Tatbestand:

Die Beteiligten streiten - noch - darüber, ob beim Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" vorliegen.

Der am. 1981 geborene Kläger leidet an einem erblich bedingten Christ-Siemens-Touraine-Syndrom. Das beklagte Land stellte zuletzt mit Bescheid vom 3. November 1993 einen Grad der Behinderung (GdB) von 80 unter Berücksichtigung der Funktionsbeeinträchtigung "Hitzeunverträglichkeit bei hypohidrotischer ektodermaler Dysplasie" fest. Den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 13. Juni 2007 lehnte das beklagte Land mit bestandskräftigem Bescheid vom 31. Juli 2007 ab.

Am 8. August 2011 beantragte der Kläger eine Neufeststellung und begehrte einen höheren GdB und die Zuerkennung des Merkzeichens "G". Das beklagte Land zog u. a. den Bericht des W klinikums H vom 27. Juli 2011 über einen stationären Aufenthalt des Klägers vom 27. Juli 2011 bis 1. August 2011 wegen eines Rezidivs eines spontanen Pneumothorax rechts mit Totalkollaps der rechten Lunge und Mediastinalverlagerung nach links zur notfallmäßigen Anlage einer Thoraxdrainage bei.

Mit Bescheid vom 5. September 2011 lehnte das beklagte Land den Neufeststellungsantrag des Kläger mit der Begründung ab, auch unter Berücksichtigung der festgestellten weiteren Funktionsbeeinträchtigung "Beschwerden nach wiederholtem Pneumothorax" verbleibe es bei einem GdB von 80, weil insoweit keine wesentlichen zusätzlichen Auswirkungen auf den Gesundheitszustand bestünden. Die Voraussetzungen für die Feststellung des Merkzeichens "G" seien nicht erfüllt, da der Kläger in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr nicht erheblich beeinträchtigt sei. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 30. September 2011 Widerspruch ein und machte geltend, der Pneumothorax stelle sehr wohl eine zusätzliche Beeinträchtigung dar. Aufgrund der Hitzeunverträglichkeit sei er kompromisslos auf einen klimatisierten Pkw angewiesen, da er ab einer bestimmten Wetterlage nicht in der Lage sei, eine Strecke zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen. Ihm stehe daher sowohl das Merkzeichen "G" als auch das Merkzeichen "aG" zu.

Das beklagte Land holte u. a. den Befundbericht des Ärztezentrums P vom 24. November 2011 sowie die gutachterliche Stellungnahme ihres beratenden Arztes Dr. Ha vom 14. Dezember 2011 ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Dezember 2011 als unbegründet zurück. Ein höherer GdB als 80 lasse sich medizinisch nicht begründen und auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" seien nicht erfüllt. Über den erstmals mit dem Widerspruch gestellten Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "aG" werde ein gesonderter Bescheid erlassen.

Am 16. Januar 2012 hat der Kläger beim Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben und sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft. Er leide unter Atembeschwerden, die entgegen der Auffassung des Beklagten zu einer Verstärkung der durch die Hitzeunverträglichkeit bestehenden Einschränkungen führten. Auch sei das Merkzeichen "G" zuzuerkennen. Zwar liege kein typischer Fall im Sinne der Ziffer D1 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vor. Die bei ihm vorliegenden Beeinträchtigungen seien aber mit den dort aufgeführten Störungen der Bewegungsfähigkeit gleichzusetzen, da es ihm insbesondere bei wärmeren Temperaturen nicht möglich sei, überhaupt Wegstrecken zurückzulegen.

Der Kläger hat beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides des beklagen Landes vom 5. September 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. Dezember 2011 festzustellen, dass bei ihm ein GdB von 90 vorliegt und das Merkzeichen "G" zuzuerkennen ist.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat es sich auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden bezogen.

Das Sozialgericht hat den Befundbericht des praktischen Arztes Dr. S vom 7. Mai 2012 mit weiteren Anlagen sowie das Gutachten des Arztes für Lungen- und Bronchialheilkunde, Allergologie und Innere Medizin Dr. L vom 4. September 2012 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 5. November 2012 eingeholt.

