Tatbestand

Die Beteiligten streiten über Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung.

Bei ... 1967 geborenen Klägerin wurde 1995 ein Prader-Willi-Syndrom (PWS) mit hochgradiger Adipositas, Minderwuchs und bestimmten Verhaltensstörungen diagnostiziert. Die Klägerin ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 100 anerkannt und steht u. a. für den Aufgabenkreis Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsvorsorge und Behördenangelegenheiten unter Betreuung. Sie wohnt bisher (der Mietvertrag ist durch den Vermieter fristlos gekündigt worden) im 2. Obergeschoss eines Hochhauses, das mit Fahrstuhl erreichbar ist, in einer Zwei-Zimmer-Wohnung, die nicht behindertengerecht ausgestattet ist.

Erstmals am 24. September 1996 beantragte der Betreuer der Klägerin für sie Pflegegeld. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Schleswig-Holstein (MDK). Der Arzt Dr. K führte in dem Gutachten vom 24. April 1997 - erstellt nach einem Hausbesuch am 26. März 1997 - zu der pflegebegründenden Vorgeschichte aus, dass bei der Klägerin seit dem Kindesalter starkes Übergewicht sowie eine insgesamt retardierte Entwicklung vorliege. Sie müsse strenge Diät einhalten. Es bestehe ein starkes Lipo- und Lymphödem der Beine. Der Gutachter ermittelte Pflegebedürftigkeit im Bereich der Körperpflege von 30 Minuten, bei der Ernährung von 15 Minuten, bei der Mobilität von 20 Minuten und bei der hauswirtschaftlichen Versorgung von 290 Minuten und führte aus, dass die Voraussetzungen der Pflegestufe I vorlägen. Ergänzend heißt es in dem Gutachten, dass die Klägerin sich derzeit in einem reduzierten Allgemeinzustand mit Neigung zu Fehlhandlungen befinde, die zu Eigen- und Fremdgefährdung führen könnten. Eine Nachuntersuchung solle in sechs Monaten erfolgen, da der weitere Verlauf zurzeit noch nicht übersehbar sei.

Gestützt auf dieses Gutachten bewilligte die Beklagte der Klägerin Leistungen nach der Pflegestufe I. Nachdem die Klägerin die Umwandlung des gewährten Pflegegeldes in Pflegesachleistungen ab 1. September 1997 beantragt hatte, teilte die Beklagte ihr mit Schreiben vom 7. August 1997 mit, dass ihr ab 1. September 1997 zur Unterstützung der Betreuung und Versorgung häusliche Pflegehilfe durch einen Vertragspartner der Beklagten zur Verfügung gestellt werde. Nachdem der MDK-Gutachter in seinem Gutachten vom März 1997 eine Nachuntersuchung im September 1997 empfohlen habe, ergehe diese Bewilligung zunächst befristet, bis das Ergebnis der erneuten Begutachtung vorliege. Die häusliche Pflegehilfe umfasse die Grundpflege und die hauswirtschaftliche Versorgung nach der Pflegestufe I.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend, dass die Einstufung in die Pflegestufe I fehlerhaft sei. Bei ihr bestehe ein Pflegeaufwand, der die Voraussetzungen der Pflegestufe II erfülle.

Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung durch den MDK. Der Arzt Dr. Kl führte in seinem Gutachten vom 3. November 1997 aus, dass im Bereich der Grundpflege lediglich ein Hilfebedarf beim Waschen (Teilwäsche Oberkörper) bestehe. Dr. Kl schätzte den erforderlichen Zeitaufwand auf 5 Minuten pro Tag ein.

Mit Anhörungsschreiben vom 4. November 1997 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf Höherstufung in die Pflegestufe II abzulehnen und die gewährten Leistungen nach der Pflegestufe I zum 30. November 1997 zu beenden. Dieser Absicht widersprach die Klägerin, wobei sie erneut erheblichen Pflegebedarf geltend machte. Nachdem der MDK (Dr. P) das Gutachten des Dr. Kl inhaltlich bestätigt hatte, hob die Beklagte mit Bescheid vom 6. Mai 1998 ihre Entscheidung über die Gewährung von Leistungen der Pflegestufe I gemäß § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab 1. Juni 1998 auf. Dieser Bescheid, von dem auch der Betreuer der Klägerin Kenntnis erhielt, ist unanfechtbar geworden.

Am 29. Januar 1999 stellte die Klägerin durch ihren Betreuer wiederum einen Antrag auf Pflegegeld. Die Beklagte holte hierzu ein erneutes MDK-Gutachten ein. Die Gutachterin H ermittelte in dem Gutachten vom 8. März 1999 einen Grundpflegebedarf von 22 Minuten (Körperpflege und Mobilität jeweils 11 Minuten) sowie einen Zeitaufwand für Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung von 210 Minuten. Gestützt hierauf lehnte die Beklagte den erneuten Antrag auf Gewährung von Pflegegeld mit der Begründung ab, dass bei der Klägerin keine Pflegebedürftigkeit im Sinne der Bestimmungen des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) vorliege.

