Gründe:

I.

Das Beschwerdeverfahren betrifft die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung nach §§ 45 ff. RVG.

Die Beschwerdeführerin vertrat die damalige Klägerin in einem Klageverfahren aus dem SGB VI vor dem Sozialgericht Bayreuth (Aktenzeichen S 7 R 363/10). Die Klägerin begehrte eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Konkret war zunächst die Erfüllung einer versicherungsrechtlichen Voraussetzung, der so genannten Drei-Fünftel-Belegung, streitig. Im Lauf des Verfahrens verlagerte sich die Problematik im Wesentlichen zu der Frage, ob überhaupt eine Erwerbsminderung vorlag. Die Beschwerdeführerin war der Klägerin im Rahmen der Prozesskostenhilfe beigeordnet worden. Das Sozialgericht holte zuerst ein orthopädisches Gutachten ein. Auf Anregung des orthopädischen Sachverständigen veranlasste es auch ein nervenärztliches Gutachten. Bei diesem handelte es sich um ein so genanntes Terminsgutachten: Die ambulante Untersuchung durch den nervenärztlichen Sachverständigen fand am 13.02.2012 in den Räumen des Sozialgerichts statt. Unmittelbar nach Fertigstellung des Gutachtens händigte man dieses der Klägerin aus. Anschließend führte die Kammer einen Termin zur Erörterung und Beweisaufnahme durch (13.02.2012, 16.10 bis 16.30 Uhr), in dessen Rahmen das Gutachten besprochen wurde. Mit Schriftsatz vom 13.03.2012 nahm die Klägerseite die Klage zurück.

Als Vergütung nach §§ 45 ff. RVG beantragte die Beschwerdeführerin eine Verfahrens- und eine Terminsgebühr, und zwar jeweils die Höchstgebühr. Abweichend davon setzte der Urkundsbeamte unter dem Datum 17.04.2012 die Verfahrensgebühr auf 305 EUR, die Terminsgebühr in Höhe der Mittelgebühr (200 EUR) fest. Die Erinnerung der Beschwerdeführerin ist ohne Erfolg geblieben (Beschluss der Kostenrichterin vom 11.06.2012). Die Kostenrichterin hat die Zurückweisung der Erinnerung damit begründet, auch wenn es sich vergütungsrechtlich um eine überdurchschnittliche Angelegenheit handle, seien die Höchstgebühren bei weitem nicht angemessen. Der Sachverhalt sei einfach gewesen, schwierige Rechtsfragen hätten sich nicht gestellt, schwierige medizinische Kausalzusammenhänge seien nicht zu beurteilen gewesen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei allenfalls durchschnittlich gewesen. Allerdings sei der Umgang mit der Klägerin sicher nicht einfach gewesen, so dass zwei Drittel der Höchstgebühr gerechtfertigt seien. Die Höchstgebühr müsse dagegen im Wesentlichen rechtlich, tatsächlich und medizinisch schwierigen und äußerst langwierigen Verfahren vorbehalten bleiben. Im vorliegenden Fall sei die Dauer des Verfahrens eher kurz gewesen. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin sei durchschnittlich gewesen. Für die Bemessung der Terminsgebühr hat die Kostenrichterin der kurzen Dauer des Termins von nur 20 Minuten erhebliche Bedeutung beigemessen. Außerdem seien keine schwierigen Sach- und Rechtsfragen zu erörtern gewesen, was eine besonders umfangreiche Vorbereitung erübrigt habe. Das Terminsgutachten sei klar und in seinen Ergebnissen eindeutig gewesen.

Den die Erinnerung zurückweisenden Beschluss der Kostenrichterin greift die Beschwerdeführerin mit ihrem Rechtsmittel an. Zur Begründung weist sie auf die nach ihrer Meinung große Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin hin. Wenn das Sozialgericht, so die Beschwerdeführerin weiter, von einer überdurchschnittlichen Angelegenheit ausgehe, müsse es auch einen überdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit anerkennen.

Der Senat hat die Akte des Sozialgerichts S 7 R 363/10 beigezogen.

 

II.

