigen. Im Übrigen konnte auch der zuvor gehörte Sachverständige Dr.G. ein derartiges Schmerzsyndrom nicht feststellen. Er bewertete in Übereinstimmung mit dem Sozialgericht den GdB insgesamt lediglich mit 30 und erachtete den bislang vom Beklagten angenommenen von 40 als wohlwollend. Objektiv nachgewiesen sind beim Kläger lediglich Beeinträchtigungen mittelgradigen Ausmaßes der BWS und LWS, für die nach den AP (Nr.26.18) ein GdB von 30 bis 40 vorgesehen sind. Ein GdB von 50 käme nur bei Wirbelsäulenschäden "mit besonders schweren Auswirkungen (z.B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule, anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst)" in Betracht. Derartige Beschwerden sind jedoch von dem Sachverständigen Dr.O. objektiv nicht dokumentiert worden, so dass letztlich der vom Beklagten festgestellte GdB von 40 insgesamt auch mögliche Schmerzen, die über das Normalmaß hinausgehen, miteinschließt. Dies gilt auch für eventuell dadurch bedingte leichtere psychovegetative oder psychische Störungen im Sinne der Nr.26.3 AP.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).