Tatbestand:

Die 1991, 1997 und 1999 geborenen kindlichen Kläger, gesetzlich vertreten durch das Kreisjugendamt bei dem Landkreis K. , begehren Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG).

S. D. ist (bei teilweise ungeklärten Vaterschaftsverhältnissen) nach den Bekundungen der Bevollmächtigten der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2007 Mutter von zwischenzeitlich insgesamt elf Kindern. Sie hat seit 03.02.2000 Hilfe zur Erziehung in Form von sozialpädagogischer Familienhilfe erhalten. - G. S. (ambulante Haus- und Familienpflege) hat mit Bericht vom 05.10.2000 zusammenfassend festgestellt, dass die Mutter ihre Kinder total isoliere. Die Kinder würden nur in dem Haus existieren und den strikten, nicht nachvollziehbaren Regeln ihrer Mutter folgen. Diese seien nicht nachvollziehbar und würden von der Mutter je nach Laune und Gemütszustand ausgesprochen. Wenn die Mutter zu ihren Kindern Kontakt aufnehme, dann durch lautes Geschrei, Befehle geben, wüsten Beschimpfungen und unter Androhung von Ohrfeigen. Ein Kind (besonders R.) müsse die Rolle des bösen Kindes tragen. R. sei immer wieder in den Vorkeller geschickt worden; dort habe sie auch ihre Kleidung liegen gehabt. Der Aufenthalt in der übrigen Wohnung sei ihr nur zum Essen gestattet worden. R. sei von sich aus in den Keller gegangen oder habe stundenlang an der Treppe gestanden, wenn sie gedacht habe, dass sie gegenüber ihrer Mutter etwas falsch gemacht habe. Sie sei dann ganz still und steif gestanden; sie habe keinerlei Reaktion mehr gezeigt. Es habe dann keinerlei Zugang mehr zu ihr gegeben. Auch die Kinder N. und D. haben dieses Verhalten gezeigt. Wenn G. S. die Kinder darauf habe ansprechen wollen, seien diese gleich wieder in diesen Zustand verfallen. Sie würden einfach jeden Kontakt zur Umwelt abschalten; es bliebe noch ein "starrer Körper" zurück. Tragischerweise würde jeder einzelne dieser Familie für sich allein einsam in seiner kleinen Welt leben. Es gäbe keinerlei positiven Zusammenhalt; keiner könne dem anderen vertrauen. Sobald sie ihre Mutter hören oder sehen würden, würden sie in panische Angst verfallen. Alle Kinder seien seelisch und emotional verarmt und bräuchten dringend gezielte Maßnahmen, um wenigstens noch die größten Schäden abfangen zu können.

Nach weiteren Ermittlung hat sich das Landratsamt K. mit Eilantrag vom 05.10.2000 an das Amtsgericht K. gewandt und beantragt, familiengerichtliche Maßnahmen gemäß § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) betreffend folgender Kinder einzuleiten: M. D. (geb. 1984), B. E. (geb. 1986), J. E. (geb. 1990), N. E. (geb. 1991), R. M. (geb. 1993), D. M. (1997) und P. M. (geb. 1999). Hierbei hat sich das Kreisjugendamt K. auch auf einen Bericht der Polizeiinspektion K. vom 04.02.1999 stützen können: Nach Aussage der Nachbarin L. R. sei von dieser schon des Öfteren beobachtet worden, dass die Kinder von ihrer Mutter trotz der Kälte in die Garage gesperrt würden. Die Mutter lasse auch die Kinder häufig nachts unbeaufsichtigt bzw. sperre diese dann in deren Zimmern ein. Aufgrund Befragungen von mehreren M. Bürgern sei die Mutter mit der Erziehung ihrer Kinder offensichtlich völlig überfordert.

Die praktische Ärztin Dr. C. S. hat mit ärztlichem Protokoll zur Vorlage beim Kreisjugendamt vom 30.09.2000 unter anderem bestätigt, dass die Tochter M. von zu Hause weg wolle. Ihre Geschwister würden tagelang und länger eingesperrt. Manchmal dürften sie nicht einmal auf die Toilette. Die Zimmer seien hermetisch abgedunkelt. Die Rollos seien von außen mit Klebeband abgedichtet, damit kein Lichtstrahl eindringen könne. Die Mutter habe immer ein Kind, auf das sie es besonders abgesehen habe. Erst sei es B. gewesen, dann C. und jetzt R ... R. sei völlig verstört. Der (zum damaligen Zeitpunkt) dreijährige D. dürfe im Übrigen überhaupt nicht vor die Tür.

