Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SB 35/00 - Urteil vom 25.08.2005
Die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "aG" sind nicht erfüllt, wenn der behinderte Mensch erst nach ca. 50 m wegen des angewachsenen Schmerzes Rast machen zu muss.
Steht dem behinderten Menschen der Nachteilausgleich "aG" nicht zu, kann ihm aber der Nachteilsausgleich "G" zugesprochen werden, ohne dass dieser ausdrücklich beantragt worden ist. "G" ist nämlich grundsätzlich in dem Antrag auf "aG" mit enthalten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob in den Verhältnissen, die dem
Abhilfebescheid vom 26.06.1990 zugrunde lagen, eine wesentliche
Änderung/Besserung eingetreten ist; im Vordergrund steht hierbei die
Weitergeltung der Schwerbehinderteneigenschaft und des Merkzeichens "aG".
Zur Begründung ihres Antrages auf Feststellung einer Behinderung vom 02.08.1989
verwies die Klägerin auf die stationäre Behandlung (Verlängerungsosteotomie
wegen posttraumatischer Beinverkürzung rechts) im Krankenhaus der B. B. durch
Prof. Dr. G. vom 14.11.1988 bis 01.06.1989. Auf Anforderung des Beklagten
übersandte Prof. Dr. G. zwei Epikrisen vom 25.01. und 18.07.1989, wonach bei der
Klägerin am 15.11.1988 eine Verlängerungsosteotomie mit Wagner-Distraktor sowie
am 28.12.1988 die Entfernung des Extensionsgerätes und eine Plattenosteosynthese
mit homologer Spanimplantation und Beinverlängerung 3,8 cm erfolgten; am
18.04.1989 erfolgte die Entfernung des infizierten Knochenspanes und der
Osteosyntheseplatte rechter Femur, am 16.05.1989 die Entnahme von
corticospongiösen Spänen aus dem Beckenkamm rechts und Spanimplantationen im
Bereich der Distraktionsosteotomie rechter Femur.
Nachdem der Vertragsarzt des Beklagten Dr. G. die ärztlichen Unterlagen
ausgewertet und eine "infizierte Verlängerungsosteotomie des rechten Femurs" mit
einem GdB von 50 sowie die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" bestätigt
hatte, erließ der Beklagte am 29.11.1989 einen entsprechenden
Feststellungsbescheid und lehnte gleichzeitig weitere Merkzeichen ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 27.12.1989 Widerspruch ein, den sie im
Wesentlichen damit begründete, sie benötige eine Parkerlaubnis für
Schwerbehinderte, da sie auf Rollstuhl und Krücken angewiesen sei. Auf Anfrage
vertrat Prof. Dr. G. am 09.01.1990 die Ansicht, die Voraussetzungen für das
Merkzeichen "aG" lägen derzeit noch vor. In einer ärztlichen Bescheinigung vom
13.02.1990 teilte er mit, die Klägerin werde mit einem sog. Fixateur extern
behandelt; aufgrund der Veränderungen liege eine schwerste und außergewöhnliche
Gehbehinderung vor, so dass sie ständig einer Begleitperson bedürfe und auf
Rollstuhl und Krücken angewiesen sei. Mit Schreiben vom 07.03.1990 wies
Medizinaldirektorin Dr. K. Prof. Dr. G. unter anderem auf die "Anhaltspunkte für
die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem
Schwerbehindertengesetz", 1983 (AP) und die Voraussetzungen für das Merkzeichen
"aG" hin und bat, mitzuteilen, ob außer der mit Fixateur extern
behandlungsbedürftigen Verlängerungsosteotomie noch andere bleibende
Gesundheitsstörungen vorlägen, die eine medizinisch begründbare Gleichstellung
mit den im abgelichteten Text befassten Personen erlaube. Prof. Dr. G.
antwortete, bei der Klägerin handle es sich um einen Zustand nach einer
Verlängerungsosteotomie von 40 mm in der Mitte des rechten Femurs; diese habe
mit dem ersten Eingriff im November 1988 begonnen und wegen zwischenzeitlicher
Komplikationen mehrfacher Eingriffe bedurft; zuletzt sei im September 1989 durch
einen Treppensturz der eingebrachte und inzwischen angeheilte Knochenspan
gebrochen, so dass erneut im Januar 1990 der liegende Fixateur extern hätte
verändert und ergänzt werden müssen; Bewegungsbefund des rechten Kniegelenkes:
0/0/95 Grad, während das benachbarte Hüftgelenk frei beweglich sei mit
Einschränkung der Behinderung durch den liegenden Fixateur extern; die Klägerin
müsse derzeit mit zwei Stockstützen laufen, da sie die volle Belastung wegen der
noch vorhandenen Instabilität des Knochens schmerzmäßig nicht ertrage; unter
Würdigung des Begriffes der außerordentlichen Gehbehinderung könne auch er die
Klägerin nicht in den Personenkreis nach Nr.31.3 AP einordnen; auch sehe er
keine Möglichkeit, eine medizinisch begründbare Gleichstellung für den
Personenkreis unter Nr.31.4 AP herbeizuführen.
Nach längerer verwaltungsinterner Erörterung stellte Dr. T. vom Ärztlichen
Dienst des Beklagten ab 21.05.1990 unter Würdigung des bisherigen
Krankheitsverlaufs fest, zum jetzigen Zeitpunkt dürfe die Klägerin das rechte
Bein noch nicht voll belasten; sie sei noch auf die ständige Benützung von zwei
Unterarm-Gehstützen angewiesen; aufgrund dieser Behinderung könne man sie mit
einem Oberschenkel-Amputierten gleichstellen, der dauernd außer Stande sei, ein
Kunstbein zu tragen; für eine solche Behinderung gemäß Seite 129 der AP könne
das Merkzeichen "aG" zuerkannt werden; medizinischerseits werde vorgeschlagen,
der Klägerin die Merkzeichen "aG", "G" und "B" ab 01.04.1989 zuzuerkennen; am
18.04.1989 sei die Osteosyntheseplatte bei Infekt entfernt und der
Oberschenkelknochen mit einem Fixateur extern stabilisiert worden; auch sei ein
GdB von 80 für den zitierten, instabilen Oberschenkel rechts seit dem 18.04.1989
vertretbar; eine Nachuntersuchung sollte jedoch im August 1990 durchgeführt
werden; zu diesem Zeitpunkt könne von einer knöchernen Konsolidierung des
rechten Oberschenkels und von einer Entfernung des Fixateurs ausgegangen werden;
dies ergebe sich aus dem Arztbrief von Prof. Dr. G. vom 23.03.1990; die
Bedingungen für das Fortbestehen der Merkzeichen "aG", "G" und "B" seien dann zu
überprüfen, ebenso müsse sich der GdB nach der verbliebenen Restbehinderung
richten.
Daraufhin half der Beklagte mit Bescheid vom 26.06.1990 dem Widerspruch ab und
stellte "infizierte Verlängerungsosteotomie des rechten Femur mit einem GdB von
80 und die Merkzeichen "B", "G", "aG" fest.
In dem im November 1990 von Amts wegen eingeleiteten Nachprüfungsverfahren gab
die Klägerin an, der neu gewachsene Knochen sei erneut gebrochen, sie verwies
auf die ständige Behandlung bei Prof. Dr. G.. Dieser schilderte in seinem
Arztbrief vom 03.12.1990 an Prof. Dr. L. den Krankheitsverlauf seit 1988 mit
Fistelbildungen und Fistelresektionen, einen im September 1989 erfolgten Sturz
zu Hause mit einem Spanbruch und der Notwendigkeit seither permanent einen
Fixateur extern, der zwischenzeitlich auch versetzt und ergänzt wurde, tragen zu
müssen; am 13.07.1990 schließlich Durchbau der Osteotomie und Entfernung des
Fixateur extern; unter Stockstützenschutz habe die Klägerin belasten können;
nach einem mehrwöchigen Urlaub mit mehrstündiger Belastung des Beines sei sie
mit einem Femur varum erschienen; ein seinerzeit angeratener Gipsverband sei
strikt abgelehnt worden, so dass es dann zu einer Pseudoarthrose gekommen sei;
jetzt trage sie zur Zeit einen Oberschenkelgehgipsverband in Korrekturstellung;
selbstverständlich wäre unter der jetzigen Situation eine Plattenosteosynthese
mit Spongiosaplastik sicher das einzig Richtige; er fürchte aber bei der langen
Vorgeschichte, dass es wieder zu septischen Komplikationen führen könne und
frage deshalb an, inwieweit bei der jetzigen Situation eine Magnetfeldbehandlung
sinnvoll erscheine bzw. ob er Möglichkeiten sehe, hier eine Magnetspule auch zu
implantieren.
Daraufhin stellte die Medizinaldirektorin Dr. K. am 27.02.1991 fest: "Bitte
keine Änderung. Siehe Bescheid S.32. Jedoch: NP 12/91"
Im Januar 1992 leitete der Beklagte erneut eine Nachprüfung von Amts wegen ein.
