LSG Berlin-Brandenburg - L 32 B 1912/07 AS ER - Beschluss vom 30.11.2007
Die Zahlung der Mietkaution in Erfüllung der mietvertraglichen Pflicht zur Stellung einer solchen Kaution für die bereits bezogene Wohnung ist im Gegensatz zur Kaution für eine Wohnung, in welche der Umzug noch bevorsteht, eine Aufwendung für Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II. Es handelt sich nicht um Wohnungsbeschaffungskosten nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Nach erfolgter Wohnungsübergabe kann nämlich bereits rein begrifflich nicht mehr von Wohnungsbeschaffung ausgegangen werden. Ab dann handelt es sich bei der Pflicht zur Kautionszahlung um eine mietvertragliche Pflicht, ebenso wie die zur Zahlung der laufenden Miete oder die zur laufenden Vornahme von Schönheitsreparaturen. § 22 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB II regeln nur Ansprüche auf die Übernahme der Mietkaution für eine neue Unterkunft, also soweit es sich tatsächlich um Wohnungsbeschaffungskosten handelt. Die Übernahme der Mietkaution für die aktuelle Wohnung hängt im Ergebnis ebenso wie die Übernahme der laufenden Kosten der Unterkunft demnach nicht generell von einer vorherigen Zusicherung nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II ab.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde vom 22. Oktober 2007, der das Sozialgericht Berlin (SG) nicht abgeholfen hat, ist unbegründet. Soweit die Beschwerdeführerin die Begründung kritisiert, auf welche das SG die Zurückweisung ihres Antrages auf vorläufige Leistungsgewährung gestützt hat, fehlt es an der Notwendigkeit einer einstweiligen Regelung: Der Antragsgegner hat mittlerweile mit Bescheid vom 17. Oktober 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Kosten der Unterkunft ab Oktober bewilligt.
Mit ihrem Antrag auf vorläufige Bewilligung einer Wohnungserstausstattung ist die Antragstellerin bereits erstinstanzlich durchgedrungen. Soweit sie die Begründung kritisiert, fehlt es deshalb an einem Rechtsschutzbedürfnis.
Das Begehren auf vorläufige Verpflichtung zur darlehensweiser Übernahme von Wohnungskautionskosten hat das SG zutreffend abgelehnt. Zur Begründung nimmt der Senat auf die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Bezug, deren Gründe er sich zu Eigen macht (§ 142 Abs. 2 S. 3 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Das Beschwerdevorbringen gibt zu einer anderen Einschätzung keinen Anlass: Es fehlt an der Glaubhaftmachung einer Eilbedürftigkeit. Trotz ausdrücklicher Aufforderung durch den Senat hat die Antragstellerin nicht dargelegt, dass ihr derzeit durch die Nichtzahlung der Mietkaution irgendein Nachteil im Mietverhältnis droht.
In der Sache allerdings spricht viel dafür, dass ihr ein Anspruch nach § 22 Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II) als Darlehen zusteht: Die Zahlung der Mietkaution in Erfüllung der mietvertraglichen Pflicht zur Stellung einer solchen Kaution für die bereits bezogene Wohnung ist im Gegensatz zur Kaution für eine Wohnung, in welche der Umzug noch bevorsteht, eine Aufwendung für Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II. Es handelt sich nicht um Wohnungsbeschaffungskosten nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Nach erfolgter Wohnungsübergabe kann nämlich bereits rein begrifflich nicht mehr von Wohnungsbeschaffung ausgegangen werden. Ab dann handelt es sich bei der Pflicht zur Kautionszahlung um eine mietvertragliche Pflicht, ebenso wie die zur Zahlung der laufenden Miete oder die zur laufenden Vornahme von Schönheitsreparaturen. § 22 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 SGB II regeln nur Ansprüche auf die Übernahme der Mietkaution für eine neue Unterkunft, also soweit es sich tatsächlich um Wohnungsbeschaffungskosten handelt. Die Übernahme der Mietkaution für die aktuelle Wohnung hängt im Ergebnis ebenso wie die Übernahme der laufenden Kosten der Unterkunft (vgl. hierzu: LSG Berlin-Brandenburg, B. v. 25.06.2007 -L 10 B 854/07 AS-) demnach nicht generell von einer vorherigen Zusicherung nach § 22 Abs. 3 Satz 1 SGB II ab. Soweit das Bundessozialgericht im Urteil vom 7.11.2006 (Az B 7b AS 10/06 R SozR 4-4200 § 44 Nr. 1, Juris Rdnr. 27) ausgeführt hat, bei § 22 Abs. 3 SGB II sei die Zusicherung Anspruchsvoraussetzung, kann sich dies nur auf Wohnungsbeschaffungskosten beziehen. Der Antragsgegner kann der Antragstellerin also nicht vorhalten, ohne vorherige Zusicherung umgezogen zu sein. Allerdings beschränkt § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II den Anspruch auf Leistungen für die Unterkunft im Falle eines nicht erforderlichen Umzuges auf die Höhe der "bis dahin" zu tragenden Kosten. Konsequenterweise gilt dies auch für die Übernahme von Mietkautionskosten, weil solche Aufwendungen ohne Umzug nicht zusätzlich anfielen. Wer ohne vorherige Zusicherung umzieht, riskiert also, die Kaution selbst aufbringen zu müssen.
Der Umzug aus einem Studentenwohnheim in eine eigene Wohnung dürfte jedoch grundsätzlich erforderlich sein. Ein Umzug ist nämlich erforderlich, wenn der Wunsch nach einer eigenen Wohnung ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund darstellt, der auch einen Nichthilfeempfänger leiten lassen würde (so zutreffend Berlit in LPK-SGB II § 22 Rdnr. 76 mit Bezugnahme auf SG Lüneburg, B. v. 19.8.2005 -S 24 AS 472/05 ER). Der Wunsch, nicht mehr mit anderen in einem Wohnheim, sondern in einer eigenen Wohnung zu leben, dürfte im Regelfall ein solcher plausibler Grund sein.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG entsprechend. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).