Bayerisches Landessozialgericht - L 15 SB 69/12 - Urteil vom 17.09.2013
Ein Einzel-Grad der Behinderung (GdB) ist keiner eigenen Feststellung zugänglich. Für die Feststellung eines höheren GdB als 100 besteht keine Rechtsgrundlage.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten sind der Gesamt-Grad der Behinderung (Gesamt-GdB) und die Feststellung eines Einzel-GdB streitig. Der 1946 geborene Kläger, der sich derzeit in Strafhaft befindet, stellte am 10.05.2006 beim Beklagten Antrag auf Erhöhung des zuvor mit 50 festgestellten GdB und auf Feststellung des Merkzeichens "G". Mit Bescheid vom 25.10.2006 lehnte es der Beklagte ab, eine neue Feststellung nach § 69 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) zu treffen. Der GdB betrage wie bisher 50. Auch der Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" sei abzulehnen gewesen, da die geforderten gesundheitlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Am 29.11.2006 erhob der Kläger Widerspruch. Nach Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen erließ der Beklagte am 08.02.2007 einen Abhilfebescheid und setzte den GdB ab 10.05.2006 auf 60 fest. Dem Widerspruch sei somit in vollem Umfang abgeholfen worden. Am 04.04.2007 erreichte den Beklagten ein Schreiben des Klägers, aus dem deutlich wurde, dass er mit der Entscheidung des Beklagten vom 08.02.2007 nicht einverstanden war. In dem am 26.04.2007 eingegangenen Schreiben äußerte der Kläger, der Beklagte habe ihm "20 % gestohlen". Der Kläger ging darin von einem GdB von 80 aus. Der Beklagte wertete das Schreiben vom 04.04.2007 als Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.02.2007 und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.12.2007 als verfristet zurück. Am 16.10.2007 beantragte der Kläger beim Sozialgericht Würzburg (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, den Beklagten zur Feststellung eines GdB von 70 zu verpflichten (Az.: S 3 SB 859/07 ER). In dem Eilrechtsschutzverfahren ließ sich der Beklagte u.a. dahingehend ein, dass aus dem o.g. Schreiben des Antragstellers deutlich werde, dass dem Widerspruchsbegehren entgegen der (ursprünglichen) Annahme des Beklagten nicht vollumfänglich entsprochen worden sei, vielmehr ein GdB von 80 begehrt werde. Der Bescheid vom 08.02.2007 sei somit rechtlich nur ein Teilabhilfebescheid. Mit Beschluss vom 20.11.2007 lehnte das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab; die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Bayerische Landessozialgericht (BayLSG) mit Beschluss vom 28.01.2008 zurück (Az.: L 18 B 1096/07 ER). In dem Beschluss führte das BayLSG aus, dass der Widerspruchsbescheid vom 06.12.2007 zu Unrecht ergangen und daher vom Beklagten aufzuheben sei. Daraufhin hob der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.06.2008 den genannten Widerspruchsbescheid "entsprechend dem Beschluss des Bayerischen LSG vom 28.01.2008" auf und wies den Widerspruch des Klägers, soweit dieser die Anerkennung eines höheren GdB als 60 begehre, zurück Mit Schreiben vom 12.06.2008 hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Es sei ein GdB von 80 bzw. 100 anzuerkennen. Gleichzeitig stellte der Kläger erneut Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim SG (Az.: S 5 SB 472/08 ER). Dieses wies den Antrag und den Antrag auf Prozesskostenhilfe (PKH) mit Beschluss vom 29.07.2008 zurück. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das BayLSG mit Beschluss vom 17.12.2008 (Az.: L 18 B 759/08 SB ER) zurück. Im Klageverfahren hat der Kläger eine gerichtsärztliche Untersuchung bei dem vom Gericht beauftragten Orthopäden Dr. S. abgelehnt. Daraufhin hat das SG ein Gutachten nach Aktenlage eingeholt. Nach Feststellung von Dr. S. im Gutachten vom 27.04.2010 hat sich aus der Aktenlage kein Hinweis für eine wesentliche Befundänderung ergeben. Weiter hat das SG die Akten der Staatsanwaltschaft A-Stadt mit darin enthaltenen Gutachten beigezogen. Im Auftrag des SG hat sodann der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. den Kläger untersucht. Im Gutachten vom 13.12.2011 ist der Sachverständige zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, dass beim Kläger eine derart gravierende Form einer Persönlichkeitsstörung festzustellen sei, dass deren