Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 20 B 36/06 AY ER - Beschluss vom 04.08.2006
Es entspricht der gefestigten Rechtsprechung, dass die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise allein grundsätzlich keine Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG begründet. Dann aber sind nach der klaren gesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 1 AsylbLG abweichend von § 3 AsylbLG Leistungen entsprechend dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu gewähren. Besteht in solchen Fällen mithin ein Anordnungsanspruch, so kann nach der Rechtsprechung auch ein Anordnungsgrund im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes nicht verneint werden. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Gewährung der höheren Leistungen nach § 2 AsylbLG bei einem Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG von insgesamt 36 Monaten der Regelfall sein. Deshalb erscheint es den Leistungsberechtigten lediglich im begründeten Einzelfall, insbesondere bei im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu klärenden Zweifeln am Bestehen des Anordnungsanspruches, zumutbar, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens mit den niedrigeren Leistungen nach § 3 AsylbLG zu wirtschaften.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten, ob den Antragstellern höhere Leistungen nach § 2 anstelle der gewährten Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) zustehen.
Die Antragsteller zu 1. und 2. sind Eltern der Antragsteller zu 3. bis 5. Sie gehören dem Volk der Roma an und stammen aus dem ehemaligen Jugoslawien. Die Antragsteller zu 1. und 2. halten sich seit 1992 in Deutschland auf; die Antragsteller zu 3. bis 5. sind in Deutschland geboren. Die Antragsteller beziehen derzeit Leistungen nach § 3 AsylbLG.
Ausweislich einer Verhandlungsniederschrift erklärten die Antragsteller zu 1. und 2. bei der Antragsgegnerin am 11.11.2003 (Bl. 902 Verwaltungsakte), sie wollten schnellstmöglich freiwillig nach Jugoslawien ausreisen. Sie würden noch am gleichen Tag bei dem jugoslawischen Konsulat in Deutschland vorsprechen, um die Pässe zu beantragen. Die erforderlichen Unterlagen (Staatsangehörigkeitsnachweise) hätten sie am Tag zuvor aus Jugoslawien erhalten. Sie bäten um die Auszahlung einer Beihilfe für die Beschaffung der Pässe sowie der bereits verauslagten Gebühren etc. Die Kosten betrügen laut Auskunft des jugoslawischen Konsulats für einen Pass pro Erwachsenen 188,00 EUR und pro Kind 57,60 EUR, für die Staatsangehörigkeitsnachweise 150,00 EUR, für internationale Geburtsurkunden 21,00 EUR sowie für Fahrtkosten 50,00 EUR, mithin zusammen 769,80 EUR. Dieser Betrag wurde den Antragstellern per Scheck ausbezahlt (Bl. 903 Verwaltungsakte).
Der Antragsteller zu 1. war zu diesem Zeitpunkt bereits im Besitz eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses mit Gültigkeit vom 10.10.2002 bis 03.06.2005. Die Antragsteller zu 2. bis 5. beantragten erst im Juni 2005 beim zuständigen Konsulat die Erteilung eines Reisepasses (Bl. 1130 - 1133 Verwaltungsakte). Nachdem die Antragsteller bei der Antragsgegnerin mehrfach die Gewährung höherer Leistungen nach § 2 AsylbLG beantragt hatten, mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.02.2006 jedoch wiederum allein Leistungen nach § 3 AsylbLG bewilligt worden waren, haben die Antragsteller am 17.05.2006 beim Sozialgericht beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen einstweilen Leistungen nach § 2 AsylbLG zu gewähren.
Mit Beschluss vom 17.05.2006 hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern ab dem 17.05.2006 bis zum 30.06.2006 Leistungen gemäß § 2 Abs. 1 AsylbLG unter Anrechnung bereits gewährter Leistungen zu erbringen. Eine rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Dauer des Aufenthalts in der Bundesrepublik im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG liege nicht vor, wenn eine Ausreise nicht freiwillig erfolge; der Staat könne einem solchen Verhalten durch Abschiebemaßnahmen begegnen. Es sei deshalb ein Anordnungsanspruch der Antragsteller nicht zweifelhaft. Auch ein Anordnungsgrund liege vor; denn nach dem Willen des Gesetzgebers sollten nach Erhalt von Leistungen nach § 3 AsylbLG über einen Zeitraum von 36 Monaten höhere Leistungen nach § 2 AsylbLG den Regelfall bilden.
Hiergegen hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht mit Beschluss vom 23.06.2006 nicht abgeholfen hat.
