L 15 VS 15/00 Bay.  LSG - Urteil vom 19. Oktober 2004


Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG) wegen der Folgen eines Sturzes aus einem Kasernenfenster der inzwischen abgerissenen S.- Kaserne in L.

Der 1973 geborene Kläger beantragte am 06.10. und 20.12.1993 Beschädigtenversorgung. Als Wehrpflichtiger (Größe 173 cm, Gewicht 70 kg, kein Heimschläfer) sei er am 15.09. 1993 morgens gegen ca. 4.30 Uhr vor dem Unterkunftsgebäude verletzt aufgefunden worden; am Abend sei er gegen 2.00 Uhr zu Bett gegangen, an den Unfallhergang habe er keinerlei Erinnerung.

Bei seiner polizeilichen Vernehmung am 27.09.1993 gab der Kläger an, am Abend zuvor bis gegen ca. 20.00 Uhr im Mannschaftsheim nach Dienstende Karten gespielt und 1 Halbe Bier getrunken zu haben; anschließend habe er sich umgezogen und sei gegen 21.30 Uhr in die Disco "M." in L. gegangen, wo er weitere 4 bis 5 Halbe Weißbier getrunken habe; danach sei er mit den Kameraden W. und S. noch ins Lokal "P." gegangen; er habe normal zu Abend gegessen, reichlich, eine Wurstplatte; seiner Meinung nach seien bei seiner Heimkehr die beiden äußeren Fensterflügel geschlossen gewesen; er könne sich den Unfall nur so erklären, dass in seinem Zimmer zu Hause Fenster und Türen gerade seitenverkehrt seien wie in der Kaserne.

Die Kriminalpolizeiinspektion L. ermittelte eine Höhe der Fensterbrüstung von 93 cm und eine Höhe von der Fensterbrüstung zum Pflaster bzw. zur Teerdecke von 9 m; sie fügte ihrem Bericht Fotos der Außenfassade, eines Blutflecks auf dem Pflaster und einer Innenaufnahme eines Teils der Stube mit geöffnetem Fenster bei; auf diesem Foto Nr. 4 befinden sich rechts neben dem Fenster ein Stockbett, neben dem ein Stuhl ziemlich dicht am Fenster steht; Fingerabdrücke und die Konzentration des Alkohols im Blut des Klägers wurden nicht ermittelt; Hinweise auf Fremdverschulden oder Suizidversuch ergaben sich nicht.

Neben dem Kläger waren auf der Stube 202 im 2. Obergeschoss des Unterkunftsgebäudes noch die Soldaten G. , D. und M. untergebracht. Der Zeuge M. gab an, der Kläger sei gegen 2.15 Uhr mit D. und G. heimgekommen; er habe noch kurz mit den anderen geredet, sich dann ausgezogen und sei ins Bett gegangen; wie viel der Kläger getrunken habe, wisse er nicht. Der Zeuge D. bestätigte diese Angaben im Wesentlichen und gab ergänzend an, gegen 3.30 Uhr ebenfalls zu Bett gegangen zu sein; zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger geschlafen; wie auch der Zeuge G. wissen er nicht, welche Menge Alkohol der Kläger getrunken habe; man habe ihm angemerkt, dass er etwas mehr getrunken habe, er habe über alles gelacht und sei getorkelt.

Der GvD-habende Panzerschütze D. gab an, gegen 4.15 Uhr an der Eingangstür ein Klopfen und Klinkedrücken gehört zu haben, woraufhin er in den 1. Stock gegangen sei und aus dem Fenster geblickt habe; dort habe er den Kläger gesehen, wie er vor der Türe gesessen und mit der Hand die Türklinke bewegt habe; er sei nur mit einer Unterhose bekleidet gesehen; er habe den UvD geweckt; gemeinsam hätten sie die Tür aufgesperrt und gesehen, dass der Kläger im Gesicht aufgeschürft gewesen sei; eine Ferse habe stark geblutet; der Kläger habe gemeint, sie sollten ihn ins Bett bringen, es passe dann schon; er habe den Eindruck gehabt, dass der Kläger so einen Rausch gehabt habe, dass er nicht mehr wusste, was mit ihm los war; er habe schon gemerkt, dass der Kläger betrunken gewesen sei, aber wie er sich mit ihm unterhalten habe, sei er voll da gewesen; er sei nicht bewusstlos gewesen und habe auch nicht fantasiert; zusammen mit dem UvD hätten sie eine Blutspur vor dem Gebäude bemerkt und diese verfolgt; sie hätten gesehen, dass im 2. Stock ein Fenster geöffnet und genau unterhalb dieses Fensters auf dem Teer ein Blutfleck gewesen sei.