Symptomatik durchaus Überschneidungen mit den Symptomen einer chronischen Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis zulasse. Es sei von sich mit der Zeit verschlechternden schwersten sozialen Anpassungsschwierigkeiten auszugehen. Diese seien mit einem GdB von 90 zu bewerten. Unter Berücksichtigung der neben den Zeichen einer Persönlichkeitsstörung vorliegenden Beeinträchtigungen (Beinverkürzung, Bewegungseinschränkung im Kniegelenk und Funktionseinschränkung im Bereich des rechten Unterschenkels nach abgelaufener Osteomyelitis) sei von einem Gesamt-GdB von 100 auszugehen. Daraufhin hat der Beklagte mit Schreiben vom 05.03.2012 ein "Vergleichsangebot" abgegeben. Er hat sich bereit erklärt, für die in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 01.03.2012 genannten Gesundheitsstörungen, nämlich
ab 10.05.2006 einen Gesamt-GdB von 100 festzustellen. Der Kläger hat das "Vergleichsangebot" des Beklagten nicht angenommen. Mit Gerichtsbescheid vom 19.04.2012 hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 25.10.2006 und 08.02.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 04.06.2008 gemäß seinem Anerkenntnis vom 05.03.2012 verurteilt, die beim Kläger vorliegenden Behinderungen ab Antragstellung mit einem GdB von 100 zu bewerten. Das SG hat den o.g. Schriftsatz des Beklagten nicht als Vergleichsangebot, sondern als Anerkenntnis gewertet, da in diesem dem Klagebegehren des Klägers, der einen GdB von 100 geltend mache, in vollem Umfang entsprochen werde. Das Gericht habe ausnahmsweise ein Anerkenntnisurteil erlassen. Am 30.04.2012 hat der Kläger beim BayLSG Berufung eingelegt. Er hat PKH beantragt, da er verteidigungslos dastehe; er benötige einen Pflichtverteidiger. Zudem hat sich der Kläger auch in mehreren umfangreichen und unübersichtlichen Schriftstücken an das Verwaltungsgericht B-Stadt (VG) gewandt und, soweit nachvollziehbar, den Erlass einer Anordnung nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung begehrt. Das VG hat das Verfahren teilweise an die Strafvollstreckungskammer beim Landgericht A-Stadt und im Übrigen den Rechtsstreit an das SG verwiesen. Im Beschluss des SG vom 21.06.2012 (Az.: S 11 SB 574/12 ER) hat das SG festgestellt, dass der Kläger im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehre, der Beklagte solle "dieses Lügen und Betrügen ab Seite 2 unterlassen". Dabei beziehe er sich wohl u.a. auf das o.g. Vergleichsangebot des Beklagten. Das SG hat den Antrag abgelehnt. Die hiergegen erhobene Beschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 10.08.2012 (Az.: L 15 SB 110/12 B ER) zurückgewiesen, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits unzulässig sei. Mit gerichtlichem Schreiben vom 18.06.2012 ist der Kläger vom Senat gebeten worden, im Berufungsverfahren einen klaren Antrag zu stellen. Mit Schreiben vom 19.07.2012 ist er auf die Rechtsfolge des § 102 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und erneut zur konkreten Antragstellung aufgefordert worden. Aus der daraufhin am 27.08.2012 eingegangenen, u.a. das Gericht beleidigenden Zuschrift geht hervor, dass es dem Kläger darum geht, nicht wegen einer seelischen Behinderung einen GdB von 100 zu haben. In einer Zuschrift des Klägers an das BSG vom 02.05.2013 hat dieser u.a. Verzögerungsrüge bzgl. des vorliegenden Verfahrens erhoben. Der GdB von 100 sei gefälscht. Der Senat hat mit Beschluss vom 28.06.2013 den Antrag des Klägers, für das Berufungsverfahren PKH bewilligt zu erhalten, abgelehnt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg biete. In der Rechtsantragstelle für die Justizvollzugsanstalt B. des Amtsgerichts B-Stadt hat der Kläger am 20.06.2013 zu Protokoll gegeben, er beantrage die Aufhebung des angesetzten Termins zur mündlichen Verhandlung des Senats am 16.07.2013 aufgrund der Befangenheit der Richter des 15. Senats, insbesondere des Vorsitzenden. Zugleich hat er die Gewährung von PKH beantragt. Es lägen ein Verstoß gegen den effektiven Rechtsschutz sowie eine Rechtsbeugung des entscheidenden Gerichts vor. Daher seien die Richter, vertreten durch den Vorsitzenden Richter, befangen. Den Antrag auf PKH hat der Kläger am 24.07.2013 wiederholt (Eingang des Schreibens beim LSG). Der Termin am 16.07.2013 ist aufgehoben worden.