Auf Anforderung übersandte Prof. Dr. G. einen Befundbericht vom 12.02.1992, in
dem er die Entfernung des Fixateur extern nach monatelangem Verlauf und
septischen Komplikationen mitteilte und eine vorübergehende Gipsbehandlung in
Polyurethanschale bescheinigte; bis Januar 1991 weitere äußere Fixation des
rechten Beines; inzwischen pseudoarthrotische Entwicklung in der
Verlängerungsosteotomie; vorübergehend Sarmiento-Schale; am 28.06.1991
Verriegelungsnagelung rechter Femur in unfallchirurgischer Abteilung des
Krankenhauses G., Prof. L.; letzte Kontrolle 25.09.1991: Soweit klinisch und
radiologisch beurteilbar nunmehr korrekte Stellung mit wohl allmählich
fortschreitender knöcherner Durchbauung. Diesen Befundbericht aktualisierte er
am 06.10.1992. Danach habe am 25.09.1991 die Klägerin schon wesentlich an
Belastung gewonnen, gehe zu Hause ohne Stock, jedoch außerhalb mit einer Krücke,
da noch ein deutliches Hüfthinken bestehe; ferner Schmerzen an der
Oberschenkelaußenseite, etwa in Höhe der Spanimplantation; betroffen sei der
rechte Oberschenkel; dieser zeige sich insgesamt in achsenkorrekter Stellung
reizlos mit multiplen Narben nach Operationen; Hüftgelenksbeweglichkeit frei,
jedoch noch leichter Trendelenburg rechts; ferner Einschränkung des rechten
Kniegelenks; Streck./Beug. 0/0/100 Grad. Die Untersuchung am 15.07.1992 ergab,
dass die Klägerin inzwischen wieder voll belasten und ohne Hilfsmittel gehen
könne, jedoch Ermüdungserscheinungen und Beschwerden von Seiten des rechten
Kniegelenkes habe, da noch keine volle Beugefähigkeit vorliege; die
Achsenstellung des rechten Beines sei in Ordnung; Beinlängendifferenz im Sitzen
von 1 cm; Femurdifferenz im Stehen Ausgleich; derzeit seien keine
Therapiemaßnahmen erforderlich, volle Belastung, aber spätestens in einem Jahr
Marknagelentfernung.
Einer Vorladung zur Untersuchung in der Untersuchungsstelle des Beklagten kam
die Klägerin nicht nach, sie verwies auf die Unterlagen bei Prof. Dr. G..
Daraufhin stellte die Versorgungsärztin (Chirurgin) Dr. B. am 18.02.1993 fest,
laut Bericht des behandelnden Orthopäden sei eine wesentliche Besserung
eingetreten; die Vollbelastung sei jetzt ohne Hilfsmittel möglich; die
Osteotomie sei knöchern konsolidiert, die Beinlänge weitgehend ausgeglichen; die
Voraussetzungen für irgendwelche Merkzeichen seien nicht mehr gegeben.
Mit Anhörungsschreiben vom 23.03.1993 teilte der Beklagte der Klägerin mit, die
Behinderung habe sich wesentlich gebessert, der GdB läge unter 20, ein Anspruch
auf Merkzeichen bestehe nicht mehr. Dieser Auffassung widersprach die Klägerin
im Schreiben vom 01.04.1993; der GdB habe sich seit ihrer letzten Operation
nicht verändert, ob er sich überhaupt ändern werde, werde sich frühestens nach
Entfernung der durchgehenden Nagelung ergeben.
Auf Anfrage aktualisierte Prof. Dr. G. seinen letzten Befundbericht und teilte
mit, die Untersuchung vom 03.03.1993 habe ergeben, die Klägerin sei inzwischen
in der Lage, auch kurze Strecken ohne Stock zu laufen, gerate jedoch dann in
einen hinkenden Gang wegen mangelnder Kraftleistung auf der linken Seite; die
Beweglichkeit des Hüftgelenks im Vergleich mit dem rechten sei uneingeschränkt,
indessen deutliche Einschränkung der Knie-Beweglichkeit, Streckung/Beugung
rechts 0/0/95, links 0/0/130 Grad, Bandhalt stabil, Druckschmerz ventro-medial
im Gelenkspalt; keine Bandschwäche, Trendelenburg sches Zeichen beiderseits
negativ, Beinlängendifferenz rechts gegenüber links jetzt noch ca. 8 mm; etwa im
Frühjahr 1994 Marknagel-Entfernung, bezüglich Gehbehinderung keine Veränderung,
letztendlich erst nach Entfernung des Marknagels zu entscheiden, da schließlich
auch die Kniegelenks-Beweglichkeit noch zu stark eingeschränkt sei.
Dr. G. vom ärztlichen Dienst des Beklagten stellte in seinem Prüfvermerk vom
19.05.1993 fest, bei den auf Bl.55 bewerteten Restbeschwerden sei die
Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks berücksichtigt; das Hüftgelenk
sei frei beweglich; die Längendifferenz betrage an den Beinen nur noch 8 mm; es
könne deshalb von einem sehr guten Rekonstruktionsergebnis gesprochen werden und
die Herabsetzung des GdB sei trotz liegendem Fremdmaterial nicht zu beanstanden.
Mit Änderungsbescheid vom 15.06.1993 teilte der Beklagte der Klägerin mit,
Behinderungen könnten ab Bekanntgabe dieses Bescheides nicht mehr festgestellt
werden, die gesundheitlichen Voraussetzungen für Merkzeichen lägen nicht vor.
Ihren hiergegen am 01.07.1993 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin im
Wesentlichen damit, ihre Bewegungsfähigkeit sei derart eingeschränkt, dass sie
teilweise nicht einmal kürzeste Wege ohne Begleitperson und Gehhilfe bewältigen
könne; bei jedem kleinsten Infekt schwelle das Bein an und seien
Entzündungsschmerzen um den Kniebereich zu verspüren. Das Damoklesschwert einer
erneut ausbrechenden akuten Entzündung sei permanent gegeben; durch die ganzen
Operationen sei das Knie so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass jegliche
weitere Belastung und Bewegung von einem Moment auf den anderen unmöglich werde;
Schmerzfreiheit sei eine absolute Seltenheit für sie. Im Übrigen verwies sie auf
Prof. Dr. G.. Dieser teilte am 03.08.1993 mit, nach der letzten Konsultation am
03.03.1993 habe die Klägerin im Wesentlichen über den behinderten Gang und ihre
stark schmerzhaft eingeschränkte Kniegelenksbeweglichkeit geklagt; sie sei
bisher immer noch mit einem Stock in die Sprechstunde gekommen; im Vordergrund
stehe eine deutlich messbar eingeschränkte Beweglichkeit des rechten gegenüber
des linken Kniegelenkes von Streckung/Beugung 0/0/95 Grad und links 0/0/130
Grad; es würden Bewegungs- und Druckschmerzen im medialen Gelenkspalt ausgelöst;
zum Zeitpunkt der letzten Untersuchung seien die Narben am rechten Oberschenkel
zwar reizlos, dennoch seien rezidivierende Schwellneigungen mit erheblichen
Druckschmerzen und Belastungsschmerzen bekannt; die Benutzung einer Krücke oder
eines Stockes sei in der Tat durch eine Rotatorenmanschettenläsion der rechten
Schulter nur eingeschränkt möglich; insgesamt sei zwar eine wesentliche
Beinverlängerung rechts erreicht worden, jedoch unter Einschränkung der
Kniegelenksbeweglichkeit, die schließlich auch durch den sehr langwierigen
postoperativen Verlauf mit septischen Komplikationen zustande gekommen sei;
unter diesem Aspekt sollte die Gewährung der Schwerbehinderung noch einmal
überlegt werden; auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt würde man den jetzigen Zustand
des rechten Beines mit einer MdE von 20 bis 25 einschätzen.
Nachdem der Prüfarzt des Beklagten Dr. G. am 16.08.1993 die
"Bewegungseinschränkung im Kniegelenk rechts mit Schwellneigung" sowie die
"Bewegungseinschränkung des Schultergelenks rechts" jeweils nur mit einem GdB
von 10 bewertete und feststellte, auch für das von Prof. Dr. G. beschriebene
Bewegungsausmaß des rechten Kniegelenks sei nach den AP kein höherer GdB als 10
anzunehmen, die zeitweiligen Schwellungen seien berücksichtigt und die
zusätzlich bestätigte Schulterfunktionsstörung rechts erhöhe den GdB nicht, wies
der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.09.1993 den Widerspruch zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten am 21.10.1993 Klage zum
Sozialgericht München, zu deren Begründung sie auf die Bescheinigung des Prof.
Dr. G. vom 26.04.1994 verwies; ausweislich der AP seien die von ihm
bescheinigten rezidivierenden Lumboischialgien links mit einem GdB von 30, das
rezidivierende Schulter-Armsyndrom rechts bei Zustand nach Narkosemobilisation
(mit Bewegungseinschränkung des Schultergelenks - Arm nur um 120 Grad zu heben
-), die leichte Skoliose, die Bewegungseinschränkung im linken Kniegelenk bis 90
Grad Beugung, die Muskelatrophie am rechten Oberschenkel sowie eine
Beinverkürzung über 2,5 cm bis 4 cm jeweils mit einem GdB von 10, insgesamt mit
einem GdB von mindestens 50 zu bewerten. Im Übrigen werde bereits jetzt darauf
hingewiesen, dass sich die Klägerin im Herbst 1994 einer weiteren Beinoperation
unterziehen müsse, weshalb angeregt werde, erst danach aufgrund der dann
vorliegenden Befunde zu entscheiden.
Auf Antrag der Beteiligten ordnete das Gericht mit Beschluss vom 31.07.1995 das
Ruhen des Verfahrens an. Am 21.08.1996 wurde das Verfahren S 11 Vs 1656/93 unter
dem Aktenzeichen S 11 Vs 1021/96 auf Antrag der Beteiligten wieder aufgenommen.