Die Antragsgegnerin trägt vor, sie stütze entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts ihre Ansicht, die Antragsteller hätten ihre Aufenthaltsdauer in Deutschland rechtsmissbräuchlich beeinflusst, nicht ausschließlich darauf, dass sie zur Verlängerung ihres Aufenthalts immer wieder neue asyl- und ausländerrechtliche Anträge gestellt und Rechtsmittel eingelegt hätten. Vielmehr habe die Familie am 11.11.2003 einen Antrag auf freiwillige Ausreise und Bewilligung von Rückreisebeihilfen gestellt, um damit einer bevorstehenden Abschiebung zu entgehen. Die Antragsteller seien seinerzeit allesamt im Besitz von Grenzübertrittsbescheinigungen gewesen, die ihnen bis zum Ablauf der Gültigkeit ein Verlassen der Bundesrepublik auf freiwilliger Grundlage ermöglicht hätten. Aufgrund des Antrags vom 11.11.2003 habe die zuständige Ausländerbehörde von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abgesehen und auf die Freiwilligkeit und Ernsthaftigkeit der Ausreisebereitschaft vertraut. Die Antragsteller hätten zwar angegeben, sie seien sämtlich passlos und müssten zunächst entsprechende Reisedokumente von ihrer Botschaft besorgen. Im Nachhinein habe sich jedoch herausgestellt, dass der Antragsteller zu 1. bereits seit dem 10.10.2002 im Besitz eines Reisepasses gewesen sei. Dieser Umstand sei der zuständigen Ausländerbehörde wie auch der Antragsgegnerin bewusst verschwiegen worden; der gestellte Ausreiseantrag habe offensichtlich allein dem Zweck gedient, die zuständige Ausländerbehörde von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzuhalten. Dies stelle Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG dar.
Die Antragsgegner tragen demgegenüber vor, sie seien reiseunfähig. Erstmals habe sich dies bei einer Anfrage durch den jetzigen Prozessbevollmächtigten der Antragsteller bei ihrem behandelnden Hausarzt im Februar 2004 ergeben. Die Antragsteller beziehen sich daneben auf von ihrem Prozessbevollmächtigten in Auftrag gegebene gutachtliche Äußerungen des Arztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. Z. vom 24.06.2005 und 28.06.2005, in denen Dr. Z. zum Ergebnis kommt, die Antragsteller zu 1. und 2. seien reiseunfähig. Entsprechendes hat Dr. Z. auch in einem Attest vom 22.11.2005 für den Antragsteller zu 1. nochmals ausgeführt. Weiter eingereicht wurde eine Bescheinigung des Zentrums für seelische Gesundheit Kliniken M.- Fachklinik für Psychiatrie und Psychotherapie - vom 21.04.2006 betreffend den Antragsteller zu 1. sowie eine Bescheinigung der Ärztin Dr. S. vom 17.17.2006 betreffend die Antragsteller zu 3. bis 5. Auf die genannten medizinischen Unterlagen wird Bezug genommen.
Die Antragsteller tragen weiter vor, der Antragsteller zu 1. habe zwar einen serbisch-montenegrinischen Reisepass besessen, jedoch nicht mehr gewusst, wo sich dieser befunden habe. Deswegen habe er aus blanker Angst, ansonsten sofort mit seiner Familie nach Serbien abgeschoben zu werden, am 11.11.2003 die Verhandlungsniederschrift bei der Antragsgegnerin unterzeichnet. Zwar werde hinsichtlich der Reisefähigkeit der Antragsteller zu 1. und 2. derzeit im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ein Gutachten des Dr. M. von den R. Kliniken in B. erstellt. Ausweislich der bereits vorgelegten medizinischen Unterlagen bestehe bei ihnen jedoch eine psychische Erkrankung. Eine solche trete nicht plötzlich auf, sondern sei zumindest schon längere Zeit latent vorhanden gewesen. Sie breche bei jeder Aufforderung, Deutschland zwangsweise Richtung Serbien verlassen zu müssen, wieder aus. Wenn dann in einer solchen Situation bei Konfrontation mit der Frage einer Ausreise aus Deutschland der Besitz des Passes durch den Antragsteller zu 1. verschwiegen bzw. eine Beschaffung eines neuen Passes durch die Antragstellerin zu 2. unterlassen worden sei, sei dies jedenfalls nicht subjektiv vorwerfbar. Leider sei die vorhandene posttraumatische Belastungsstörung dem früheren Bevollmächtigten der Antragsteller nicht aufgefallen. Bei fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit fehle es jedoch auch an der Rechtsmissbräuchlichkeit hinsichtlich der Dauer des Aufenthaltes im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin zu Unrecht zu einstweiligen Leistungen an die Antragsteller nach § 2 Abs. 1 AsylbLG verpflichtet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist danach zum einen die Geltendmachung eines materiell-rechtlichen Anspruchs der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin (sog. Anordnungsanspruch) sowie die Eilbedürftigkeit für eine gerichtliche Entscheidung (sog. Anordnungsgrund). Nach § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) sind Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund glaubhaft zu machen.
