Gründe:

I.

In dem beim erkennenden Senat anhängigen Hauptsache-Verfahren zu dem Aktenzeichen L 1 KR 352/09 begehrt der Kläger (als gesetzlich Krankenversicherter) von der Beklagten (als gesetzliche Krankenkasse) Kostenerstattung für die von ihm bei einem behandelnden Arzt in Anspruch genommene Stoßwellenlithotripsie bei Sialolithiasis.

Zur Prüfung der Rechtsfrage, ob sich die Behandlungsmethode, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GemBA) als neue Behandlungsmethode im Sinne von § 135 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht anerkannt worden ist, in der medizinischen Praxis durchgesetzt hat im Sinne eines allgemein anerkannten medizinischen Standards, hat der erkennende Senat Auskünfte eingeholt. Mit gleichlautenden Schreiben vom 11. Dezember 2009 hat er

a) die Bundesärztekammer b) die Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde

um Auskunft gebeten, "ob ihr Haus im Hinblick auf §§ 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V ihren Mitgliedern Empfehlungen für oder gegen die Stoßwellenlithotripsie bei Sialolithiasis gegeben hat und über welche Informationen ihr Haus zu dieser Therapie bei dieser Erkrankung verfügt".

Während die Bundesärztekammer unter dem 11.01.2010 mit einem kurzen Schreiben antwortete, reagierte die Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde nicht.

Stattdessen ging (am 19.01.2010) vom Antragsteller ein "wissenschaftlich begründetes Gutachten" vom 04.01.2010 (9 Seiten nebst Literaturverzeichnis) ein.

Mit Liquidation vom 18.01.2010 beantragte der Antragsteller beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen Kostenerstattung für das "Gutachten" in einer Gesamthöhe (sechs Stunden Abfassung des Gutachtens, Diktat, Durchsicht, Literaturstudium, Schreibgebühren, Kopien, Porto, Material, Umsatzsteuer) von 628,92 Euro.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des LSG lehnte eine Vergütungsfestsetzung mit Schreiben vom 21.01.2010 mit der Begründung ab, dass der Antragsteller nicht anspruchsberechtigt gemäß § 1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) sei. Denn einen Vergütungsanspruch für ein Gutachten nach dem JVEG hätten nur die von den Gerichten hinzugezogenen Sachverständigen, und zwar auch nur diejenigen Sachverständigen, die beauftragt worden seien, ggf. ein Mitarbeiter des Unternehmens, sofern das Unternehmen als solches beauftragt worden sei. Vorliegend sei indessen weder ein Sachverständiger hinzugezogen, sondern eine Auskunft erbeten worden, noch sei der Antragsteller persönlich hinzugezogen, sondern allein die Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde um Auskunft gebeten worden, die - ausweislich der Ausführungen im "Gutachten" - die Anfrage des LSG "per Email an uns zur Sachbearbeitung weitergeleitet" hat.

Unter dem 26.01.2010 begehrt der Antragsteller richterliche Entscheidung gemäß § 4 JVEG und macht zur Begründung geltend, dass das "erstattete Gutachten" zu entschädigen sei. Denn das Schreiben des LSG betreffend einer "Auskunft zur Stoßwellenlithotripsie bei Sialolithiasis" sei von der Deutschen Gesellschaft für HNO-Heilkunde weitergeleitet worden, "u.a. deshalb, weil unser Haus eine besondere Expertise bei Speicheldrüsenerkrankungen hat und der Klinikdirektor Prof. Dr. C. die Stoßwellenlithotripsie von Speichelsteinen entwickelt hat". "Entsprechend erstatteten wir mit Datum vom 04.01.2010 eine insgesamt elfseitige gutachterliche Stellungnahme ". Die vom LSG gestellte Frage habe nicht im Sinne einer "schnellen Auskunft" beantwortet werden können, sondern habe vielmehr eine ausgewogene Diskussion unter Hinzuziehung der entsprechenden Fachliteratur erfordert. Bei Übernahme des "Auftrages" des LSG habe man vorausgesetzt, dass die von der Klinik erbrachte gutachterliche Leistung auch entsprechend der gesetzlichen Vorgaben vergütet werde. "Wir bitten daher um Prüfung des Sachverhalts, ggf. rückwirkenden Erlass eines entsprechenden Beweisbeschlusses" und Vergütung in der beantragten Höhe.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des LSG hat nicht abgeholfen.

Der Antragsgegner ausdrücklich "nicht Stellung genommen".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte verwiesen. Sie hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidung gewesen.

 

II.

Der Antrag auf richterliche Festsetzung ist gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 JVEG zulässig.

Die Zuständigkeit des Berichterstatters des Senats als Einzelrichter folgt aus § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 7 Satz 1 1. Halbsatz JVEG.

Der Antragsteller begehrt mit seiner Liquidation die Festsetzung einer Vergütung für das von ihm erstellte "wissenschaftlich begründete Gutachten".

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG sind anspruchsberechtigt u.a. "Sachverständige, ..., die von dem Gericht ... herangezogen werden." Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 JVEG steht der Anspruch auf Vergütung nach Satz 1 Nr. 1 "demjenigen zu, der beauftragt worden ist; dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter einer Unternehmung die Leistung erbringt, der Auftrag jedoch der Unternehmung erteilt worden ist". Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 gilt das JVEG auch dann, wenn Behörden oder sonstige öffentliche Stellen von den in Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 genannten Stellen zu Sachverständigenleistungen herangezogen werden.