Zuständig für die Entscheidung über die Beschwerde ist zwar prinzipiell der Einzelrichter (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG). Jedoch entscheidet wegen grundsätzlicher Bedeutung der hier vorliegenden Angelegenheit gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG der Senat als Gesamtspruchkörper; die grundsätzliche Bedeutung ergibt sich aus der hier notwendig werdenden gegenständlichen Abgrenzung der Termins- zur Verfahrensgebühr. Ehrenamtliche Richter wirken nicht mit (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 3 RVG).

Die Beschwerde ist zulässig und zum Teil auch begründet.

Der Streitgegenstand im Beschwerdeverfahren umfasst die Höhe der im Verfahren S 7 R 363/10 entstandenen Verfahrens- und Terminsgebühr (einschließlich der jeweils darauf entfallenden Umsatzsteuer).

Der Urkundsbeamte und die Kostenrichterin haben die beiden Gebühren zu niedrig festgesetzt. Jedoch hat die Beschwerdeführerin ihrerseits die Gebühren zu hoch veranschlagt. Ihre Gebührenbestimmungen entsprechen nicht mehr billigem Ermessen und sind damit für die Staatskasse nicht verbindlich (vgl. dazu, insbesondere zur 20-prozentigen Toleranzgrenze, Senatsbeschluss vom 21.03.2011 - L 15 SF 204/09 B E, m.w.N.).

a) Im Hinblick auf die Höhe der Verfahrensgebühr fällt maßgeblich ins Gewicht, dass Streitpunkt zunächst nicht das Vorliegen einer Erwerbsminderung, sondern die Erfüllung der Drei-Fünftel-Belegung war. Dabei handelt es sich allgemein um ein sehr komplexes anspruchsvolles Problem, weil das Rentenversicherungsrecht zahlreiche Möglichkeiten vorsieht, die Voraussetzung der Drei-Fünftel-Belegung entweder gänzlich zu umgehen oder wenigstens auf anderem Weg zu erfüllen; damit kann nur adäquat umgehen, wer im Rentenversicherungsrecht versiert ist. Dass mit dem generell hohen Schwierigkeitsgrad gleichwohl nicht der Weg zur Höchstgebühr eröffnet ist, liegt daran, dass die Beschwerdeführerin sich in ihrer Klagebegründung auf den Problemkomplex nur zum Teil eingelassen hat. Außerdem hatte sich die Problematik mit dem orthopädischen Gutachten vollständig auf die (einfachere) Frage der Erwerbsminderung verlagert. Unter Gesamtabwägung aller Kriterien des § 14 RVG kommt man so zwar zu einem deutlich über dem Durchschnitt liegenden Fall, der aber gleichwohl nicht an die Höchstgebühr heranreicht.

b) Auch die Terminsgebühr muss höher festgesetzt werden. Die Höhe der Terminsgebühr wird ebenso wie die Verfahrensgebühr anhand einer Gesamtabwägung der Kriterien des § 14 RVG ermittelt (vgl. zum Erfordernis einer Gesamtabwägung Senatsbeschluss vom 10.12.2012 - L 15 SF 18/12 B). In Bezug auf das Problem, welche Kriterien zur Ermittlung der Höhe einer Terminsgebühr herangezogen werden dürfen, vertritt der Senat die Auffassung, dass auch die Besprechung des Terminsgutachtens mit der Klägerin vor der mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen ist. Dabei handelt es sich zwar noch nicht um einen Termin im Sinn des Gebührentatbestands; schließt sich jedoch ein Termin an, darf die vorherige Besprechung bei der Taxierung der Gebührenhöhe nicht unberücksichtigt bleiben. Insoweit dürfen der Terminsgebühr nicht nur solche Umstände zugerechnet werden, die gerade während des eigentlichen Termins aufgetreten sind (anders wohl LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 12.09.2006 - S 2 SF 12/05 SK).