Im Folgenden hat das Amtsgericht K. mit Beschluss vom 05.10.2000 - 2 F 419/00 ausgesprochen: 1. Der beteiligten Mutter wird im Wege der vorläufigen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht auf Beantragung öffentlicher Hilfen nach dem SGB VIII für die Kinder M. D. , B. E. , J. E. , N. E. , R. M. , D. M. und P. M. entzogen und dem Kreisjugendamt K. als Pfleger übertragen. 2. Als Verfahrenspflegerin für die Kinder M. D. , J. E. und R. M. wird E. G. (Diplom-Sozialpädagogin) bestellt. 3. Als Verfahrenspfleger für die Kinder B. E. , N. E. , D. M. und P. M. wird E. R. (Diplom-Sozialpädagoge) bestellt. Das seelische Wohl der Kinder sei durch die Erziehungsmethoden der beteiligten Mutter massiv gefährdet. Im Fall des jüngsten Kindes P. M. komme hinzu, dass die beteiligte Mutter es entgegen dem ärztlichen Rat aus der Klinik geholt habe, in der eine große Blutuntersuchung zur Abklärung einer möglichen Stoffwechselerkrankung hätte stattfinden sollen. Aus zwei Vorverfahren sei hinreichend bekannt, dass die geschilderten Verhaltensweisen der beteiligten Mutter keine Einzelfälle seien, sondern dass es sich hierbei um die nach wie vor gängigen Erziehungsmethoden handele, die die beteiligte Mutter trotz der beiden Vorverfahren nach wie vor praktiziere. Die erschütternde Kaltherzigheit der beteiligten Mutter sei insbesondere einem Brief an ihren Sohn C. zu entnehmen. Um weiteren Schaden von den Kindern abzuwenden, sei es dringend geboten, der beteiligten Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht auf Beantragung öffentlicher Hilfen nach dem SGB VIII zu entziehen und dem Kreisjugendamt K. als Pfleger zu übertragen.

In den sich anschließenden Hauptverfahren hat das Amtsgericht K. mit Beschluss vom 25.10.2001 - 2 F 419/00 - ausgesprochen: 1. Der beteiligten Mutter S. D. wird die elterliche Sorge für folgende Kinder entzogen: B. E. (geb. 1986), J. E. (geb. 1990), N. E. (geb. 1991), R. M. (geb. 1993), D. M. (geb. 1997) und P. M. (geb. 1999). 2. Dem beteiligten Vater H. M. wird die elterliche Sorge für 3. die Kinder R. M. und P. M. entzogen. Für die in Ziffer 1 genannten Kinder wird Vormundschaft angeordnet. Das Kreisjugendamt K. wird für sie zum Vormund bestellt. 4. Bezüglich des Kindes M. D. wird der beteiligten Mutter lediglich das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen; dieses wird dem Kreisjugendamt K. als Pfleger übertragen. 5 ... Die Sachverständige Dipl.-Psych. R. H. komme in ihrem umfassenden und nachvollziehbarem Gutachten zu dem eindeutigen Ergebnis, dass die Erziehungsfähigkeit der beteiligten Mutter erheblich eingeschränkt sei. Durch ihr Verhalten habe die beteiligte Mutter bei allen Kindern mehr oder minder große Schäden verursacht, die es erforderlich machten, bis auf Weiteres ihre Rückkehr zur beteiligten Mutter auszuschliesen. Das Verhalten der beteiligten Mutter führe auch jetzt noch dazu, dass den Pflegefamilien einiges zugemutet werde, da sich bei den Kindern nach Berichten der Verfahrenspfleger und des Kreisjugendamtes K. oft noch mehrere Tage nach Besuchskontakten mit der beteiligten Mutter massive Störungen einstellten ... Bei N. hatte das Gericht den Eindruck, für ihn seien die Umgangstermine weniger wegen der Begegnung mit der Mutter interessant, sondern eher wegen des Umfeldes (McDonalds). Dass er von seiner Mutter wenig Aufmerksamkeit bekomme, nähme er irgendwie gelassen, aber wohl auch etwas resigniert hin. Bei D. und insbesondere P. war eine Anhörung in eigentlichem Sinne nicht möglich. Hier hatte sich das Gericht im Wesentlichen auf das Beobachten beim Spielen und auf kurze Fragen zu beschränken. D. machte dabei aber unmissverständlich klar, dass er nicht zur Mutter zurück möchte. Sehen möchte er sie aber schon.

Nahezu zeitgleich hatte das Landratsamt K. einen Erstattungsantrag betreffend die Kinder N. E. , D. M. und P. M. am 13.09.2001 im Amt für Versorgung und Familienförderung W. eingereicht und Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) geltend gemacht. Zur Begründung sind die vorstehend auszugsweise zitierten Vorgänge beigelegt worden.