Prof. Dr. L. stellte in seinem übersandten Befundbericht/Beiblatt vom 23.09.1996
fest, seit der Verriegelungsmarknagelung am 28.06.1991 sei es zu einer
Durchbauung der Fraktur ohne weitere Infektzeichen gekommen; dies bedeute eine
wesentliche Besserung zum Vorbefund mit rezidivierende Osteitiden und
ausbleibender Frakturkonsolidierung.
In dem vom Sozialgericht von Amts wegen eingeholten orthopädischen Gutachten des
Dr. F. vom 29.01.1997 gab die Klägerin an, sie leide unter Schmerzen und einer
Schwellneigung im rechten Kniegelenk, der rechte Oberschenkelknochen brenne und
schmerze, das Knie steche; es schmerzten die Nerven am rechten Unterschenkel,
sie leide unter einer Labilität im rechten Arm; es träten dort nach Belastung
Sehnenscheidenentzündungen auf; pro Jahr träten infolge des Beckenschiefstandes
zwei bis drei Bandscheibenvorfälle auf; dabei klirre es dann vorwiegend im
rechten Bein; mit dem rechten Bein stolpere sie dann auch leicht; weniger steche
das linke Knie; die linke Hüfte schmerze mehr als die rechte; nachts verklemme
sich zeitweise plötzlich etwas in der Brustwirbelsäule, so dass sie das Gefühl
habe, keine Luft mehr zu bekommen; durch bestimmte Lagerung könne sie es
erreichen, dass diese Beschwerden nach einer halben Stunde wieder abklängen; von
der Halswirbelsäule zögen die Schmerzen zum Kopf, die rechte Schulter schmerze
mehr als die linke. Auf Befragen gab sie Parästhesien in den Händen und manchmal
im rechten Fuß an; von der Körperposition sei die Intensität der
Rückenbeschwerden nicht abhängig; gehen könne sie etwa 500 m; manchmal müsse sie
plötzlich stehen bleiben, da sich das Knie verklemme; öffentliche Verkehrsmittel
könne sie ohne Begleitperson nicht benutzen, da sie nicht in der Lage sei,
alleine Treppen zu überwinden, um beispielsweise auf Bahnhöfen die Züge zu
erreichen. Der Sachverständige maß die oberen Extremitäten, die Wirbelsäule und
die unteren Extremitäten, nahm eine neurologische Orientierung und
Röntgenbeurteilung vor und stellte u.a. fest: "Der klinische Befund zeigt eine
53-jährige normalgewichtige Frau. Das Barfußgehen geschieht vorsichtig, langsam
unter rechtsseitigem Verkürzungshinken. Über die Füße kann ausreichend abgerollt
werden. Der Zehenstand ist rechtshinkend möglich, der Fersengang wird nicht
vollzogen, der Einbeinstand links sicher, rechts unsicher. Die hüftabspreizende
Muskulatur ist rechts etwas insuffizient. Die Hocke wird kaum erreicht. Die
Muskulatur ist mittelgut entwickelt. Aus dem Befund der oberen Extremitäten
ergibt sich, dass am linken Unterarm eine Schiene nach erlittener
Schnittverletzung getragen wurde. Die linke Schulter ist zumindest passiv frei
beweglich. Das rechte Schultergelenk wurde aktiv deutlich besser bewegt, als
passiv zugelassen wurde. Dabei gab die Klägerin in der rechten Schulter
Schmerzen in allen Bewegungsebenen an. Ob und welche Verschleißerscheinungen
dort abgelaufen sind, ist ohne die nicht gewünschte Röntgenuntersuchung nicht
feststellbar. Die Oberarmknochen sind nicht druckempfindlich, rechts der
Mittelnerv. Die Ellenbogengelenke sind frei beweglich, ebenso das rechte
Handgelenk. Die Wirbelsäule ist harmonisch geschwungen. Das rechte Bein ist 3 cm
verkürzt. Die gesamte Wirbelsäule wird unvollständig bewegt. Der Rumpf wird
dabei sehr wenig vorgeneigt. Röntgenaufnahmen zum Befund der Wirbelsäule sind
nicht vorhanden. Aus dem Befund der unteren Extremitäten ergibt sich, dass
multiple Narben am rechten Oberschenkel und am rechten Beckenkamm zu verzeichnen
sind. Die Füße sind beidseites kaum beschwielt. Krampfadern oder Ödeme sind
nicht zu verzeichnen. Die Beweglichkeit des rechten Hüftgelenks ist etwas
eingeschränkt, die des linken frei. Auf der 1991 angefertigten Röntgenaufnahme
sind eindeutig Verschleißerscheinungen im rechten Hüftgelenk nicht feststellbar.
Die Konturen des rechten Kniegelenkes sind etwas verstrichen. Das Gelenk ist
leicht überwärmt. Das Gelenk kann voll gestreckt und bis 115 Grad gebeugt
werden. Das linke Kniegelenk ist frei beweglich. Rechts fällt ein Gelenkreiben
auf. Hier wird ein Kniescheibendruck- und -verschiebeschmerz angegeben. Über
eventuelle degenerative Veränderungen lässt sich mangels Röntgenaufnahmen keine
Aussage treffen. Sprung- und Zehengelenke sind gut beweglich. Beidseits finden
sich lcckere Spreizfüße mit Schief- und Hammerzehen. Die Großzehengrundgelenke
sind etwas rigide. Das rechte Bein ist am Oberschenkel bis 2 cm verdickt. Der
neurologische Befund ist weitgehend unauffällig. Zirkuläre
Sensibilitätsstörungen am rechten Bein sind segmental nicht zuzuordnen. Mit
Bescheid vom 26.06.1990 sind an Behinderungen anerkannt: Infizierte
Verlängerungsosteotomie des rechten Femur. Nach dem Befundbericht vom 25.01.1989
hatte die Beinverkürzung rechts 5,5 cm betragen. Heute wurden 3 cm gemessen. Dem
Befundbericht vom 18.07.1989 ist zu entnehmen, dass die Plattenosteosynthese
infiziert war, während jetzt Zeichen einer floriden Knochenmarksentzündung nicht
mehr vorhanden sind. Alle Narben sind reizlos, Fisteln bestehen nicht. Am
13.02.1990 wurde ärztlich bescheinigt, dass die Verlängerungsosteotomie des
rechten Oberschenkels nicht ausgeheilt war. Die weitere Behandlung erfolgte mit
einem Fixateur extern. Nach einem weiteren Befundbericht ohne Erstellungsdatum
war es mehrfach zu Komplikationen nach der Verlängerungsosteotomie im November
1988 gekommen. 1989 brach nach Treppensturz ein Knochenspan. Das rechte
Kniegelenk konnte nur bis 95 Grad gebeugt werden. Das benachbarte Hüftgelenk war
weitgehend freibeweglich. Es lagen noch äußere Fixateure. Das Gehen geschah mit
zwei Stockschützen. Der Knochen (rechter Oberschenkel) war instabil. Verglichen
mit diesem Befund ist eine wesentliche Änderung im Sinne einer Besserung zu
verzeichnen, da weder eine Instabilität des rechten Oberschenkels mehr besteht,
noch das Benutzen zweier Stockstützen erforderlich ist, noch eine floride
Infektion besteht. Weitere Behinderungen werden in den Hüften, am rechten Knie,
in der Wirbelsäule und in der rechten Schulter geltend gemacht. Inwieweit dort
jeweils degenerative Veränderungen ablaufen, ist ohne die von der Klägerin nicht
gewünschte Röntgenuntersuchung nicht feststellbar. Die wesentliche Änderung
besteht in einer knöchern fest verheilten Verlängerungsosteotomie des rechten
Oberschenkels mit jetzt nicht mehr florider Osteomyelitis und inzwischen
entfernten Metallen. Aus Schwerbehinderten-Akte Bl.76 ist zu ersehen, dass eine
Bewegungseinschränkung im rechten Kniegelenk mit Schwellneigung mit einem GdB
von 10 bewertet wurde. Es handelt sich um den höchstmöglichen GdB, der nach den
Anhaltspunkten angesetzt werden kann. Die Klägerin vermag das rechte Kniegelenk
vollständig zu strecken und über 90 Grad zu beugen, so dass allein aus der
Bewegungseinschränkung ein messbarer GdB nicht vorgeschlagen werden könnte. Ein
GdB von 10 beinhaltet, dass das Gelenk nur bis 90 Grad gebeugt werden könnte.
Infolgedessen sind im GdB von 10 subjektive Beschwerden und eine Schwellneigung
vollständig mitberücksichtigt. Die Bewegungseinschränkung des rechten
Schultergelenkes ist mit einem GdB von 10 sehr hoch bewertet, da die Klägerin in
der Lage ist, den Arm deutlich über 120 Grad, nämlich bis 140 Grad zu heben. Das
gezeigte stärkere Defizit bei der passiven Funktionsprüfung ist auf psychogene
Besonderheiten zurückzuführen, da natürlich die passive Beweglichkeit niemals
geringer sein kann als die aktiv mögliche. Nicht berücksichtigt ist die
Verkürzung des rechten Beines von 3 cm, welche nach den Anhaltspunkten mit einem
GdB von 10 eingestuft werden kann. Zusammengefasst lässt sich ein höherer GdB
als 10 ab Juni 1993 mit den Anhaltspunkten nicht verbinden. Die
Funktionsbehinderung der Beingelenke ist ausgesprochen geringfügig. Es liegt
keine Muskelminderung des rechten Beines vor. Die Klägerin ist weitaus weniger
behindert, als wenn beispielsweise ein Knie- oder Hüftgelenk in ungünstiger
Stellung eingesteift wäre, was als Voraussetzung zur Anerkennung einer
erheblichen Gehbehinderung gilt. Es wird auch weitaus kein GdB von 50 wegen sich
auf das Geh- und Stehvermögen auswirkender Gesundheitsstörungen erreicht. Die
Klägerin ist in der Lage, im Ortsverkehr übliche Wegstrecken ohne erhebliche
Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich oder andere zu Fuß zurückzulegen. Die
Klägerin kann öffentliche Verkehrsmittel ohne Gefahren für sich oder andere
regelmäßig ohne fremde Hilfe benutzen. Die Benutzung einer Stockhilfe ist
objektiv gesehen nicht erforderlich."