Auch wenn Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG die Terminsgebühr für die Vertretung in einem Termin vorsieht, bedeutet das nicht, dass bezüglich der Frage der vergütungsrechtlichen Wertigkeit nicht auch bestimmte vorbereitende Tätigkeiten relevant sein dürfen. So hat der Senat im Beschluss vom 02.12.2011 - L 15 SF 28/11 B E und im Beschluss vom 28.12.2011 - L 15 SF 60/11 B E angedeutet, dass auch die Vorbereitung eines Anwalts auf einen Termin Bemessungskriterium sein kann (in diese Richtung auch LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.09.2011 - L 2 SF 73/11 E). In der Literatur vertritt Hinne (Anwaltsvergütung im Sozialrecht, 1. Auflage 2010, Rn. 147, 154 und 155) dezidiert die Ansicht, auch den Termin vorbereitende Tätigkeiten müssten in die Gebührenbemessung einfließen.

Der Senatsbeschluss vom 20.08.2010 - L 15 B 1007/08 SF besagt nicht, für die Gebührenbemessung dürften keinerlei Faktoren berücksichtigt werden, die außerhalb des eigentlichen Termins liegen. Dort hat der Senat ausgeführt, die gründliche Vorbereitung eines Falls, die im Vorfeld erfolgt sei, dürfe sich nicht bei der Bemessung der Terminsgebühr niederschlagen; sie sei vielmehr mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Das ist nach wie vor richtig. Denn Charakteristikum des damaligen Falls war, dass es um die Vorbereitung im Vorfeld ging; die Angelegenheit war vor dem Termin bereits im Weg der schriftlichen Korrespondenz sehr weit vorangetrieben worden. Tätigkeiten zur Lösung eines Falls, die vor der Verhandlung "über den Schreibtisch" erfolgen, sind in aller Regel nicht geeignet, die Höhe der Terminsgebühr zu beeinflussen. Mit spezifischen Maßnahmen zur Vorbereitung des Termins musste sich der Senat seinerzeit nicht befassen.

Der Senat kann sich hier eine generelle Abgrenzung ersparen, welche vorbereitenden Maßnahmen in diesem Sinn "terminsspezifisch" sein können. Letztlich dürfte dies von Fall zu Fall zu entscheiden sein (so schon Senatsbeschluss vom 03.05.2013 - L 15 SF 80/12 B zur Abgrenzung von Verfahrens- und Einigungsgebühr). Jedenfalls bildet die Besprechung eines "frisch" erstellten Terminsgutachtens mit dem Kläger unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung mehr oder weniger einen Annex zum eigentlichen Termin. Dieser enge zeitliche, inhaltliche und verfahrenstechnische Zusammenhang mit der Verhandlung (der Termin war ja auch als Beweisaufnahmetermin deklariert) lässt es nicht opportun erscheinen, das Vier-Augen-Gespräch mit dem Kläger davor auszublenden. Bei der Bemessung der Verfahrensgebühr hat es dagegen außer Betracht zu bleiben. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Wertigkeit der Terminsvertretung nicht in erster Linie anhand der relativ kurzen Dauer des eigentlichen Termins von 20 Minuten bewertet werden darf. Das Vorgespräch muss quasi als Teil des Termins interpretiert werden. Gebührenerhöhend wirkt insbesondere, dass die Klägerin im persönlichen Umgang augenscheinlich nicht unproblematisch war. Ebenso ist zu Gunsten der Beschwerdeführerin zu werten, dass sie mit gänzlich neuen Tatsachen konfrontiert wurde und ihr deswegen eine besondere Geistesgegenwart und Aufmerksamkeit abverlangt wurde. Auf der anderen Seite hatte der Fall zum Zeitpunkt des Termins seine generell sehr schwierige Problemstellung bereits eingebüßt; denn seit dem Gutachten des Orthopäden hatte man sich auf die Frage konzentriert, ob überhaupt eine Erwerbsminderung vorlag. Hinzu kommt, dass die Beschwerdeführerin das neue Gutachten nicht in sofortige anwaltliche Entscheidungen umgesetzt hat, sondern sich eine längere Überlegungsfrist hat einräumen lassen; sie hat nicht spontan und verbindlich reagiert. Das alles lässt eine Terminsgebühr, die etwa drei Viertel des Gebührenrahmens ausmacht, angemessen erscheinen.

Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG).

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).