Hiergegen legte der Betreuer der Klägerin mit Schreiben vom 6. Juli 1999 Widerspruch ein. Er führte aus, dass die Klägerin auf Grund ihrer Behinderung nicht in der Lage sei, gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens selbstständig zu regeln. Zu berücksichtigen sei hier die psychiatrische Seite der Grunderkrankung, die einen Pflegebedarf im Rahmen der häuslichen Krankenpflege notwendig mache. Die Klägerin sei nicht in der Lage, ihre hauswirtschaftliche Versorgung sicherzustellen. Ebenso kritisch sei die notwendige Körperhygiene. Der Erwähnung bedürften auch die im Hinblick auf die Adipositas besonders bedeutsamen Ernährungsgewohnheiten der Klägerin. Zur Verhinderung von Krisen sei eine häusliche Pflegehilfe notwendig. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18. September 2000, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, machte die Klägerin Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege von 15 Minuten, im Bereich der Ernährung (mundgerechte Essenszubereitung wegen Fresssucht) von mindestens 60 Minuten, im Bereich der Mobilität Hilfe beim An- und Auskleiden von 25 Minuten und beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung von 20 Minuten sowie im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung von mindestens 20 Minuten täglich geltend.

Der MDK-Gutachter Dr. Kl bestätigte in seinem Kurzgutachten nach Aktenlage vom 21. Juli 1999 inhaltlich das Gutachten vom 8. März 1999. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Februar 2001 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Dabei stellte sie im Einzelnen die gesetzlichen Voraussetzungen der §§ 14 und 15 SGB XI für die Zuordnung zu einer Pflegestufe dar und führte aus, dass die Klägerin nach den eingeholten MDK-Gutachten diese Voraussetzungen nicht erfülle. Soweit die Klägerin in einer ergänzenden Widerspruchsbegründung auf die Notwendigkeit ständiger Betreuung und Beaufsichtigung hingewiesen habe, bestreite die Beklagte dies nicht. Betreuung und Beaufsichtigung müssten jedoch bei der Ermittlung des Pflegebedarfs außer Betracht bleiben, soweit es nicht um die in § 14 Abs. 4 SGB XI aufgezählten Verrichtungen gehe. In der ergänzenden Widerspruchsbegründung geltend gemachter Hilfebedarf bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung in Form der Zubereitung von Diätkost könne nicht anerkannt werden. Zur mundgerechten Zubereitung der Nahrung gehöre nämlich lediglich das Kleinschneiden von Fleisch, das Schmieren von Broten oder das Eingießen von Getränken, nicht jedoch das der hauswirtschaftlichen Versorgung zuzuordnende Kochen. Der in der ergänzenden Widerspruchsbegründung weiterhin geltend gemachte Hilfebedarf beim An- und Auskleiden von 25 Minuten täglich sei nicht nachvollziehbar. Beim Verlassen bzw. Wiederaufsuchen der Wohnung könne kein Hilfebedarf anerkannt werden, weil erforderliche Verrichtungen insoweit nicht regelmäßig anfielen.

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheides am 15. Februar 2001 hat die Klägerin am 15. März 2001 bei dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren weitervertieft und ausgeführt, dass der Widerspruchsbescheid den zeitlichen Pflege- und Hilfsaufwand völlig verkenne. Sie selbst könne zwar verschiedene Verrichtungen des Alltags ausführen. Ob sie diese Verrichtungen jedoch ausführe, sei ohne fremde Hilfe nicht sichergestellt. Sie habe einen immensen Pflegebedarf, den die Beklagte viel zu niedrig eingeschätzt habe. Dass sie überhaupt alleine eine Wohnung bewohnen könne, sei allein ihren Betreuern zu verdanken. Die Wohnung befinde sich jedoch meist in einem fast verwahrlosten Zustand, weil es ihr an Einsicht und Motivation fehle, regelmäßig sauber zu machen. Dieses Verhalten bestehe auch in Bezug auf die eigene Körperpflege. Erheblicher Hilfebedarf bestehe auch bei der Nahrungsaufnahme. Dabei müsse insbesondere die Essensaufnahme überwacht werden, weil sie sonst über 24 Stunden unkontrolliert Nahrung zu sich nehmen würde. Weiterer Hilfebedarf bestehe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung zur Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause (Besuche bei Ärzten, Therapeuten und Behörden). Schließlich bestehe auch bei der hauswirtschaftlichen Versorgung erheblicher Hilfebedarf. Sie benötige eine Haushaltshilfe. Darüber hinaus werde ihr psychosoziale Betreuung durch Frau G von der Arbeitsgemeinschaft "Brücke" zuteil. Insgesamt habe die Beklagte die Tragweite des PWS-Syndroms als unheilbare Erkrankung verkannt und den daraus resultierenden Hilfebedarf nicht hinreichend berücksichtigt.

