Tatbestand

Die 1995 geborene Klägerin macht einen Impfschaden nach dem Bundesseuchengesetz (BSeuchG) bzw. nunmehr seit 1. Januar 2001 nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) geltend. Nach dem Impfbuch war die Klägerin am 17. Januar und 11. April 1996 jeweils gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Haemophilus influenzae b und Polio sowie am 5. Oktober 1999 gegen Tetanus, Diphtherie und Polio geimpft worden.

Aus den beigezogenen Unterlagen des Gesundheitsamtes T. ergibt sich, dass die Eltern der Klägerin dort am 11. Juni 2001 angegeben hatten, dass erste Krankheitszeichen ca. 14 Tage nach der ersten Impfung aufgetreten seien und die Klägerin zur Zeit der Impfung eine Neurodermitis gehabt habe. Die Klägerin habe nach der Impfung schlecht getrunken. Seit dem dritten bis vierten Lebensmonat seien der Mutter Muskelzuckungen am ganzen Körper aufgefallen. Bei einem Krankenhausaufenthalt vom 10. Mai bis 29. Mai 1996 in der Kinderklinik im Klinikum W. sei die Diagnose Hemimegalencephalie rechts mit therapieresistenten BNS-artigen cerebralen Krampfanfällen und wechselnd ausgeprägter Halbseitensymptomatik links gestellt worden. Nach Angaben der Mutter habe ein Heilpraktiker vermutet, dass die Impfung die Ursache der Epilepsie sei. Mit weiterem Schreiben vom 21. Juni 2001 hat die Klägerin über ihre Bevollmächtigte noch vortragen lassen, dass die Klägerin wenige Tage nach der Impfung nachts plötzlich nicht mehr durchgeschlafen habe bzw. fast nicht mehr geschlafen sowie plötzlich extrem langsam getrunken habe, während sie vor der Impfung gut getrunken habe; außerdem habe sie erhöhte Temperatur gehabt. Die Mutter der Klägerin habe ca. 14 Tage nach der Impfung den ersten Arztbesuch wegen der damals erstmals deutlich festgestellten Zuckungen vorgenommen.

Der Beklagte zog Befundberichte des behandelnden Kinderarztes Dr. S. vom 19. März 2001 mit Anlagen (neuropsychologischer Bericht des Behandlungszentrums V. vom 21. Februar 2000), der auch die streitgegenständlichen Impfungen vorgenommen hatte, und des Facharztes für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. R. vom 28. Juni 2001 mit Baby-Journal sowie das Kinder-Untersuchungsheft der Klägerin bei. Des Weiteren wurden die medizinischen Unterlagen und Arztbriefe über die stationären Aufenthalte der Klägerin (Klinikum W., Aufenthalt vom 24. Februar 1996 bis 27. Februar 1996; Klinikum W., Aufenthalt vom 10. Mai 1996 bis 29. Mai 1996 ; Klinikum für Epileptologie der Universität B. über Aufenthalt vom 29. Mai 1996 bis 10. Juni 1996; Neurochirurgische Universitätsklinik B. über Aufenthalt vom 23. Juni 1996 bis 13. Juli 1996, Arztbriefe des Klinikums W. an Dr. S. über die Aufenthalte der Klägerin vom 10. Mai 1996 bis 29. Mai 1996 und vom 25. August 1997 bis 8. September 1997; Arztbriefe des Klinikums W. vom 29. August 1997; Arztbriefe des Behandlungszentrums V. über dortige Aufenthalte vom 6. Oktober bis 18. November 1997, über die neuropädiatrische Ambulanz am 23. April 1998, über Aufenthalte vom 29. Juni bis 14. Juli 1998 sowie vom 31. Juli bis 5. August 1998, über Aufenthalte vom 4. Januar 2000 bis 3. Februar 2000 und vom 5. April 2000 bis 8. April 2000 sowie über einen Aufenthalt vom 19. April 2001 bis 17. Mai 2001, ferner über einen Aufenthalt in der Neurochirurgischen Universitätsklinik B. vom 14. September 1998 bis 8. Oktober 1998 beigezogen. Des Weiteren wurde die Stellungnahme des Fachpädagogen zur Aufnahme der Klägerin in die schulvorbereitende Einrichtung (SVE) vom 4. Juli 1999 beigezogen.

Der Beklagte hat daraufhin eine ärztliche Begutachtung nach ambulanter Untersuchung der Klägerin durch die Versorgungsärztin Dr. N. veranlasst. Die Versorgungsärztin Dr. N. stellt zusammenfassend fest, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Anfallsleiden der Klägerin und den am 17. Januar 1996 und 11. April 1996 durchgeführten Impfungen nicht wahrscheinlich sei, weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. In einem nervenärztlichen Prüfvermerk vom 8. Juli 2002 hat die Nervenärztin und Sozialmedizinerin Dr. L. dem Gutachten von Frau Dr. N. zugestimmt. Die ersten Anfälle der Klägerin seien nach den späteren Angaben der Mutter erst drei Wochen nach der inkriminierten Impfung aufgetreten. Sonstige Symptome einer Enzephalitis bzw. Enzephalopathie hätten nicht bestanden. Ein zeitlicher Zusammenhang mit der Pertussis-Impfung sei somit nicht gegeben. Von den anderen Impfstoffkomponenten sei eine Enzephalopathie bzw. eine Enzephalitis nicht zu erwarten. Sowohl das Anfallsleiden als auch die Hemisymptomatik sei auf die anlagebedingte Hirnentwicklungsstörung bzw. deren Operation zurückzuführen. Dies gelte auch für die psychomotorische Retardierung, welche auch im Rahmen dessen und der Anfallssituation zu sehen sei. Diese Sichtweise hat Frau Dr. L. in einem weiteren nervenärztlichen Prüfungsvermerk vom 25.11.2002 bekräftigt.