In einer Stellungnahme vom 07.04.1997 ging der Sachverständige Dr. F. auf
Einwendungen der Klageseite vom 06.03.1997 ein; er betonte nochmals, eine
Stockhilfe wegen Gesundheitsstörungen des orthopädischen Gebietes sei sicher
nicht erforderlich, die von der Klägerin geschilderte Einschränkung ihrer
Gehsicherheit lasse sich organ-pathologisch nicht erklären, ein entsprechendes
psychiatrisches Gutachten halte er jedoch nur dann für erforderlich, wenn die
Klägerin ein entsprechendes fachärztliches Attest vorlegen könnte, was bislang
nicht geschehen sei.
Mit Beschluss vom 05.08.1997 wurde der Antrag der Klägerin auf Ablehnung des
Sachverständigen zurückgewiesen, die Beschwerde hiergegen wies das Bayer.
Landessozialgericht mit Beschluss vom 18.12.1997 zurück (Az.: L 12 B 370/97.Vs).
Der auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Dr. G.
bestätigte in seinem orthopädischen Gutachten vom 16.09.1998 im Wesentlichen die
vom Beklagten und von Dr. F. festgestellte Besserung, ging jedoch davon aus,
dass 1993 bereits eine Arthrose des rechten Kniegelenkes mit Funktionsdefizit
sowie noch verbliebenem Marknagel bei ebenfalls bestehender Beinlängendifferenz
bestanden hätte, wodurch ein GdB von 30 gegeben sei, unabhängig von eventuell
bereits damals bestehenden Wirbelsäulenbeschwerden. Da damals der GdB noch über
20 gelegen habe, habe auch das Merkzeichen "B" noch vorgelegen, die Merkzeichen
"G", "aG", "Bl", "H" und "RF" hätten aber mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit nicht mehr bestanden. Daraufhin erklärte sich der Beklagte
mit Schreiben vom 13.10.1998 vergleichsweise bereit, für
1) Beinverkürzung rechts und Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes bei
degenerativen Veränderungen nach mit leich-tem Außendrehfehler verheiltem
Oberschenkelbruch rechts und Verlängerungsoperation des rechten Oberschenkels,
ruhende Osteomyelitis rechter Oberschenkel,
2) Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen,
ab 20.06.1993 (Bekanntgabe des Änderungsbescheides vom 15.06.1993) einen GdB von
30 festzustellen. Als Anlage übersandte er die versorgungsärztliche
Stellungnahme des Dr .P. vom 06.10.1998.
In ihrer Stellungnahme vom 23.10.1998 zum Gutachten des Dr. G. wies die Klägerin
darauf hin, unter ständigen und starken Schmerzen zu leiden; die Schmerzen
träten hauptsächlich im Bereich der Lendenwirbelsäule auf, daneben bestünden
ständig linksseitige Kopfschmerzen; ferner schmerzten beide Kniegelenke, die
rechte Schulter und das rechte Bein; der rechte Unterschenkel sei innenseitig
taub; darüber hinaus träten bei ihr in der Nacht lähmungsartige Beschwerden
derart auf, dass sich die gesamte Rückenpartie und die Brustmuskulatur bis hoch
zum Kiefer hinauf verkrampfe und sie nur noch schwer atmen könne; ihr sei es
aufgrund der Schmerzen zum Teil monatelang nicht möglich, sich zu bücken, sie
sei dann beim Ankleiden auf fremde Hilfe angewiesen; aufgrund dieser Schmerzen
bewege sie sich grundsätzlich nur mit Stockhilfe fort, um hier eine Linderung zu
erlangen; sie könne aufgrund der Schmerzen auch keine längeren Wegstrecken zu
Fuß zurücklegen; ihr Arbeitspensum könne sie nur abspulen, wenn sie die Termine
mit einem Mindestmaß an körperlichem Einsatz und den daraus resultierenden
Schmerzen wahrnehmen könne; sie sei daher auf die Hilfe ihres Autos und eines
nahegelegenen Behindertenparkplatzes angewiesen. Abschließend beantragte sie ein
weiteres Gutachten hinsichtlich des Schmerzbildes einzuholen. Mit Schreiben vom
09.12.1998 lehnte sie das Vergleichsangebot des Beklagten ab.
Auf Anforderung des Gerichtes nahm der Sachverständige Dr. G. am 06.08.1999 zu
den Einwendungen der Klägerin Stellung und fasste zusammen, dass nach
nochmaliger Wertung seiner im Gutachten festgestellten Befunde der Grad der
Behinderung in ausreichendem Maße beschrieben sei und dass derzeit das
Merkzeichen "G" nicht vorliege; sollten jedoch noch Zweifel an seiner Bewertung
bestehen, wäre eine ergänzende Begutachtung durch einen
neurologisch-psychologisch ausgerichteten Facharzt zu empfehlen.
Mit Schreiben vom 02.09.1999 bekräftigte die Klägerin die Ablehnung des
Vergleichsangebotes; eine Verbesserung der Schmerzsymptomatik sei aus ihrer
Sicht nicht möglich, im Gegenteil zeichne sich bereits jetzt ab, dass die
fortwährende Beinverkürzung nicht zum Stillstand gekommen sei.
Das Gericht teilte den Beteiligten am 07.09.1999 mit, die Einholung eines
weiteren Gutachtens von Amts wegen sei derzeit nicht beabsichtigt. Die Klägerin
informierte das Gericht am 22.09.1999, sich nicht in psychiatrischer Behandlung
zu befinden, sie habe auch nicht die Absicht, sich in entsprechende Behandlung
zu begeben.
In der mündlichen Verhandlung vom 01.12.1999 gab die Klägerin ergänzend an, sie
wache zum Teil nachts auf und habe ein Steifigkeitsgefühl bis zum Hals, das mit
Schmerzen einhergehe; diesbezüglich werde sie sich in nächster Zeit zu Prof. Dr.
G. begeben; hin und wieder habe sie auch Schwindelanfälle; das Merkzeichen "aG"
benötige sie, damit sie nur kurze Strecken gehen müsse.
Mit Urteil vom selben Tage verurteilte das Gericht den Beklagten entsprechend
seinem Anerkenntnis den GdB der Klägerin mit 30 festzustellen; im Übrigen wies
es die Klage ab. Zur Begründung bezog es sich auf die Gutachten der Dres. F. und
G. , wonach sich kein höherer GdB als 30 feststellen lasse; nachdem die Klägerin
auf Befragung mitgeteilt habe, wegen der Schmerzen nicht in Behandlung zu sein
und eine neurologische bzw. psychiatrische Behandlung nicht stattfinde, habe das
Gericht auch keine Veranlassung gesehen, von Amts ein
neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen.
Ihre hiergegen am 21.02.2000 zum Bayer. Landessozialgericht eingelegte Berufung
begründete die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.04.2000 u.a. damit, nicht
berücksichtigt seien die nachts auftretenden lähmungsartigen Beschwerden und
ihre Schmerzen; auch mit Stockhilfe könne sie nur wenige 100 m zurücklegen; sie
stehe in ständiger ärztlicher Behandlung, ihr Beschwerdebild sei insgesamt nicht
ausreichend gewürdigt; entfalle die Parkmöglichkeit, sei ihre berufliche
Existenz in hohem Maße gefährdet. Für ihre Beschwerden benannte sie als Zeugen
Familienmitglieder; höchstvorsorglich beantragte sie ein ergänzendes
Sachverständigengutachten zu den Fragen, wie stark sich das Bein mittlerweile
verkürzt habe, welche Ursachen die Beinverkürzung habe, welche Auswirkungen
diese auf das Schmerzbild hätte und mit welchem GdB die laufende Beinverkürzung
festzustellen sei. Mit Schreiben vom 17.07.2000 teilte sie mit, Anfang 2000 sei
bei Prof. Dr. G. eine Kernspintomographie durchgeführt worden, das Ergebnis
liege noch nicht vor und sei ärztlicherseits noch nicht interpretiert. Am
07.12.2000 legte sie ein Attest des Dr. H. vom 04.12.2000 vor, wonach die
schmerzfreie Gehstrecke weniger als fünf Minuten betrage; aufgrund ihrer
Erkrankung und der fortgeschrittenen degenerativen Behinderungen sei ein GdB von
60 mit dem Zusatz "G" dringend angezeigt.