Mit Gerichtsbescheid vom 11. März 2013 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf einen höheren GdB als 80 sowie die Feststellungen der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G". In den gesundheitlichen Verhältnissen sei gegenüber dem maßgeblichen Bescheid vom 3. November 1993 keine wesentliche Änderung eingetreten. Der nunmehr eingetretene Zustand nach wiederholtem Pneumothorax habe zu einer allenfalls leichten Einschränkung der Lungenfunktion infolge narbiger Veränderungen geführt. Der Einzel-GdB für diese Funktionseinschränkung sei mit 10 zu bewerten. Eine wesentliche Verschlimmerung hinsichtlich des Christ-Siemens-Touraine-Syndroms im Sinne einer hypohidrotischen ektodermalen Dysplasie sei ebenfalls nicht eingetreten. Der Kläger leide bereits seit seiner Geburt unter dieser Erkrankung, die mit einer Hitzeunverträglichkeit einhergehe. Eine Veränderung im Ausmaß der Beschwerden sei seit 1993 nicht ersichtlich. Auch lägen die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" nicht vor, da die Bewegungsfähigkeit des Klägers im Straßenverkehr nicht in erheblichem Maße beeinträchtigt sei. Dem stehe nicht entgegen, dass er bei bestimmten Wetterlagen nicht in der Lage sei, eine gewisse Wegstrecke zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen. Unter Berücksichtigung der anlässlich der Untersuchung bei dem Sachverständigen Dr. L gezeigten Leistungsfähigkeit mit einer körperlichen Belastbarkeit bis 140 Watt ohne leistungsbegrenzende Parameter einschließlich fieberhafter Temperaturen dürfte es sich hierbei um Ausnahmefälle handeln, so dass nicht generell davon auszugehen sei, dass eine Einschränkung der Gehfähigkeit im Allgemeinen bestehe.

Gegen diesen am 18. März 2013 zugestellten Gerichtsbescheid wendet sich der Kläger mit seiner am 4. April 2013 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangenen Berufung. Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger sein bisheriges Vorbringen und macht insbesondere geltend, das Sozialgericht habe die bei ihm bestehende Hitzeunverträglichkeit nicht ausreichend gewürdigt. Es komme bei ihm immer wieder zu Beeinträchtigungen des Kreislaufs, die schon bei mittelgradiger Belastung im alltäglichen Leben aufträten. Angesichts der bestehenden Hitzeunverträglichkeit und des Fehlens jeglicher Schweißdrüsen seien derartige Beeinträchtigungen unbedingt zu vermeiden, um weitere schwere Folgeerkrankungen zu verhindern. Die außerdem hinzutretenden Beschwerden durch die wiederholten Pneumothoraces seien aufgrund der narbigen Veränderungen der Lunge mit einem Einzel-GdB von 10 ebenfalls zu niedrig bewertet. Das Merkzeichen G sei zuzuerkennen, da er in seiner Bewegungsfähigkeit beeinträchtigt sei. Er bezieht sich auf Berichte des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein vom 9. November 2011 und des Westenklinikums vom 12. Dezember 2013.

Nachdem der Kläger in der Berufungsverhandlung seine Klage auf Zuerkennung eines höheren GdB zurückgenommen hat, beantragt er,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Itzehoe vom 11. März 2013 und den Bescheid des Beklagten vom 5. September 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Dezember 2012 aufzuheben und das beklagte Land zu verurteilen, das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" festzustellen.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben und das schriftliche Gutachten des Kinderarztes, Hautarztes, Allergologen Prof. Dr. Hb eingeholt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten. Der wesentliche Inhalt dieser Unterlagen ist Gegenstand der Berufungsverhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet.

In dem Rechtsstreit geht es, nachdem der Kläger seine weitergehende Klage zurückgenommen hat, noch um Zuerkennung des Merkzeichens "G". Da das Sozialgericht die Klage insoweit zu Unrecht abgewiesen hat, waren der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts und die angefochtenen Bescheide des beklagten Landes zu ändern und das Vorliegen der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "G" war festzustellen.