In der Folge wurden anlässlich eines sog. Betreuungsbesuches des Beklagten (Internist Dr. E. und Frau B., Sonderbetreuerin) bei der Klägerin (anwesend: die Mutter der Klägerin, eine Tante und ein Bekannter der Tante) die medizinischen Gründe für die beabsichtigte Ablehnung des Antrages der Klägerin dargelegt.

Der Beklagte hat mit Bescheid vom 8. Mai 2003 den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Beschädigtenversorgung nach dem Infektionsschutzgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz abgelehnt. Nach den beigezogenen ärztlichen Unterlagen und dem Ergebnis der versorgungsärztlichen Begutachtung bestehe zwischen den bei der Klägerin festgestellten Gesundheitsstörungen und den verabreichten Schutzimpfungen kein ursächlicher Zusammenhang. Es seien unmittelbar nach den Impfungen keine über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgehenden Gesundheitsstörungen aufgetreten. Die nach der ersten Impfung festgestellten Befindlichkeitsstörungen hätten sich noch im Rahmen einer normalen Impfreaktion gehalten. Während des stationären Aufenthalts vom 24. Februar bis 27. Februar 1996 hätten sich keine Hinweise für eine (entzündliche) Erkrankung des Gehirns gefunden. Die von der Mutter der Klägerin beobachteten Zuckungen bei der Klägerin könnten ein erstes Anzeichen für das Anfallsleiden gewesen sein. Da aber keine weiteren Symptome vorlägen, die für eine impfbedingte Gehirnschädigung sprechen würden, könne kein ursächlicher Zusammenhang mit der verabreichten Erstimpfung gesehen werden. Als Auslöser des Anfallleidens sei vielmehr eine anlagemäßige, angeborene Gehirnmissbildung zu sehen. Ein vergrößerter Kopfumfang sei bereits bei den Vorsorgeuntersuchungen vor den angeschuldigten Impfungen dokumentiert worden.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Mutter der Klägerin vom 20. Mai 2003. Bis zur ersten Mehrfach-Impfung am 17. Januar 1996 sei V. ein gesundes Kind gewesen, das sich normal entwickelt habe. Erst bei der U4 habe der Arzt eine Neurodermitis festgestellt, was er im Untersuchungsblatt auch eingetragen habe. Bereits auf die erste Mehrfach-Impfung vom 17. Januar 1996 habe V. mit Fieber, massiv schlechteren Essgewohnheiten, Unruhe, schlechtem Schlaf und Zuckungen reagiert. Am 11. April 1996 habe sie dann die zweite Mehrfach-Impfung erhalten. Hiernach habe sie wieder Fieber bekommen, sei unruhig gewesen und habe immer wieder Zuckungen gezeigt. In der "Gebrauchsinformation" des V. verabreichten Impfstoffes Infanrix seien als Nebenwirkungen unter anderem Fieber, Appetitlosigkeit, Unruhe, Gastroenteritis und Krampfanfälle angegeben worden. Diese Nebenwirkungen habe V. gezeigt. Als Folge dieser Impfreaktion seien die epileptischen Anfälle, die spastische Hemiparese und ein allgemeiner Entwicklungsrückstand geblieben. Für dieses seit den Impfungen bestehende Leiden von V. könnten nur die Impfungen verantwortlich gemacht werden. In einer versorgungsärztlichen Stellungnahme des Internisten Dr. E. vom 23. Juni 2003 weist dieser darauf hin, dass aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der unerwünschten Impfreaktionen und der Erkrankung der Klägerin nicht auf einen ursächlichen Zusammenhang geschlossen werden könne. Die Ursache für die Entwicklungsbeeinträchtigung, die epileptischen Krampfanfälle und die Halbseitenschwäche links sei eine angeborene embryonale Fehlentwicklung des Gehirns mit der Bezeichnung "Hemimegalencephalie". Bei dieser sehr seltenen Krankheit komme es zu einer fehlerhaften Ausreifung des Gehirns, deren sichtbare Folge die Vergrößerung einer Gehirnhälfte mit Funktionsausfällen und Funktionsstörungen sei. Zusammenfassend sei nochmals festzustellen, dass kein Zusammenhang zwischen der Gehirnmissbildung der Klägerin und der oder den Impfungen bestehe.

Der Beklagte hat mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2003 den Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klage der Mutter der Klägerin zum Sozialgericht Regensburg vom 12. August 2003. Wie aus den in Kopie beigefügten Vorsorgeheftseiten ersichtlich sei, sei ihre Tochter mit den besten Apgar-Werten, nämlich 10/10, geboren worden. Bei der U3 am 16. November 1995 sei V. gesund gewesen und es seien ärztlicherseits auch keine Bemerkungen eingetragen worden. Bei der U4 am 17. Januar 1996 sei "kein Anhalt für eine die Entwicklung gefährdende Gesundheitsstörung" angekreuzt worden. Im Lehrbuch der Kinderheilkunde, Keller/Wiskott, 6. Auflage, sei zu lesen, dass neurologisch auffällige Kinder ein rasches Schädelwachstum erkennen lassen würden und dass diese Kinder sehr sorgfältig überwacht werden müssten, damit neurologische Auffälligkeiten rechtzeitig erkannt werden könnten. Dieses Lehrbuch sage auch, dass es verschiedene Gründe für einen Fontanellendurchmesser über der 90. Perzentille gebe. Nirgendwo stehe, dass dies auf einen Hirnschaden zurückzuführen sei. Im gleichen Buch stehe, dass für eine Cephalie zahlreiche Noxen in Frage kommen könnten, unter anderem auch Infektionen. Eine Impfung sei eine künstlich herbeigeführte Infektion, die eine abgeschwächte Krankheit auslöse, damit Antikörper gebildet werden könnten.

