Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen - L 3 R 84/08 - Urteil vom 05.05.2008
Ein über die Schwellengebühr hinausgehender Kostenerstattungsanspruch lässt sich nicht aus einem besonderen Haftungsrisiko des Bevollmächtigten ableiten. Zwar ist nach § 14 Abs. 1 S. 3 RVG das Haftungsrisiko stets bei der Bemessung der Gebühr zu berücksichtigen. Dies führt jedoch nicht ausnahmslos und zwangsläufig zu einer Erhöhung der Geschäftsgebühr. Unter Zugrundelegung der Gesetzesbegründung ist vielmehr davon auszugehen, dass lediglich ein in Einzelfällen gegebenes höheres Risiko, das unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabes zu ermitteln ist, eine höhere Gebühr begründen kann bzw. im Einzelfall begründen muss. Das generelle anwaltliche Haftungsrisiko hat demgegenüber keinen Einfluss auf die Höhe der Gebühr.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe dem Kläger Kosten eines (isolierten) Widerspruchsverfahrens zu erstatten sind.
Anlässlich des streitbefangenen Widerspruchsverfahrens wurde darüber gestritten, ob der Kläger die (Weiter-) Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung über den 31.05.2005 hinaus beanspruchen kann. Der im Jahre 1958 geborene Kläger war zuletzt als Berufskraftfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Nach erfolglosem Rentenantrag im Jahre 1999 und Durchführung eines medizinischen Heilverfahrens vom 09.01. bis 06.03.2001 in der Klinik P in A beantragte der Kläger am 08.03.2001 (erneut) die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Die Beklagte zog den Entlassungsbericht der vorgenannten Klinik vom 19.03.2001 bei, wonach der Kläger insbesondere aufgrund seiner psychiatrischen Gesundheitsstörungen nur noch in der Lage war, körperlich leichte Arbeiten in einem zeitlichen Umfang von zwei Stunden bis unter halbschichtig täglich zu verrichten. Mit Bescheid vom 24.08.2001 bewilligte die Beklagte dem Kläger daraufhin Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.10.2001 bis (zunächst) zum 30.06.2002, die in der Folgezeit nach Einholung von Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers bis zum 31.05.2005 weiter bewilligt wurde. Im Zuge der Überprüfung des Anspruchs auf Gewährung der Rente über diesen Zeitpunkt hinaus holte die Beklagte medizinische Gutachten von dem Arzt für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin Dr. L vom 06.12.2004 und von dem Arzt für Neurologie, Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Dr. T vom 26.11.2004 ein, die den Kläger übereinstimmend noch für fähig hielten, leichte bis mittelschwere Arbeiten täglich sechs Stunden und mehr zu verrichten. Daraufhin lehnte die Beklagte die Gewährung der Rente wegen Erwerbsminderung über den 31.05.2005 hinaus durch Bescheid vom 04.01.2005 ab.
Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 18.01.2005 eingegangene Widerspruch des Klägers. Nach Beiziehung der Verwaltungsakten der Beklagten begründete seine Bevollmächtigte den Widerspruch mit einem dreiseitigen Schriftsatz vom 23.02.2005, in dem sie detailliert zu den eingeholten Gutachten und den verschiedenen vorliegenden Befundberichten der behandelnden Ärzte des Klägers Stellung nahm. Die Beklagte holte daraufhin von dem Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. X und von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. M, der weitere medizinische Unterlagen übersandte, Befundberichte vom 18.06.2005 und 09.06.2005 ein und veranlasste anschließend eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers durch die Fachärztin für Nervenheilkunde Dr. K. Diese Ärztin gelangte in ihrem Gutachten vom 29.08.2005 zu der Beurteilung, dass der Kläger für die Dauer voraussichtlich eines Jahres weiterhin nur in der Lage sei, unter drei Stunden täglich einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Mit Bescheid vom 25.11.2005 half die Beklagte daraufhin dem Widerspruch des Klägers ab und bewilligte ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit über den 31.05.2005 hinaus bis zum 31.05.2007.
Die Bevollmächtigte des Klägers berechnete ihre Gebühren für das Widerspruchsverfahren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) mit 510,98 EUR (Verfahrensgebühr (Widerspruchsverfahren) 400,00 EUR, 41 Kopien 20,50 EUR, Post - und Telekommunikationspauschale 20,00 EUR, Umsatzsteuer 70,48 EUR). Sie wies daraufhin, dass sie Einsicht in die 246 Blatt umfassende Verwaltungsakte der Beklagten genommen habe und der Widerspruch ausführlich auf drei Seiten unter Auseinandersetzung mit dem Akteninhalt begründet worden sei. Unter Berücksichtigung der Dauer des Widerspruchsverfahrens von annähernd einem Jahr sowie seiner hohen Bedeutung für den Kläger sei eine Gebühr in Höhe von 400,00 EUR angemessen. Auch das hohe Haftungsrisiko, das bei der Festsetzung der Gebühr zwingend zu berücksichtigen sei, rechtfertige die Überschreitung sowohl der sog. Schwellengebühr von 240,00 EUR als auch der Mittelgebühr.