Die Antragsteller haben jedoch bereits einen Anordnungsanspruch nicht hinreichend glaubhaft gemacht:
Zwar entspricht es der inzwischen gefestigten Rechtsprechung des Senats (z.B. Beschlüsse vom 10.03.2006 - L 20 B 7/06 AY ER, vom 14.03.2006 - L 20 B 12/06 AY ER und vom 15.03.2006 - L 20 B 8/06 AY ER), dass die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise allein grundsätzlich keine Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG begründet. Dann aber sind nach der klaren gesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 1 AsylbLG abweichend von § 3 AsylbLG Leistungen entsprechend dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu gewähren. Besteht in solchen Fällen mithin ein Anordnungsanspruch, so kann nach der genannten Rechtsprechung des Senats auch ein Anordnungsgrund im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes nicht verneint werden. Denn nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Gewährung der höheren Leistungen nach § 2 AsylbLG bei einem Bezug von Leistungen nach § 3 AsylbLG von insgesamt 36 Monaten der Regelfall sein.
Deshalb erscheint es den Leistungsberechtigten lediglich im begründeten Einzelfall, insbesondere bei im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu klärenden Zweifeln am Bestehen des Anordnungsanspruches, zumutbar, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens mit den niedrigeren Leistungen nach § 3 AsylbLG zu wirtschaften.
Um einen solchen begründeten Einzelfall handelt es sich jedoch beim jetzigen Verfahren der Antragsteller. Bei ihnen bestehen derzeit Zweifel am geltend gemachten Anordnungsanspruch. Denn bisher ist nicht geklärt und auch nicht ohne umfangreiche, den Rahmen eines gerichtlichen Eilverfahrens sprengende weitere Ermittlungen klärbar, ob sie die Dauer ihres Aufenthaltes im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG rechtsmissbräuchlich beeinflusst haben.
Denn es ist nicht hinreichend glaubhaft gemacht, dass die Antragsteller bereits im November 2003 gesundheitlich nicht mehr in der Lage waren, aus Deutschland auszureisen. Im November 2003 sollte ihnen jedoch mit der Gewährung von Unterstützungsleistungen für eine freiwillige Ausreise eine solche Ausreise (ausweislich des REAG-GARP-Antrages vom 11.11.2003: per Bus; vgl. Bl. 902 a Verwaltungsakte) ermöglicht werden; zuvor waren ihnen sämtlich unter dem 02.10.2003 Grenzübertrittsbescheinigungen ausgestellt worden, denen zufolge sie verpflichtet waren, das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland bis spätestens 15.11.2003 zu verlassen mit dem beigefügten Hinweis, nach Ablauf der Ausreisefrist seien ausreisepflichtige Ausländer abzuschieben.
Es erscheint mit der Antragsgegnerin durchaus nicht ausgeschlossen, dass die Antragsteller mit ihrer Erklärung vom 11.11.2003, schnellstmöglich freiwillig nach Jugoslawien ausreisen zu wollen, allein das Ziel verfolgten, einer nunmehr drohenden Abschiebung nach Jugoslawien vorzubeugen. Dass der Antragsteller zu 1. dabei den Besitz eines serbisch-montenegrinischen Reisepasses verschwiegen hat, führt zu Zweifeln hinsichtlich der Wahrhaftigkeit seiner im November 2003 und im vorliegenden Verfahren gemachten Angaben, die ohne weitere Beweiserhebung nicht auszuräumen sind. Gleiches gilt angesichts des Umstandes, dass die Antragsteller zwar eine Beihilfe von insgesamt 769,80 EUR für die Beschaffung von Reisedokumenten in Anspruch genommen haben, jedoch dann lange Zeit keine Reisedokumente beantragt haben.
Demgegenüber scheinen zwar die von den Antragstellern vorgelegten medizinischen Unterlagen insbesondere des Dr. Z. dafür zu sprechen, dass beim Antragsteller zu 1. eine posttraumatische Belastungsstörung besteht, die sich bei jeder Neuthematisierung einer Ausreise in seine Heimat wieder aktualisiert. Möglicherweise besitzt zudem die Antragstellerin zu 2. aufgrund einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer depressiven Störung sowie internistisch-allgemeinmedizinischer Leiden aktuell keine Reisefähigkeit.