Das Amt für Versorgung und Familienförderung W. hat mit den streitgegenständlichen Bescheiden vom 18.02.2003 den Antrag auf Beschädigtenversorgung für die Kinder N. E. , D. M. und P. M. abgelehnt. Ein vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriff im Sinne von § 1 Abs.1 OEG liege nicht vor. Zur Annahme eines tätlichen Angriffes im Sinne des OEG sei grundsätzlich ein gewaltsames handgreifliches Vorgehen gegen eine Person in feindlicher Absicht erforderlich. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), die zum sexuellen Missbrauch von Kindern entwickelt worden sei, komme es jedoch weder auf eine besondere Begehungsart der Tat noch auf das Vorliegen einer (subjektiven) Feindseligkeit beim Täter an. Somit sei ein im engeren Sinne gewalttätiges Verhalten nicht mehr in jedem Fall für eine Anerkennung im Rahmen des OEG erforderlich. Vielmehr sei entscheidend, ob sich das Verhalten des Täters als objektiv rechtsfeindlich darstelle. Als Folge dieser Rechtsprechung liege damit ein tätlicher Angriff vor, wenn der Täter entweder mit körperlicher Gewalt in feindlicher Absicht gegen das Opfer vorgehe oder in strafbarer Weise die körperliche Integrität eines anderen rechtswidrig verletze. Dabei sei für das Vorliegen eines tätlichen Angriffs eine unmittelbare Körperberührung nicht erforderlich. Es genüge ein aktives Handeln, das unmittelbar gegen den Körper des Opfers gerichtet sei und zu einem körperlich wirkenden Zwang führe. Das BSG habe mit dieser Rechtsprechung allerdings keine allgemeine Erweiterung des Anwendungsbereiches des OEG weit über den einst vom Gesetzgeber geplanten Umfang beabsichtigt. Nach dem Grundgedanken des OEG sollte nämlich keineswegs jedes gewaltlose feindseliges Handeln, das bei anderen Menschen zu einer Verletzung der körperlichen Integrität führen könne, zu einer Entschädigung führen. Deshalb habe das BSG die Einbeziehung von Missbrauchsfällen mit einigen besonderen Aspekten begründet. Es habe dabei insbesondere darauf abgestellt, dass die Tat geeignet sein müsse, - schwere gesundheitliche Schädigungen hervorzurufen, - dass es sich bei den Opfern um eine besonders schutzbedürftige Gruppe (z.B. Kinder als schwächstes Mitglied der Gesellschaft) handeln müsse und - dass die gewaltsame Handlung nach dem Strafgesetzbuch (StGB) strafbar sei. Somit würden nur solche "gewaltlose" Handlungen in den Schutzbereich des OEG einbezogen, die bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände in ihrer Gefährlichkeit und ihren Folgen denen eines sexuellen Missbrauchs vergleichbar seien. Wenn, wie hier seitens des Jugendamtes geltend gemacht werde, die Gewalttat der Mutter in der seelischen und sozialen Vernachlässigung der Kinder sowie der Ausübung eines permanenten psychischen Zwanges durch wüste Beschimpfungen und Drohungen liege, könne dieser Fall nur dann in den Schutzbereich des OEG einbezogen werden, wenn die zugrunde liegende Tat oder Unterlassung (hier: Nichtzulassen sozialer Kontakte bis hin zur Isolation) geeignet sei, schwere gesundheitliche Schädigungen hervorzurufen und zudem nach § 225 StGB strafbar sei. Insbesondere mangele es im Hinblick auf die nicht erfolgte strafrechtliche Würdigung des Verhaltens der Mutter am Nachweis der Strafbarkeit ihres Tuns und Unterlassens.

Mit Widerspruchsbegründung vom 22.07.2003 hat das Landratsamt K. weitere Unterlagen vorgelegt, insbesondere aus den vorangegangenen vormundschaftsgerichtlichen Verfahren sowie das umfassende Gutachten der Dipl.-Psych. R. H. vom 14.07.2003: Bei allen oben genannten Kindern (B. E. , J. E. , N. E. , R. M. , D. M. und P. M.) sind jeweils psychische Störungen mit Krankheitswert feststellbar. Diese psychischen Störungen sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Folge der mütterlichen Erziehungshaltung, welche geprägt war, durch mangelnde Empathie den Kindern gegenüber, Vernachlässigung, fehlende Fürsorge und teils drastische, traumatisch wirkende Strafen.