Im neurologischen Konsil vom 15.09.1993 gab der Kläger gegen 16.45 Uhr an, zwei Stunden geschlafen zu haben; nach 8 Halben Bier könne er sich nicht mehr an die Landung erinnern. Sein Zustand wurde als leicht alkoholisiert beschrieben. Im Krankenhaus wurde der Kläger wegen Brüchen des 1. und 4. Wirbelkörpers, der Handwurzel links, des Fersenbein rechts und des Daumengrundgelenks rechts sowie eines Einrisses der Harnblase behandelt (MdE mindestens 30 v.H.).

Nach Beiziehung der Akten der Staatsanwaltschaft und der Krankenberichte lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 29.09.1995 Beschädigtenversorgung im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Brüstungshöhe des Kasernenfensters, aus dem der Kläger gestürzt sei, habe 93 cm, die Absturzhöhe 9 m betragen; somit sei die von § 4 Abs.4 und 6 der Verordnung zur Durchführung der bayerischen Bauordnung vorgesehene Mindesthöhe von 90 cm eingehalten worden und deshalb auch eine wesentliche mitursächliche Bedeutung der baulichen Beschaffenheit der Kaserne für den Sturz unwahrscheinlich.

Seinen hiergegen eingelegten Widerspruch vom 05.10.1995 begründete der Kläger u.a. im Schreiben vom 06.11.1995 mit der Auffassung, zum Zeitpunkt des Unfallereignisses habe die Brüstungshöhe nicht den Vorschriften der bayerischen Bauordnung entsprochen; im Übrigen verwies er darauf, wegen der fehlenden Höhe seien bereits zu einem früheren Zeitpunkt zwei Verfahren gegen den Freistaat Bayern bzw. die BRD geführt und zu Gunsten der Betroffenen entschieden worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.01.1996 wies der Beklagte im Wesentlichen wiederum unter Hinweis auf die Brüstungshöhe von 93 cm den Widerspruch zurück; ein baulicher Mangel der Kaserne sei nicht für das Unfallereignis verantwortlich zu machen; die Rekonstruktion des Tatherganges, soweit diese möglich sei, ergebe keine Hinweise darauf, dass besondere wehrdiensteigentümliche Verhältnisse vorgelegen hätten, die den Sturz verursacht hätten.

Seine anschließende Klage zum Sozialgericht Landshut vom 18.01. 1996 begründete der Kläger ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen in den Schreiben vom 17.01.1996 und 23.02.1996 u.a. mit dem Hinweis, die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft München (VBG) beanstande bei öffentlichen Bauten eine Geländer- bzw. Brüstungshöhe, welche weniger als einen Meter betrage; nach §§ 2 und 33 VBG I i.V.m. der Arbeitsstätten-Richtlinie (ASR) 17 müssten Geländer oder Brüstungen so gestaltet sein, dass sie eine Höhe von mindestens 1 m (bei Absturzhöhen über einen Meter) aufwiesen. Das Gericht erbat von der VBG Auskunft, woraufhin diese mit Schreiben vom 24.11.1999 im Wesentlichen die Angaben des Klägers bestätigte und Auszüge der ASR zu § 12 Abs.1 bis 3 der Arbeitsstättenverordnung beifügte.

Mit Urteil vom 02.05.2000 verurteilte das Sozialgericht den Beklagten unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide, dem Kläger ab 01.01.1994 dem Grunde nach Beschädigtenversorgung zu gewähren. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu § 548 RVO, § 8 SGB VII und § 81 SVG (insbesondere Urteile des Bundessozialgerichts vom 13.07.1988 - 9/9a RV 4/86 und des Bayer. Landessozialgerichts vom 30.10.1985 - L 7/V 347/84) seien die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse bzw. die Brüstungshöhe des Kasernenfensters, die den polizeilichen Ermittlungen zufolge 93 cm betrage, als zumindest annähernd gleichwertige Mitursache dafür ansehen, dass der Kläger aus dem Kasernenfenster stürzte; die Brüstungshöhe des Kasernenfensters stelle nämlich einen baulichen Mangel dar; zwar entspreche eine Brüstungshöhe von 93 cm § 4 Abs.4 der Verordnung zur Durchführung der bayerischen Bauordnung, wonach nicht im Erdgeschoss befindliche Wehrungen (Brüstungen u.s.w.) mindestens 90 cm hoch sein müssten; nach Abschnitt II.3 der ASR "Schutz gegen Absturz und herabfallende Gegenstände" zu § 12 Abs.1 bis 3 der Arbeitsstättenverordnung, Ausgabe 1986 (Bekanntmachung des Bundesministers für Arbeit vom 10.08.1986 in Bundesarbeitsblatt 10/1986, S.61) müssten aber Umwehrungen mindestens 1 m hoch sein; die Ursächlichkeit der Brüstungshöhe des Kasernenfensters für den Sturz aus diesem sei auch nicht im Hinblick auf die amtliche Fussnote zu der o.a. Richtlinie und den Umstand, dass der Kläger vor dem Sturz aus dem Kasernenfenster Alkohol genossen hatte, zu verneinen; zwar könnten nach der o.a. Fussnote niedrigere Umwehrungen in bei In-Kraft-Treten der Arbeitsstättenverordnung (01.05.1976) bereits errichteten Arbeitsstätten bestehen bleiben, wenn sie den Vorschriften des Bauordnungsrechts der Länder entsprächen; daraus ergäben sich haftungsrechtliche Konsequenzen; am Vorliegen eines baulichen Mangels ändere sich dadurch aber nichts, zumal in den Kasernen die Stuben auch als Schlafräume dienten und sich daraus vermehrt Gefahrensituationen ergäben; aufgrund des genossenen Alkohols sei der Kläger lediglich angetrunken gewesen.