Die Beklagte setzte die zu erstattenden Kosten durch Bescheid vom 06.01.2006 ausgehend von einer Verfahrensgebühr von 240,00 EUR mit insgesamt 325,38 EUR fest. Beschränke sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf das Widerspruchsverfahren, so entstehe nach der Nr. 2400 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG - VV RVG - eine Gebühr in Höhe von 40,00 EUR bis 520,00 EUR, wobei allerdings eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR nur gefordert werden könne, wenn die anwaltliche Tätigkeit umfangreich und schwierig gewesen sei. Es seien jedoch keine Umstände vorgetragen worden oder feststellbar, die ein Überschreiten der Gebührengrenze (Schwellengebühr) von 240,00 EUR rechtfertigen könnten. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass sich der angefochtene Bescheid vom 04.01.2005 auf den Blättern 167 bis 169 der Verwaltungsakten befinde und diese damit einen durchschnittlichen Umfang hätten. Auch die Laufzeit des Widerspruchsverfahrens sei nicht ungewöhnlich.
Gegen diesen Bescheid richtete sich der am 25.01.2006 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch des Klägers. Er machte geltend, Umfang, Schwierigkeit und Bedeutung des Widerspruchsverfahrens seien überdurchschnittlich gewesen, so dass die in Ansatz gebrachte Gebühr von 400,00 EUR nicht unbillig sei. Im Rahmen des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit sei vor allem der Zeitaufwand zu berücksichtigen, der durch die Ausübung des Mandats entstanden sei. Bereits die erste Besprechung der Bevollmächtigten mit dem Kläger habe 45 Minuten gedauert. Der Umfang der eingesehenen Akte betrage 171 Blatt zuzüglich 75 Blatt des ärztlichen Teils. Das Aktenstudium habe eineinhalb Stunden in Anspruch genommen. Für das Diktat des auf drei Seiten begründeten Widerspruchs habe die Klägerbevollmächtigte annähernd eine Stunde benötigt. Zur Vorbereitung der Widerspruchsbegründung sei eine weitere Besprechung mit dem Kläger erforderlich gewesen, die über eine Stunde gedauert habe. Die Entstehungsgeschichte des Gebührenrahmens und der sog. Schwellengebühr von 240,00 EUR nach Nr. 2400 VV RVG mache deutlich, dass diese Gebühr nur auf kurze, einfach gelagerte Widerspruchsverfahren ohne eingehende Begründung und Akteneinsicht Anwendung finde. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass das Widerspruchsverfahren von besonderer Schwierigkeit gewesen sei. Die Prüfung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens stelle eine schwierige anwaltliche Tätigkeit dar. Darüber hinaus ergebe sich die besondere Schwierigkeit der Angelegenheit bereits daraus, dass die Bevollmächtigte in der Spezialmaterie des Rechts der gesetzlichen Rentenversicherung und damit in einer schwierigen Rechtsmaterie tätig geworden sei, was auch durch die Einrichtung von Fachkammern und Fachsenaten bei den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zum Ausdruck komme. Dabei dürfe nicht berücksichtigt werden, dass die Bevollmächtigte Fachanwältin für Sozialrecht sei und über besondere Kenntnisse verfüge.
Durch Widerspruchsbescheid vom 16.02.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Bezugnahme auf die Gründe des angefochtenen Bescheides zurück.
Mit seiner am 07.03.2006 bei dem Sozialgericht Köln erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und sich dabei im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren gestützt.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 06.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.02.2006 zu verurteilen, dem Kläger weitere notwendige Aufwendungen in Höhe von 185,60 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.01.2006 zu erstatten.
Die Beklagte hat erstinstanzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat in ihrer Klageerwiderung auf die Gründe der angefochtenen Bescheide Bezug genommen.
Das Sozialgericht hat die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide durch Urteil vom 24.11.2006 verurteilt, an den Kläger 185,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 07.03.2006 zu zahlen. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei die Tätigkeit der Bevollmächtigten des Klägers im Rahmen des Widerspruchsverfahrens umfangreich und schwierig gewesen. So habe die Klägerbevollmächtigte zunächst die Gutachten der Dres. L und T sowie zahlreiche Befundberichte zur Kenntnis genommen und ausgewertet und ihren Widerspruch nach Besprechungen mit dem Kläger umfangreich begründet. Es habe sich auch um eine schwierige Angelegenheit gehandelt, die angesichts des existenziellen Charakters einer Erwerbsminderungsrente für den Kläger von großer Bedeutung gewesen sei. Der geltend gemachte Zinsanspruch sei - wie der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23.03.2006 (B 3 KR 6/05 R) zu entnehmen sei - vom Zeitpunkt der Klageerhebung an begründet. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten vom 03.01.2007, der das Urteil des Sozialgerichts am 06.12.2006 zugestellt worden ist, hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 15.04.2008 zugelassen.
Die Beklagte ist der Ansicht, das Sozialgericht habe seine Entscheidung rechtsfehlerhaft auch auf die (existentielle) Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger gestützt. Nach der Rechtssystematik des RVG seien hingegen ausschließlich Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit bei der Bestimmung der angemessenen Gebühr als wichtigste Bewertungskriterien zu berücksichtigen. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit stellten sich jedoch als nicht über dem Durchschnitt liegend dar. Die Beurteilung von Behandlungs- und Befundberichten mit zusätzlich beigefügten Unterlagen sowie von zwei medizinischen Gutachten begründe eine typische und damit durchschnittlich schwierige anwaltliche Tätigkeit bei der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens. Da die Klägerbevollmächtigte während des Widerspruchsverfahrens nur einen Schriftsatz gefertigt habe, könne auch nicht von einer überdurchschnittlich umfänglichen anwaltlichen Tätigkeit ausgegangen werden. Auch die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Zinsen sei rechtswidrig, denn hierfür bestehe keine Rechtsgrundlage. Das von dem Sozialgericht zur Begründung seiner Entscheidung insoweit herangezogene Urteil des Bundessozialgerichts betreffe die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen auf der einen und Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken und nichtärztlichen Leistungserbringern auf der anderen Seite und damit bereichsspezifische Besonderheiten, die auf den streitigen Erstattungsanspruch keine Anwendung fänden.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen,
das Urteil des Sozialgerichts vom 04.12.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt nach seinem schriftsätzlichen Vorbringen,
die Berufung zurückzuweisen.