Nachdem der Beklagte mit Schriftsatz vom 22.12.2000 auf Unklarheiten des
Klageantrags bezüglich der Merkzeichen hingewiesen und bemängelt hatte, dass dem
Attest des Dr. H. weder Funktionseinschränkungen noch deren Ausmaß zu entnehmen
seien, verwies die Klägerin im Schriftsatz vom 12.02.2001 auf ihre Anträge vom
25.04.2000. Mit Schreiben vom 02.08.2001 beantragte sie ein Gutachten nach § 109
von Dr. H., der, wie auch der nachträglich noch genannte Dr. R, um eine
Entbindung vom Gutachtensauftrag bat. Der letztlich beauftragte Dr. H. stellte
in seinem orthopädischen Gutachten vom 12.09.2002 (§ 109 SGG) seit der
Marknagelung 1991 eine Beinverkürzung von ca. 3,5 cm, eine
Innenrotationsfehlstellung von ca. 20 Grad (GdB jeweils 10) eine ausgeprägte
Bewegungsbehinderung im rechten Kniegelenk durch Verwachsungen (GdB 20) fest; zu
einer erneuten wesentlichen Änderung sei es nach Entfernung des Marknagels 1995
und nach Narkosemobilisation des rechten Kniegelenkes gekommen; aus heutiger
Sicht (aufgrund der Aktenlage und der Röntgenfilme) sei davon auszugehen, dass
1993 ein GdB von 30 vorgelegen habe; unverändert hätten die Beinverkürzung, die
Innenrotationsfehlstellung und die Bewegungseinschränkung am rechten Kniegelenk
bis zur Narkosemobilisierung 1995 bestanden; aufgrund der Reizergüsse im rechten
Kniegelenk bei fortschreitender Kniegelenksarthrose bestehe jetzt ein Gesamt-GdB
von 40.
Mit Schreiben vom 26.11.2002 erklärte sich der Beklagte daraufhin bereit, für
die in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 12.11.2002 (Dr. H.) genannten
Gesundheitsstörungen ab 05.09.2002 einen GdB von 40 und die gesundheitlichen
Voraussetzungen für das Merkzeichen G festzustellen. Dieses Vergleichsangebot
nahm er mit Schreiben vom 05.03.2003 zurück, weil "G" nur bei GdB 50 in Betracht
komme.
Mit Schriftsatz vom 18.02.2003 bekräftigte die Klägerin nochmals, für sie sei in
aller erster Linie von entscheidender Bedeutung, dass ihr auch in Zukunft die
Parkmöglichkeit auf Behindertenparkplätzen erhalten bleibe; zwar habe der
Sachverständige Dr. H. angegeben, bei ihr läge ein so hoher GdB , wie er bei
Doppelbeinamputierten, Hüftgelenkexartikulierten und anderen in der Beweisfrage
beschriebenen Behinderungen gegeben sei, nicht vor, er habe jedoch durchweg eine
ganz erhebliche Gehbehinderung diagnostiziert; nach der Rechtsprechung des BSG
komme es allein darauf an, dass die Auswirkungen der Behinderung auf die
Fähigkeiten zur Fortbewegung funktional gleich zu achten seien (BSG vom
12.02.1997, Az.: 9 RVS 11/95); ihr sei es schlicht nicht möglich, ohne
Stockhilfe auch nur kürzeste Entfernungen zurückzulegen; nach der Rechtsprechung
des BSG könne eine funktionale Äquivalenz der vorliegenden Behinderung im
Hinblick auf die Fortbewegung auch dann gegeben sein, "wenn jeder Schritt des
Behinderten mit erheblichen Schmerzen im Bereich der Extremitäten verbunden ist
und die Fortbewegung hierdurch zusätzlich erschwert wird". Sie beantragte die
Einholung eines neurologischen Gutachtens, dass der bei ihr auftretende
Schwindel einen GdB von mindestens 50 nach sich ziehe sowie die gesundheitlichen
Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" erfülle. Im Erörterungstermin vom
11.03.2000 gab sie u.a. an, mit richtigem Atmen und Joga gegen die Schmerzen
anzugehen; beim Gehen mit Beinbelastung wachse der Schmerz so stark an, dass sie
nach ca. 50 m gezwungen sei, anzuhalten; sie habe bezüglich des Schmerzes im
rechten Oberschenkel immer das Gefühl, als würde der Knochen gleich brechen;
abgesehen davon, dass sie sich außerhalb des Hauses meistens nur in Begleitung
fortbewege, habe sie den zu bewältigenden Weg so eingeteilt, dass sie ca. alle
50 m geeignete Raststationen (z.B. Bank) habe; im Übrigen habe sich ihr
Gesundheitszustand seit der Untersuchung bei Dr. H. wiederum verschlechtert; es
bestehe bei einer erneuten Operation sogar die Gefahr eines Beinverlustes; im
Übrigen bestehe wegen eines Antikörpers in ihrem Blut ein nicht unerhebliches
Operationsrisiko; sie beabsichtige in den nächsten sechs Wochen einen Antrag
nach § 109 SGG auf Einholung eines neurologischen Gutachtens zu stellen.
Der letztlich nach § 109 SGG beauftragte Sachverständige Prof. Dr. B. (Leiter
des Zentrums für Schmerztherapie und Palliativmedizin) bestätigte in seinem
Gutachten vom 16.03.2005 im Wesentlichen die orthopädischen Befunde früherer
Gutachten, schilderte, wie die langjährige Beinverkürzung und
Innenrotationsfehlstellung des rechten Beines (ca. 20 %) zu einer Fehlstellung
des Beckens und der Wirbelsäule und diese Veränderungen zu einem konsekutiven
Umbau des gesamten knöchernen Apparates, insbesondere der Wirbelsäule, geführt
hätten; erste Zeichen einer chronischen Fehlbelastung der Wirbelsäule seien die
von der Klägerin geklagten Rückenschmerzen, die im Jahre 1988 zu einer erneuten
Operation in Form einer Umstellungsosteotomie geführte habe; der
komplikationsträchtige postoperative Verlauf habe nicht zuletzt aufgrund der
lang dauernden Problematik einer Osteomyelitis zu einer weitergehenden
Schädigung des knöchernen Anteils des rechten Beines mit Rotationsfehlstellung
geführt; da ein Ausgleich der Beinlängendifferenz über viele Jahre bis auf den
heutigen Tag nicht habe erreicht werden können, sei die chronisch persistierende
Fehlhaltung der gesamten Wirbelsäule nicht nur mit funktionellen Störungen
(Hinken, Humpeln, schleppender, nur mit Gehhilfe erreichbarer stabiler und
sicherer Gang) verbunden, sondern auch Ursache der Entwicklung chronischer
Schmerzen; das chronische Cervicobrachialsyndrom gehe mit Spannungskopfschmerzen
und Schwindelattacken mit erheblicher Gangunsicherheit einher; als auslösende
Trigger kämen die Verspannungen der HWS und der Schultermuskulatur in Frage; da
Kopfschmerz und Schwindel eng miteinander assoziiert seien und sich auch
gegenseitig verstärkten, stellten diese Gesundheitsstörungen eine Behinderung
dar; dies umso mehr, als der Schwindel die Gangsicherheit zusätzlich zu den
funktionellen Störungen des Stütz- und Halteapparates verstärke; die Klägerin
sei aufgrund der multiplen chronisch pathologischen Veränderungen des
Schultergürtels und der gesamten Wirbelsäule auf Dauer in ihren körperlichen
Funktionen und ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit erheblich behindert;
darüber hinaus leide sie an einer chronischen Schmerzkrankheit, die unter den
bisherigen therapeutischen Maßnahmen keine Besserung des Gesundheitszustandes
gezeigt habe; sie sehe ihre Schmerzen als organisch verursacht an und zeige zum
Untersuchungszeitpunkt nur geringfügige psychische bzw. seelische Veränderungen;
sie habe sich trotz der Chronizität der Schmerzsymptomatik und der starken
Funktionsstörungen ihre positive Grundhaltung erhalten; diese zeige sich in
ihrem Bestreben und ihrem Vorsatz, trotz der Behinderung möglichst umfassend
körperlich aktiv zu bleiben; trotz der über lange Jahre bestehenden Beschwerden
bestehe immer noch "Lebensfreude", was für den therapeutischen Ansatz von hohem
positivem Wert sei; dies sei auch an der Tatsache erkenntlich, dass sie soziale
Kontakte mit Bekannten und Freunden aufrechterhalte. Die seit vielen Jahren mit
wechselnder Intensität bestehende Schmerzproblematik und die damit verbundenen
körperlichen Funktionsstörungen beurteilte er mit einem Gesamt-GdB von 50; da
die bei der Klägerin vorliegende Schmerzproblematik in bisherigen Gutachten
nicht adäquat berücksichtigt worden sei, ergäbe sich als wesentliche Änderung
ein GdB von 80 sowie die Zuerkennung der Merkzeichen "G", "aG"; dies sei im
Änderungsbescheid vom 15.06.1993 nicht erfasst. Die Frage, ob bei der Klägerin
aufgrund des Schmerzbildes ein derartiger Leidenszustand gegeben sei, dass jeder
Schritt mit erheblichen Schmerzen im Bereich der Extremitäten verbunden sei und
die Fortbewegung hierdurch zusätzlich zu der festgestellten Behinderung auf
orthopädischem Fachgebiet erschwert werde; bejahte der Sachverständige; der
belastungsabhängige Schmerz trete nach kurzer Belastungsstrecke auf und führe zu
einer erheblichen Einschränkung der Beweglichkeit der Klägerin; dieser Schmerz
sei von Dauercharakter und durch die bisherigen therapeutischen Maßnahmen nicht
zu bessern; die Entwicklung des bisherigen Krankheitszustandes sei durch eine
fortschreitende Verschlimmerung der gesundheitlichen Situation charakterisiert,
da die Ursachen für den Haltungsschaden immer noch nachweisbar seien; bei den
geklagten Schmerzen handle es sich um neuropathische Schmerzen, die ihren
Ursprung in einer Strukturänderung des Nervensystems hätten, äußerst Wetter
abhängig, wegen ihrer Intensität für die Psyche des Betroffenen äußerst quälend
und durch ein hohes Chronifizierungspotential charakterisiert seien; die
Bewegungsfähigkeit sei aufgrund des schwerfälligen, watschelnden Ganges nur
äußerst langsam möglich und hinsichtlich der Gehstrecken erheblich
eingeschränkt; länger dauernde Belastungen, d.h. eine Gehstrecke von über 30 bis
50 m bzw. eine regelmäßige Gehzeit von etwa zehn Minuten führe zur
Schmerzverstärkung in der Lendenwirbelsäule, dem rechten Oberschenkel und dem
Knie; die Klägerin sei aufgrund der körperlichen Funktionsstörung, der
chronischen Schmerzen in der unteren Körperhälfte sowie der attackenförmig
auftretenden Schwindelanfälle nicht mehr in der Lage, sich auf
Gefahrensituationen durch rasche Reaktionsmuster in Sicherheit zu bringen; sie
sei auf Dauer auf ihre Gehhilfe angewiesen, die ihr beim Gehen auch das Gefühl
von Sicherheit biete; ihre Schmerzen seien vom Charakter her mit den
Schmerzcharakteristika von Querschnittsgelähmten, Doppel-Beinamputierten,
Hüftexartikulierten und einseitig Oberschenkelamputierten vergleichbar, die
dauernd außerstande seien, ein Kunstbein zu tragen oder nur eine
Beckenkorbprothese tragen könnten; dies betreffe sowohl den nozizeptiven als
auch den neuropathischen Schmerzcharakter; die Klägerin sei auf die Hilfe
fremder Personen angewiesen, um sich gegenüber schädigenden Einflüssen und
gefährlichen Situationen, wo sie wegen ihrer schmerz- und funktionsbezogenen
Behinderungen nicht adäquat reagieren bzw. sich nicht helfen könne, zu schützen.
