Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 20 AY 93/10 B - Beschluss vom 25.10.2010
Ist der Rechtsanwalt, dessen Beiordnung begehrt wird, nicht im Gerichtsbezirk des angerufenen Gerichts ansässig, hat ein Kostenvergleich stattzufinden. Nur dann, wenn die Beiordnung dieses Rechtsanwalts überhaupt zu höheren Anwaltsgebühren führen würde als eine Beiordnung eines im Gerichtsbezirk ansässigen Anwalts (Reisekosten nach § 46 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) i.V.m. Nr. 7003 bis 7005 des Vergütungsverzeichnisses (VV) der Anlage 1 zum RVG), kommt eine Beschränkung der Beiordnung auf die Bedingungen eines "ortsansässigen" - genauer: eines im Gerichtsbezirk ansässigen - Rechtsanwalts in Betracht.
Gründe:
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Zu Unrecht hat das Sozialgericht Prozesskostenhilfe nur unter Beiordnung des Prozessbevollmächtigten der Kläger zu den Bedingungen eines "ortsansässigen" Rechtsanwalts bewilligt.
Zwar kann nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 121 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Der Gesetzeswortlaut macht allerdings deutlich, dass es insoweit nicht auf einen am Ort des Prozessgerichts (hier: Gelsenkirchen) ansässigen Rechtsanwalt ankommt. Vielmehr kann ein Kläger einen Prozessbevollmächtigten innerhalb des gesamten Gerichtsbezirks (hier: Zuständigkeitsbezirk des Sozialgerichts Gelsenkirchen) auswählen, ohne einer Einschränkung i.S.v. § 121 Abs. 3 ZPO zu unterliegen (vgl. Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 5. Aufl. 2010, Rn. 570).
Ist der Rechtsanwalt, dessen Beiordnung begehrt wird, nicht im Gerichtsbezirk des angerufenen Gerichts ansässig (der Kanzleisitz des Bevollmächtigten der Kläger ist in Essen und damit im Bezirk des Sozialgerichts Duisburg), hat darüber hinaus ein Kostenvergleich stattzufinden (vgl. a.a.O., Rn. 570). Nur dann, wenn die Beiordnung dieses Rechtsanwalts überhaupt zu höheren Anwaltsgebühren führen würde als eine Beiordnung eines im Gerichtsbezirk ansässigen Anwalts (Reisekosten nach § 46 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) i.V.m. Nr. 7003 bis 7005 des Vergütungsverzeichnisses (VV) der Anlage 1 zum RVG), kommt eine Beschränkung der Beiordnung auf die Bedingungen eines "ortsansässigen" - genauer: eines im Gerichtsbezirk ansässigen - Rechtsanwalts in Betracht.
Die Kläger weisen insoweit darauf hin, dass der Kanzleisitz ihres Prozessbevollmächtigten lediglich 8,4 km vom Sozialgericht Gelsenkirchen entfernt liegt. Damit aber entstehen Reisekosten nach § 46 RVG nur in einem Umfang, welcher die Reisekosten selbst der meisten im Gerichtsbezirk des Sozialgerichts ansässigen Rechtsanwälte sogar unterschreiten dürfte. Es besteht bereits aus diesem Grund kein Anlass für eine Beschränkung der Beiordnung i.S.v. § 121 Abs. 3 ZPO, da die Entstehung "weiterer Kosten" im Sinne der Vorschrift nicht zu besorgen ist.
Im Übrigen weisen die Kläger zu Recht darauf hin, dass die ihrem Prozessbevollmächtigten zustehende Verfahrensgebühr wegen dessen Vortätigkeit im Widerspruchsverfahren nach Nr. 3103 VV RVG abgesenkt wird. Deshalb werden die Anwaltskosten für das gerichtliche Verfahren sogar unterhalb der Kosten liegen, die ein im vorliegenden Klageverfahren erstmals tätig werdender Rechtsanwalt geltend machen könnte (u.a. Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG). Insoweit tritt durch die (uneingeschränkte) Beiordnung des von den Klägern ausgewählten Prozessbevollmächtigten sogar eine Gebührenersparnis ein. Für eine Einschränkung i.S.v. § 121 Abs. 3 ZPO ist deshalb kein Raum.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 73a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.