Er macht geltend, das Sozialgericht habe die anwaltliche Tätigkeit zu Recht als überdurchschnittlich schwierig und umfangreich eingeordnet und damit zutreffend die in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr als angemessen erachtet. Dabei habe das Gericht auch zu Recht die Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger berücksichtigt. Die Geschäftsgebühr sei zunächst nach Maßgabe des § 14 RVG zu bestimmen. In einem zweiten Schritt sei dann für den Fall, dass die Schwellengebühr überschritten werde, zu prüfen, ob die anwaltliche Tätigkeit umfangreich und schwierig gewesen sei. Sei dies nicht der Fall, verbleibe es bei der Schwellengebühr. Im umgekehrten Fall sei die nach § 14 RVG in Ansatz gebrachte Gebühr maßgeblich.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der erkennende Senat konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden, weil die Beteiligten sich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist hinsichtlich des streitigen Zinsanspruchs begründet. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts vom 24.11.2006 ist unbegründet, soweit das Sozialgericht die Beklagte verurteilt hat, dem Kläger weitere 185,60 EUR im Rahmen der Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid der Beklagten vom 06.01.2006 zu zahlen, denn die Hauptforderung des streitigen Kostenerstattungsanspruchs ist begründet (1). Die Berufung ist hingegen unbegründet, soweit das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung von Zinsen aus dem Erstattungsbetrag (als Nebenforderung) verurteilt hat (2).
1)
Nach § 63 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der erfolgreich Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war (§ 63 Abs. 2 SGB X).
Gegenstand des Rechtsstreits ist allein die Entscheidung darüber, in welcher Höhe die zu erstattenden Aufwendungen festzusetzen sind (§ 63 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X - ), denn die Beklagte hat bereits mit dem hier streitbefangenen Bescheid vom 06.01.2006 bindend festgestellt, dass dem Kläger die Kosten des Vorverfahrens dem Grunde nach zu erstatten sind (§ 63 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 SGB X) und dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts notwendig im Sinne von § 63 Abs. 3 S. 2 i. V. m. Abs. 2 SGB X gewesen ist. Der allein noch streitige Umfang der notwendigen Aufwendungen für die Prozessbevollmächtigte des Klägers richtet sich nach dem RVG i. V. m. dem hierzu erlassenen Vergütungsverzeichnis (VV RVG).
Nach § 3 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 RVG entstehen in sozialgerichtlichen Verfahren (auch) außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens Betragsrahmengebühren, sofern das Gerichtskostengesetz keine Anwendung findet. § 3 RVG gilt auch für das sog. isolierte Vorverfahren (Landessozialgericht - LSG - Rheinland - Pfalz, Urteil vom 08.03.2006 L 4 SB 174/05 -; LSG NRW Urteil vom 29.01.2007 L 1 AL 54/06; Breithaupt 2006, 781 bis 784, Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl. 2006, § 3 Rdn. 21 ff.; Wahlen in Schneider/Wolf, Anwaltskommentar RVG, 3. Aufl. 2006, § 3, Rdn. 84; Göttlich / Mümmler, RVG Kommentar S. 844 ff.). Da es sich bei dem Kläger als (ehemaligem) Versicherten und Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung um einen kostenprivilegierten Beteiligten i.S.d. § 183 Satz 1 SGG handelt, findet das Gerichtskostengesetz keine Anwendung. Die Höhe der Vergütung bestimmt sich somit nach dem VV RVG, das dem RVG als Anlage 1 angefügt ist (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG). Gemäß Nr. 2400 VV RVG in der Fassung des Art. 3 Kostenrechtsmodernisierungsgesetz vom 05.05.2004 (BGBl. I 2004, 718) beträgt die Geschäftsgebühr in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen, 40,00 bis 520,00 EUR. Innerhalb dieses Rahmens bestimmt der Rechtsanwalt nach § 14 Abs. 1 RVG die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für den Auftraggeber sowie dessen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nach billigem Ermessen. Bei Rahmengebühren, die sich - wie hier - nicht nach dem Gegenstandswert richten, ist auch das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (§ 14 Abs. 1 Satz 3 RVG). Eine Gebühr von mehr als 240,00 EUR kann allerdings nach einer in dem Vergütungsverzeichnis enthaltenen Einschränkung nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war (Abschnitt 4 Nr. 2400 VV RVG). Durch diese Regelung ist das anwaltliche Ermessen bei der Bestimmung der Geschäftsgebühr dahingehend eingeschränkt, dass bei Verfahren, die insbesondere hinsichtlich ihres Umfangs und ihrer Schwierigkeit keinerlei Besonderheiten aufweisen, die sog. Schwellengebühr in Höhe von 240,00 EUR in Ansatz zu bringen ist. Durch die Einführung der Schwellengebühr soll offenbar die Bestimmung der Höhe der anwaltlichen Vergütung vereinfacht werden, indem der keine Besonderheiten aufweisende Normalfall ohne weitere anwaltliche Darlegungslast mit 240,00 EUR zu vergüten ist. Da diese Gebühr bereits die Mittelgebühr in Höhe von 280,00 EUR des Gebührenrahmens von 40,00 bis 520,00 EUR unterschreitet, ist der Ansatz der Schwellengebühr regelmäßig angemessen. Liegen allerdings die Voraussetzungen der Nr. 2400 VV RVG nicht vor, weil die anwaltliche Tätigkeit schwierig oder umfangreich war, ist die vorbeschriebene Begrenzung der Ermessensausübung des Rechtsanwalts aufgehoben. Er bestimmt nunmehr die Gebühr nach § 14 RVG unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere unter Berücksichtigung aller in dieser Bestimmung genannten besonderen Bemessungskriterien, nach billigem Ermessen und damit - entgegen der Rechtsansicht der Beklagten - auch unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit für den Leistungsberechtigten.