Das Sozialgericht Regensburg hat mit Urteil vom 30. Juni 2004 die Klage abgewiesen. Das Vorliegen eines Impfschadens im Sinne von § 60 IfSG bei der Klägerin sei nicht wenigstens wahrscheinlich. Das Gericht stütze seine Überzeugung auf das im Verwaltungsverfahren erstattete, im Wege des Urkundsbeweises verwertete Gutachten von Frau L. vom 19. Dezember 2001 in Verbindung mit der gutachtlichen Stellungnahme von Frau Dr. K. vom 25. November 2002. Nach dem Gutachten von Frau L. und der gutachtlichen Stellungnahme von Frau Dr. K. vom 25. November 2002 sei die Ursache der bei der Klägerin jetzt vorliegenden Gesundheitsstörungen mit BNS-Epilepsie, linksseitiger Hemiplegie mit Spitzfuß links und Kontraktur der linken Hand sowie Entwicklungsrückstand eine nach derzeitigem Kenntnisstand seltene angeborene rechtsseitige Hemimegalencephalie, d.h. eine Fehlbildung im Sinne vor allem einer Vergrößerung der rechten Gehirnhälfte, der ursächlich eine Störung der neuronalen und glialen Proliferation und eine Störung der fetalen neuronalen Migration zu Grunde liege, mit nach der Erstoperation vom 1. Juli 1996 aufgetretenen Verwachsungen und Zysten im Gehirnbereich. Der aus den vorliegenden Arztbriefen zu entnehmende Verlauf bestätige zur Überzeugung des Gerichts die gutachtliche Einschätzung von Frau L. und Frau Dr. K.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Mutter der Klägerin vom 28. Dezember 2004, die mit Schriftsatz vom 11. Juli 2005 näher begründet wurde. Das Sozialgericht Regensburg stütze sich in seinem Urteil einzig auf zwei versorgungsärztliche Gutachten aus dem Verwaltungsverfahren. Weder habe ihr Vorbringen rechtliches Gehör gefunden noch habe das Gericht Anlass zu eigener Prüfung des Sachverhalts gemäß § 106 SGG gesehen. Das Vorhandensein einer angeborenen Hemimegalencephalie sei eine reine Vermutung. Nach Pschyrembel verlaufe eine angeborene Hemimegalencephalie stets ohne neurologische Störungen. Eine Hemimegalencephalie habe nichts mit einem Anfallsleiden zu tun. BNS-Anfälle seien hingegen neurologische Störungen. Hinsichtlich der Behauptung einer als ungewöhnlich zu wertenden Entwicklung des Kopfumfanges sei darauf hinzuweisen, dass die Größe innerhalb der Toleranzgrenze liege. Hierzu sei anhand von Fotos bewiesen, dass V. einen normal großen Kopf gehabt habe. Dieses Merkmal liege in der Familie des Vaters des Kindes, was anhand von Fotos auch des Vaters als Kleinkind bewiesen werden könne. Es werde beantragt, den Sachverhalt von Amts wegen zu klären.

Der Senat hat mit Beweisanordnung vom 14. November 2005 Prof. Dr. K. zum Sachverständigen ernannt, der das Gutachten vom 10. Januar 2006 erstellt hat. Prof. Dr. K. kommt zusammenfassend zu der Beurteilung, dass wesentliche Ursache des epileptischen Anfallsleidens, der halbseitigen motorischen Behinderung und des mentalen Entwicklungsrückstandes eine mit Sicherheit vorgeburtlich entstandene angeborene Fehlbildung des Gehirns sei. Eigentliche Krankheit der Klägerin sei die schwere angeborene Hirnfehlbildung. Das Anfallsleiden sowie die motorische und geistige Behinderung seien lediglich Folgesymptome. Falls die Impfung vom 17. Januar 1996 überhaupt eine Rolle gespielt habe, dann nur im Sinne einer unwesentlichen, keinesfalls mehr als gelegenheitsursächlichen Verknüpfung zwischen Impfung und erstem Sichtbarwerden der (eo ipso unausweislich anstehenden) epileptischen Symptomatik. Das Gutachten wurde mit Schreiben vom 18. Januar 2006 der Mutter der Klägerin als deren gesetzliche Vertreterin mit der Bitte um Stellungnahme bis 10. März 2006 übersandt, ob die Berufung aufrechterhalten bleibe, gegebenenfalls mit welcher Begründung.