Die Klägerin hat sinngemäß beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab dem 29. Januar 1999 Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen entsprechend der Pflegestufe I zu gewähren.

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 24. April 2002 hat das Sozialgericht den Arzt für Rechtsmedizin und öffentliches Gesundheitswesen Dr. Dr. P als medizinischen Sachverständigen vernommen. Dieser kam in der schriftlichen Zusammenfassung seines Gutachtens zu dem Ergebnis, dass bei der Untersuchung der Klägerin am 18. April 2002 Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege in einem rechnerischen Umfang von 3 Minuten bestanden habe (Hilfe beim Duschen).

Nach weiterer mündlicher Verhandlung vom 2. September 2002 hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe I, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen (§ 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI) nicht erfüllt seien. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens sei die Kammer - insbesondere auf der Grundlage des von Dr. Dr. P erstatteten Gutachtens - überzeugt, dass der bei der Klägerin erforderliche Pflegebedarf im Bereich der Grundpflege im täglichen Durchschnitt keinesfalls mehr als 45 Minuten betrage. Dies entspreche auch den Ergebnissen der MDK-Gutachten; lediglich der Erstgutachter Dr. K habe am 24. April 1997 eine abweichende Auffassung vertreten. Zwischenzeitlich sei die psychische Entwicklung der Klägerin - was die pädagogische Mitarbeiterin der Organisation "B", Frau G, gegenüber Dr. Dr. P bestätigt habe - positiv verlaufen; das Maß der Selbstständigkeit der Klägerin habe so weit zugenommen, dass früher erforderliche "Impulsgaben" bei Grundpflegeverrichtungen nicht mehr notwendig seien. Soweit die Klägerin weitergehenden Pflegebedarf für die "mundgerechte Essenszubereitung wegen Fresssucht" geltend gemacht habe, seien damit offensichtlich allgemeine Aufsichts- und Kontrolltätigkeiten gemeint, die im Katalog der Grundpflegeverrichtungen nicht enthalten seien. Auch die geltend gemachten Hilfen beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung seien nicht berücksichtigungsfähig, weil es nicht um Verrichtungen gehe, die für die Aufrechterhaltung der Lebensführung zu Hause unumgänglich seien. Soweit es um die Begleitung bei Arztbesuchen (zweimal monatlich) gehe, werde der für Pflegeleistungen erforderliche Umfang nicht erreicht. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, dass die Klägerin unter Mobilitätseinschränkungen leide, die eine solche Hilfestellung erforderlich machten.

Gegen das ihrem Prozessbevollmächtigte am 4. Oktober 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. November 2002 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin.

Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ausführlich ihr bisheriges Vorbringen. Ergänzend verweist sie darauf, dass ihr bereits 1997 zu Recht die Pflegestufe I zuerkannt worden sei. Eine zwischenzeitliche Änderung sei insoweit nicht eingetreten. Das Sozialgericht habe die Auswirkungen des PWS und den daraus resultierenden Hilfebedarf eindeutig verkannt. Dass zumindest in dem für die Pflegestufe I erforderlichen Umfang Hilfebedarf bestehe, könne die sie - die Klägerin - pflegende Zeugin G bekunden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 2. September 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Februar 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 29. Januar 1999 Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen entsprechend der Pflegestufe I zu gewähren,

hilfsweise für die Zukunft Pflegesachleistungen nach der Pflegestufe I zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie stützt das angefochtene Urteil.

In der Berufungsverhandlung am 19. Dezember 2003 hat der Senat Frau G als Zeugin zu dem bei der Klägerin ab Januar 1999 vorliegenden Hilfebedarf vernommen. Ergänzend hat der Senat den Arzt für innere Krankheiten und Psychiatrie Dr. T als medizinischen Sachverständigen gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Anlagen zur Verhandlungsniederschrift vom 19. Dezember 2003 Bezug genommen. Die Verhandlung ist am 19. Dezember 2003 vertragt worden, um den Beteiligten Gelegenheit zu geben, zu den Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 S. 2 SGB XI für die Vergangenheit und für die Zukunft Stellung zu nehmen.

Nachdem die Beklagte die Auffassung vertreten hat, der von Dr. T beschriebene Hilfebedarf im Bereich der Ernährung diene allein der Verhinderung einer übermäßigen Nahrungsaufnahme und sei deshalb nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 28. Juni 2001 - B 3 P 7/00 R -, SozR 3-3300 § 43a Nr. 5) nicht zu berücksichtigen, hat der Senat eine ergänzende schriftliche Äußerung des Sachverständigen vom 13. Januar 2004 eingeholt, auf deren Inhalt Bezug genommen wird.

Die Klägerin hält das Gutachten inhaltlich für überzeugend; die Beklagte hält an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest.

Am 30. April 2004 hat der Senat den Betreuer der Klägerin, Herrn J K, sowie Herrn H-J W als Zeugen zu der Frage gehört, ob und inwieweit die Klägerin seit Januar 1999 die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sichergestellt hat. Zu derselben Frage hat sich zuvor der hierzu als weiterer Zeuge benannte Herr H E M schriftlich geäußert. Auf den Inhalt der Äußerungen dieser Personen wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Dem Senat haben die die Klägerin betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet. Zwar haben die Beklagte und - ihr folgend - das Sozialgericht im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I hat; insoweit musste die Berufung ohne Erfolg bleiben. Allerdings scheitert der Anspruch auf Pflegegeld (§ 37 Abs. 1 SGB XI) nicht an den Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe I; entscheidend ist vielmehr, dass die Klägerin die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung nicht im Sinne von § 37 Abs. 1 Satz 2 SGB XI in geeigneter Weise selbst sichergestellt hat. Auch für die Zukunft ist nicht zu erwarten, dass die Klägerin diese Voraussetzungen im Falle der Gewährung von Pflegegeld wird erfüllen können. Auf den in der Berufungsverhandlung am 30. April 2004 gestellten Hilfsantrag der Klägerin, den der Senat als zulässige Erweiterung des Klagantrags im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ansieht, war die Beklagte deshalb unter Änderung der angefochtenen Entscheidungen zu verurteilen, der Klägerin Pflegesachleistungen für die Zukunft entsprechend der Pflegestufe I zu gewähren (§ 36 SGB XI).

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung, die das Sozialgericht bestätigt hat, erfüllt die Klägerin zur Überzeugung des Senats (zumindest) seit Neuantragstellung am 29. Januar 1999 die Voraussetzungen der Pflegestufe I. Denn sie bedarf bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe und benötigt zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XI). Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, beträgt wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten; hiervon entfallen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI).

Der Sachverständige Dr. T ist in seinem im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten vom 19. Dezember 2003 überzeugend zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin vom aktuellen Zustandsbild her täglicher Hilfebedarf für den Grundpflegebereich von 58 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 45 Minuten besteht. Dabei hat Dr. T den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege wie folgt beschrieben: Bei der Körperpflege bestehe Hilfebedarf für die Ganzkörperwäsche einmal täglich in Form von Unterstützung bis teilweiser Übernahme mit einem Zeitaufwand von 12 Minuten täglich; für die Teilwäsche des Unterkörpers einmal täglich in gleicher Weise mit einem Zeitaufwand von 6 Minuten. Beim Duschen falle alternativ in gleicher Weise Hilfebedarf wie bei der Ganzkörperwäsche an. Bei der Zahnpflege sei Hilfe in Form von Beaufsichtigung mit einem Zeitaufwand von 2 Minuten zu berücksichtigen. Bei der Darm- und Blasenentleerung falle nur fallweise für die Intimhygiene Hilfebedarf an, für den kein Durchschnittswert anzugeben sei. Im Bereich der Ernährung sei - damit geregelte Nahrungsaufnahme gewährleistet sei - Hilfebedarf in Form von Beaufsichtigung und Anleitung gegeben. Für die Zubereitung der Mahlzeiten seien 9 Minuten und für die Aufnahme der Mahlzeiten 15 Minuten zu veranschlagen. Im Bereich der Mobilität sei Hilfebedarf in Form von Unterstützung bis zu teilweiser Übernahme für das An- und Ausziehen von Stützstrümpfen beispielsweise und für die Kontrolle, dass die Klägerin sich sauber und ordentlich kleide, Hilfe mit einem Zeitaufwand von 8 bzw. 6 Minuten täglich zu veranschlagen. Bei den weiteren Verrichtungen des Grundpflegebereichs sei kein regelmäßiger Hilfeaufwand zu erkennen.

Dr. T hat unter Bezugnahme auf das bei der Klägerin diagnostizierte PWS eine Adipositas bei Minderwuchs und eine gewisse dysmorphe Ausbildung der Hände und Füße und einen arteriellen Bluthochdruck bestätigt, die zum Syndrom gehörende geistige Behinderung jedoch bei seiner Untersuchung nicht erkennen können. Pflegebegründend ist nach Aussage des Sachverständigen neben der hochgradigen Adipositas mit Beeinträchtigung der Mobilität insbesondere das Unvermögen, trotz einer hinreichenden intellektuellen Anlage im Alltagsleben bestehen zu können.

Der Senat hält das von Dr. T erstattete Gutachten auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine Reihe von Vorgutachtern zu anderen Ergebnissen gekommen ist, für überzeugend. Dr. T hat ersichtlich den gesamten Akteninhalt berücksichtigt, sich auch mit den in Vorgutachten zum Ausdruck gekommenen abweichenden Einschätzungen auseinandergesetzt und die Ergebnisse des von ihm durchgeführten Hausbesuchs mit Untersuchung der Klägerin ausgewertet. Dabei ist auch der eindrucksvoll beschriebene Grad der Verwahrlosung der Wohnung als besonders augenfälliges Zeichen der Hilfebedürftigkeit besonders berücksichtigt worden. Der Senat hat keinen Anlass, die Richtigkeit der von Dr. T vorgenommenen Einschätzung in Zweifel zu ziehen, zumal der Gutachter ihm seit vielen Jahren aus einer Vielzahl von Verfahren - auch aus dem Bereich der Pflegeversicherung - bekannt ist, in denen Dr. T ausnahmslos eine besondere Sachkunde und eine herausgehobene Kompetenz für die Einschätzung des Pflegebedarfs gezeigt hat.

Dass die Klägerin den von Dr. T beschriebenen Hilfebedarf hat, wird auch durch die Aussagen der sie betreuenden Personen, die im Berufungsverfahren gehört worden sind, bestätigt. So hat die die Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe betreuende Sozialpädagogin G dem Senat am 19. Dezember 2003 geschildert, dass die Klägerin häufig nicht in der Lage sei, sich selbst zu pflegen. Sie könne sich häufig ihre Strümpfe nicht selbst anziehen und wegen ihrer Körperfülle manchmal auch nicht laufen. Ihre Fähigkeiten reichten in der Regel nicht aus, sich morgens einmal richtig durchzupflegen; die Pflege unterbleibe dann. Auch der Betreuer der Klägerin, der Zeuge K, hat überzeugend ausgeführt, dass bei der Klägerin Hilfebedarf bestehe, wobei ihr aus seiner Sicht nur bei dem Einsatz von Pflegefachkräften ein eigenständiges Wohnen möglich sei. Der Zeuge W, der der Klägerin zeitweilig im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung geholfen hat, hat ebenfalls seine Einschätzung deutlich gemacht, dass die Klägerin etwa beim Waschen sowie beim An- und Auskleiden Hilfe benötige.

Seine von verschiedenen Vorgutachten abweichende Einschätzung begründet Dr. T damit, dass die jeweils zu beobachtende psychische Situation der Klägerin schwanke. Rückblickend sei deutlich geworden, dass die Klägerin sich selbst überlassen die erforderliche Körperpflege und Hygiene vernachlässige. In der Untersuchung sei deutlich geworden, dass sie auf Vorhaltungen mit kindlicher Abwehr und Trotz sowie Verweigerung reagiere. Im zeitlichen Ablauf könnten - je nach aktueller psychischer Situation der Klägerin - durchaus unterschiedliche Verhaltensweisen bei ihr beobachtet werden, so dass zeitweilig größere Selbständigkeit in der praktischen Lebensführung vorgelegen haben möge und der Hilfeaufwand im alltäglichen Leben geringer gewesen sei, wie dies bei den Vorbegutachtungen angenommen worden sei. Vor dem Hintergrund, dass bereits der MDK-Gutachter Dr. K 1997 eine Einschätzung vorgenommen hat, die derjenigen von Dr. T entspricht, sieht der Senat unter Berücksichtigung dieser Erklärung in den abweichenden Gutachten eher Momentaufnahmen als überzeugende Hinweise auf einen nach 1997 dauerhaft entfallenen und erst jetzt wieder aufgelebten Hilfebedarf. Er folgt auch insoweit der von Dr. T bei der mündlichen Erläuterung seines Gutachtens gegebenen Einschätzung, wonach der jetzt geschilderte Hilfebedarf auch in der Vergangenheit wohl überwiegend durchgehend bestanden haben dürfte, wenngleich es der Klägerin zwischendurch auch zeitweise besser gegangen sein mag. Eine genauere Einschätzung ist - so auch Dr. T - wegen Fehlens weiterer Unterlagen nicht möglich. Insgesamt ist der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens nicht davon überzeugt, dass in dem hier maßgebenden Zeitraum ab 29. Januar 1999 der Pflegebedarf im Sinne einer relevanten Änderung unter das für die Zuordnung zur Pflegestufe I erforderliche Maß gefallen wäre.

Die Einwände der Beklagten gegen das von Dr. T erstattete Gutachten vermögen nicht zu überzeugen. Die Beklagte wendet sich unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 28. Juni 2001 (B 3 P 7/00 R, a.a.O.) gegen die von Dr. T vorgenommene Berücksichtigung eines Pflegebedarfs im Bereich der Ernährung (von Dr. T mit 9 Minuten für die Zubereitung der Nahrung und 15 Minuten für die Aufnahme der Nahrung veranschlagt) und verweist darauf, dass die Klägerin rein motorisch im Bereich der Ernährung selbständig sei; die Greif- und Haltefunktion der Hände sei nicht gestört. Es gehe darum, wegen des fehlenden Sättigungsgefühls eine unmäßige Ernährung zu verhindern. Nach der zitierten BSG-Rechtsprechung könne jedoch die Verhinderung einer übermäßigen Nahrungsaufnahme zur Vermeidung von gesundheitlicher Gefährdung nicht im Rahmen der Grundpflege angerechnet werden.

Hierzu hat Dr. T sich in seiner Stellungnahme vom 13. Januar 2004 ergänzend geäußert und ausgeführt, der von ihm angegebene Pflegebedarf im Bereich der Ernährung sei nicht angegeben worden, um einer übermäßigen Nahrungsaufnahme durch Beaufsichtigung entgegen zu wirken. Gemeint sei vielmehr, dass die Klägerin - wie auch in den übrigen Bereichen der Grundpflege - im Bereich der Ernährung wegen ihrer Verhaltensweisen im Rahmen der bekannten anlagebedingten Behinderung auf Unterstützung, Motivation, Teilhilfen angewiesen sei, damit überhaupt eine geregelte Nahrungsaufnahme erfolge. Die eigene Einschätzung sei, dass die Klägerin, obwohl sie zur Durchführung der Verrichtung in der Lage sei und selbst wenn sie regelmäßig mit Nahrungsmitteln versorgt würde, sich dennoch nicht die regelmäßigen Mahlzeiten zubereiten und selbst, wenn sie ihr zubereitete würden, ohne regelmäßige Beaufsichtigung, Motivation und Aufforderung nicht regelmäßig zu sich nehmen würde. Grundlage dieser Einschätzung sei neben der Berücksichtigung der Besonderheiten der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankung der jetzt bei der Untersuchung beobachteten extreme Ausprägungsgrad von Verwahrlosung der Klägerin.

Die Beklagte erwidert hierzu, die Einhaltung regelmäßiger Mahlzeiten diene der Aufrechterhaltung der Vitalfunktion. Die Hilfeleistung könne darin bestehen, dass nur überwacht werde, ob Nahrung in ausreichender Menge zu sich genommen werde. Diese grundpflegerelevante Essensaufnahme in Form der mundgerechten Zubereitung und Nahrungsaufnahme sei der Klägerin selbständig möglich. Dies werde von den Vorgutachten bestätigt und auch von Dr. T nicht in Abrede gestellt. Bei der spezifischen Erkrankung der Klägerin gehe es demgegenüber gerade darum, eine übermäßige Nahrungsaufnahme zu verhindern. Diese allgemeine Aufsicht zur Vermeidung einer Eigengefährdung sei nicht im Rahmen der Grundpflege zu berücksichtigen. Insoweit werde nochmals auf die BSG-Entscheidung vom 28. Juni 2001 Bezug genommen.

Das BSG hat in der zitierten Entscheidung folgendes ausgeführt:

"Die Beaufsichtigung der Beigeladenen, um eine übermäßige Nahrungsaufnahme zu verhindern, hat bei der Bemessung des Pflegebedarfs unberücksichtigt zu bleiben. Die maßgebenden Verrichtungen sind in § 14 Abs. 4 SGB XI abschließend aufgezählt; eine erforderliche Aufsicht oder Behandlungspflege zählt nur dann zum Pflegebedarf i.S. des SGB XI, wenn sie notwendigerweise in zeitlichem Zusammenhang mit einer dort aufgezählten Verrichtung anfällt (vgl. zum Ganzen BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 8 und grundlegend BSGE 82, 27, 34 = SozR 3-3300 § 14 Nr. 2); das gilt entsprechend für die stationäre Pflege nach § 43 SGB XI (BSGE 85, 278, 280 ff = SozR 3-3300 § 43 Nr. 1) und auch hier. Deshalb kann nicht derjenige Aufsichtsbedarf berücksichtigt werden, der durch die ganztägige Neigung der Beigeladenen auftritt, jegliche irgendwie erreichbare Nahrung an sich zu nehmen und zu verzehren, denn dabei handelt es sich um eine allgemeine Aufsicht zur Vermeidung einer Selbstgefährdung durch übermäßiges Essen, vergleichbar einer Aufsicht zur Vermeidung von aktiv-aggressiven Verhaltensweisen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 8). Zum andern kann auch die Aufsicht während der drei täglichen Mahlzeiten, die ebenfalls der Verhinderung der übermäßigen Nahrungsaufnahme dient, nicht berücksichtigt werden. Dabei kann offen bleiben, ob ein solcher Aufsichtsbedarf dadurch vermieden werden könnte, dass die Beigeladene vorportioniertes Essen erhält und am Tisch von den Tellern anderer Personen und dem allgemeinen Essensangebot (z.B. Brotkorb) so weit entfernt gesetzt wird, dass ein Zugriff auf nicht für sie bestimmte Nahrungsmittel nicht möglich wäre. Denn auf die konkreten Verhältnisse in der Behinderteneinrichtung kommt es für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit nicht an; maßgebend ist vielmehr eine durchschnittliche häusliche Wohnsituation (BSGE 85, 278, 281 f = SozR 3-3300 § 43 Nr. 1). In einer häuslichen Wohnsituation ließe sich durch organisatorische Maßnahmen der Aufsichtsbedarf während der Mahlzeiten zur Verhinderung einer übermäßigen Nahrungsaufnahme womöglich noch eher verringern oder vollständig vermeiden. Die Frage der Vermeidung oder jedenfalls Verminderung des Aufsichtsbedarfs kann letztlich deshalb dahinstehen, weil die Aufsicht zur Verhinderung der Nahrungsaufnahme keine Hilfe bei der Nahrungsaufnahme i.S. von § 14 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 2 2. Alternative SGB XI ist. Das folgt schon aus dem Wortlaut der Vorschrift, aber auch aus deren Sinn, der der Aufnahme dieser Verrichtung in den Katalog der gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens zugrunde liegt. Zur Aufrechterhaltung der vitalen Lebensfunktionen des Menschen ist die regelmäßige Nahrungsaufnahme erforderlich. Ist er dazu nicht mehr selbständig in der Lage, wird Hilfeleistung unabweisbar. Die Hilfeleistung kann dann auch darin bestehen, dass nur überwacht wird, ob Nahrung in ausreichender Menge aufgenommen wird. Die Zielrichtung dieser Hilfeleistung ist aber eine völlig andere als bei der Aufsicht zur Verhinderung der Nahrungsaufnahme. Maßnahmen zur Verhinderung der Nahrungsaufnahme fallen nicht gewöhnlich im Ablauf des täglichen Lebens an, sondern nur bei uneinsichtigen Personen wie z.B. Kindern oder geistig Behinderten. Solche Maßnahmen zählen zu deren allgemeinem Aufsichtsbedarf, den der Gesetzgeber bislang bewusst noch nicht in den berücksichtigungsfähigen Pflegebedarf einbezogen hat. Maßnahmen zur Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung sind aber auch keine Maßnahmen der Behandlungspflege, da sie keine Krankheit behandeln, sondern allenfalls vorbeugen. Selbst bei notwendigem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit einer Maßnahme der Grundpflege kann die Aufsicht deshalb auch nicht unter diesem Gesichtspunkt als Hilfebedarf berücksichtigt werden."

Nach diesen Maßstäben sind die Einwände der Beklagten nicht durchgreifend. Aus der Entscheidung des BSG ergibt sich nämlich gerade, dass die Überwachung, ob Nahrung in ausreichender Menge aufgenommen werde, grundpflegerelevant sein kann. Diese - zu berücksichtigende - Hilfeart hat das BSG lediglich abgegrenzt von der Aufsicht zur Verhinderung der Nahrungsaufnahme. Nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. T, die in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 13. Januar 2004 noch einmal verdeutlicht worden sind, geht es bei dem von ihm in Ansatz gebrachten Hilfebedarf allein um die regelmäßige Nahrungsaufnahme, die zur Aufrechterhaltung der vitalen Lebensfunktion des Menschen notwendig ist. Dass Dr. T in diesem Zusammenhang neben den Besonderheiten der bei der Klägerin vorliegenden Erkrankung auf den von ihm bei der Untersuchung festgestellten extremen Ausprägungsgrad von Verwahrlosung der Klägerin abgestellt hat, erscheint ohne Weiteres nachvollziehbar. Nach allem folgt der Senat auch in Bezug auf den im Bereich der Ernährung beschriebenen Hilfebedarf dem von Dr. T erstatteten Gutachten.

Trotz ihrer aus Vorstehendem begründeten Zuordnung zur Pflegestufe I hat die Klägerin keinen Anspruch auf das von ihr geltend gemachte Pflegegeld. Nach § 37 Abs. 1 S. 2 SGB XI setzt der Anspruch auf Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen unter anderem voraus, dass der Pflegebedürftige mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Das ist hier in der Vergangenheit nicht der Fall gewesen; für die Zukunft ist nicht zu erwarten, dass die Klägerin im Falle der Gewährung von Pflegegeld die erforderliche Pflege wird sicherstellen können. Die Zeugin G hat bei ihrer Vernehmung am 19. Dezember 2003 ausgesagt, dass sie und die anderen Mitarbeiter der Arbeitsgemeinschaft "B" die Klägerin nur im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte (§§ 39, 40 des Bundessozialhilfegesetzes), nicht jedoch bei pflegerischen Verrichtungen betreuen. Auch die Zeugen K und W haben nach ihren Angaben keine Hilfe bei Verrichtungen im Bereich der Grundpflege geleistet. Der Zeuge W hat der Klägerin nur im Jahre 2000 drei Monate mit jeweils 4 Stunden wöchentlich im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung geholfen; der Zeuge K hat selbst nach eigenen Angaben nie pflegerische Verrichtungen übernommen. Auch er hat auf der Klägerin zuteil gewordene Hilfen im Bereich der Eingliederungshilfe für Behinderte hingewiesen und ergänzend ausgeführt, dass immer wieder Personen eingesetzt worden seien, die unterstützend eingegriffen hätten. Damit ist indessen nicht dargetan, dass Verrichtungen im Bereich der Grundpflege vorgenommen und im Sinne von § 37 SGB XI sichergestellt worden wären. Die Richtigkeit dieses Vortrags wird bestätigt durch den sowohl von Dr. T als auch von den Zeugen geschilderte Verwahrlosung der Klägerin selbst bzw. ihres Wohnumfeldes. Auf eine Vernehmung des Zeugen M konnte der Senat in diesem Zusammenhang verzichten, nachdem dieser schriftlich mitgeteilt hatte, ebenfalls keine pflegerischen Dienste übernommen zu haben.

Insgesamt ist der Senat nach Vorstehendem davon überzeugt, dass die Klägerin in der Vergangenheit die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung nicht in geeigneter Weise selbst sichergestellt hat. Hieran ließe sich auch durch die nachträgliche Gewährung von Pflegegeld nichts mehr ändern. Denn die Klägerin könnte selbst bei Erhalt von Pflegegeld ab Antragstellung (§ 33 Abs. 1 Satz 2 SGB XI) die erforderliche Pflege rückwirkend nicht mehr sicher stellen; die Anspruchsvoraussetzungen könnten insoweit allenfalls für die Zukunft als erfüllt gelten. Auch das ist indessen nicht der Fall: zum einen haben weder die Klägerin noch ihr Prozessbevollmächtigter oder ihr Betreuer erklärt, dass die Klägerin im Falle des Zuspruchs von Pflegegeld zukünftig mit dem Pflegegeld - dem Umfang entsprechend - die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise sicherstellen werde; zum anderen hat ihr Betreuer eindeutig erklärt, dass die erforderliche Hilfe nur durch Pflegefachkräfte sicherzustellen sei. Die Verhaltensauffälligkeiten der Klägerin - insbesondere ihre verbalen Aggressionen - hätten in der Vergangenheit dazu geführt, dass durch nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegepersonen auf Dauer keine Hilfe habe sichergestellt werden können. Unter Berücksichtigung auch der von Dr. T zur psychischen Verfassung der Klägerin gemachten Ausführungen hält der Senat diese Einschätzung für überzeugend. Nach allem ist davon auszugehen, dass auch zukünftig die Voraussetzungen des § 37 Abs. 1 SGB XI bei Gewährung von Pflegegeld nicht erfüllt werden könnten.

Der Senat verkennt nicht, dass insbesondere die Versagung von Pflegegeld für die Vergangenheit unbefriedigend ist. Dabei entsteht nämlich der Eindruck, als käme es der Beklagten wirtschaftlich zugute, dass sie in der Vergangenheit das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit verneint hat. Andererseits hätte die Klägerin jedoch - wenn auch auf eigenes Risiko - bereits ab Antragstellung eine Pflegeperson beschäftigen und die entsprechenden Aufwendungen jetzt mit dann auch rückwirkend zuzuerkennendem Pflegegeld abdecken können. Nachdem sie dies nicht getan hat, erscheint es letztlich nicht unbillig, ihr Pflegegeld für die Vergangenheit zu versagen. Im Übrigen mögen in Fällen einer rechtswidrigen Leistungsverweigerung Schadensersatzansprüche in Betracht kommen, durch die der erforderliche Interessenausgleich wiederhergestellt werden kann. Dies ist allerdings nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und bedarf insoweit keiner Vertiefung.

Der hilfsweise gestellte Antrag auf zukünftige Gewährung von Pflegesachleistungen nach der Pflegestufe I ist begründet, weil die Klägerin pflegebedürftig im Sinne der Pflegestufe I ist und sie der häuslichen Pflege bedarf (§ 36 Abs. 1 SGB XI), wobei Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung nach § 36 Abs. 2 SGB XI Hilfeleistungen bei den in § 14 SGB XI genannten Verrichtungen umfasst.

Nach allem hat die Berufung nur in Bezug auf den Hilfsantrag Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG und orientiert sich überschlägig am Ausgang des Rechtsstreits.

Der Senat hat gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zugelassen, weil er der Frage der rückwirkenden Zuerkennung von Pflegegeld bei in der Vergangenheit nicht erfolgter Sicherstellung des Pflegebedarfs grundsätzliche Bedeutung beimisst.