In Übereinstimmung mit dem Sozialgericht geht auch der erkennende Senat davon aus, dass die anwaltliche Tätigkeit des Widerspruchsverfahrens jedenfalls so umfangreich und schwierig war, dass eine Beschränkung der Geschäftsgebühr auf den Schwellenwert von 240,00 EUR nicht gerechtfertigt ist. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit unter Berücksichtigung der Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger lassen vielmehr einen Aufwendungserstattungsanspruch in Höhe der von der Bevollmächtigten des Klägers in Ansatz gebrachten Geschäftsgebühr von 400,00 EUR als angemessen erscheinen. Dabei ist der erkennende Senat davon ausgegangen, dass dem Rechtsanwalt gemäß der zur Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung entwickelten Rechtsprechung bei der Bestimmung der billigen Gebühr, sofern diese - wie hier - über die Schwellengebühr hinaus geht (vgl.. hierzu LSG NRW Urteil vom 29.01.2007 L 1 AL 54/06), ein Toleranzbereich von 20 % zuzuerkennen ist (vgl.. LSG NRW Urteil vom 23.04.2007 L 19 AS 54/06; BSG SozR 1300 § 63 Nr. 4 m.w.N.). Nur hierdurch kann mit dem Ziel einer höheren Praktikabilität vermieden werden, dass gehäuft über die Angemessenheit der Vergütung im Bereich einstelliger Eurobeträge gestritten wird.
Ein über die Schwellengebühr hinausgehender Kostenerstattungsanspruch des Klägers lässt sich allerdings nicht aus einem besonderen Haftungsrisiko seiner Bevollmächtigten ableiten. Zwar ist nach § 14 Abs. 1 S. 3 RVG das Haftungsrisiko stets bei der Bemessung der Gebühr zu berücksichtigen. Dies führt jedoch nicht ausnahmslos und zwangsläufig zu einer Erhöhung der Geschäftsgebühr (LSG NRW Urteil vom 29.01.2007 L 1 AL 54/06, Hartmann, Kostengesetze, 36. Auflage, § 14 RVG Rdnr. 13; PK - RVG / Winkler 2. Auflage, § 14 Rdnr. 32; Otto, NJW 2006, 1472, 1476). Unter Zugrundelegung der Gesetzesbegründung (BT - Drucks. 15/1971, S. 189 zu § 14 RVG) ist vielmehr davon auszugehen, dass lediglich ein in Einzelfällen gegebenes höheres Risiko, das unter Zugrundelegung eines objektiven Maßstabes zu ermitteln ist, eine höhere Gebühr begründen kann bzw. im Einzelfall begründen muss. Das generelle anwaltliche Haftungsrisiko hat demgegenüber keinen Einfluss auf die Höhe der Gebühr (vgl.. PK - RVG/ Winkler, a.a.O. § 14 Rdnr. 59). Ein durch die konkrete Mandatsausübung der Bevollmächtigten des Klägers begründetes besonderes Haftungsrisiko ist jedoch nicht zu erkennen. Das durch die Vertretung des Klägers in dem hier maßgeblichen Widerspruchsverfahren begründete Haftungsrisiko ist vielmehr als allenfalls durchschnittlich zu bewerten. Die anwaltliche Tätigkeit hat sich zunächst darauf erstreckt, die mit dem Haftungsrisiko korrespondierenden Erfolgsaussichten eines Widerspruchs einzuschätzen und den Rechtsbehelf fristgerecht einzulegen. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger aufgrund seiner psychiatrischen Gesundheitsstörungen bereits eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung über einen längeren Zeitraum bezogen hatte und die von der Beklagten beigezogenen Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers weiterhin bestehende erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen dokumentierten, war die Einlegung des Widerspruchs trotz der negativen Gutachten der Dres. L und T förmlich geboten, zumal die streitigen Rentenleistungen für den Kläger von existenzieller Bedeutung waren. Eine Beratung hinsichtlich einer möglichen Beantragung anderer Sozialleistungen, insbesondere anderer Rentenleistungen, die angesichts der komplexen und rechtlich besonders schwierigen Gesetzeslage zum Konkurrenzverhältnis der verschiedenen Sozialleistungen das Haftungsrisiko ohne Zweifel nicht unerheblich erhöht hätte, stand nicht im Raum, da die Anspruchsvoraussetzungen für andere, insbesondere für den Kläger günstigere Sozialleistungen offenkundig nicht gegeben waren. Die bloße fristgerechte Einlegung von Rechtsmitteln gehört zu den allgemeinen Pflichten von Rechtsanwälten, die lediglich das generelle Haftungsrisiko betreffen.
