Bay. LSG - L 15 V 1/06 - Beschluss vom 18.05.2006
Verlegt ein Versorgungsberechtigter während des gerichtlichen Verfahrens seinen Wohnsitz in einen anderen Zuständigkeitsbereich, führt dies nicht nur zu einem Beklagtenwechsel (nunmehr örtlich zuständige Versorgungsbehörde), sondern auch zu einem Wechsel in der gerichtlichen Zuständigkeit (nunmehr örtlich zuständiges Gericht)
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten sind Leistungen nach § 30 Abs.2 und 3 des
Bundesversorgungsgesetzes (BVG) streitig. Das Sozialgericht Landshut hat mit
Gerichtsbescheid vom 28.12.2005 - S 9 V 18/01 - die Klage abgewiesen.
Die hiergegen gerichtete Berufung vom 12.01.2006 ging am Folgetag im Bayer.
Landessozialgericht ein. Zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung ist der Kläger
noch in A.straße, A. , wohnhaft gewesen. Zwischenzeitlich ist der Kläger
entsprechend der Mitteilung des Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) vom
24.02.2006 nach B.straße, B., verzogen.
Dementsprechend informierte das Bayer. Landessozialgericht die Beteiligten mit
Nachricht vom 09.03.2006, dass nach § 3 Abs.1 des Gesetzes über das
Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) der Wechsel eines
Beteiligten als Klageänderung anzusehen sei. Im Übrigen sei beabsichtigt, den
Rechtsstreit an das zuständige Landessozialgericht Baden-Württemberg zu
verweisen.
Das ZBFS äußerte mit Schriftsatz vom 24.03.2006 Bedenken dahingehend, dass der
Beklagtenwechsel darüberhinaus auch Auswirkungen auf die örtliche Zuständigkeit
des Berufungsgerichts habe.
II.
Hiervon ausgehend ist darauf abzustellen, dass § 3 KOVVfG zum 01.07.2001 neu
gefasst worden ist. Die bisherige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)
vom 04.02.1998 - B 9 V 6/96 R ist nicht mehr aufrecht zu erhalten, vgl.
Beschluss des BSG vom 25.10.2004 - B 7 SF 20/04 S: "Nach § 3 Abs.1 KOVVfG ist
örtlich zuständig die Verwaltungsbehörde, in deren Bezirk der Antragsteller oder
Berechtigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Insofern liegen
den Akten auch die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 14/5800) bei, aus denen sich
ergibt, dass der Gesetzgeber mit der Hinzufügung des Wortes "oder Berechtigte"
den Zweck verfolgt, dass sich die örtliche Zuständigkeit bei einem
Wohnsitzwechsel des Kläger grundsätzlich ebenfalls ändern soll. Zwar hat das BSG
zu § 3 KOVVfG a.F. die gegenteilige Auffassung vertreten (BSG mit Urteil vom
04.02.1998 - B 9 V 6/96 R), jedoch erscheint es nicht willkürlich, sondern
vielmehr durchaus nachvollziehbar und rechtlich begründet, davon auszugehen,
dass diese bisherige Rechtsauffassung nach der Neufassung des § 3 KOVVfG zum
01.07.2001 nicht mehr aufrecht erhalten werden kann (ebenso Dau in LPK - § 63
IX, § 69 Rdnr.6 m.w.N.). Endgültig hierüber zu entscheiden hat der Senat im
Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 58 Abs.1 Nr.4 des
Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht, geht es doch hier nur um die Prüfung, ob der
Beschluss des SG Braunschweig elementare Rechtsgrundsätze verletzt."
In Fortführung des vorstehend auszugsweise zitierten Beschlusses des BSG vom
25.10.2004 - B 7 SF 20/04 S ist der Rechtsstreit an das Landessozialgericht
Baden-Württemberg zu verweisen gewesen. Denn der Personenkreis der
Versorgungsberechtigten ist als besonders schutzwürdig anzusehen. Ein ortsnaher
Rechtsschutz gereicht ihnen regelmäßig zum Vorteil, da weite (und beschwerliche)
Anreisewege vermieden werden. Dies ist auch in Berufungsverfahren zu
berücksichtigen. Besonders deutlich wird dies in Fällen (unabhängig von dem
vorliegenden Rechtsstreit) in denen eine weitere Sachverhaltsaufklärung in Form
der Einholung medizinischer Gutachten gemäß § 106 Abs. 3 Nr.5 SGG erforderlich
ist.
Im Übrigen wird auch in der Literatur die Auffassung vertreten, dass mit einem
Wohnsitzwechsel des Klägers sich ebenfalls die örtliche Zuständigkeit des
Verwaltungsträgers ändert. Ein Beklagtenwechsel wiederum hat auch Auswirkungen
auf die örtliche Zuständigkeit des befassten Sozialgerichts (vgl. Friske, SGb
2005, 395 bis 396).
Der Beklagtenwechsel im Rubrum folgt aus § 99 Abs.1 SGG i.V.m. § 3 Abs.1 KOVVfG.
Diese Entscheidung ist gemäß § 98 SGG i.V.m. § 17a Abs.2 und 3 GVG unanfechtbar.