Die Widersprüche vom 12. bzw. 14.03.2003 gegen die Bescheide des Amtes für Versorgung und Familienförderung W. vom 18.02.2003 sind mit Widerspruchsbescheiden des Bayer. Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 14.07.2005 zurückgewiesen worden. Die Mutter sei offensichtlich mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert. Ihr Verhalten sei Ausdruck dieser Überforderung. Die der Mutter im Hinblick auf N. E. konkret vorzuwerfenden Handlungen erfüllten nicht das Tatbestandserfordernis des Quälens oder des rohen Misshandelns. Auch eine böswillige Vernachlässigung der Fürsorgepflicht scheide aus, da die Überforderung der Mutter bei der Erziehung ihrer Kinder bereits gerichtlich festgestellt sei. - Die D. Mutter konkret nachgewiesenen und vorzuwerfenden Handlungen gegenüber D. seien uneingeschränkt zu missbilligen, jedoch stünden sie einem Quälen, rohen Misshandeln oder einer böswilligen Vernachlässigung nicht gleich. Es sei nicht Aufgabe des OEG, die Folgen fehlender Erziehungsfähigkeit der Eltern oder eines Elternteils zu entschädigen. - Das Verhalten der Mutter, das durch lautes Geschrei, Befehle und wüste Beschimpfungen gekennzeichnet sei, müsse als Gewalt im Sinne des OEG gewertet werden. Das Verhalten gegenüber dem Sohn P. könne jedoch nicht als vorsätzlicher, rechtwidriger tätlicher Angriff im Sinne des OEG gesehen werden. Die Erziehungsunfähigkeit der Mutter sei amtsbekannt. Das Verhalten der Mutter habe zweifellos dem Kindeswohl widersprochen und deshalb zwangsläufig zum Entzug des Sorgerechts für P. geführt. Bei vorurteilsfreier Bewertung dieses Verhaltens könne der Unrechtsgehalt dieses Handelns nicht mit dem einer strafbaren Misshandlung von Schutzbefohlenen im Sinne von § 225 StGB gleichgesetzt werden. Ein Quälen oder rohes Misshandeln P. könne der Mutter ebenso wenig nachgewiesen werden wie eine böswillige Vernachlässig. Im Hinblick auf den Gesetzeszweck des OEG, nämlich den Opfern von Gewaltkriminalität eine Entschädigung zu gewähren, könne nicht jede Sorgerechtsverletzung als tätlicher Angriff betrachtet werden.

In den sich anschließenden Klageverfahren hat das Landratsamt K. unter anderem darauf aufmerksam gemacht, dass der Beklagte im Falle des Kindes B. , geboren 1986, am 15.09.2004 ein Anerkenntnis abgegeben hat. Außerdem hat das Zentrum Bayern Familie und Soziales Region Unterfranken betreffend das Kind R. M. , geboren 1993, am 12.10.2005 einen Abhilfebescheid erlassen und als Folge einer Schädigung nach dem OEG ab 01.04.2000 "Verhaltensstörung nach frühen Misshandlungen" in nicht rentenberechtigendem Grad anerkannt. Es könne davon ausgegangen werden, dass R. M. in einem nicht genau bestimmbaren Zeitraum (wahrscheinlich jedoch zumindest ab April 2000 bis längstens 04.10.2000 Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffes im Sinne des § 1 OEG geworden sei.

Das Sozialgericht Würzburg hat die Streitsachen S 1 VG 6/05, 7/05 und 8/05 mit Beschluss vom 22.08.2006 gemäß § 113 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Im Folgenden sind die Klagen mit Urteil vom selben Tag abgewiesen worden. Das Gericht hat nicht feststellen können, dass die bei den Klägern bestehenden Störungen Folge vorsätzlicher rechtswidriger tätlicher Angriffe sind. Die Kette von Ereignissen, denen alle Kinder der S. D. bis 05.10.2000 ausgesetzt waren, stellen einen längerfristigen Gesamtprozess einer Vernachlässigung und Misshandlung dar, die aber nicht den Begriff des vorsätzlichen tätlichen Angriffs im Sinne von § 1 Abs.1 OEG entsprechen. Das OEG knüpft hier wie auch sonst an Einzelhandlungen an. Gerade in den vorliegenden Fällen der drei Kläger lassen sich entscheidungserhebliche Angriffe nicht feststellen; konkrete Tathandlungen nach Art, Zeit und Ort ihrer Begehung fehlen. In den Schilderungen der Haus- und Familienpflegerin G. S. im Bericht vom 05.10.2000 über den Einsatz bei der Familie M. wird nur allgemein das traurige Schicksal aller Kinder, unter anderem auch der drei Kinder beschrieben. Von plötzlichen Affekthandlungen ist nicht die Rede. Polizeiliche Ermittlungs- und Strafverfahren fanden nicht statt. Die Kinder mussten vielmehr das unberechtigte Verhalten der Mutter, das ihren Ursprung in der Frustration der Überforderung bei dem Umgang mit (damals) neun Kindern hatte, erdulden, was auch in den Beschlüssen des Amtsgerichts K. vom 05.10.2000 und 25.10.2001 sowie im psychologischen Gutachten der Dipl.-Psych. H. vom 14.07.2003, der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Leitenden Arztes Dr.R. des Versorgungsamtes K. vom 23.12.2004 und der Stellungnahme der Neurologin und Psychiaterin Dr.A. vom 24.01.2005 zum Ausdruck kommt. Mit dem Neurologen und Psychiater Dr.R. ist das Gericht der Auffassung, dass alle Kinder der S. D. , also auch der Kläger P. M. (geb. 1999) ein Martyrium durchlebten, weil die Mutter bei der Betreuung der neun Kinder überfordert war. Nachhaltige Unterstützung erhielt die Mutter bis zum Auftreten der Familienpflegerin G. S. im September 2000 nicht. Die engmaschige Betreuung der Kläger setzte erst nach dem Beschluss des Amtsgerichts K. vom 05.10.2000 ein, da erst ab diesem Zeitpunkt der in der Familie M. bestehende Notstand der Aufmerksamkeit der Betreuer nicht mehr entgehen konnte. Wollte man schließlich jede gewaltlose, risikobehaftete feindselige Handlung im Erziehungsbereich, die zu einer Verletzung der körperlichen Integrität führen kann, nach dem OEG entschädigen im Sinne der von den Klägern geltend gemachten allgemeinen Entschädigungsansprüche, wäre hierzu eine Gesetzesänderung notwendig (Kunz/Zellner, OEG 4. Auflage, Rdnr.12a zu § 1 OEG).