Die Berechtigung der Bevollmächtigten des Klägers, im Rahmen ihrer Ermessensausübung eine im Vergleich zur Schwellengebühr von 240,00 EUR höhere Geschäftsgebühr in Ansatz zu bringen, ergibt sich jedoch (zunächst) aus der Schwierigkeit und dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. Bei der Bewertung des Schwierigkeitsgrades und des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit kommt es entsprechend dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten nicht darauf an, ob der beauftragte Anwalt über Vorkenntnisse hinsichtlich der streitbefangenen Rechtsmaterie verfügt oder sich als Fachanwalt gar schwerpunktmäßig mit diesem Rechtsgebiet befasst. Maßgeblich sind vielmehr der objektive Schwierigkeitsgrad und Umfang des Einzelfalls. Für einen besonders spezialisierten Bevollmächtigten stellt sich die Bearbeitung von Verfahren seines Spezialgebietes regelmäßig deutlich einfacher dar und wird die qualifizierte Bearbeitung dieser Verfahren in regelmäßig kürzerer Zeit möglich sein als für einen Rechtsanwalt, der mit dieser Materie noch nicht eingehend befasst war. Ein Abstellen auf den konkreten Kenntnisstand des Bevollmächtigten hätte mithin nicht nur zur Folge, dass im Einzelfall zu ermitteln wäre, über welche Kenntnisse der Bevollmächtigte hinsichtlich des Streitgegenstandes verfügt, sondern führte auch zu der gleichermaßen nicht akzeptablen Konsequenz, dass ein Rechtsanwalt mit nur geringen Kenntnissen regelmäßig einen höheren Vergütungsanspruch hätte als ein mit der streitbefangenen Rechtsmaterie vertrauter Spezialist (vgl.. LSG Baden - Württemberg Urteil vom 13.12.2006 L 5 KA 5567/05). Folglich können nur objektive Kriterien den für Nr. 2400 VV RVG und für die Höhe der anwaltlichen Vergütung maßgeblichen Schwierigkeitsgrad und den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit bestimmen. Bei der Beurteilung der Schwierigkeit des Verfahrens ist entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten des Klägers jedoch nicht abstrakt auf das streitbefangene Rechtsgebiet - hier auf das Rechtsgebiet der gesetzlichen Rentenversicherung - abzustellen (abweichend LSG Baden - Württemberg a.a.O., für das Rechtsgebiet des Kassenarztrechts), denn in allen Rechtsgebieten des Sozialrechts sind Verfahren unterschiedlicher Schwierigkeit zu bearbeiten, auch wenn die durchschnittliche Schwierigkeit aller Verfahren von Rechtsgebiet zu Rechtsgebiet unterschiedlich beurteilt werden mag. Da der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit als Bewertungskriterium für die Höhe der Vergütung nach § 14 RVG und Nr. 2400 VV RVG jedoch auf das jeweils geführte Verfahren abstellt, ist für die Beurteilung der anwaltlichen Tätigkeit allein der Grad der Schwierigkeit des Einzelfalls maßgeblich.
Ausgehend von diesen Beurteilungskriterien stellte sich die anwaltliche Tätigkeit in dem hier zu beurteilenden Widerspruchsverfahren als schwierig dar. In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass das mit dem Ziel der Weitergewährung der Rente wegen Erwerbsminderung geführte Verfahren maßgeblich von der anwaltlichen Bewertung der medizinischen Ermittlungen der Beklagten geprägt war, die im juristischen Studium und der praktischen Ausbildung regelmäßig nicht vermittelt werden und dem Durchschnittsanwalt im Regelfall nur wenig vertraut sind. Die Bevollmächtigte des Klägers hatte in diesem Zusammenhang unter Berücksichtigung der Beschwerdeschilderungen des Klägers in dem ersten mit ihm geführten Gespräch zunächst die Gutachten des Arztes für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin Dr. L und des Arztes für Neurologie, Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin Dr. T vom 06.12.und 24.11.2004 hinsichtlich der erhobenen Diagnosen und der ärztlichen Beurteilung des Restleistungsvermögens des Klägers auszuwerten und auf ihre Schlüssigkeit und Überzeugungskraft zu überprüfen. Da die Weitergewährung einer Rente auf Zeit im Streit stand, war in diese Prüfung notwendigerweise ein Abgleich dieser Gutachten mit den zuvor eingeholten Befundberichten der behandelnden Ärzte vorzunehmen, die maßgeblich der Rentengewährung bis zum 31.05.2005 zu Grunde lagen. Auch wenn die Frage der Fortgewährung einer befristeten Rente wegen Erwerbsminderung nicht davon abhängt, ob eine Besserung in den gesundheitlichen Verhältnissen und in dem Leistungsvermögen des Versicherten eingetreten ist, beinhaltet eine fundierte Überprüfung des Anspruchs auf Weitergewährung der Rente - wie in den eingeholten Gutachten geschehen - stets auch eine Auseinandersetzung mit den medizinischen Ermittlungen, die der bisherigen Rentengewährung zu Grunde lagen. Es liegt auf der Hand, dass die insoweit angestellten gutachterlichen Bewertungen unter Einbeziehung der vorliegenden Befundberichte auch Gegenstand der anwaltlichen Überprüfung sein müssen. Hinsichtlich der Beurteilung des Schwierigkeitsgrades der anwaltlichen Tätigkeit ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Gutachten des Dr. T um ein durchaus differenziertes, einundzwanzigseitiges psychiatrisches Gutachten handelt, das einer keinesfalls als wenig anspruchsvoll zu beurteilenden anwaltlichen Aufarbeitung bedurfte. Bei einem im Wesentlichen durch medizinische Ermittlungen geprägten Rentenverfahren ergibt sich