Bei der körperlichen Untersuchung seien das An- und Ausziehen sowie
Bewegungsänderungen nur unter gesteigerter Anstrengung und unter Schmerzen und
auch nur mit Abstützen an der Untersuchungsliege bzw. am Stuhl möglich gewesen;
das Gehen sei auch auf kurzer Distanz von 15 bis 20 m durch kurze Pausen
unterbrochen worden; ein flüssiger ungestörter Gang sei mit/ohne Gehhilfe
überhaupt nicht möglich gewesen.
Der Beklagte unterbreitete hierauf am 04.05.2005 ein Vergleichsangebot, in dem
er sich bereit erklärte, für die in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom
02.05.2005, genannten Gesundheitsstörungen ab 07.09.2004 einen GdB von 50 und
die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" festzustellen. Dazu
legte er eine nervenärztliche Stellungnahme des Dr. K. vom 02.05.2005 sowie eine
chirurgische Stellungnahme des Dr. H. vom 13.04.2005 vor. Dr. K. verwies
insbesondere darauf, dass Prof. Dr. B. über eine Schmerzverstärkung in der
Wirbelsäule, im rechten Oberschenkel und im Knie nach einer Gehstrecke von 30
bis 50 m bzw. nach einer Gehzeit von ca. 10 Minuten berichte und einen
schwerfälligen, langsam schleppenden hinkenden Gang nahezu ausschließlich mit
Gehstock und Unterbrechung durch kurze Pausen auf kurzer Distanz von ca. 50 bis
20 m beschreibe; auf nervenärztlichem Fachgebiet seien also keine zusätzlichen
neurologischen Defizite und keine ausgeprägtere psychische Symptomatik
beschrieben worden; aufgrund der Schmerzsymptomatik sei eine Höherbewertung des
Wirbelsäulenleidens bereits in der versorgungsärztlich-chirurgischen
Stellungnahme vom 13.05.2004 vorgeschlagen worden; die diagnostizierte
Schmerzkrankheit sei dabei bereits berücksichtigt; bei der erforderlichen
Benutzung eines Gehstockes lägen die Voraussetzungen für Merkzeichen "G"
ebenfalls vor; ein ständiges Angewiesensein auf den Rollstuhl werde allerdings
nicht beschrieben, die Feststellung des Merkzeichens "aG" werde deshalb aus
versorgungsärztlicher Sicht nicht vorgeschlagen.
Hiergegen wandte die Klageseite mit Schriftsatz vom 30.05.2000 ein, eine
Auseinandersetzung mit dem klaren und schlüssigen Gutachten des Prof. Dr. B. und
dessen Vorschlägen erfolge nicht, im Übrigen gehe der versorgungsärztliche
Dienst offensichtlich von falschen Voraussetzungen für die Feststellung des
Merkzeichens "aG" aus.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts München vom 01.12.1999 sowie des Bescheides vom 15.06.1993 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.09.1993 zu verurteilen, bei der Klägerin ab Bekanntgabe des Bescheides vom 15.06.1993 einen GdB von mindestens 50 sowie weiter das Vorliegen der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" festzustellen; hilfsweise beantragt sie die Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. B. für den Fall, dass der Senat dessen Gutachten nicht folgt.
Der Beklagte wiederholte das Vergleichsangebot vom 04.05.2005.
Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des
Sozialgerichts München vom 01.12.1999 zurückzuweisen, soweit sie über das
Vergleichsangebot vom 04.05.2005 hinausgeht.
Zum Verfahren beigezogen worden sind die Schwerbehindertenakten der Klägerin
beim Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts München, Az.: S 11 Vs 1656/93,
S 11 SB 1021/96 sowie die Akten des Bayer. Landessozialgerichts, Az.: L 12 B
370/97.Vs.
Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren des Beklagten und des
Sozialgerichts wird gemäß § 202 SGG und § 543 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf
den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweismittel,
hinsichtlich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze und
Anlagen der Beteiligten sowie den Inhalt der Berufungsakte nach § 136 Abs.2 SGG
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin (§ 51 Abs.1 Nr.7 SGG i.V.m. § 69 des Neunten
Buches des Sozialgesetzbuches - SGB IX -, §§ 143 ff., § 151 SGG) ist nur
teilweise begründet, bezüglich des aus Sicht der Klägerin im Vordergrund
stehenden Merkzeichens "aG" jedoch unbegründet und insoweit zurückzuweisen.
Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München vom 01.12.1999 und der ihm
zugrunde liegende Bescheid des Beklagten vom 15.06.1993 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 27.09.1993 sind abzuändern und der Beklagte zu
verurteilen, bei der Klägerin ab 05.09.2002 einen GdB von 40 und ab 07.09.2004
einen GdB von 50 sowie die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G"
festzustellen; dagegen hat die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass die nach §
69 Abs.1 Satz 1 SGB IX zuständigen Behörden des Beklagten einen höheren GdB als
50 sowie das Merkzeichen "aG" feststellen und in ihren Schwerbehindertenausweis
eintragen.
In den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des
Abhilfebescheides vom 26.06.1990 (GdB 80, Merkzeichen "B", "G", "aG") vorgelegen
haben, sind im Laufe der nachfolgenden Jahre wesentliche
Änderungen/Besserungen/Verschlimmerungen nach § 69 SGB IX - früher: § 4 SchwbG -
i.V.m. § 48 Abs.1 Satz 1 SGB X eingetreten, die den Beklagten verpflichten,
entsprechende Neufeststellungen zu erlassen.
Grundlage für die Prüfung und Feststellung im Abhilfebescheid vom 26.06.1990 war
die "infizierte Verlängerungsosteotomie des rechten Femur". Zu diesem Ergebnis
gelangte der Beklagte aufgrund der Auswertung insbesondere der ärztlichen
Bescheinigungen und Befundberichte des die Klägerin behandelnden Arztes Prof.
Dr. G.. Danach bedurfte die Klägerin damals ständig einer Begleitperson und war
auf Rollstuhl und Krücken angewiesen; sie konnte zum damaligen Zeitpunkt das
rechte Bein noch nicht voll belasten, der bei ihr angebrachte sog. Fixateur
extern war noch nicht entfernt worden, Schmerzen traten im Wesentlichen bei
voller Belastung des rechten Beines auf. Am 13.07.1990 stellte Prof. Dr. G.