Die hiergegen gerichtete Berufung vom 06.10.2006 ging am selben Tag im Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) ein. Betreffend N. E. wurde hervorgehoben, dass die Mutter zu Strafen gegriffen habe (z.B. Bedrohung durch ängstigende situative Bedingungen, durch die N. durch seine Mutter gequält worden sei. Mit Stellungnahme vom 13.11.2000 teilte Herr R. mit, dass die Mutter die erforderliche Gesundheitsfürsorge für die Kinder nicht im ausreichendem Maße garantierte. Bei N. mussten gleich nach der Unterbringung in der Pflegefamilie versäumte medizinische Behandlungen nachgeholt werden. Im Hilfeplan vom 14.12.2001 wurde festgehalten, dass N. in keinem guten körperlichen Zustand war, als er in die Pflegefamilie kam. Er hat dort eine Brille bekommen, da seine Augen zu schwach waren. Zwei seiner Zehennägel waren schwarz, da sich unter den Zehennägeln sehr viel Bakterien befunden haben. Die Nichthinzuziehung eines Arztes bei der Erkrankung eines Kindes ist strafrechtlich als körperliche Misshandlung zu würdigen. - D. M. ist als kleines Kind im Auftrag seiner Mutter gequält worden. M. musste sich nach Angaben von J. z.B. auf Weisung der Mutter eine Maske aufsetzen und Gummihandschuhe anziehen, an der Haustüre klingeln und dann die kleinen Kinder schlagen. Diese Verfahrensweise wurde als Strafe für kleine Kinder eingesetzt. Laut Aussage der Pflegemutter hat dies bei D. zu großen Ängsten vor Geistern und der "Maske" geführt. D. reagiert nach den Kontakten mit der Mutter extrem auffällig. Er wachte nach diesen Terminen nachts auf und schrie nach den Pflegeeltern. Er schrie hierbei auch "Hilfe, die Maske kommt". M. berichtet, dass die Geschwister, wenn sie etwas Verbotenes getan haben, stumm und ruhig auf den ... sitzen mussten. Dies dauerte nicht nur eine Stunde oder Tage, sondern manchmal mehrere Wochen. Der dreijährige D. durfte nach Aussage von M. im Übrigen überhaupt nicht vor die Tür. Er musste immer drinnen bleiben. Auch Nachbarn haben beobachtet, dass die Kinder eingesperrt sind und nicht nach draußen dürfen. Nach Aussagen einer Nachbarin wurde von dieser schon des Öfteren beobachtet, dass Kinder von der Mutter trotz Kälte in die Garage gesperrt werden. Die Mutter lasse auch die Kinder häufig nachts unbeaufsichtigt bzw. sperre diese in deren Zimmer ein. D. selbst hat erzählt, dass er von seiner Mutter nachts im Keller eingesperrt wurde und in der Ecke auf dem Boden schlafen musste. - Dass sich die Mutter nicht um P. Gesundheit gesorgt hat, ihn vernachlässigt und somit bei P. gesundheitliche Schäden verursacht hat, ist u.a. der Stellungnahme der Kinderklinik am M. vom 11.10.2000 zu entnehmen. Erst nach ausführlichen Gesprächen von Stationsarzt und Oberarzt ist die Mutter bereit, den erhöhten Amoniakwert kontrollieren und eine weitere Stoffwechseldiagnostik zuzulassen. Zu der letztgenannten Untersuchung ist sie aber erst nach einer viertägigen Entlassung bereit. Die Notwendigkeit einer weiteren Entwicklungsdiagnostik scheint die Mutter nicht zu sehen. Am 04.10.2000 um 21.50 Uhr verschwindet die Mutter mit P. aus der Klinik, ohne einer Schwester oder einem Arzt Bescheid zu sagen. Am 05.10.2000 hätte eine große Blutuntersuchung zur Abklärung einer möglichen Stoffwechselerkrankung stattfinden sollen. Die Mutter hat durch ihr unverantwortliches Verhalten P. Gesundheit gefährdet. Die Nichthinzuziehung eines Arztes bei Erkrankung des Kindes ist strafrechtlich als körperliche Misshandlung zu würdigen. Dem Bericht von G. S. vom 05.10.2000 ist zu entnehmen, dass bei deren Ankunft (vor 12.00 Uhr) P. von der Mutter gerade aus seinem Bett geholt und in den Laufstall gesetzt wurde. Dann bekam er eine Milchflasche. Somit war die Aufmerksamkeit seiner Mutter ihm gegenüber beendet. Erst gegen 14.00 Uhr nahm sie wieder Kontakt zu ihm auf, indem sie ihn für das Krankenhaus fertig gemacht hat. Herr S. , ein Vater von P. Geschwistern, berichtet, dass sich P. in der Zeit, als er mit der Mutter befreundet gewesen sei, den ganzen Tag im Laufstall befunden habe. Er sei nur zum Füttern und zum Wickeln herausgenommen worden. - Darüber hinaus habe sich der Beklagte durch seinen Hinweis im Schreiben vom 15.04.2004 hinsichtlich der weiteren Familienmitglieder C. , J. , N. E. und D. , R. und P. M. rechtsverbindlich festgebunden, einen OEG-Anspruch auch in diesen Fällen dem Grunde nach anzuerkennen.