der Schwierigkeitsgrad der anwaltlichen Tätigkeit im Übrigen nicht allein aus der bloßen Würdigung des medizinischen Sachverhalts. Jedenfalls ist für eine qualifizierte anwaltliche Prüfung der Sach- und Rechtslage zu fordern, dass die medizinischen Ermittlungsergebnisse stets vor dem Hintergrund der Anspruchsvoraussetzungen der streitigen Rentenleistung geprüft werden. Neben dem für den Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI maßgeblichen zeitlichen Einsatzvermögen des Versicherten im Erwerbsleben wird der Anwalt in diesem Zusammenhang auch stets zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes vorliegen, weil der Versicherte z. B. krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, für ihn in Betracht kommende Arbeitsplätze zu erreichen, und der Rentenanspruch nach der Rechtsprechung unter diesem Gesichtspunkt möglicherweise begründet ist (vgl.. hierzu z. B. BSG Urteil vom 21.03.2005 B 5 RJ 51/04 R). Außerdem wird auch stets in die anwaltliche Prüfung mit einzubeziehen sein, ob eine schwere spezifische Behinderung oder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen mit der Folge der Verpflichtung des Rentenversicherungsträgers zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit vorliegt (vgl.. z.B. BSG Urteil vom 20.10.2004 B 5 RJ 48/03 R) oder eine solche - ggfs. unter Berücksichtigung der von der Rechtsprechung (auch) in diesem Zusammenhang entwickelten sog. Katalogfälle (vgl.. z. B. BSGE 84, 24 ff. ebenso Urteil vom 10.05.2003 B 5 RJ 24/02 R) - nicht ersichtlich ist. Die objektiv gegebene Schwierigkeit der Verfahrens führt jedoch nicht zwangsläufig dazu, dass auch die anwaltliche Tätigkeit schwierig ist und ein entsprechend erhöhter Vergütungsanspruch besteht. Die objektive Schwierigkeit des Verfahrens muss vielmehr in der anwaltlichen Tätigkeit erkennbar ihren Niederschlag gefunden haben, denn allein die anwaltliche Tätigkeit gilt es zu vergüten.
So wird beispielsweise auch ein (objektiv) besonders schwieriges Verfahren keinen über die Schwellengebühr hinausgehenden Vergütungsanspruch begründen können, wenn der Verfahrensbevollmächtigte den von ihm eingelegten Widerspruch nur mit wenigen Sätzen begründet hat, die dem besonderen Gehalt des Verfahrens nicht gerecht werden. Die die Schwierigkeit des Verfahrens begründenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte müssen vielmehr auch die anwaltliche Tätigkeit nachweislich bestimmt haben. Während die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in gerichtlichen Verfahren über die Qualität des Schriftwechsels hinaus z. B. auch durch einen entsprechend qualifizierten Vortrag in der mündlichen Verhandlung belegt werden kann, beschränkt sich die Dokumentation der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in den regelmäßig schriftlich abgewickelten Vorverfahren naturgemäß neben einer im Einzelfall ebenfalls als Kriterium heranzuziehenden glaubhaft gemachten besonders schwierigen Mandantenberatung auf die Güte der Schriftsätze. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die anwaltliche Tätigkeit hier als nachgewiesen schwierig einzustufen. Die Bevollmächtigte des Klägers hat sich zur Begründung des von ihr eingelegten Widerspruchs gegen den Bescheid vom 04.01.2005 unter Beweisantritt sowie unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers zu seinem Restleistungsvermögen sehr differenziert mit den im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten, insbesondere mit dem psychiatrischen Gutachten des Dr. T auseinander gesetzt und unter Einbeziehung der vorliegenden umfangreichen Befundberichte der behandelnden Ärzte, des Krankheitsverlaufs und der Behandlungsdichte aus ihrer Sicht bestehende Schwachstellen der Begutachtung herausgearbeitet und notwendige weitere Ermittlungen aufgezeigt. Dabei hat die Klägerbevollmächtigte in ihre Bewertungen der Sach- und Rechtslage die Anspruchsvoraussetzungen für die streitige Erwerbsminderungsrente miteinbezogen und insbesondere darauf hingewiesen, dass der Kläger nach ihrer Ansicht nicht mehr über die für eine Erwerbsminderung erforderliche Mobilität verfügt. Die hierdurch begründete Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit reicht für sich alleine gesehen jedoch (noch) nicht aus, die in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr in Höhe von 400,00 EUR zu rechtfertigen. Hierfür hätte es einer anwaltlichen Tätigkeit gehobener oder gar hoher Schwierigkeit bedurft, die im Rahmen des Erwerbsminderungsrentenrechts beispielhaft bei einem (noch) komplexeren medizinischen Sachverhalt oder bei einer Verknüpfung schwieriger Rechtsfragen zu den vom Bundessozialgericht entwickelten sog. Katalogfällen mit komplexeren medizinischen Sachfragen gegeben sein dürfte. Gleiches dürfte für Verfahren gelten, in denen neben dem Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung über den Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit unter Berücksichtigung schwieriger berufskundlicher Fragen gestritten wird oder bei einem Streit über das Vorliegen der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. Abs. 4 SGB VI bei gleichzeitig streitigem Eintritt des Versicherungsfalls. Eine damit vergleichbare Schwierigkeit wies das hier streitbefangene Widerspruchsverfahren jedoch nicht auf.