Gegen dieses Urteil legte der Beklagte am 29.08.2000 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht ein. Mit Schriftsatz vom 12.09. 2000 verwies er darauf, im Bescheid vom 29.09.1995 sei zutreffend ausgeführt, die Brüstungshöhe von 93 cm bei einer Absturzhöhe von 9 Meter erfülle die Auflage einer Mindesthöhe von 90 cm nach § 4 Abs.4 und 6 der Verordnung zur Durchführung der bayerischen Bauordnung, so dass kein baulicher Mangel vorliege; die als Unfallverhütungsvorschrift im Sinne des § 15 SGB VII geltenden berufsgenossenschaftlichen Vorschriften der VBG seien für die Beurteilung der Kausalität der dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse für das Unfallereignis bzw. die Prüfung eines baulichen Mangels nicht heranzuziehen; sie seien autonomes Recht, das nur für die Unternehmer unmittelbar verbindlich sei, die der VBG angehörten; die Bundeswehr falle jedoch nicht darunter, sie sei auch kein Unternehmen im Sinne des § 136 SGB VII; darüber hinaus verkenne das Gericht auch die Ursächlichkeit der Alkoholisierung des Klägers; nach den beiliegenden versorgungsärztlichen Ausführungen des Neurologen Dr.K. vom 11.08.2000 sei für den Unfallzeitpunkt ein Alkoholspiegel von 1,8 Promille anzunehmen; die erhebliche Alkoholisierung zum Unfallzeitpunkt sei demnach auch unter Berücksichtigung der baulichen Verhältnisse und der Körpergröße des Klägers (170 cm) als die wesentliche Ursache für den Sturz aus dem Fenster anzusehen; im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) hätte das Gericht nicht davon absehen dürfen, zur Frage des Grades der Alkoholisierung und der Auswirkungen der Alkoholisierung auf den Sturz ein entsprechendes Sachverständigengutachten einzuholen, zumal eine besondere eigene Sachkunde zur Beurteilung dieser Tatsachenfrage nicht ersichtlich sei.

Mit Schreiben vom 10.06.2002 trug der Beklagte vor, die ihm vom Senat übersandte Rechtsprechung befasse sich mit der Anerkennung eines Unfalles im Sinne des § 81 Abs.1 2. Alternative SVG, ein solcher Fall liege dem anhängigen Rechtsstreit nicht zu Grunde; vielmehr gehe es um die Frage, ob die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse, nämlich die Brüstungshöhe des Kasernenfensters, zumindest als gleichwertige Mitursache für den Sturz aus dem Fenster gegenüber den wehrdienstunabhängigen Umständen anzusehen seien.

Der Kläger vertrat in seinem Schreiben vom 05.08.2002 in Kenntnis dieses Schriftsatzes des Beklagten die Auffassung, die Voraussetzungen für die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung seien gegeben; es genüge wenn sich der Unfall während der Ausübung des Wehrdienstes ereignet habe; der Alkoholkonsum, der vornehmlich vom Beklagten ursächlich für den Unfall angesehen werde, sei mehr oder weniger eine Spekulation; es sei zu keinem Zeitpunkt bei ihm der Blutalkoholwert untersucht worden.

Im Erörterungstermin vom 10.04.2003 machte der Kläger Angaben zu seinen Körpermaßen, schilderte den Tagesablauf vor dem Unfallgeschehen und die Verhältnisse auf der Stube und erklärte, nicht mehr zu wissen, wieviel Bier er insgesamt getrunken habe. Danach wurde der Termin wurde zur Durchführung weiterer Ermittlungen vertagt.