Allein die vorgelegten medizinischen Unterlagen vermögen jedoch nicht hinreichend glaubhaft zu machen, dass bereits am 11.11.2003 eine Ausreise aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zumutbar war. Der allgemeine Hinweis der Antragsteller, solche Leiden entstünden nicht von heute auf morgen, kann daran nichts ändern, zumal angesichts des Umstandes, dass die Antragsteller die Gutachten des Dr. Z. selbst in Auftrag gegeben haben, auch die aktuelle gesundheitliche Situation noch nach weiterer Klärung verlangen dürfte (was im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch durch Dr. M. geschehen soll). Die nähere Aufklärung des aktuellen wie des im November 2003 bestehenden Gesundheitszustandes bleibt vielmehr einer Begutachtung im Hauptsacheverfahren vorbehalten, sofern sich nicht aus dem bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren angeforderten Gutachten des Dr. M. hinreichende Sicherheit ergeben sollte.
Sollten die Antragsteller aber im November 2003 ihre Bereitschaft zu sofortiger freiwilliger Ausreise mangels einer die Vorwerfbarkeit ausschließenden Erkrankung subjektiv vorwerfbar vorgetäuscht haben, wäre das als beanstandungswürdiges Verhalten eine rechtsmissbräuchliche Beeeinflussung der Dauer des (folgenden) Aufenthalts in Deutschland im Sinne von § 2 Abs. 1 AsylbLG. Denn hätten die Antragsteller seinerzeit nicht die Bereitschaft zur Ausreise erklärt, hätten sie mit einer baldigen Abschiebung aus Deutschland rechnen müssen. Wesentliche Ursache für ihren weiteren Aufenthalt in Deutschland war deshalb in jedem Falle ihr eigenes Verhalten am 11.11.2003. Bei diesem Verhalten ist jedoch einstweilen keinesfalls hinreichend glaubhaft gemacht, dass es aus gesundheitlichen Gründen nicht subjektiv vorwerfbar war; dies wird vielmehr im Hauptsacheverfahren noch aufzuklären sein.
Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, dass eine wesentliche Ursache, die den Tatbestand der Rechtsmissbräuchlichkeit im Sinne von 2 Abs. 1 AsylbLG erfüllt, im Sinne eines überholenden Kausalverlaufes in den Hintergrund tritt und für den weiteren Aufenthalt in Deutschland eine Ursache als maßgebend anzusehen ist, die das Tatbestandsmerkmal der rechtsmissbräuchlichen Beeinflussung der Aufenthaltsdauer durch den Leistungsbezieher nicht mehr erfüllt. Ab dem Zeitpunkt des Eintritt dieser neuen, dann aufenthaltsbestimmenden Ursache kommt es deshalb zumindest in Betracht, die Vorbezugsfrist von 36 Monaten als erneut zu laufen beginnend anzusehen (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 17.05.2006 - L 20 B 11/06 AY ER).
Ob einer solchen rechtlichen Beurteilung im Falle des Dazwischentretens anderer Ursachen für den Aufenthalt in Deutschland bei der Frage nach einer Rechtsmissbräuchlichkeit i.S.v. § 2 Abs. 1 AsylbLG überhaupt zu folgen ist, kann im Falle der Antragsteller jedoch dahinstehen. Denn als eine solche dazwischentretende Ursache kommt einzig eine Erkrankung eines oder mehrerer Antragsteller in Betracht, aufgrund derer im Anschluss an ein (noch aufzuklärendes, s.o.) vorwerfbares Verhalten am 11.11.2003 sie heute gesundheitlich nicht mehr in der Lage sind, in ihre Heimat zurückzukehren. Ob eine solche Erkrankung aktuell besteht, bedarf jedoch, wie ausgeführt, näherer Aufklärung im Hauptsacheverfahren, sofern sich nicht durch die Begutachtung durch Dr. M. im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bereits Klarheit ergibt.
Zusammenfassend ist es bei der nur möglichen summarischen Prüfung im Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes nicht hinreichend glaubhaft, dass überhaupt eine ausreisehindernde Erkrankung der Antragsteller besteht und wenn ja, dass sie bereits im November 2003 bestanden hat und damit zu diesem Zeitpunkt ein vorwerfbares, i.S.v. § 2 Abs. 2 AsylbLG rechtsmissbräuchliches Verhalten auf Seiten der Antragsteller bereits ausschließen konnte. Entsprechende Ermittlungen müssen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).