Die Angemessenheit der in Ansatz gebrachten Geschäftsgebühr ergibt sich jedoch - wie bereits erwähnt - aus dem Zusammenwirken des vorbeschriebenen Schwierigkeitsgrades der anwaltlichen Tätigkeit mit deren (überdurchschnittlichem) Umfang und der Bedeutung der Sache für den Kläger. Die anwaltliche Tätigkeit ist als umfangreich im Sinne der Nr. 2400 VV RVG einzustufen und rechtfertigt ebenfalls - auch für sich alleine betrachtet - eine über die Schwellengebühr hinausgehende Gebühr. Das für die Höhe der Geschäftsgebühr maßgebliche Kriterium des (objektiven) Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit korrespondiert zwingend mit dem Zeitaufwand, der für die anwaltliche Vertretung objektiv notwendig war. Bei Widersprüchen gegen die Ablehnung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ist dabei - wie hier - zunächst der Zeitaufwand für die mit dem Mandanten geführten Beratungen und für die Durchsicht der für die Wahrnehmung der Vertretung notwendigen Akten oder Aktenteile maßgeblich. Darüber hinaus ist der Zeitaufwand zu berücksichtigen, der für die Fertigung der Schriftsätze objektiv erforderlich war, der notwendigerweise wiederum mit dem Umfang und der Schwierigkeit des Verfahrens korrespondiert. Auch wenn dieser Zeitaufwand - wie oben bereits ausgeführt - nach objektiven Kriterien zu beurteilen ist, sind die Angaben der Bevollmächtigten, die die Gebühr als Organe der Rechtspflege nach billigem, pflichtgemäßen Ermessen bestimmen (§ 14 Abs. 1 RVG), auch wegen der Sachnähe zu der konkreten Mandatsausübung insbesondere zum Umfang der Mandantengespräche und zum Zeitaufwand für die gefertigten Schriftsätze und das Aktenstudium jedenfalls im Sinne einer maßgeblichen Beurteilungshilfe von Bedeutung, soweit sie plausibel und nachvollziehbar erscheinen. Vor diesem Hintergrund hat die Bevollmächtigte des Klägers zunächst überzeugend vorgetragen, dass die mit dem Kläger geführten Gespräche insgesamt etwa eine Stunde und 45 Minuten in Anspruch genommen haben. Auch der angegebene Zeitaufwand von eineinhalb Stunden für das Aktenstudium ist nachvollziehbar, wobei die Klägerbevollmächtigte zutreffend von einem maßgeblichen Aktenumfang von 171 Blatt zuzüglich 75 Blatt des medizinischen Aktenteils ausgegangen ist. Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, der für das Widerspruchsverfahren maßgebliche angefochtene Bescheid vom 04.01.2005 befinde sich auf Blatt 167 bis 169 der Verwaltungsakten, so dass die zu berücksichtigenden Aktenteile einschließlich des Gutachtenteils nicht sonderlich umfangreich gewesen seien. Wie bereits oben im Zusammenhang mit der Beurteilung des Schwierigkeitsgrades der anwaltlichen Tätigkeit ausgeführt, ist in einem Verfahren, in dem über die Weitergewährung einer auf Zeit bewilligten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gestritten wird, für eine qualifizierte medizinische Beurteilung der Sachlage zu fordern, dass diese die der bisherigen Rentengewährung zu Grunde liegenden medizinischen Unterlagen und Bewertungen in ihre Prüfung mit einbezieht. Es liegt auf der Hand, dass damit auch im Rahmen einer qualifizierten anwaltlichen Vertretung die für die (bisherige) Rentengewährung maßgeblichen medizinischen Ermittlungsergebnisse und das damit korrespondierende Verwaltungsverfahren zu berücksichtigen sind. Dies setzt jedoch das Studium der gesamten maßgeblichen Verwaltungsakten voraus. Hinzu kommt, dass wesentliche Bescheide in den Akten der Beklagten nicht enthalten oder hinsichtlich des Datums nicht genau identifizierbar sind und die Akten nicht in allen Teilen der chronologischen Abfolge gemäß geordnet sind. Dies macht den von der Klägerbevollmächtigten genannten Zeitrahmen umso nachvollziehbarer. Angesicht des Umfangs und der oben beschriebenen Schwierigkeit des Verfahrens ist schließlich auch der für das Diktat der qualifizierten Widerspruchsbegründung in Ansatz gebrachte Zeitaufwand von knapp einer Stunde überzeugend. Damit ist der anwaltliche Gesamtaufwand bereits nach dem Vortrag der Klägerbevollmächtigten als Fachanwältin für Sozialrecht und damit erst Recht bei Außerachtlassung der hierdurch gegebenen besonderen Kenntnisse als umfangreich anzusehen.
Neben der Schwierigkeit und dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit ist die in Ansatz gebrachte Geschäftsgebühr schließlich unter ergänzender Berücksichtigung der Bedeutung der Sache für den Kläger angemessen.