Auf Anfrage des Gerichtes teilte das Verteidigungsbezirkskommando 66 am 16.06.2003 mit, keiner der Kameraden, die noch befragt werden konnten, könne sich an derartige Vorfälle (Fensterstürze) erinnern; der Block 7 bestehe nicht mehr, Pläne seien bei der Bundeswehr nicht mehr vorhanden; es könne jedoch davon ausgegangen werden, dass die Fensterhöhe mit der Höhe der noch bestehenden Gebäude übereinstimme; die Fensterhöhe wäre danach 100 cm; das Fenster sei 130 cm breit und 190 cm hoch, die Flügel 59 cm breit und 115 cm hoch, der Rest sei Rahmen und Oberlicht; die Stockbetten würden heute noch verwendet, die Höhe Fußboden bis Oberkante Matratze betrage 109 cm.

Die Polizeidirektion L. teilte auf Anfrage am 02.07.2003 mit, es lägen keinerlei Informationen zu Unfällen der geschilderten Art vor.

Am 04.07.2003 ließ der Kläger mitteilen, bei seiner ersten Befragung nach dem Unfall (Vernehmungsprotokoll vom 27.09.1993) habe er angegeben, maximal 5 Halbe Bier getrunken zu haben und das in einem Zeitraum von acht Stunden; es werde daher gebeten, bei der Blutalkoholwertberechnung diese Angaben zugrunde zu legen. Bezüglich der Auskunft der Polizeidirektion L. vom 02.07.2003 teilte er mit, der Sozialberater E. bei der Standortverwaltung L. habe gegenüber C. und J. B. von zwei Unfällen der gleichen Art berichtet, welche sich ebenfalls in der S.-Kaserne L. ereignet hätten. Daraufhin wurde die Polizeidirektion L. am 28.07. 2003 unter Hinweis auf diese Mitteilung und darauf, dass das Gericht zwischenzeitlich ebenfalls von einem weiteren Fall Kenntnis habe, nochmals um Auskunft gebeten.

Der Beklagte widersprach den Ausführungen des Klägers mit Schreiben vom 04.07.2003 und stellte fest, der Kläger habe bei seiner polizeilichen Vernehmung am 23.09.1993 zwar angegeben, an diesen Abend 4 Weißbier, höchstens 5, getrunken zu haben; diese Angabe habe sich aber auf die Frage bezogen, was in der Disco "M." an diesen Abend so abgelaufen sei; auf die weitere Frage, ob er bereits am Tag Alkohol getrunken habe oder am Abend, als er (in der Manschaftskantine) Karten spielte, habe er geantwortet, da 1 Halbe Bier getrunken zu haben; somit seien es 6 Halbe Bier über einen Zeitraum von acht Stunden gewesen; nachdem er im neurologischen Konsil am 15.09.1993 dem Arzt gegenüber eine Trinkmenge von 8 Halben Bier angegeben habe und die Zeugenaussagen auf einen stärker alkoholisierten Zustand schließen ließen, ginge man davon aus, dass diese Angabe zur Trinkmenge am ehesten den Tatsachen entspräche; wenn der Kläger im "M." von 21.00 Uhr bis kurz nach 1.00 Uhr, also in etwa vier Stunden 4 bis 5 Weißbier getrunken habe, sei seine Angabe, vorher in der Manschaftskantine beim Kartenspielen von ca. 18.00 Uhr bis 20.00 Uhr oder 21.00 Uhr, also in einem Zeitraum von zwei bis drei Stunden nur 1 Bier getrunken zu haben, zumindest in Frage zu stellen; hinzukomme, dass der Kläger mit seinen Kameraden nach der Sperrstunde des "M." kurz nach 1.00 Uhr noch ins "P." gefahren und von dort erst kurz nach 2.00 Uhr in die Kaserne zurückgekehrt sei; es sei nicht auszuschließen, dass der Kläger auch im "P." noch Alkohol getrunken habe; der Beklagte gehe deshalb von einer Trinkmenge von mindestens 8 Halben Bier aus.

Am 04.08.2003 teilte die Polizeidirektion L. mit, auch eine nochmalige Überprüfung habe keinerlei Erkenntnisse zu Unfällen der geschilderten Art in der ehemaligen S.-Kaserne ergeben.

Mit Beweisanordnung vom 02.09.2003 wurde der Rechtsmediziner Prof. Dr. E. zum ärztlichen Sachverständigen ernannt. Er wurde gefragt, ob ein Sturz des Klägers aus dem geöffneten Stubenfenster möglich gewesen sei. Auch wurden dem Sachverständigen im Wesentlichen die Angaben des Klägers zum Biergenuss mitgeteilt und nach dem Blutalkoholwert des Klägers um 3.00 Uhr, 3.30 Uhr, 4.00 Uhr gefragt unter der Annahme, dass der Kläger seine erste Halbe Bier in der Zeit von 18.00 bis 21.00 Uhr und danach von 21.30 Uhr bis 1.30 Uhr, 4 Halbe, 5 Halbe oder 7 Halbe Weißbier getrunken habe.