Hierzu hat sich die Mutter der Klägerin mit Schreiben vom 7. Februar 2006 geäußert. Der Sachverständige komme in dem Gutachten zu dem Ergebnis, die Erkrankung der Klägerin sei eine schwere angeborene Hirnfehlbildung und das Anfallsleiden sowie die motorische und geistige Behinderung seien lediglich Folgesymptome. Nach Pschyrembel komme die Megalencephalie als erbliche Erkrankung und ohne neurologische Störungen vor. Somit komme sie als Ursache für die bei der Klägerin vorliegende neurologische Erkrankung nicht in Betracht. Zudem fänden sich für die Aussage, dass die Erkrankung bei der Klägerin angeboren sei, keinerlei Nachweise. Zu untersuchen sei jeweils der singuläre Einzelfall. Hier seien ungewöhnliche und nach dem normalen Verlauf nicht zu erwartende Kausalitätsabläufe zu berücksichtigen. Die Behauptung des Sachverständigen, Prof. Dr. D. habe veröffentlicht, dass ein impfassoziiertes BNS-Anfallsleiden ursächlich weitaus nachrangig und gelegenheitsursächlich sei, ist durch ein Schreiben des BMA aus dem Jahre 2000 widerlegt. Ebenso sei die Aussage des Gutachters widerlegt, dass es aktuelle medizinische Lehrmeinung und allgemein akzeptiert sei, dass speziell BNS-Anfallsleiden nicht bzw. nicht wesentlich impfbedingt seien (Hinweis auf Ehrengut, Erfahrungen eines Gutachters, S.116). Selbst wenn man eine angeborene Hirnfehlbildung zu Grunde legen würde, sei die Klägerin durch die Rechtsordnung in den jeweils gegebenen Struktureigenheiten im körperlichen wie im geistig-seelischen Bereich geschützt, in denen sie sich bei Eintritt des schädigenden Ereignisses befunden habe.

Auf die Ladung vom 20. April 2006 hin hat die Klägerin mit Schreiben vom 3. Mai 2006 die Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG (Dr. H.) beantragt.

Mit dem im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22. Mai 2006 übergebenen Schreiben wurde dieser Antrag wiederholt.

Der für den Termin Bevollmächtigte der Klägerin stellt den Antrag,

den Rechtsstreit zu vertagen und ein Gutachten gemäß § 109 SGG (Dr. H.) einzuholen,

hilfsweise beantragt er,

das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 3. Juli 2004 sowie den Bescheid des Versorgungsamts Regensburg vom 5. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2003 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ein Anfallsleiden, eine linksseitige Hemiplegie und einen Entwicklungsrückstand der Klägerin als Impfschaden anzuerkennen und deswegen Entschädigungsleistungen nach dem Antrag vom 20. Dezember 2000 zu gewähren.

Der Beklagte stellt den Antrag,

die Berufung zurückzuweisen.

Dem Senat liegen die Versorgungsakte des Beklagten, die Akte des Sozialgerichts Regensburg mit dem Aktenzeichen S 3 VJ 1/03 sowie die Akte des Bayerischen Landessozialgerichts mit dem Aktenzeichen L 15 VJ 4/04 zur Entscheidung vor, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden und auf deren weiteren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig (§ 68 Abs.2 Infektionsschutzgesetz in Verbindung mit den §§ 143, 151 SGG), aber nicht begründet.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte verpflichtet ist, die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen - das Anfallsleiden, die linksseitige Hemiplegie und den Entwicklungsrückstand - als Impfschadensfolge anzuerkennen und ihr deshalb Versorgung nach einer MdE von 100 v.H. zu gewähren. Dies wäre dann der Fall, wenn es sich bei diesen Gesundheitsstörungen um Folgen der der Klägerin verabreichten Impfungen (5-fach-Impfungen am 17. Januar 1996 und 11. April 1996 gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis, Haemophilus influenzae b und Polio) handeln würde.

Dies hat das Sozialgericht Regensburg in dem angegriffenen Urteil vom 30. Juni 2004 mit Recht verneint.

Gemäß IfSG in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) erhält derjenige, der durch eine Impfung, die unter anderem öffentlich empfohlen war, einen Impfschaden erlitten hat, wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen des Impfschadens auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG. Voraussetzung dafür ist, dass die empfohlene Impfung die Gesundheitsstörungen wahrscheinlich verursacht hat. Wahrscheinlich in diesem Sinne ist die Kausalität dann, wenn wenigstens mehr für als gegen sie spricht, das heißt, die für den Zusammenhang sprechenden Umstände mindestens deutlich überwiegen. Die Impfung als schädigende Einwirkung, der Impfschaden - das ist ein über die übliche Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden - und die Schädigungsfolge (Dauerleiden) müssen dagegen nachgewiesen, nicht nur wahrscheinlich sein (BSG, Urteil vom 19. März 1986, 9 a RV 2/84 und vom 26. Juni 1985, 9 a RVi 3/83 = BSG in SozR 3850 Nrn. 9 und 8).