Beide Beteiligten stellten ihre jeweiligen Akten zur Verfügung. Von Seiten des BayLSG wurden ergänzend die Akten betreffend die Kinder C. und J. E. sowie R. und B. M. beigezogen. Entsprechendes gilt für die Akten des Sozialgerichts Karlsruhe S 4 VG 935/04.

In der mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 2007 wird Dipl.- Psych. R. H. als sachverständige Zeugin gehört. Sie führt im Wesentlichen anhand von zahlreichen Einzelbeispielen aus, dass bei den Kindern eine erhebliche Milieu-Schädigung besteht. Ihr Eindruck von der Mutter war, dass diese unter einer schwerwiegenden psychischen Störung leidet, die sie nicht kontrollieren kann. Dies dokumentierte sich auch in ihrem Tonfall, der neben der unempathischen Grundhaltung auch geprägt war von einer gewissen Aggressivität gegenüber den Kindern. Obwohl sie sich bemühte, den Erwartungen des Untersuchers zu entsprechen, also einen guten Eindruck zu machen, gelang es ihr nicht, diese Grundhaltung zu verbergen.

Der gesetzliche Vertreter der Kläger beantragt: 1. Das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.08.2006 sowie die zugrundeliegenden Bescheide vom 18.02.2003 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 14.07.2005 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, für die Kläger zu 1) und 2) ab dem 04.10.2000 sowie für den Kläger zu 3) ab dem 16.10.2000 einen Anspruch nach § 1 OEG dem Grunde nach festzustellen und Leistungen nach dem OEG in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Vertreter des Beklagten beantragt, die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 22.08.2006 zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird gemäß § 202 SGG i.V.m. § 540 der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie entsprechend § 136 Abs.2 SGG auf die Unterlagen der Beteiligten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist gemäß §§ 143, 144 und 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch unbegründet. Das Sozialgericht Würzburg hat die Klage mit Urteil vom 22.08.2006 zu Recht abgewiesen. Die Bescheide des Amtes für Versorgung und Familienförderung W. vom 18.02.2003 in Gestalt de Widerspruchsbescheide des Bayer. Landesamtes für Versorgung und Familienförderung vom 14.07.2005 sind zutreffend ergangen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG).

Das Amtsgericht K. hat mit Beschluss vom 15.10.2000 - 2 F 419/00 - der beteiligten Mutter im Wege der vorläufigen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht auf Beantragung öffentlicher Hilfen nach dem SGB VIII für die Kläger (und weitere Kinder) entzogen und dem Kreisjugendamt K. als Pfleger übertragen. Der Erstattungsantrag des Landratsamtes K. vom 13.09.2001 ist am selben Tag im Amt für Versorgung und Familienförderung W. eingegangen. Die in § 1 Abs.1 OEG i.V.m. § 60 Abs.1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) normierte Jahresfrist ist gewahrt.

Der erstattungsberechtigte Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann gemäß § 97 SGB VIII die Feststellung einer Sozialleistung (hier: Leistungen nach dem OEG) betreiben sowie Rechtsmittel einlegen. Der Beklagte hat daher im Hinblick auf die eingereichten Erstattungsanträge zutreffend über den materiell-rechtlichen Anspruch der Kläger entschieden.

Insoweit hat der gesetzliche Vertreter der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2007 darauf hingewiesen, dass es nicht nur um den originären Anspruch der Kläger selbst gehe, sondern auch um den Erstattungsanspruch des Landkreises K. - Kreisjugendamt. Zugunsten aller drei Kläger seien Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe (SGB VIII) vor allem im Rahmen der Heimunterbringung verauslagt worden, die im Falle einer positiven Entscheidung zum Teil vom Beklagten zu erstatten seien.