Anspruchsgrundlage für die begehrte Feststellung ist § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX). Danach stellen die zuständigen Behörden neben einer Behinderung auch gesundheitliche Merkmale fest, deren Feststellung Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilausgleichen für schwerbehinderte Menschen etwa die unentgeltliche Beförderung im öffentlichen Personennahverkehr im Sinne des 13. Kapitels des SGB IX (§§ 145 ff. SGB IX), ist. Nach § 3 Abs. 2 der Schwerbehindertenausweisverordnung ist auf dem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen "G" einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt im Sinne der §§ 145 Abs. 1, 146 Abs. 1 SGB IX ist. Diese Voraussetzungen liegen dann vor, wenn der schwerbehinderte Mensch infolge der Einschränkung des Gehvermögens, auch durch innere Leiden, oder infolge von Anfällen oder von Störungen der Orientierungsfähigkeit nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahren für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. Hierbei handelt es sich um Wegstrecken von 2 km Länge bei einer Fußwegdauer von etwa einer halben Stunde (BSG, Urteil vom 10. Dezember 1987 - 9a RVs 11/87 -, BSGE 62, 273). § 146 Abs. 1 SGB IX wird durch die gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX auch für die Feststellungen im Schwerbehindertenrecht geltende Anlage Versorgungsmedizinische Grundsätze (VG) zu § 2 der Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (Versorgungs-Medizinverordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I, 2412) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 28. Oktober 2011 (BGBl. I 2153) konkretisiert, die wie zuvor bereits die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" (herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung bzw. Bundesministerium für Arbeit und Soziales) nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urt. vom 24. April 2008 - B 9/9a SB 10/06 R - Juris; BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -) als so genannte antizipierte Sachverständigengutachten im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren in ihrer jeweils aktuellen Fassung ( BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VJ 1/10 R -) zu beachten sind. In Teil D, Nr. 1 d der VG sind Regelfälle normiert, bei denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für das Merkzeichen "G" als erfüllt anzusehen sind. Die dort angegebenen Regelbeispiele liegen unstreitig nicht vor, denn bei dem Kläger bestehen weder sich auf die Gehfähigkeit auswirkende Funktionsstörungen der unteren Gliedmaßen und/oder der Lendenwirbelsäule, die für sich einen GdB von wenigstens 50 bedingen. Auch sind keine Behinderungen an den unteren Gliedmaßen mit einem GdB von unter 50 vorhanden, die sich auf die Gehfähigkeit besonders auswirken. Auch Beeinträchtigungen durch innere Leiden (Herzschäden, Lungenfunktionseinschränkungen) oder hirnorganische Anfälle liegen nicht vor. Die Nichterfüllung eines in Teil D, Nr. 1 d bestimmten Regelfalles schließt jedoch die Feststellung des Merkzeichens "G" nicht aus. Die rechtliche Prüfung eines Anspruchs auf das Merkzeichen "G" ist nicht darauf zu beschränken, ob der Kläger zu einer der in der VG bzw. in den AHP (vgl. VG D 1; AHP 2004/2005/2008 Punkt 30) genannten Personengruppe gehört. Denn es handelt sich hierbei nicht um eine abschließende Aufzählung des anspruchsberechtigten Personenkreises, sondern lediglich um Regelbeispiele, die für andere Behinderte als Vergleichsmaßstab dienen (BSG, Urteil vom 24. April 2008 - B 9/9a SB 7/06 R -, Juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. Dezember 2008 - L 11 SB 193/08 -, Juris). Bei den beschriebenen Regelfällen handelt es sich um Beispiele, in denen nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse die Voraussetzungen für den Nachteilsausgleich "G" als erfüllt anzusehen sind. Aus ihnen ergibt sich, welche Funktionsstörungen in welcher Ausprägung vorliegen müssen, bevor angenommen werden kann, dass ein Behinderter infolge einer Einschränkung des Gehvermögens "in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt ist". Damit wird durch die Konkretisierung dem Umstand Rechnung getragen, dass das menschliche Gehvermögen keine statische Messgröße ist, sondern von verschiedenen Faktoren geprägt und variiert wird. Darunter sind neben den anatomischen Gegebenheiten des Körpers, also Körperbau und etwaige Behinderungen, vor allem der Trainingszustand, die Tagesform, Witterungseinflüsse, die Art des Gehens (ökonomische Beanspruchung der Muskulatur, Gehtempo und Rhythmus) sowie Persönlichkeitsmerkmale, vor allem die Motivation, zu nennen. Von diesen Faktoren filtern die AHP bzw. die VG all jene heraus, die nach dem Gesetz außer Betracht zu bleiben haben, weil sie die Bewegungsfähigkeit des schwerbehinderten Menschen im Straßenverkehr nicht infolge einer behinderungsbedingten Einschränkung seines Gehvermögens, sondern möglicherweise aus anderen Gründen erheblich beeinträchtigen (BSG, Urteil vom 24. April 