Die vorgenannten Voraussetzungen sind bei der Klägerin nicht erfüllt. Die streitigen Gesundheitsstörungen der Klägerin sind weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschimmerung die Folge eines Impfschadens. Der Senat folgert dies aus dem im Berufungsverfahren eingeholten überzeugenden und in sich schlüssigen Gutachten des Prof. Dr. K. vom 10. Januar 2006, das die vom Sozialgericht Regensburg auf der Grundlage der im Verwaltungsverfahren eingeholten und im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Gutachten von Frau L. vom 19. Dezember 2001 und Frau Dr. K. vom 25. November 2002 gewonnenen Überzeugungen in vollem Umfang bestätigt. Zwar steht - was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist - fest, dass die Klägerin am 17. Januar 1996 und 11. April 1996 durch den Kinderarzt Dr. S. gegen Tetanus, Diphtherie, Pertussis, Haemophilus influenzae Typ b und Polio geimpft worden ist und es sich dabei nach den damals und auch heute noch geltenden Bestimmung um öffentlich empfohlene Impfungen des Säuglingsalters handelt (vgl. Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 24. September 1990, AllMBl. Nr. 23/1990, 813, Bekanntmachung vom 16. Februar 1993, AllMBl. 6/1993, 507). Bei diesen Impfungen wurde der Mischimpfstoff "Infanrix-IPV + Hib" der Firma SmithKline Beecham Pharma GmbH mit den arzneilich wirksamen Bestandteilen adsorbiertes Diphtherietoxoid, adsorbiertes Tetanustoxoid, drei verschiedene azelluläre Pertussiskomponenten, Kapselpolysaccharide von Hämophilus influenzae Typ b sowie inaktivierte, nicht mehr vermehrungsfähige Polioviren verwendet. Sämtliche mit diesen Kombinationsimpfungen verabreichte Komponenten waren sog. "Totvakzinen", d.h. abgetötete Keime oder Bestandteile hiervon, die sich im Organismus des Impflings nicht vermehren, wohl aber die Bildung von Immunität produzieren sollen. Zur Überzeugung des Senats fehlt es bereits am Nachweis eines durch die Klägerin erlittenen Impfschadens, d.h. eines über die übliche Impfreaktion hinausgehenden Impfschadens als unerlässliches Mittelglied in der Ursachenkette zwischen Impfung und verbleibender Gesundheitsstörung. Bei den von der Mutter der Klägerin nach der ersten Impfung am 17. Januar 1996 geschilderten Symptomen einer nächtlichen Unruhe, eines Schlafdefizits, einer erhöhten Temperatur bzw. Fiebers, dem verlangsamten Trinken und der Gastroenteritis und bei der nach der zweiten Impfung am 11. April 1996 beschriebenen Unruhe und dem Fieber handelt es sich um passagere, nicht über das übliche Maß hinausgehende Impfreaktionen, wie sie auch in der Gebrauchsinformation des Arzneimittelhersteller für den Impfstoff beschrieben werden. Als ein über die übliche Impfreaktion hinausgehender Gesundheitsschaden im Sinne eines Impfschadens sind nach Auffassung des Senats auch nicht die von der Mutter der Klägerin 14 Tage nach der ersten Impfung beobachteten Zuckungen anzusehen, vielmehr handelt es sich hier um die Erstmanifestation eines BNS-Anfallsleidens (Blitz-Nick-Salaam-Anfälle, West-Syndrom). Nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit 2004 S.195 ff. unter Ziffern 2, 11, 12, 13, 17 sind die jeweils wichtigsten, wenngleich nicht abschließend zu verstehenden Impfschäden im Zusammenhang mit den hier verwendeten fünf Impfstoffen aufgeführt, wobei hier insbesondere die Keuchhusten-, Diphtherie- und eventuell Poliomyelitis-Schutzimpfkomponenten in Frage stehen. Zwar kann auch der hier verwendete moderne azelluläre Keuchhusten-Impfstoff zentralnervöse Impfschäden mit anschließenden Dauerschäden hervorrufen. Allerdings nennen die Anhaltspunkte eine Inkubationszeit von ein bis drei, nach dem Gutachter Prof. Dr. K. höchstenfalls sieben Tage, weswegen die 14 Tage nach der ersten Impfung beobachteten Zuckungen danach nicht als Impfschaden gewertet werden könnten. Zudem werden nach einer Keuchhustenschutzimpfung hirnorganische Anfälle in der Regel im Zusammenhang mit einer Encephalopathie beim geimpften Kind beobachtet, für die es vorliegend aber keine Anhaltspunkte gibt. Bei der Diphtherie-Schutzimpfung reicht die Inkubationszeit zwar bis zu 28 Tage nach der Impfung. Die äußerst seltenen zentralnervösen Impfschäden kommen hier aber durch Hirngefäßschäden und damit verbundene Durchblutungsstörungen und Zelluntergänge zustande. Sie werden klinisch-neurologisch erkannt bzw. zumindest wahrscheinlich gemacht anhand einer schlaganfall-ähnlichen Symptomatik und/oder durch den Nachweis herdförmiger Zirkulationsausfälle anhand der modernen Methoden der bildgebenden Darstellung. Entsprechendes liegt bei der Klägerin nicht vor. Typische Impfschäden einer Poliomyelitis-Schutzimpfung sind Poliomyelitis ähnliche Erkrankungen mit schlaffen Lähmungen und das Guillain-Barré-Syndrom, die bei der Klägerin ebenfalls nicht vorliegen. Die sehr selten beobachtete Meningoencephalitis und/oder die Manifestation eines hirnorganischen Anfallsleidens ohne diese Symptome einer Impfpoliomyelitis sind als sehr selten einzustufen. Hinzu kommt, dass impfbedingte Krampfanfälle, mit oder ohne impfbedingte Encephalopathie, febril oder afebril, in der Regel dramatisch verlaufen, während es bei der Klägerin zu für BNS-Anfälle typischerweise unspektakulären ersten Anzeichen gekommen ist, die vom konsultierten Kinderarzt als "Schreckhaftigkeit" interpretiert wurden und auch bei einem Aufenthalt der Klägerin vom 24. Februar 1996 bis 27. Februar 1996 im Klinikum W. in der Oberpfalz wegen einer fieberhaften Pharyngitis mit Nahrungsverweigerung nicht beobachtet wurden, wobei in der Anamnese gemäß dem Arztbrief vom 25. März 1996 ausgeführt ist, dass die bisherige Entwicklung als unauffällig angegeben worden sei. Unabhängig von Vorgenanntem ist der Senat davon überzeugt, dass die bei der Klägerin vorliegenden und nunmehr als Impfschadensfolge geltend gemachten Gesundheitsstörungen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die im Januar bzw. April 1996 durchgeführten Mischimpfungen zurückgeführt werden können. Die von der Klägerin geltend gemachten Gesundheitsstörungen sind vielmehr Folge der bei der Klägerin vorliegenden schweren angeborenen Hirnfehlbildung (Hemimegalencephalie). Diese Diagnose wurde nach umfangreicher Diagnostik erstmals während des Aufenthalts der Klägerin im Klinikum W. vom 10. bis 29. Mai 1996 gestellt, der