Wenn der gesetzliche Vertreter der Kläger weiterhin auf das Anerkenntnis des Beklagten vom 15.09.2004 hinweist, dass dieser in der Angelegenheit von B. E. gegenüber dem Sozialgericht Karlsruhe abgegeben hat, stützt dies das Klagebegehren nicht. Denn es handelt sich nicht um eine Zusicherung im Sinne von § 34 Abs.1 des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren (SGB X). Vielmehr liegt nur eine schriftliche Information über ein "Internum" vor, wenn der Beklagte darauf aufmerksam macht, dass das Amt für Versorgung und Familienförderung W. angewiesen worden sei, einen Grundanspruch nach dem OEG zu bejahen und die Fälle medizinisch zu prüfen und entsprechend zu verbescheiden. Denn eine Zusicherung wird regelmäßig als solche bezeichnet wie dies auch bei einem Bescheid üblich ist.

Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes infolge eines vorsätzlichen, rechtwidrigen tätlichen Angriffs gegen seine Person eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat, erhält gemäß § 1 Abs.1 Satz 1 OEG auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes. Vorliegend mangelt es im Falle aller drei Kläger an einem vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff im Sinne des Gesetzes.

Unter einem tätlichen Angriff ist ein gewaltsames Vorgehen gegen eine Person in feindseliger Absicht zu verstehen. Mit diesem üblichen Sprachverständnis deckt sich die strafrechtliche Interpretation, die zum tätlichen Angriff entwickelt worden ist. Gefordert wird eine unmittelbar auf die körperliche Integrität eines anderen abzielende feindliche Aktion ohne Rücksicht auf ihren Erfolg. Die Absicht der körperlichen Beeinträchtigung ist erforderlich, nicht jedoch eine Körperberührung als solche (sog. "gewaltfreies" Handeln). Weiterhin muss der Täter in feindseliger Absicht handeln. In Zusammenhang mit dem BSG-Urteilen zur Entschädigung des gewaltlosen sexuellen Missbrauchs (BSGE 77, 7 und BSGE 77, 11) ist der Begriff tätlicher Angriff neu interpretiert worden (Kunz/Zellner, Opferentschädigungsgesetz, 4. Auflage, Rz.10 zu § 1 OEG m.w.N.).

Mit der vorstehend bezeichneten höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Entschädigung von Kindern nach sexuellem Missbrauch hat der Begriff "tätlicher Angriff" eine erweiternde Auslegung erfahren. Ein tätlicher Angriff ist nach dieser Rechtsprechung anzunehmen, wenn der Täter mit körperlicher Gewalt in feindseliger Absicht gegen das Opfer vorgeht oder wenn der Täter in strafbarer Weise die körperliche Integrität eines anderen rechtswidrig verletzt. Auf die Begehungsform der strafbaren Handlung kommt es bei der 2. Alternative hingegen nicht an. Auch ein gewaltloses, nur mit List, unter Ausnutzung eines Vertrauensverhältnisses spielerisches Vorgehen des Täters genügt (Kunz/Zellner, OEG, 4. Auflage, Rz.12a zu § 1 OEG m.w.N.).

Der Beklagte hat daher mit den angefochtenen Bescheiden vom 18.02.2003 zutreffend ausgeführt, dass die Tat geeignet sein muss eine schwere gesundheitliche Schädigung hervorzurufen, dass es sich bei den Opfern um eine besonders schutzwürdige Gruppe (z.B. Kinder als schwächstes Mitglied unserer Gesellschaft) handeln muss und dass die gewaltsame Handlung nach dem Strafgesetzbuch (StGB) strafbar ist. Somit werden nur solche "gewaltlose" Handlungen in den Schutzbereich des OEG einbezogen, die bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände in ihrer Gefährlichkeit und ihren Folgen denen eines sexuellen Missbrauchs vergleichbar sind.

Nachdem hier keine Fälle mit sexuellem Hintergrund vorliegen, sondern entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts K. mit Beschluss vom 25.10.2001 - 2 F 419/00 - eine gravierende Erziehungsunfähigkeit der beteiligten Mutter, ist entscheidungserheblich, ob diese sich einer Misshandlung von Schutzbefohlenen im Sinne von § 225 Abs.1 StGB strafbar gemacht hat oder nicht.