schließlich einen Durchbau der Osteotomie fest und entfernte den Fixateur
extern; unter Stockstützenschutz konnte die Klägerin belasten; eine Zeit lang
trug sie einen Oberschenkelgehgibsverband in Korrekturstellung; septische
Komplikationen waren seitens der Ärzte befürchtet worden. Dies veranlasste die
Medizinaldirektorin Dr. K. am 27.02.1991 zu der Feststellung, keine Änderung
vorzunehmen. Nachdem die Klägerin während des seit Januar 1992 eingeleiteten
Nachprüfungsverfahrens es ablehnte, sich in der Untersuchungsstelle des
Beklagten untersuchen und begutachten zu lassen, wertete die Versorgungsärztin
(Chirurgin) Dr. B. die Berichte der behandelnden Orthopäden Prof. Dr. G. und
Prof. Dr. L. aus und stellte eine in Übereinstimmung mit ihnen wesentliche
Besserung insoweit fest, als die Vollbelastung ohne Hilfsmittel möglich sei; die
Osteotomie sei knöchern konsolidiert, die Beinlänge weitgehend ausgeglichen. Auf
Anfrage aktualisierte Prof. Dr. G. seinen letzten Befundbericht und teilte mit,
die Untersuchung vom 03.03.1993 habe ergeben, die Klägerin sei inzwischen in der
Lage, auch kurze Strecken ohne Stock zu laufen, gerate jedoch dann in einen
hinkenden Gang wegen mangelnder Kraftleistung auf der linken Seite. Am
03.08.1993 teilte er mit, nach der letzten Konsultation am 03.03.1993 habe die
Klägerin im Wesentlichen über den behindernden Gang und ihre stark schmerzhaft
eingeschränkte Kniegelenksbeweglichkeit geklagt, zu der es schließlich durch den
sehr langwierigen postoperativen Verlauf mit septischen Komplikationen gekommen
sei. Die Klägerin hatte ihren Widerspruch noch damit begründet, dass sie
teilweise nicht einmal kürzeste Wege ohne Begleitperson und Gehhilfe bewältigen
könne; Schmerzfreiheit sei eine absolute Seltenheit für sie. Bei der im
Klageverfahren erfolgten Untersuchung und Begutachtung durch Dr. F. (Gutachten
vom 29.01.1997) gab sie an, sie leide unter Schmerzen und einer Schwellneigung
im rechten Kniegelenk, der rechte Oberschenkelknochen brenne und schmerze, das
Knie steche; es schmerzten die Nerven am rechten Unterschenkel, auch habe sie
Schmerzen in der rechten Schulter in allen Bewegungsebenen; öffentliche
Verkehrsmittel könne sie ohne Begleitperson nicht benutzen, da sie nicht in der
Lage sei, alleine Treppen zu überwinden, um beispielsweise auf Bahnhöfen die
Züge zu erreichen. Der Sachverständige Dr. F. maß die oberen Extremitäten, die
Wirbelsäule und die unteren Extremitäten und nahm eine neurologische
Orientierung und Röntgenbeurteilung vor. Insgesamt sah er die wesentliche
Änderung in einer knöchern fest verheilten Verlängerungsosteotomie des rechten
Oberschenkels mit jetzt nicht mehr florider Osteomyelitis und inzwischen
entfernten Metallen. Die Funktionsbehinderung der Beingelenke bezeichnete er als
ausgesprochen geringfügig und stellte fest, es liege keine Muskelminderung des
rechten Beines vor. Die Klägerin sei in der Lage, im Ortsverkehr übliche
Wegstrecken ohne erhebliche Schwierigkeiten und ohne Gefahren für sich oder
andere zu Fuß zurückzulegen, die Benutzung einer Stockhilfe sei objektiv nicht
erforderlich.
Der auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Dr. G.
bestätigte in seinem orthopädischem Gutachten vom 16.09.1998 im Wesentlichen,
die vom Beklagten und vom Sachverständigen Dr. F. festgestellte Besserung, ging
jedoch davon aus, dass 1993 bereits eine Arthrose des rechten Kniegelenkes mit
Funktionsdefizit sowie noch verbliebenem Marknagel bei ebenfalls bestehender
Beinlängendifferenz bestanden habe, wodurch ein GdB von 30 gegeben sei,
unabhängig von evtl. bereits damals bestehenden Wirbelsäulenbeschwerden; die
Merkzeichen "G" und "aG" hätten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
nicht mehr bestanden.
Diesem geänderten Sachverhalt entsprach der Vergleichsvorschlag des Beklagten
vom 13.10.1998, ab 20.06.1993 für
1. Beinverkürzung rechts und Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenkes bei
degenerativen Veränderungen nach mit leichtem Außendrehfehler verheiltem
Oberschenkelbruch rechts und Verlängerungsoperation des rechten Oberschenkels,
ruhende Osteomyelitis rechter Oberschenkel,
2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule bei degenerativen Veränderungen,
einen GdB von 30 festzustellen. Das Sozialgericht hat die Ergebnisse der
Gutachten Dr. F. und Dr. G. in Übereinstimmung mit den AP zutreffend ausgewertet
und gewürdigt und den Beklagten entsprechend dem Vergleichsvorschlag verurteilt
und im Übrigen die Klage abgewiesen. Gleichzeitig hat es festgestellt, dass die
Klägerin wegen der Schmerzen nicht in Behandlung sei und auch keine
neurologische oder psychiatrische Behandlung stattfinde, so dass die Einholung
eines neurologisch-psychiatrischen Gutachtens von Amts wegen nicht veranlasst
sei. Der Senat hat keinen Anlass, die in sich schlüssigen Gutachten und die
darauf beruhende Urteilsbegründung in Frage zu stellen; insoweit kann er sowohl
bezüglich der Verurteilung als auch der Klageabweisung bezüglich eines höheren
GdB und von Merkzeichen für diesen Zeitraum sich hierauf beziehen und von einer
weiteren Darlegung der Entscheidungsgründe absehen (§ 153 Abs.2 SGG).
Auch die im Berufungsverfahren ermittelten Befunde, erstellten Gutachten bzw.
die von der Klägerin vorgetragenen Gründe rechtfertigen es nicht, ihr über die
Zuerkennung des Merkzeichens "aG" straßenverkehrsrechtlich als Autofahrerin den
Zugang zu Parkerleichterungen zu eröffnen. Grundlage hierfür ist nach wie vor
Nr.11 der zu § 46 der Straßenverkehrsordnung (StVO) erlassenen allgemeinen
Verwaltungsvorschrift (VV), die in ihrem Bestand unberührt bleibt vom Wegfall
der Ermächtigung des Bundesministeriums für Verkehr zum Erlass allgemeiner
Verwaltungsvorschriften in § 6 Abs.1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) in der Fassung
des Gesetzes vom 11.09.2002 (BGBl.I, 3574), wie das BSG in seinem Urteil vom
10.12.2002, Az.: B 9 SB 7/01 R feststellt. Nachdem die Klägerin nicht einer der
in der VV beispielhaft aufgeführten Gruppen schwerbehinderter Menschen angehört,
kann sie nach dem Kriterium dieser Norm nur dann als außergewöhnlich
gehbehindert angesehen werden, wenn sie diesem Personenkreis gleichzustellen
ist. Nach ständiger Rechtsprechung des 9. Senats des BSG liegt eine derartige
außergewöhnliche Gehbehinderung nur vor, wenn die Möglichkeit der Fortbewegung
in einem hohen Maß eingeschränkt ist, wobei ausdrücklich auf die Behinderung
beim Gehen abzustellen ist. Die enumerative Aufzählung der Behindertengruppen in
den allgemeinen VV bestätigt diese Auffassung. Bei ihnen liegen vornehmlich
Schädigungen der unteren Extremitäten in einem erheblichen Ausmaß vor, die
bewirken, dass Beine und Füße die ihnen zukommende Funktion der Fortbewegung
nicht oder nur unter besonderen Erschwernissen erfüllen. Für eine Gleichstellung
mit dem in den allgemeinen VV im Einzelnen genannten Personenkreis kommt es
deshalb nicht entscheidend auf die vergleichbare allgemeine Schwere der Leiden
an, sondern allein darauf, dass die Auswirkungen funktionell gleich zu achten
sind. Der Leidenszustand muss also ebenfalls wegen einer außergewöhnlichen
Behinderung beim Gehen die Fortbewegung auf das Schwerste einschränken. Das kann
beispielsweise der Fall sein, wenn jeder Schritt des Behinderten mit erheblichen
Schmerzen im Bereich der Extremitäten verbunden ist und die Fortbewegung
hierdurch zusätzlich erschwert wird (vgl. Urteil vom 12.02.1997, Az.: 9 RVs
11/95). In seiner Entscheidung vom 10.12.2002, Az.: B 9 SB 7/01 R (BSGE 90, 180
= SozR 3-3250 § 69 Nr.1) hat der 9. Senat nochmals betont, ein Betroffener ist
gleich zu stellen, wenn seine Gehfähigkeit in ungewöhnlich hohem Maße
eingeschränkt ist und er sich unter eben so großen Anstrengungen wie die in der
VV aufgeführten Schwerbehinderten oder nur noch mit fremder Hilfe fortbewegen
kann. Wer sich nämlich nur mit fremder Hilfe oder mit großer Anstrengung -
praktisch von den ersten Schritten außerhalb seines Kraftfahrzeuges an -
fortbewegen kann, qualifiziert sich für den entsprechenden Nachteilsausgleich
(insbesondere Parkerleichterungen) auch dann, wenn er gezwungener Maßen auf
diese Weise längere Wegstrecken zurücklegt.
Der nach § 109 SGG gehörte Sachverständige Prof. Dr. B., der von einer
Schmerzsymptomatik/Schmerzproblematik/Schmerzkrankheit ausgeht, die in den
bisherigen Gutachten nicht adäquat berücksichtigt sei, bejaht zwar die Frage
danach, ob jeder Schritt der Klägerin mit erheblichen Schmerzen im Bereich der
Extremitäten verbunden sei, stellt jedoch gleichzeitig fest, der
belastungsabhängige Schmerz trete nach kurzer Belastungsstrecke auf und führe zu
einer erheblichen Einschränkung der Beweglichkeit; das Gehen sei auch auf kurzer
Distanz von ca. 15 bis 20 m durch kurze Pausen unterbrochen; ein flüssiger
ungestörter Gang sei mit/ohne Gehhilfe überhaupt nicht möglich gewesen; bei den
geklagten Beschwerden handle es sich um neuropathische Schmerzen, die äußerst
Wetter abhängig seien und durch ihre Intensität für die Psyche des Betroffenen
äußerst quälend und durch ein hohes Chronifizierungspotential charakterisiert
seien; ihre Schmerzen seien vom Charakter her mit den Schmerzcharakteristika
vergleichbar, wie sie beispielsweise bei den genannten Krankheitsbildern
Querschnittsgelähmter, Doppel-Beinamputierter etc. auftreten könnten; länger
dauernde Belastungen, d.h. eine Gehstrecke von über 30 bis 50 m bzw. eine
regelmäßige Gehzeit von etwa zehn Minuten, führten zur Schmerzverstärkung in der
Lendenwirbelsäule, dem rechten Oberschenkel und dem Knie; die Klägerin selbst
sehe ihre Schmerzen als organisch verursacht an und zeige zum
Untersuchungszeitpunkt nur geringfügige psychische bzw. seelische Veränderungen;
trotz der Chronizität der Schmerzsymptomatik und der starken Funktionsstörungen
habe sich die Klägerin ihre positive Grundhaltung erhalten, was sich in ihrem
Bestreben und ihrem Vorsatz zeige, möglichst umfassend körperlich aktiv zu
bleiben; trotz der über lange Jahre bestehenden Beschwerden bestehe immer noch
"Lebensfreude"; die Klägerin lege großen Wert darauf, trotz ihrer Beschwerden
noch gewerbsmäßig tätig zu sein.