Befund der ersten und diagnostisch entscheidenden Kernspin-Tomographie vom 14. Mai 1996 spricht von einer Hypertrophie der rechten Hemisphäre fronto-parietal mit Verbreiterung des Marks und Zeichen der Pachygyrie fronto-parietal, frontale corticale Atrophie links und fronto-parietale corticale Atrophie rechts. Dieser Befund wurde durch Kernspin-Kontrolle vom 3. Juni 1996 in der Klinik für Epileptologie der Universität B. nochmals bestätigt. Die durch Kernspin-Tomographie belegte Hemimegalencephalie kann unmöglich infolge einer Impfung erworben worden sein. Eine solche Annahme ist gemäß der Auffassung des Gutachters Prof. Dr. K. biologisch absurd. Die Hemimagalencephalie sowie Pachygyrie sind vielmehr Folge von Anlage- bzw. Entwicklungsstörungen des Gehirns der Klägerin in der frühen Schwangerschaft. Nach dem derzeitigen Wissenstand handelt es sich bei der Hemimegalencephalie um eine nosologisch unklare, angeborene, lokalisierte, einseitige Fehlbildung des Gehirns. Ursächlich liegt eine Störung der neuronalen und glialen Proliferation sowie eine Störung der fetalen neuronalen Migration zugrunde. Die Migrationsstörung entsteht durch eine mangelhafte Einwanderung von Neuroplasten aus den periventrikulären Keimlagern zum Kortex (Hirnrinde), wobei Zytoarchitektonik und Windungsbildung des Gehirns gestört sind. Die unter anderem resultierende Pachygyrie ist durch wenige breite und plumpe Furchungen der Gehirnoberfläche gekennzeichnet. Der ausnahmsweise vorkommende Erwerb einer (Hemi-)megalencephalie durch eine Liquorabflussstörung wurde vorliegend durch Kernspin-Tomographie definitiv ausgeschlossen. Äußeres Anzeichen dieser vorgeburtlich entstandenen angeborenen Fehlbildung des Gehirns ist - worauf der Gutachter Prof. Dr. K. überzeugend hinweist - die hochgradig pathologische Entwicklung des Kopfumfangs der Klägerin mit 35,5 cm bei Geburt am 17. Oktober 1995, mit 39 cm am 16. November 1995 und schließlich mit 41,5 cm am 17. Januar 1996. Im Arztbrief des Klinikums W. vom 24. Mai 1996 über den Aufenthalt der Klägerin vom 10. Mai 1996 bis 29. Mai 1996, bei dem die Diagnose "Hemimegalencephalie rechts mit therapieresitenten BNS-artigen cerebralen Krampfanfällen und wechselnd ausgeprägter Halbseitensymptomatik links" erstmals diagnostisch gesichert wurde, heißt es ebenfalls, dass die Entwicklung des Kopfumfanges einem pathologischen Wachstum entlang der ca. 97 % Perzentile seit Geburt entspricht. Diesen Feststellungen kann die Klägerin keine überzeugenden Argumente entgegensetzen. Aus der von der Mutter der Klägerin angeführten guten Apgar-Benotung kann lediglich geschlossen werden, dass das Kind während der Geburt keine Schäden erlitten hat, sagt jedoch nichts über Ereignisse während der Schwangerschaft aus und hat insbesondere keinen Erkenntniswert dahingehend, dass das Kind über ein normales Gehirn und eine normale neurologische Entwicklungsprognose verfügt. Auch aus der Tatsache, dass die Vorsorgeuntersuchungen U1 bis U4 (diese am 17. Januar 1996) unauffällig waren, bedeutet entweder, dass der untersuchende Arzt keine Auffälligkeit bemerkte oder aber, dass tatsächlich keine Auffälligkeit vorhanden war. Diesbezüglich ist aber festzustellen, dass Fehlentwicklungen bzw. Schädigungen des Großhirns erst dann fassbar werden, wenn das Großhirn entsprechend der Entwicklung wesentliche Funktionen normalerweise übernehmen soll. Dies erklärt, warum Fehlentwicklungen bzw. Schädigungen des Großhirns oftmals in den ersten Monaten nicht entdeckt werden. Vorliegend lag allerdings mit der bereits beschriebenen pathologischen Zunahme des Kopfumfangs ein Zeichen für eine Erkrankung des Gehirns vor, die zunächst nicht weiter berücksichtigt wurde. Die streitgegenständlichen Gesundheitsstörungen (BNS-Anfallsleiden, linksseitige Hemiplegie, Entwicklungsrückstand) gehen nach alledem ursächlich auf die angeborene Grunderkrankung einer Hemimegalencephalie der Klägerin zurück und stehen in keinem ursächlichen Zusammenhang - weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung - mit den angeschuldigten Impfungen. Der ursächliche Zusammenhang zwischen Hemimegalencephalie und dem Anfallsleiden der Klägerin wurde nach eingehender Diagnostik bereits während des erwähnten Klinikaufenthalts der Klägerin im Klinikum W. vom 10. Mai 1996 bis 29. Mai 1996 diagnostisch gesichert. Dem Arztbrief vom 24. Mai 1996 ist zu entnehmen, dass am 21.05.1996 eine synchrone Aufzeichnung von Hirnstromkurvenverlauf (EEG) und Anfallsablauf (Video-Doppelbildaufzeichnung) erfolgte. Die Bildaufzeichnung ergab ein primär linksseitiges Anfallsgeschehen mit "fokal links beginnenden, generalisierten Myoklonien" sowie "einseitig linkseitigen Myoklonien". Zu dem primär linksseitigen Anfallsgeschehen passend kam im synchron aufgezeichneten EEG ein kontralaterales rechtshämisphärisches Anfallsmuster zur Darstellung. EEG und Anfallsablauf per se wiesen bereits auf einen rechtshämisphärischen Anfallsherd hin, der mittels bildgebender Diagnose auch morphologisch als Hemimegalencephalie der rechten Gehirnhälfte identifiziert werden konnte. Gerade wegen dieses Zusammenhangs zwischen der Grunderkrankung Hemimegalencephalie und dem Anfallsleiden kam es direkt im Anschluss an den Aufenthalt im Klinikum W. zu einer Verlegung in die Klinik für Epileptologie der Universität B. und von dort in die Neurochirurgische Universitätsklinik in B., wo am 1. Juli 1996 eine operative funktionelle Hemisphärektomie durchgeführt wurde unter bewusster Inkaufnahme einer operativ bedingten sofortigen Halbseitenlähmung links mit dem Ziel, das Anfallsleiden positiv zu beeinflussen. Entsprechend dem Arztbrief des Behandlungszentrums V. vom 12. März 1998 war die Klägerin nach der Operation für gut ein Jahr anfallsfrei, bis es ab August 1997 wieder zu Anfällen kam, am 23.09.1998 kam es wegen manifest gewordener zum Teil raumfordernder Zysten zu einer Retrepanation rechts temporal und einer navigatorgesteuerten Zystenfensterung. Soweit die Klägerin das bei ihr vorliegende (BNS-)Anfallsleiden unter Berücksichtigung auf ein Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung aus dem Jahre 2000 und einem darin abgehandelten Einzelfall, in dem ein BNS-Anfallsleiden als Impffolge anerkannt wurde, auf die bei ihr stattgefundenen Impfungen zurückführt, ist darauf