Im Gutachten vom 08.03.2004 stellte der Sachverständige fest, ein Sturz des Klägers aus dem geöffneten Stubenfenster und über den Fenstersims sei unter Beachtung der Körper- und Fenstermaße mit Sicherheit nicht möglich; eine Alkoholisierung (entsprechend den errechneten Varianten) ändere nichts an dieser Beurteilung; eine (stärkere) alkoholische Enthemmung, beispielsweise mit Stimmungsschwankungen, erhöhter Sorglosigkeit und Risikobereitschaft, komme ggf. u.a. in Betracht; bei den errechneten Werten sei nicht davon auszugehen, dass eine völlige Situationsverkennung oder eine erhebliche Verminderung oder gar Aufhebung des Hemmungsvermögens bzw. des Steuerungsvermögens und/ oder der Einsichtsfähigkeit vorlägen; der Fenstersturz des Klägers vom 15.09.1993 sei nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die bauliche Beschaffenheit des Kasernengeländes, die Anordnung der Stockbetten und das (unterstellte) offene Fenster verursacht worden; welche Umstände genau zu dem Fenstersturz geführt hätten, sei nach Aktenlage nicht sicher beurteilbar; offenbar sei es jedoch zu einem Sturz mit Auftreffen primär der Füße und unteren Körperhälfte gekommen; dies weise darauf hin, dass das Sturzgeschehen auch initial mit den Füßen voran erfolgt sei.

Mit Schriftsatz vom 29.04.2004 vertraten die neuen Prozessbevollmächtigten des Klägers die Auffassung, die Ergebnisse des Gutachtens stünden der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Urteils nicht entgegen; eine etwaige Alkoholisierung des Klägers als Unfallursache scheide aus; es bestehe daher kein vernünftiger Zweifel daran, dass an dem Unfallhergang auch die konkreten baulichen Verhältnisse der Kaserne wesentlich mitgewirkt hätten; in der Anlage werde auf eine Kopie des Urteils des BSG vom 13.07.1988 sowie des BayLSG vom 03.10.1985 verwiesen, welche die hier vertretene Rechtsansicht stützten.

Der Beklagte teilte mit Schriftsatz vom 03.06.2004 mit, das Urteil des BSG vom 13.07.1988 sei ihm bereits bekannt; der Sachverständige habe überzeugend nachgewiesen, dass der Fenstersturz nicht mit Wahrscheinlichkeit durch die bauliche Beschaffenheit des Kasernengeländes, die Anordnung der Stockbetten und das (unterstellte) offene Fenster verursacht worden sei; andererseits könne davon ausgegangen werden, dass bei dem Kläger ein Mindestmaß an Alkoholisierung zum Zeitpunkt des Fenstersturzes vorgelegen habe; die Indizien (Verletzungen) wiesen darauf hin, dass der Kläger in alkoholisiertem Zustand mit erhöhter Sorglosigkeit und Risikobereitschaft auf die Brüstung geklettert sei und dort den Halt verloren habe.

Die Vertreter des Klägers zitierten im Schreiben vom 14.07.2004 den Sachverständigen, wonach die Umstände, die zu dem Fenstersturz geführt hätten, nach Aktenlage nicht sicher beurteilbar sei. Dem widersprach der Beklagte mit Schreiben vom 20.08.2004, schloss eine Suizidabsicht aus und meinte, alles spreche für eine durch Alkoholgenuss verminderte Steuerungsfähigkeit; der Sachverständige schließe den Alkoholgenuss des Klägers nur unter den vom Gericht gesetzten Prämissen als Sturzursache aus; aufgrund der Beobachtungen der Zeugen müsste von einem höheren Alkoholkosum als unterstellt ausgegangen werden.

Daraufhin wandten die Vertreter des Klägers mit Schreiben vom 01.09.2004 u.a. ein, Beobachtungen von betrunkenen Zeugen könnten an den Feststellungen des Sachverständigen nicht ändern; mit gutem Grund habe das Gericht in Frage 2 des Beweisbeschlusses dem Sachverständigen als maximalen Alkoholgenuss des Klägers 1 Halbe Bier in der Zeit von 18.00 bis 21.00 Uhr und danach von 21.30 Uhr bis 1.30 Uhr 7 Halbe Bier vorgegeben; im Übrigen sei es unzutreffend, dass aufgrund der Beobachtungen der betrunkenen Zeugen von einem höheren Alkoholkonsum als unterstellt ausgegangen werden müsste.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 02.05.2000 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 29.09.1995 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.01.1996 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 02.05.2000 zurückzuweisen.

Zum Verfahren beigezogen wurden die SVG-, WDB- und Krankenblattakten, die Akten des Bayer. Landessozialgerichtes L 7/V 347/84, L 15 V 22/00 sowie die Akten des Sozialgerichts München S 9 V 2/96.

Bezüglich des weiteren Sachverhalts in den Verfahren des Beklagten und des Sozialgerichts wird gemäß § 202 SGG und § 543 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und die dort angeführten Beweismittel, hinsichtlich des Sachverhalts im Berufungsverfahren auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der Berufungsakten nach § 136 Abs.2 SGG Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist statthaft und zulässig (§§ 143 ff., 151 SGG), jedoch nicht begründet.

Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 02.05. 2000 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger dem Grunde nach Beschädigtenversorgung nach den §§ 80 Satz 1, 81 Abs.1 und 5 Satz 1, 88 Abs.1 Satz 1 SVG i.V.m. § 9 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) ab dem 01.01.1994 zu gewähren. Die Folgen seiner Verletzungen (Brüche des 1. und 4. Wirbelkörpers, der Handwurzel links, des Fersenbeins rechts und des Daumengrundgelenkes rechts sowie der Einriss der Harnblase mit MdE von mindestens 25 v.H.) sind durch einen Unfall entstanden, der wesentlich "durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist" (§ 81 Abs.1 - Regelung 3 - SVG; für dessen Folgen hat der Beklagte einzustehen.

Der Unfall des Klägers ist nicht durch eine Wehrdienstverrichtung oder während der Ausübung des Wehrdienstes (§ 81 - Regelung 1 und 2 - SVG eingetreten, so dass nur der 3. Regelfall in Betracht kommt. Welche Verhältnisse im Einzelnen wehrdiensteigentümlich sind, hat der Gesetzgeber nicht geregelt; unter Weiterentwicklung der Verwaltungsvorschriften zu § 1 BVG - hier Ziffer 3 - versteht die Rechtsprechung (vgl. BSG vom 08.08. 1984, Az.: 9a RV 37/83 = SozR 3200 § 81 Nr.19 und Urteil vom 13.07.1988, Az.: 9/9a RV 4/84 in Breithaupt 1989, 498), solche Verhältnisse, die der Eigenart des Dienstes entsprechen und im allgemeinen eng mit ihm verbunden sind. Es muss sich um Lebensbedingungen handeln, die mit den besonderen Gegebenheiten des Dienstes eng verknüpft sind und sich außerdem deutlich von denjenigen des Zivillebens abheben. Der Tatbestand erfasst damit alle nicht näher bestimmbaren Einflüsse des Wehrdienstes, die sich aus der besonderen Rechtsnatur dieses Verhältnisses und seiner Beschränkung der persönlichen Freiheit des Soldaten ergeben. Wehrdiensteigentümliche Verhältnisse können sich daher auch außerhalb der Ausübung des Wehrdienstes in der Freizeit, während Dienstpausen oder während privater Verrichtungen ergeben.

Zu den Eigentümlichkeiten des Wehrdienstes gehört, dass der Soldat durch seinen Dienst an seinen Standort oder Einsatzort gebunden ist und für die Dauer seines Wehrdienstverhältnisses aus seinem bürgerlichen Leben herausgenommen und von dem Ort ferngehalten wird, an dem sich der räumliche Schwerpunkt seiner bürgerlichen Lebensinteressen befindet. Ebenso werden damit alle nicht näher bestimmbaren Einflüsse des Wehrdienstes erfasst, die sich u.a. auch aus der besonderen Rechtsnatur des Wehrdienstverhältnisses mit seiner Beschränkung der persönlichen Freiheit des Soldaten ergeben. Zum Vergleich sind die normalen Umstände und Verhaltensweisen sowie die durchschnittliche Gefährdung im Zivilleben maßgebend, aus denen der Soldat durch die Ableistung des Wehrdienstes herausgerissen worden ist (BSG vom 17.05.1977, Az.: 10 RV 19/76 = SozR 3100 § 1 Nr.15 m.w.N.), es sei denn, der Einzelfall lege der Natur der Sache nach einen Vergleich mit gruppenspezifischen Merkmalen nahe (BSG vom 11.06.1974, Az.: 9 RV 122/73 = BSGE 37, 282, 285 = SozR 3200 § 81 Nr.1). Das gilt insbesondere für den Aufenthalt im Kasernenbereich auch während der Freizeit (BSG SozR 3200 § 81 Nr.19). Die militärische Ordnung, die ihre besondere Ausprägung in der Kaserne findet, weil dort ein wesentlicher Teil des militärischen Dienstes und auch der freien Zeit verbracht wird, zählt in besonderem Maße zu den wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen. Die Verhältnisse in der Kaserne sind nicht auf die Gegebenheiten des zivilen Lebens, sondern auf militärische Bedingungen zugeschnitten. Dieser Einrichtung und Ordnung ist jeder Soldat unterworfen; er kann auf sie keinen Einfluss nehmen; dies gilt ganz besonders für die Gestaltung der Gebäude und der Unterkunftsstuben, den sozialen Druck zu kameradschaftlichem Verhalten oder auch das durch die Kasernierung junger Männer begründete Konfliktpotential (vgl. u.a. BSG vom 17.12.1997, Az.: 9 RV 19/96; SozR 3-200 § 81 Nr.21). Liegen solche den Wehrdienst kennzeichnende Eigentümlichkeiten vor, so braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob durch diese typischen Besonderheiten eine besondere Gefährdung gegeben ist.

Die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse müssen im konkreten Fall wesentliche Ursache einer gesundheitlichen Schädigung sein, sie jedoch nicht durch eine besondere Gefahrenlage herbeigeführt haben (BSG vom 13.07.1988 a.a.O. - ebenfalls Fenstersturz auf dem Gelände der S.-Kaserne in L.). Ausdrücklich stellt das BSG dort klar: "Wenn in einer Entscheidung zur Frage der "wehrdiensteigentümlichen" Belastung als Mitursache für einen Herzinfarkt (BSGE 37, 282, 283) ausgeführt wird, dass bei derartigen Erkrankungen außergewöhnliche Verhältnisse zu fordern seien, die den Eigenarten des Dienstes entsprächen und über durchschnittliche Belastungen in Zivilberufen hinausgingen, so darf diese Entscheidung nur dahin verstanden werden, dass es sich hier um eine Abgrenzung für den Bereich handelt, der im Zivilleben durch die Berufskrankheiten (§ 551 RVO) erfasst wird" (vgl. hierzu auch BSG Beschluss vom 19.06.1996, Az.: 9 BV 105/95). "Ähnliche Einschränkungen sind jedoch für den Unfallbereich weder geboten noch zulässig, wenn man berücksichtigt, dass die Wehrpflichtigen nach § 541 Abs.1 Nr.2 RVO statt des Unfallversicherungsschutzes über das SVG abgesichert sind ... Es müssen sich daher im konkreten Geschehensablauf nicht besondere, im zivilen Leben nicht anzutreffende Gefahren konkretisieren; es genügt, dass die wehrdiensteigentümlichen Verhältnisse wesentlich die gesundheitliche Schädigung (mit-) herbeiführen ... Allein die dauernde Unterbringung fern von der Familie ist in Krieg und Frieden zu den eigentümlichen Verhältnissen militärischen Dienstes gerechnet worden ... Solange sich also ein Soldat oder Wehrpflichtiger nicht allein aus privaten Gründen im Kasernengelände befindet, werden Unfälle in aller Regel wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen zuzurechnen sein, wenn sie von den baulichen Anlagen, dem Gelände oder den Geräten sowie den dort befindlichen Menschen wesentlich mitverursacht sind und keine Umstände vorliegen, die einen Ursachenzusammenhang ausschließen, wie Alkoholgenuss (vgl. BSG SozR 3200 § 81 Nr.18) oder selbst geschaffene Gefahr (vgl. BSG SozR 3200 § 81 Nr.14)" (BSG vom 13.07.1988 a.a.O.).