Mit beim LSG am 05.07.2013 eingegangenen Schreiben hat sich der Kläger gegen den Beschluss vom 28.06.2013 gewandt und Anhörungsrüge erhoben. Aus den dargelegten Gründen seien der Vorsitzende des 15. Senats ebenso wie weitere namentlich genannte Berufsrichter befangen (im Einzelnen: die Berichterstatter des 15. Senats sowie die stellvertretende Berichterstatterin dieses Senats). Die abgelehnte Richterin sowie die abgelehnten Richter haben dienstliche Stellungnahmen abgegeben, die dem Kläger zur Kenntnis gegeben worden sind. Daraufhin hat der Kläger am 30.07.2013 (erneut) Anhörungs- und Verzögerungsrüge sowie sofortige Beschwerde erhoben. Sinngemäß hat er erneut die o.g. Richter als befangen abgelehnt. Darüber hinaus hat er alle Richter des LSG München als befangen abgelehnt. Es handle sich um eine Mörderbande. Mit Beschluss vom 12.08.2013 (Az.: L 15 SF 200/13 AB) hat das Gericht die Ablehnungsgesuche gegen die o.g. Richter als unbegründet zurückgewiesen. Die Ablehnungsgesuche gegen alle Richter des Bayerischen Landessozialgerichts hat es als unzulässig verworfen. Mit Beschluss vom 28.08.2013 (Az.: L 15 SB 137/13 RG) hat der Senat die Anhörungsrügen des Klägers vom 05.07.2013 und 30.07.2013 und die sofortige Beschwerde des Klägers als unzulässig verworfen und den erneuten Antrag auf PKH-Gewährung abgelehnt. Nach Ladung zur Sitzung am 17.09.2013 hat der Kläger am 03.09.2013 (Eingang bei Gericht) einen neuen Befangenheitsantrag gegen die Berufsrichter des 15. Senats gestellt. Die Ladung zeige, dass die Richter sich von ihrer Befangenheit nicht abwenden würden. Seitens der Richter bestehe eine Willkürherrschaft. Weiter hat der Kläger beim BayLSG Strafantrag gegen die "korrupte Richterbande", die ein Berufungsverfahren fälschen wolle, gestellt. Zudem hat er erneut PKH beantragt. Ohne Anwalt lasse er, der Kläger, keine Verhandlung zu und seien die Richter pure Betrüger. In der mündlichen Verhandlung am 17.09.2013 hat der Senat das erneute Ablehnungsgesuch als unzulässig verworfen und den erneuten Antrag auf PKH als unzulässig abgelehnt.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 19.04.2012 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, den GdB auf über 100 festzusetzen und dabei die Feststellung eines Einzel-GdB von 90 für die seelische Störung des Klägers aufzuheben und keinen Einzel-GdB für eine psychiatrische Erkrankung des Klägers neu festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten sowie der Akten des LSG in den o.g. Verfahren und auf den Inhalt der Berufungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat hat in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden können, da dieser über den Termin zur mündlichen Verhandlung informiert und dabei auch auf die Folgen seines Ausbleibens hingewiesen worden ist (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 153 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Sie ist nicht deshalb unzulässig, weil der Kläger, wie bereits im Beschluss des Senats vom 12.08.2013 (Az.: L 15 SF 200/13 AB) festgestellt, im Verfahren eine Reihe von jeder Grundlage entbehrenden Vorwürfen gegen das Gericht erhoben und sich auch im Übrigen unsachlich und beleidigend geäußert hat. Denn der Senat geht nicht davon aus, dass aus diesem Grund das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers entfallen ist. Die Gerichte haben die Aufgabe, den Bürgern (und der Verwaltung) zu ihrem Recht zu verhelfen, soweit das notwendig ist. Es besteht der allgemeine Grundsatz, dass niemand die Gerichte unnütz oder gar unlauter in Anspruch nehmen oder ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur Verfolgung zweckwidriger und insoweit nicht schutzwürdiger Ziele ausnutzen darf (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 9. Aufl., vor § 51, Rn. 16). In Ansicht dieses Grundsatzes läge es mit Blick auf das Verhalten des Klägers nahe, vorliegend von einem Fehlen des Rechtsschutzbedürfnisses auszugehen. Wegen der hohen Bedeutung der grundgesetzlich garantierten Rechtsschutzfunktion der Gerichte (vgl. z.B. Enders, in: Epping/Hillgruber, GG, 1. Aufl., Art. 19, Rn. 58) - die darin besteht, eine streitige Frage in Verfolgung des Rechtszwecks und damit unter Wahrung rechtsstaatlicher Verfahrensgrundsätze verbindlich zu entscheiden (a.a.O.) - sind insoweit jedoch strenge Maßstäbe anzulegen. Dabei ergibt sich vorliegend, dass trotz der nicht tolerierbaren Äußerungen des Klägers im Berufungsverfahren ein Rechtsschutzziel noch erkennbar ist, das der Annahme entgegensteht, der Kläger nehme das BayLSG unlauter in Anspruch. Im Übrigen geht der Senat zu Gunsten des Klägers davon aus, dass sein unakzeptables Vorbringen seiner schweren psychischen Erkrankung geschuldet ist. Obwohl dem Kläger mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid ein GdB von 100 "zuerkannt" worden ist und dieser daher im erstinstanzlichen Verfahren aus schwerbehindertenrechtlicher Sicht das Optimum erreicht hat, bejaht der Senat auch die Sachurteilsvoraussetzung einer Beschwer des Klägers. Denn dieser fühlt sich, soweit seine Ausführungen überhaupt lesbar und verständlich sind, offenbar dadurch stigmatisiert und in seinen Rechten verletzt, dass bei ihm ein sehr hoher Einzel-GdB für eine psychische Störung angesetzt worden ist. Auch wenn die einzelnen Behinderungen sowie die Einzel-GdB nicht per Verwaltungsakt festgestellt werden, sondern nur Begründungselemente verkörpern, so reicht der Vortrag des Beschwerdeführers doch (gerade noch) aus, um eine im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung ausreichende Möglichkeit einer Verletzung im allgemeinen Persönlichkeitsrecht bejahen zu können. Der Senat stellt im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung insoweit nur geringe Anforderungen und verlagert das Problem in die Prüfung der Begründetheit.