hinzuweisen, dass der dort geschilderte Fall nicht ansatzweise mit dem konkreten Krankheitsbild bei der Klägerin vergleichbar ist. Während bei dem dortigen Fall ein massiver Hirnschaden vor der Impfung ausgeschlossen wurde, liegt ein solcher bei der Klägerin in Form einer Hemimegalencephalie rechts unbestreitbar vor. Während es im dortigen Fall bereits einen Tag nach der dritten PTP-Impfung zu einem Temperaturanstieg auf 38,9° Celcius bzw. am zweiten Tag auf 38,4° Celcius und am zweiten Tag bereits zu BNS-Krämpfen kam und die Gutachter von einer postvakzinalen Encephalopathie ausgingen, bestehen vorliegend zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage der überzeugenden Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. auf der Grundlage der in den Akten enthaltenen medizinischen Unterlagen und den Angaben der Mutter zu den nach den Impfungen beobachteten Symptomen keine Anhaltspunkte für eine impfbedingte - auch in Form einer nur "blanden" - Encephalopathie bzw. Encephalitis. Auch die linksseitige Hemiplegie ist nicht ursächlich auf die streitgegenständlichen Impfungen zurückzuführen, sondern ebenfalls auf die Grunderkrankung Hemimegalencephalie bzw. ist sie Folge der am 1. Juli 1996 in der Neurochirurgischen Universitätsklinik B. zwecks Besserung des Anfallsleidens durchgeführten operativen funktionellen Hemisphärektomie rechts unter Inkaufnahme der operativbedingten sofortigen Halbseitenlähmung links, die sich im weiteren Verlauf im Sinne einer teilweisen Besserung zu einer armbetonten spastischen Hemiplegie links entwickelte. Schließlich ist auch der Entwicklungsrückstand der Klägerin mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die Grunderkrankung Hemimegalencephalie und die damit im Zusammenhang stehenden Umstände (frühkindliches Anfallsleiden, hirnorganische Veränderungen auch im Gefolge der funktionellen Hemisphärektomie) zurückzuführen. Das Zusammentreffen zwischen Impfung und Auftreten der BNS-Anfälle bzw. des West-Syndroms ca. 14 Tage nach der ersten Impfung am 17. Januar 1996 ist zur Überzeugung des Senats im Sinne eines rein zeitlichen Zusammentreffens zu werten. Prof. Dr. K. hat in Auswertung der einschlägigen Literatur (z.B. Prof. Dr. Doose, "Epilepsien in Kindes- und Jugendalter", 11. Auflage, Hamburg 1989) überzeugend dargelegt, dass das BNS-Anfallsleiden bzw. West-Syndrom 8 % aller kindlichen Epilepsien ausmacht, überwiegend Säuglinge zwischen dem zweiten und achten Lebensmonat betroffen sind und es sich in der Mehrzahl der Fälle um cerebral geschädigte Kinder handelt. Insgesamt ist danach der Anteil der als symptomatisch erkannten Fälle mit Differenzierung der cerebralen Diagnostik entsprechend größer geworden und beträgt derzeit mehr als 90 %. Die verbleibenden als kryptogen bzw. idiopathisch bezeichneten Fälle des BNS-Anfallsleidens bzw. West-Syndroms zeichnen sich dadurch aus, dass die Entwicklung bis zum Beginn der Epilepsie normal verläuft und die gängigen diagnostischen Methoden einschließlich der Kernspin-Tomographie einen normalen Befund ergeben. In der Pathogenese dieser Formen spielen genetische Faktoren eine größere Rolle als beim symptomatischen West-Syndrom. Speziell mit dem Zusammenhang zwischen Impfung (hier: Keuchhusten-Impfung mit dem alten vergleichsweise häufig zu postvakzinalen Krämpfen führenden Ganzkeim-Impfstoff) und BNS-Anfallsleiden bzw. West-Syndrom befasst sich eine Studie von Bellmann und Mitarbeiter (Lancet 1983, I, S.1031 f.), die zu dem Ergebnis gelangt, dass im Zeitraum von vier Wochen die Erstmanifestation von BNS-Fällen nicht häufiger war als die durchschnittlichen BNS-Erwartungshäufigkeit ungeimpfter Kinder. Dies entspricht den Untersuchungen von Prof. Dr. Doose, der bei einer Menge anderer frühkindlicher Anfallsleiden die gleichgewichtige teilursächliche Rolle impfbedingter Provokation der Erstmanifestation betont, während er die impfbedingte Provokation beim BNS-Anfallsleiden nicht erwähnt. Diese grundsätzlichen Forschungsergebnisse kann die Klägerin nicht unter Hinweis auf den schon angesprochenen, in einem Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung aus dem Jahre 2000 geschilderten Fall erschüttern, in dem es Impfung "erworbenen" cerebralen Schädigung (postvakzinale Encephalopathie) gekommen ist, die zu den oben beschriebenen symptomatischen BNS-Anfallsleiden zählt, während vorliegend nach den medizinischen Unterlagen und den Angaben der Mutter der Klägerin über die nach der Impfung gezeigten Symptome von einer postvakzinalen Encephalopathie bzw. Encephalitis nicht ausgegangen werden kann. Prof. Dr. K. hat unter Hinweis auf Prof. Aicardi ("Diseases of the nervous system in childhood") auch überzeugend klargestellt, dass die Hemimegalencephalie nicht neurologisch harmlos verläuft, sondern Anfallsleiden in Form von BNS-Anfallsleiden bzw. West-Syndrom zur Folge haben kann ebenso eine mentale (intellektuelle) Retardierung und (auch ohne operativen Eingriff wie vorliegend) motorische Halbseitenlähmungen auf der wie hier der betroffenen Hirnhälfte entgegengesetzten Körperhälfte. Der durch einschlägige Spezialliteratur und die medizinischen Erkenntnisse im konkreten Fall der Klägerin belegte Ursachenzusammenhang kann von der Klägerseite nicht unter Hinweis auf ein verkürztes Zitat im Pschyrembel, 258. Auflage, 1998, S.999 in Frage gestellt werden, wonach die (Hemi-)megalencephalie ohne neurologische Störungen verlaufe, entkräftet werden, ganz abgesehen davon, dass diese Aussage in der neuesten Ausgabe des Pschyrembel ersatzlos weggelassen wurde. Vor diesem medizinischen Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass das BNS-Anfallsleiden ohne die Impfung überhaupt nicht, deutlich später oder in abgeschwächter Form aufgetreten wäre. Der Senat ist vielmehr der Überzeugung, dass das Krankheitsgeschehen sich bei der Klägerin auch ohne Impfung(en) wegen der Grunderkrankung Hemimegalencephalie in gleicher Weise entwickelt hätte. Schließlich sind für den Senat auch keine Anhaltspunkte erkennbar, dass sich neben und unabhängig von der Grunderkrankung einer Hemimegalencephalie eine zweite Ursachenkette eines durch die Impfung(en) verursachten BNS-Anfallsleiden entwickelt hat. Dies vor allem auch deswegen, weil nicht von einer postvakzinalen Encephalitis und Encephalopathie ausgegangen werden kann.