Insgesamt beschreibt Prof. Dr. B. eine "schwere, multilokuläre chronische
Schmerzkrankheit", die z.T. Wetter abhängig ist, in verschiedenen
Körperhaltungen und Reaktionen ausgelöst wird und die zu einer
Schmerzverstärkung bei einer Gehstrecke von 30 bis 50 m führt. Nachdem bislang
jedoch von keinem anderen früher gehörten Sachverständigen relevante
objektivierbare Schonhaltungen wegen des Schmerzes beschrieben wurde - im
Gutachten des Dr. H. z.B. wurde die Bemuskelung beider Beine im Wesentlichen als
symmetrisch beschrieben - hält es der Senat nicht für erwiesen, dass die
Klägerin praktisch von den ersten Schritten außerhalb ihres Kraftfahrzeuges an
in ungewöhnlich hohem Maß in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt ist, d.h. dass
jeder Schritt mit erheblichen Schmerzen im Bereich der Extremitäten verbunden
ist. Ebenso fraglich bleibt, ob sie sich nur unter ebenso großen körperlichen
Anstrengungen fortbewegen konnte und kann wie die in der VV genannten Personen.
Dies hat das BSG zwar dann für möglich erachtet, wenn der Betroffene die von ihm
nach 30 m einzulegenden Pausen deshalb macht, weil er bereits nach dieser kurzen
Wegstrecke erschöpft ist und neue Kräfte sammeln muss, bevor er weiter gehen
kann (BSG vom 10.12.2002), die Klägerin hat jedoch im Erörterungstermin vom
11.03.2000 u.a. angegeben, erst nach ca. 50 m wegen des angewachsenen Schmerzes
Rast machen zu müssen. Darüber hinaus kann nicht verkannt werden, dass bestimmte
Schmerzen nur nachts oder beim Liegen durch Verklemmungen der Brustwirbelsäule,
verbunden mit Atemnot und nicht beim Gehen geschildert wurden, so dass sie bei
der Prüfung der Voraussetzungen für das Merkzeichen "aG" außer Betracht zu
bleiben haben. Auffallend ist auch, dass die Klägerin anlässlich der
Untersuchung bei Dr. F. noch eine Gehstrecke von ca. 500 m angab, wobei sie
manchmal habe stehen bleiben müssen, weil sich das Knie verklemmt habe. In dem
von ihr selbst vorgelegten Attest des Dr. H. vom 04.12.2000 wurde eine
schmerzfreie Gehstrecke von weniger als fünf Minuten beschrieben. Insgesamt
ergeben sich daraus genügend Hinweise dafür, dass die belastungsabhängigen
Beschwerden nicht unmittelbar nach dem Verlassen des Autos auftreten.
Zusammenfassend kann wegen der eingeschränkten Beweglichkeit der
Halswirbelsäule, der schmerzbedingten Atemstörung aufgrund degenerativer
Veränderungen der Brustwirbelsäule sowie der von Prof. Dr. B. berichteten
heftigsten Druckschmerzangabe mit schmerzbedingter Abwehrreaktion im Bereich der
LWS zwar eine Höherbewertung des Wirbelsäulenleidens mit einem Einzel-GdB von 30
erfolgen, womit die sonst bereits miteinbezogenen üblichen Schmerzen und die
darüber hinausgehenden nach Nr.18.8 der AP ausreichend bewertet sind. Der
Nachweis der medizinischen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens
"aG" kann jedoch durch das Gutachten des Prof. Dr. B. nicht mit der an
Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, die hier erforderlich ist, erbracht
werden.
Nicht nachvollziehbar, weil in keiner Weise unter Bezugnahme auf die
maßgeblichen AP diskutiert, ist die Festsetzung eines GdB von 50 für die
"Schmerzkrankheit" durch Prof. Dr. B. , der insgesamt einen GdB von 80 sowie die
Merkzeichen "G", "aG" vorschlägt. Weder setzt sich der Sachverständige mit
einschlägiger sozialmedizinischer Literatur zur Leistungsbeurteilung chronischer
Schmerzsyndrome (vgl. z.B. R. M. Schulte, MED SACH 95 (1999) Nr.2 S.52) oder mit
der Niederschrift über die Tagung der Sektion "Versorgungsmedizin" des
ärztlichen Sachverständigenbeirats beim BMA vom 25. bis 26.11.1998 auseinander,
noch liefert er objektiv nachvollziehbare Begründungen für einen Einzel-GdB von
50 für die von ihm beschriebene Schmerzkrankheit/Schmerzsymptomatik. Besonders
auffallend ist dies, wenn er darlegt, dass diese neuropathischen Schmerzen
äußerst Wetter abhängig (sc. nicht ständig vorhanden) und durch die Intensität
für die Psyche des Betroffenen äußerst quälend seien und an anderer Stelle nur
von geringfügigen psychischen bzw. seelischen Veränderungen, einer positiven
Grundhaltung der Klägerin und ihrer Aufrechterhaltung sozialer Kontakte mit
Bekannten und Freunden sowie der Ausübung ihrer gewerblichen Tätigkeit
berichtet. Auf die sich aufdrängende Frage, warum die Klägerin wegen der
Schmerzen bzw. der dadurch bedingten Intensität für die Psyche nicht in
Behandlung ist und welches Ausmaß an körperlicher Anstrengung von der Klägerin
über einen Zeitraum von über 15 Jahren aufgebracht werden musste, ohne dass es
zu psychischen Schädigungen kam, gibt dieses Gutachten keine Antwort.
Obwohl der Senat in einigen Bereichen demzufolge dem Gutachten des Prof. Dr. B.
nicht folgt, war er aufgrund der Feststellungen/Beurteilungen der übrigen
Sachverständigen trotz des Hilfsantrages der Klageseite nicht gehalten, diesen
Sachverständigen anzuhören; gezielte und spezifische Fragen zu dem
Anhörungsthema wurden von der Klageseite nicht gestellt.
Die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin stellen sich seit dem 07.09.2004
(Untersuchungsdatum Prof. Dr. B.) in Übereinstimmung mit den Beschreibungen und
Bewertungen der Versorgungsärzte Dr. H. und Dr. K. in ihren Stellungnahmen vom
13.04. und 02.05.2005 und in Übereinstimmung mit den übrigen Gutachten im
Wesentlichen wie folgt dar:
1. Funktionsbehinderung der rechten unteren Extremität bei eingeschränkter
Beweglichkeit des rechten Kniegelenkes und ausgeprägten Knorpelschäden,
anhaltende Reizerscheinung bei Beinverkürzung um 3,5 cm sowie
Innenrotationsfehlstellung (Einzel-GdB 40),
2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen, Muskel- und
Nervenwurzelreizerscheinungen, Schmerzsyndrom; Einzel-GdG 30.
Hieraus ergibt sich ein Gesamt-GdB von 50. Berücksichtigt man, dass bei der
Untersuchung bei Prof. Dr. B. ein schwerfälliger, langsam schleppender und
hinkender Gang nahezu ausschließlich mit Gehstock und Unterbrechung durch kurze
Pausen auf kurzer Distanz von ca. 15 bis 20 m beschrieben wurde, so ist es
gerechtfertigt von einer erheblichen Beeinträchtigung der Klägerin im
Straßenverkehr auszugehen (Nr.30.1 AP). Hierbei sind auch die von Prof. Dr. B.
beschriebenen Schwindelattacken mitberücksichtigt (Nr.30.2 AP). Das dadurch
bedingte Merkzeichen ist der Klägerin deshalb zuzubilligen, ohne dass sie es in
der mündlichen Verhandlung ausdrücklich beantragte; dies ergibt sich daraus,
dass sie das Merkzeichen "aG" als das weitergehende beantragte; das Merkzeichen
"G" ist darin grundsätzlich mit enthalten.
Nachdem weitere Merkzeichen, wie z.B. "B" nicht mehr beantragt wurden, braucht
der Senat hierauf nicht näher einzugehen. Abgesehen davon, dass dieses
Merkzeichen auch von keinem Sachverständigen bejaht wurde; spricht die kaum
unterbrochene Berufsausübung der Klägerin auch außerhalb der Wohnung über einen
so großen Zeitraum hinweg und ohne dauernde Begleitperson gegen das Vorliegen
der medizinischen Voraussetzungen für dieses Merkzeichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (vgl. § 160 Abs.2 Nrn.1
und 2 SGG); der Senat stützt seine Entscheidung ausdrücklich auf die
Rechtsprechung des BSG.