Die Berufung ist jedoch unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte den GdB auf über 100 festsetzt und dabei keinen Einzel-GdB für eine psychiatrische Erkrankung feststellt sowie die getroffene Feststellung des Einzel-GdB von 90 für die seelische Störung des Klägers aufhebt. Das SG hat den Beklagten zu Recht verurteilt, die beim Kläger vorliegenden Behinderungen ab Antragstellung mit einem GdB von 100 zu bewerten.
1. Höhe des GdB Rechtsgrundlage für die Feststellung des Vorliegens einer Behinderung und des GdB ist § 69 Abs. 1 SGB IX in Verbindung mit den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP) bzw. ab dem 01.01.2009 mit den dann maßgeblichen Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VG), Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung. Die VG haben ab diesem Zeitpunkt die AHP abgelöst, die für die Zeit vor dem 01.01.2009 weiterhin als antizipierte Sachverständigengutachten beachtlich sind (vgl. Bundessozialgericht - BSG -, Urteile vom 18.09.2003 - Az.: B 9 SB 3/02 R - und vom 24.04.2008 - Az.: B 9/9a SB 10/06 R; Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 06.03.1995, Az.: 1 BvR 60/95). Die AHP und nunmehr die VG sind ein auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhendes Regelwerk, das die möglichst gleichmäßige Anwendung der Bewertungsmaßstäbe im räumlichen Geltungsbereich des Gesetzes bezweckt und dem Ziel des einheitlichen Verwaltungshandelns und der Gleichbehandlung dient. Diese Rechtsgrundlage sieht bekanntlich lediglich einen GdB von 100 als Höchstwert vor. Möglichkeiten für die Festsetzung eines höheren GdB sind nicht einmal im Ansatz erkennbar.
2. Einzel-GdB für psychiatrische Erkrankungen Dem Kläger steht kein Anspruch auf die Streichung bzw. die Nichtberücksichtigung eines Einzel-GdB bezüglich der psychiatrischen Erkrankung zu; insoweit kommt es auf die tatsächliche gesundheitliche Situation des Klägers nicht an. Denn es ist höchstrichterlich längst geklärt, dass ein Einzel-GdB keiner eigenen Feststellung zugänglich ist (BSG vom 05.05.1993 - Az.: B 9/9a RVs 2/92, vom 10.09.1997 - Az.: 9 RVs 15/96 und vom 16.02.2012 - Az.: B 9 SB 48/11 B). Wie das BSG (a.a.O.) zutreffend festgestellt hat, erscheint ein Einzel-GdB nicht im Verfügungssatz des Verwaltungsakts und ist auch nicht isoliert anfechtbar. Er erwächst auch nicht in Bindung. Entsprechend dieser Rechtsprechung (a.a.O.) muss, wenn die Festlegung eines Einzel-GdB angegriffen wird, zugleich dargetan werden, dass sich hierdurch der Gesamt-GdB ändern müsse. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn der Kläger hebt gerade hervor, dass er den maximalen GdB auch ohne den angegriffenen Einzel-GdB erreiche. Daneben bestehen keine Anhaltspunkte, die Berücksichtigung eines Einzel-GdB von 90 für die psychische Störung könnte den Kläger im allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen. Im Übrigen kann durch Erläuterungen in der Begründung eines Bescheids das allgemeine Persönlichkeitsrecht grundsätzlich nicht verletzt werden.
3. Gerichtsbescheid des SG Auch im Übrigen begegnet die Entscheidung des SG, soweit der Kläger hierdurch beschwert sein könnte (§ 202 SGG i.V.m. § 528 ZPO), keinen Bedenken. Insbesondere lagen auch die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheids vor, § 105 Abs. 1 S. 1 u. 2 SGG.
Die Berufung kann somit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).