Unter Beachtung dieser Grundsätze hat das Sozialgericht unter Hinweis auf die nach Auffassung des Senates für die Bundeswehr nicht anwendbare ASR, die für Umwehrungen mindestens 1 m vorschreibt, in der Brüstungshöhe des Kasernenfensters von 93 cm (3 cm höher als nach der Bayer. Bauordnung vorgeschrieben) einen baulichen Mangel des Unterkunftsgebäudes des Klägers erkannt und diesen den wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen zugerechnet, so dass es folgerichtig zu einer Verurteilung des Beklagten kam. Nachdem jedoch der vom Senat gehörte Sachverständige ausdrücklich unter Beachtung der Körpermaße des Klägers und dem sich daraus ergebenden Drehpunkt einen Sturz des Klägers aus dem geöffneten Stubenfenster und über den Fenstersims mit Sicherheit als nicht möglich erachtete, kann sich der Senat den Wertungen des Sozialgerichts auch aus diesem Grund nicht anschließen. Andererseits stellt der Sachverständige ebenfalls klar, bei den errechneten Werten sei nicht davon auszugehen, dass eine völlige Situationsverkennung oder eine erhebliche Verminderung oder gar Aufhebung des Hemmungsvermögens bzw. von Steuerungsvermögen und/oder Einsichtsfähigkeit des Klägers vorgelegen hätten. Damit entfällt (selbst unter Zugrundelegung eines Alkoholgenusses von insgesamt 7 Halben Bier) auch die Möglichkeit, dass das alkoholbedingte Verhalten des Klägers für den Unfall allein wesentlich bestimmend war (vgl. BSG vom 24.08.1982, Az.: 9a RV 3/82 = SozR 3200 § 81 Nr.18). Insgesamt kommt der Sachverständige (Vorstand des Instituts für Rechtsmedizin der Universität M.) zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass es nach Aktenlage nicht sicher beurteilbar sei, welche Umstände genau zu dem Fenstersturz geführt haben. Zum gleichen Ergebnis kommt der Senat nach Abschluss der Beweiswürdigung, wobei er sich im Wesentlichen auf die Ermittlungen der damals beteiligten Polizei und die Angaben des Klägers stützt; eine nochmalige Einvernahme der Stubenkameraden kam hier schon deshalb nicht in Betracht, weil deren damalige Angaben insgesamt schon so unbestimmt waren, dass eine erneute Einvernahme nach so langer Zeit nach dem Unfallgeschehen jedenfalls kein exakteres Ergebnis verspricht. Auch die vom Beklagten erstmals im Berufungsverfahren beantragte Anhörung der früheren Stubengenossen des Klägers zur Ermittlung dessen Alkoholgehalts im Blut kam für den Senat deshalb nicht mehr in Betracht - abgesehen davon, dass die konkrete zum Unfallzeitpunkt wirkende Alkoholkonzentration sich dadurch nachträglich nicht mehr ermitteln ließe. Im Übrigen hat es sowohl die Bundeswehrverwaltung als auch die Polizei versäumt, entsprechende Daten zu sichern, wie z.B. Fingerabdrücke am Fenster und sonstige Beweismittel. Nachdem auch ein Suizidversuch oder aber eine sog. "Mutprobe" des Klägers nicht zu ermitteln waren, müssen die Umstände des Unfalls nach wie vor als ungeklärt angesehen werden. Damit verbleiben als wahrscheinliche Unfallursache die wehrdiensteigentümliche Umstände der Kasernierung des Klägers in einem 4-Bett-Zimmer im 2. Stock (9 m über Grund) mit all den Umständen einer Unterbringung in ungewohnter Umgebung; dies gilt auch für den vom Kläger bei der polizeilichen Vernehmung am 27.09.1993 angegebenen Erklärungsversuch, dass in seinem "Zimmer zu Hause Fenster und Türen gerade seitenverkehrt sind, als wie in der Kaserne. Dort, wo in der Kaserne das Fenster ist, habe ich zu Hause die Türe." Die mögliche (schlaftrunkene) Verwechslung von Türe und Fenster wäre überwiegend durch die Kasernierung des Klägers bedingt.

Andererseits liegt die Beweislast für die Wahrscheinlichkeit grundsätzlich beim Geschädigten, denn im Verfahren vor den Sozialgerichten gilt der Grundsatz der objektiven Beweis- und Feststellungslast. Folgen objektiver Beweislosigkeit oder des Nichtfestgestelltseins einer Tatsache sind von dem Beteiligten zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will. Dies gilt entsprechend auch für die Einwendungen des Beklagten bezüglich des Alkoholgenusses, der ebenfalls nicht mehr genau zu ermitteln ist. Bei Abwägung aller Interessen erscheint es aus Sicht des Senates unzumutbar, den Kläger auf diese Beweislastregel zu verweisen, zumal er als der Verletzte keinerlei Einfluss auf die Ermittlungen der Bundeswehrverwaltung oder der Polizei zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens hatte und auch nicht in der Lage war, aus dem Krankenhaus heraus entsprechende Ermittlungen durch einen Prozessbevollmächtigten zu veranlassen.

Als allein wesentliche Ursache des Sturzes ist deshalb nach Auffassung des Senates letztendlich die Kasernierung des Klägers anzusehen. Andererseits verkennt der Senat auch nicht, dass mit dieser Beweiswürdigung quasi eine Art prima-facie-Beweis geschaffen wird, wie er früher schon einmal vom RVA (Urteil vom 25.09.1935, Ia 2366/34) entwickelt wurde. Wurde ein Versicherter damals auf der Betriebsstätte oder auf dem Weg von und zur Arbeitsstätte bewusstlos oder tot aufgefunden und ließen sich die Ursachen hierfür nicht genau ermitteln, so wurde vermutet, dass es sich um einen Arbeitsunfall handelte; an den Gegenbeweis der Berufsgenossenschaft wurden strenge Anforderungen gestellt. Berücksichtigt man nochmals, dass die Wehrpflichtigen bezüglich des Unfallgeschehens nur über das SVG abgesichert sind, so erscheint dem Senat in Fällen der vorliegenden Art eine Abkehr von den bisherigen Beweislastregeln ebenfalls geboten.

Nachdem die ursprünglichen Verletzungen des Klägers zumindest eine MdE von 25 v.H. nach Auffassung des Senates bedingten, erübrigten sich insoweit weitere Ermittlungen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.

Die Revision war wegen § 160 Abs. 2 Nrn.1 und 2 SGG zuzulassen.