Nach diesen gesetzlichen Vorgaben ist der Antragsteller nicht anspruchsberechtigt, weil er nicht von einem Gericht "als Sachverständiger" "herangezogen" worden ist.

Ein (1) "Heranziehen" als Sachverständiger ist nur dann gegeben, wenn die staatliche hoheitliche Beanspruchung auf Grund einer Verfahrensvorschrift erfolgt, die die konkrete Inanspruchnahme regelt (siehe nur die Nachweise bei: Hartmann, Kostengesetze, Kommentar, 39. Aufl. 2009, § 1 JVEG, Rdnr. 11). Als Verfahrensvorschriften kommen dabei im Bereich des vom erkennenden Senat anzuwendenden Sozialgerichtsgesetzes (SGG) im vorliegenden Fall allein die Normen der §§ 103, 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG (Einholen einer Auskunft) sowie der §§ 103, 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG (Einholung eines Sachverständigengutachtens) in Betracht. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens liegt dabei vor, wenn das Gericht selbst nicht über ausreichende Sachkunde zur Entscheidung des konkreten Falles verfügt, dem hingegen steht die Einholung einer Auskunft in Rede, wenn es allein um die Einholung einer allgemeinen Information geht (siehe nur die Nachweise bei: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 118 Rdnr. 11 b, § 106 Rdnr. 11).

Im vorliegenden Fall hat der erkennende Senat ausweislich seines Schreibens vom 11.12.2009 allein eine allgemeine Auskunft darüber erbeten, ob die mit dem Schreiben des Senats um Auskunft gebetenen Stellen - die Bundesärztekammer sowie die Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde - ihren Mitgliedern Empfehlungen für oder gegen die Stoßwellenlithotripsie bei Sialolithiasis gegeben hat und über welche Informationen beide Stellen zu dieser Therapie bei dieser Erkrankung verfügen. Es handelt sich daher um ein bloßes Auskunftsersuchen nach §§ 103, 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG. Folgerichtig hat der erkennende Senat auch keinen Beweisbeschluss erlassen, der nach §§ 103, 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG regelhaft ergeht. Folgerichtig hat der Antragsteller in seiner Antragsbegründung vom 26.01.2010 angeregt, "rückwirkend einen entsprechenden Beweisbeschluss" zu erlassen. Daneben hat der Senat der Gesellschaft für HNO-Heilkunde nicht die Gerichts- und Verwaltungsakten des Falles übersandt, ohne die eine sachverständige Beurteilung des Einzelfalles nicht möglich ist. Folgerichtig hat der Antragsteller in seinem "Gutachten" festgestellt, dass keine weiteren Einzelheiten zu dem Fall bekannt seien. - Schließlich war die bloße Einholung einer Auskunft (in Abgrenzung zu einer Beweisanordnung für Gutachten) auch nicht missverständlich, da die ebenfalls mit dem Schreiben angegangene Bundesärztekammer das Schreiben des Senats zutreffend verstanden und auch (lediglich) eine (kurze) Auskunft gegeben hat (Schreiben vom 11.01.2010). Und wenn der Antragsteller Unsicherheiten in der Behandlung der von der HNO-Gesellschaft an ihn weitergeleiteten Anfrage empfunden hätte, hätte er sich jederzeit - über die HNO-Gesellschaft oder selbst - mit dem erkennenden Senat in Verbindung setzen können, der die vorstehend beschriebene Sach- und Rechtslage dargestellt hätte.

Nach alledem kann mangels vom erkennenden Senat angeforderten Gutachten das vom Antragsteller erstattete "wissenschaftlich begründete Gutachten" nicht als Gutachten nach JVEG entschädigt werden.

Die Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ist daher rechtlich nicht zu beanstanden.

Bei alledem kann (2) dahinstehen, ob der Antragsteller (überhaupt) der vom erkennenden Senat mit seinem Schreiben vom 11.12.2009 angegangene Adressat und damit Anspruchsberechtigte nach dem JVEG wäre. Denn das Schreiben war nicht an den Antragsteller oder die den Antragsteller beschäftigende Universität Erlangen-Nürnberg gerichtet, sondern an die Deutsche Gesellschaft für HNO-Heilkunde in Bonn, die - ausweislich des "wissenschaftlich begründeten Gutachtens" des Antragstellers - die Anfrage des Senats "per Email an uns zur Sachbearbeitung weitergeleitet" hat. Ob der Antragsteller eine Entschädigung von der Gesellschaft für HNO-Heilkunde erhalten kann, ist nicht Gegenstand des Verfahrens. Gegenstand ist auch nicht, ob die HNO-Gesellschaft sich vor der Weiterleitung an den erkennenden Senat hätte wenden sollen/müssen, um die Sach- und Rechtslage zu klären.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar, § 4 Abs. 4 Satz 4 JVEG, § 177 SGG.

Das Verfahren ist gemäß § 4 Abs. 8 JVEG gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.