2008, a.a.O.). Nach diesen Maßstäben sind die beim Kläger vorliegenden Störungen mit denen der in den VG genannten Personengruppen vergleichbar. Der Kläger leidet an einer hypohidrotischen ektodermalen Dysplasie (Typ Christ-Siemens-Touraine). Diese Erkrankung ist durch eine Fehl- bzw. Minderanlage von Anhangorganen der Haut und des Ektoderms gekennzeichnet, namentlich einer Verminderung bzw. dem Fehlen von Schweiß- und Talgdrüsen, Haaren und Zähnen. Daraus resultieren eine Neigung zur Trockenheit der Haut und der Schleimhäute und insbesondere eine mangelhafte Temperaturkontrolle. Durch das Fehlen der Schweißdrüsen entfällt die Kühlungsfunktion durch Verdunstung des Schweißes. Nach den überzeugenden und schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. Hb und Dr. L führt dies beim Kläger bei warmen Außentemperaturen zu einer extremen Hitzeunverträglichkeit. Die beim Kläger bei Hitze auftretenden Funktionsbeeinträchtigungen sind mit Herzschäden mit Beeinträchtigung der Herzleistung wenigstens nach Gruppe 3 (vgl. VersMedV D 1, Nr. d; AHP 2004/2005/2008 Punkt 30 Abs. 3) vergleichbar. Von Gruppe 3 erfasst sind Leistungseinschränkungen bereits bei alltäglich leichter Belastung, z. B. spazieren gehen [3 bis 4 km/h], Treppen steigen bis zu einem Stockwerk, leichte körperliche Arbeit), Beschwerden und Auftreten pathologischer Messdaten bei Ergometerbelastung mit 50 Watt (wenigsten 2 Minuten)". Bei Wärme kommt es beim Kläger bereits in Ruhe zur raschen Aufwärmung des Körpers, einhergehend mit verminderter Belastbarkeit, beschleunigter Atmung und Schwindelgefühlen. Bei Bewegung insbesondere unter Sonneneinwirkung verstärken sich die Symptome erheblich, leichte körperliche Arbeit kann der Kläger nicht mehr verrichten. Die Gehstrecke ist auf weniger als einen Kilometer eingeschränkt. Der Senat verkennt nicht, dass beim Kläger die oben beschriebenen Symptome nur im Zusammenhang mit warmen Witterungsverhältnissen auftreten. Dafür, dass die als Regelfall aufgeführten Herzschäden zu einer dauernden Einschränkung führen müssen, findet sich in den VG jedoch kein Anhalt. In Teil D, Nr. d wird allein bei Atembehinderungen eine dauernde Einschränkung der Lungenfunktion verlangt, wobei es hingegen bei den übrigen inneren Leiden auf eine erhebliche Beeinträchtigung ankommt. Die Auslegung des Begriffes "erheblich" ist an der Zielsetzung des Schwerbehindertengesetzes, das die Eingliederung in Arbeit, Beruf und Gesellschaft fördern soll, zu orientieren. Wer sich wie der Kläger an warmen Tagen, deren Auftreten nicht vorhersehbar ist, nur unter großen Schwierigkeiten bewegen und nur geringe Strecken zurücklegen kann, ist gegenüber Gesunden in seiner beruflichen und privaten Mobilität erheblich eingeschränkt. Da die Behinderungen witterungsbedingt auftreten, ist es dem Kläger auch nicht möglich, seine Lebensführung so einrichten, dass er notwendige Ortsveränderungen nur in kühlen Zeiten vornimmt. Bei warmen Temperaturen muss der Kläger ebenso wie ein Herzkranker damit rechnen, dass er notwendige Wege nicht oder nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln bewältigen kann (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 17. Februar 1998 - L 4 SB 1351/95 -, Juris). Prof. Hb hat zwar ausgeführt, dass der Kläger die bei einer hypohidrotischen ektodermalen Dysplasie bestehenden Therapiemöglichkeiten nicht ausgeschöpft hat. Die von ihm aufgezeigten Vermeidungsstrategien wie z. B. eine genaue Vorausplanung des Tagesablaufs hinsichtlich zu erwartender Hitzeexposition, die Vermeidung direkter Sonneneinwirkung, eine Lokalisierung möglicher Schatten-Räume, das Parken in beschatteten Bereichen, das Vorhalten ausreichender Flüssigkeitsmengen, die Benutzung ausschließlich klimatisierter Fahrzeuge sowie Maßnahme zur Kühlung des Körpers, verbessern die Mobilität des Klägers im Hinblick auf die Intention des Gesetzgebers jedoch nicht. Ziel des § 145 SGB IX ist es, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am öffentlichen Personenverkehr zu fördern. Mobilität ist eine der Grundbedingungen menschlichen Daseins in der neuzeitlichen Gesellschaft. Mit dem Merkzeichen "G" werden Nachteile des behinderten Menschen im Hinblick auf die "nahezu unbegrenzten Möglichkeiten" und nicht nur die Grundbedürfnisse eines nicht behinderten Menschen ausgeglichen. Es werden nicht nur Mobilitätsdefizite im Nahbereich der Wohnung, sondern darüber hinaus auch solche in Bezug auf Arbeitswege und Freizeitwege jeglicher Art ausgeglichen (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 2011 - B 3 KR 7/10 R -, m.w.N., Juris). Die vom Sachverständigen angeführten Maßnahmen sind nicht geeignet, die Mobilität des Klägers im obigen Sinne in ausreichendem Maße zu gewährleisten bzw. zu fördern, sondern sind im Wesentlichen darauf gerichtet, Einwirkungen von Wärme bzw. Hitze zu vermeiden. Damit wäre dem Kläger jedoch die Möglichkeit der jederzeitigen Teilnahme am gesellschaftlichen und beruflichen Leben verwehrt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.