Der Senat ist schließlich nicht dem klägerischen Antrag auf Einholung eines Gutachtens gemäß § 109 SGG (Dr. H.) nach erfolgter Ladung bzw. im Termin zur mündlichen Verhandlung gefolgt, weil er diese Anträge als aus grober Fahrlässigkeit zu spät gestellt ansieht. Der Mutter der Klägerin als gesetzliche Vertreterin war das Gutachten von Prof. Dr. K. vom 10. Januar 2006 am 18. Januar 2006 mit der Bitte um Stellungnahme bis 10. März 2006 übersandt worden, ob die Berufung aufrechterhalten bleibt, gegebenenfalls mit welcher Begründung. Die Mutter der Klägerin hat zwar mit Schreiben vom 7. Februar 2006 eingehend zu dem Gutachten Stellung genommen, es aber verabsäumt, einen Antrag nach § 109 SGG zu stellen. Dies wäre aber notwendig gewesen, weil aus der bei der Übersendung des Gutachtens gestellten Frage, ob die Berufung aufrechterhalten bleibe, für die Klägerseite erkennbar war, dass das Gericht auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. Dr. K. den Rechtsstreit für entscheidungsreif hält und zwar im Sinne der Zurückweisung der Berufung der Klägerin und eine nochmalige Einholung eines Gutachtens nicht zu erwarten war. Die Stellungnahme der Klägerin vom 7. Februar 2006 sowie die Schreiben vom 3. Mai 2006 bzw. 22. Mai 2006 zeigen auch keine Gesichtspunkte auf, die die Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 103 SGG erforderten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nrn.1 und 2 SGG liegen nicht vor.