Sozialrechtliche Streitigkeiten über typische Dauerleistungen, die den wesentlichen Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten sicherstellen, sind wegen der Bedeutung der Sozialleistung grundsätzlich geeignet, eine über der Schwellengebühr liegende Geschäftsgebühr (bis zur Höchstgebühr) zu begründen (vgl.. LSG Rheinland - Pfalz Urteil vom 06.11.1997 L 4 V 32/97 zu § 116 Abs. 1 Satz1 BRAGO). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn im Hinblick auf die Dauer des Verfahrens nach dessen Abschluss erhebliche Nachzahlungen für die Vergangenheit zu leisten sind und die erstrittene Sozialleistung den Lebensunterhalt des Leistungsberechtigten als alleinige Sozialleistung auf Dauer gewährleistet. Diese Beurteilungskriterien sind hier allerdings nur eingeschränkt erfüllt, denn durch den Abhilfebescheid vom 25.11.2005 wurde dem Kläger erneut lediglich eine Rente auf Zeit (bis zum 31.05.2007) gewährt und die Rentennachzahlung beschränkte sich auf die bis zur Weiterbewilligung aufgelaufenen Monatsbeträge. Andererseits ist nicht zu verkennen, dass die bewilligte Rente für die Dauer ihrer Weitergewährung offenbar die für den Lebensunterhalt des Klägers bestimmende Sozialleistung darstellte und folglich insoweit für ihn von existentieller Bedeutung war. Damit entfaltet die Angelegenheit - jedenfalls verglichen mit Verfahren, in denen beispielsweise um die Gewährung eines medizinischen Heilverfahrens, einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben oder die rentensteigernde Anerkennung (weiterer) rentenrechtlicher Zeiten gestritten wird - jedoch eine Bedeutung, die in der Zusammenschau mit der Schwierigkeit und dem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit die Angemessenheit der in Ansatz gebrachten Geschäftsgebühr begründet.
2)
Die Berufung ist unbegründet, soweit das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung von Zinsen verurteilt hat, denn für einen derartigen Anspruch besteht keine Rechtsgrundlage. § 63 SGB X regelt allein die Erstattung der notwendigen Aufwendungen, zu denen Zinsen nicht gehören. Ein Zinsanspruch kann erst entstehen, wenn ein Kostenerstattungsanspruch besteht. Aus diesem Grunde ist eine besondere gesetzliche Regelung erforderlich, aus der sich die Verpflichtung des in Anspruch genommenen Sozialleistungsträgers ergibt, den Kostenerstattungsanspruch zu verzinsen. Hieran fehlt es jedoch, wie es sich aus der rechtsgeschichtlichen Entwicklung der einschlägigen Zinsvorschriften ergibt. Das Bürgerliche Recht hat die gesetzliche Zinspflicht von Anfang an auf die Anwendungsfälle der Verzugszinsen nach § 288 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - und der Prozesszinsen nach § 291 BGB begrenzt. Obwohl es nahe gelegen haben mag, diese gesetzlichen Bestimmungen auf andere Rechtsgebiete und damit auch auf das Sozialrecht entsprechend anzuwenden, hat das Bundessozialgericht im Anschluss an die einschlägigen Entscheidungen des Reichsversicherungsamts in ständiger Rechtsprechung eine Verpflichtung der Sozialleistungsträger zur Zahlung von Verzugs- oder Prozesszinsen stets abgelehnt, soweit das Gesetz nicht ausdrücklich eine Zinszahlung anordne; umgekehrt wurde eine Zinspflicht bei Ansprüchen der Versicherungsträger gegen Versicherte und Arbeitgeber ebenfalls verneint. Zur Begründung hat das Bundessozialgericht im wesentlichen auf die Solidarhaftung aller Versicherten, die einseitig zu Lasten der Leistungsträger getroffene Regelung hinsichtlich der Gerichtsgebühren sowie den Ausschluss der Erstattung außergerichtlicher Kosten an den Leistungsträger selbst im Fall seines Obsiegens hingewiesen, was einem Zinsanspruch entgegenstehe (BSGE 6, 19 (insoweit nicht abgedruckt; vgl. jedoch Breithaupt 1958, 725, 730); BSGE 22, 150 = SozR Nr. 1 zu § 288 BGB = SozR Nr. 1 zu § 291 BGB; BSGE 24, 118 = SozR Nr. 3 zu § 291 BGB; BSGE 28, 218, 222 = SozR Nr. 1 zu § 5 EKV-Ärzte vom 15. 12. 1950; BSGE 29, 44, 54 = SozR Nr. 3 zu § 28 BVG; BSGE 35, 195, 203 = SozR Nr. 4 zu § 1403 RVO; BSG vom 15. Dezember 1976 - 3 RK 3/75; BSG Urteil vom 23.07.1992 7 Rar 98/90; BSGE 71, 72, 76; 76, 233, 241; BSG Urteil vom 13.11.1996 B 6 Rka 78/95, SGB 1997, 71). Dieser Rechtsprechung schließt sich der erkennende Senat an. Der streitige Zinsanspruch lässt sich auch nicht auf die von dem Sozialgericht in Bezug genommene Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 23.03.2006 (B 3 KR 6/05 R; ebenso Urteil vom 19.04.2007 B 3 KR 10/06 R) stützen, denn diese betrifft - worauf die Beklagte zutreffend hinweist - die besonderen Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu Krankenhäusern, Rehabilitationskliniken und nichtärztlichen Leistungserbringern, die mit den hier aus dem streitigen Erstattungsanspruch erwachsenden Rechtsbeziehungen der Beteiligten nicht vergleichbar sind. Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Vorverfahren um einen Teil des Verwaltungsverfahrens handelt, auf das die prozessrechtlichen Vorschriften zur Verzinsung von Prozesskosten, die auf das förmliche gerichtliche Verfahren abstellen, keine Anwendung finden können (vgl.. LSG Rheinland - Pfalz Urteil vom 08.03.2006 L 4 SB 174/05). Die Kostenentscheidung beruht auf § § 183, 193 SGG. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.