Die Handlungen des Quälens, rohen Misshandelns und der böswilligen Fürsorgepflichtverletzung sind selbständige Tatmodalitäten, die im Rahmen der Modalitätenäquivalenz alle durch Unterlassen begangen werden können. Quälen ist das Verursachen länger dauernder oder sich wiederholender Schmerzen oder Leiden. Das Zufügen seelischen Leidens mit erheblichen Folgen kann genügen, so z.B. beim Versetzen in Todesangst durch kurzes Auströmenlassen von Gas, aber nicht schon ohne weiteres das Verursachen eines Zustands der Unterernährung von Kindern. Ein Quälen kann auch darin liegen, dass verabsäumt wird, länger dauernde Schmerzen als Folgen einer Verletzung durch Zuziehung eines Arztes zu lindern. - Ein rohes Misshandeln setzt eine gefühllose, fremde Leiden missachtende Gesinnung voraus, z.B. Schlagen mit einer "Bullen-Peitsche", das Striemen und später Narben hinterlässt, nicht jedoch ohne weiteres ein einziger Faustschlag auf den Mund. - Eine Gesundheitsschädigung durch böswillige Vernachlässigung der Fürsorgepflicht kann schon vorliegen, wenn der Täter die Handlung des anderen Elternteils geschehen lässt. Es genügt für § 225 Abs.1 StGB schon, wenn die Vernachlässig der Sorgepflicht die gesundheitliche Entwicklung des Kindes beeinträchtigt oder hemmt. Eine Böswilligkeit setzt einen verwerflichen, insbesondere eigensüchtigen Beweggrund (z.B. Hass, Sadismus, Geiz oder Rache) voraus. Es genügt auch eine Vergnügungssucht der Mutter, die ihre Kinder verwahrlosen lässt. Ein Unterlassen aus Gleichgültigkeit oder aus Geldmangel in dürftigen Verhältnissen spricht jedoch gegen das Vorliegen einer Böswilligkeit, ebenso die bloße Duldung aus Schwäche oder Überforderung wegen jugendlichen Alters oder mangels Reife (Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch, 49. Auflage, Randziffern 8 bis 11 zu § 225 StGB m.w.N.).

Vorliegend ist bereits nach Aktenlage vor allem in Auswertung des psychologischen Gutachtens von Dipl.-Psych. R. H. vom 14.07.2003 keine Misshandlung von Schutzbefohlenen im Sinne von § 225 Abs.1 StGB gegeben. Die Tatmodalität "Quälen" ist ebenso wenig erfüllt wie ein "rohes Misshandeln" oder eine "böswillige Vernachlässigung der Fürsorgepflicht". Vielmehr besteht bei der beteiligten Mutter der Kläger eine gravierende Erziehungsunfähigkeit, die letztendlich aus der Überforderung der Mutter mit ihren insgesamt damals acht, nunmehr elf Kindern bei teilweise ungeklärten Vaterschaftsverhältnissen resultiert. - Mittelbar wird dies auch dadurch bestätigt, dass die beteiligte Mutter bislang strafrechtlich nicht zur Rechenschaft gezogen worden ist.

Auch in der mündlichen Verhandlung vom 26. Mai 2007 hat die Einvernahme von Dipl.-Psych. R. H. als sachverständige Zeugin ergeben, dass eine Misshandlung Schutzbefohlener im Sinne von § 225 Abs.1 StGB nicht gegeben ist: Sie hat zur Überzeugung des Senats anhand von zahlreichen Einzelbeispielen dargelegt, dass bei den Kindern eine erhebliche Milieu-Schädigung besteht. Ihr Eindruck von der Mutter war, dass diese unter einer schwer wiegenden psychischen Störung leidet, die sie nicht kontrollieren kann. Dies dokumentierte sich auch in ihrem Tonfall, der neben der unempathischen Grundhaltung auch geprägt war von einer Aggressivität gegenüber den Kindern. Obwohl sie sich bemühte, den Erwartungen des Untersuchers zu entsprechen, also einen guten Eindruck zu machen, gelang es ihr nicht, diese Grundhaltung zu verbergen. - Dementsprechend liegt bei der Mutter der Kläger eine gravierende Erziehungsunfähigkeit vor, die verbunden mit einer andauernden Überforderung zu einem schwer- wiegenden Fehlverhalten gegenüber ihren Kindern und auch den hiesigen Klägern geführt hat. Dies bedingt jedoch noch keine (strafbare) Misshandlung von Schutzbefohlenen im Sinne von § 225 Abs.1 StGB.

Den Ausführungen des Sozialgerichts Würzburg mit Urteil vom 22.08.2006 ist daher vollinhaltlich beizupflichten, dass nicht jede gewaltlose, risikobehaftete feindselige Handlung im Erziehungsbereich, die zu einer Verletzung der körperlichen Integrität führt, nach dem OEG zu entschädigen ist (Kunz/Zellner, Opferentschädigungsgesetz, 4. Auflage, Rz.12a zu § 1 OEG). Denn durch die vorstehend bezeichnete höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG zur Entschädigung von Kindern nach sexuellem Missbrauch hat der Begriff "tätlicher Angriff" bereits eine erweiternde Auslegung erfahren. Eine nochmalige Erweiterung auf Fälle wie die vorliegenden ist nicht mehr von der Zielsetzung des Gesetzgebers gedeckt, Personen Entschädigungsleistungen dafür zukommen zu lassen, die wegen des Versagens gesellschaftlicher Schutzmechanismen Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden sind.

Nach alledem ist die Berufung aller drei Kläger zurückzuweisen gewesen.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich (§ 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG).