Bayerisches Landessozialgericht - L 3 U 333/04 Ko - Beschluss vom 08.09.2006
Zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand bei Versäumung der dreimonatigen Abrechnungsfrist.
Hinzugezogene Dritte haben einen Direktanspruch auf Abrechnung gegen die Staatskasse. Andernfalls würden sie die Risiken tragen, die sich aus einer "Abwicklung im Dreieck" ergeben können.
Gründe:
I.
Der Kostenbeamte des Bayerischen Landessozialgerichts hat mit Nachricht vom 07.12.2005 die Vergütung der Rechnung des Antragstellers vom 01.12.2005 - Nr.10878/05-GA über 85,89 EUR abgelehnt. Es handele sich um Leistungen im Zusammenhang mit den Gutachten von Herrn Prof. Dr. med. L. vom 10.01.2005, welches hier am 19.01.2005 eingegangen sei. Der Anspruch auf Entschädigung der vorstehend bezeichneten Rechnung sei gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.1 Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) erloschen, da die Rechnung nicht binnen drei Monaten nach Eingang des Gutachtens bei Gericht eingegangen sei.
Herr Prof. Dr. med. G. S. hat mit Schreiben vom 21.12.2005 sinngemäß die richterliche Festsetzung der Vergütung gemäß § 4 Abs.1 JVEG beantragt und vorgetragen, dass die Abrechungen der Laborleistungen im Zentrallabor generell zu einem späteren Zeitpunkt im Vergleich zu den übrigen Kliniken und Instituten im Hause erfolge. Das liege zum einen daran, dass die gesamten Laboruntersuchungen für die über 16 Kliniken des Hauses abzurechnen seien und es zudem Laboranalysen gäbe, deren Untersuchung längere Zeit in Anspruch nehme. Dass die besagte Rechnung zudem relativ spät erstellt worden sei, habe zum anderen daran gelegen, dass vor geraumer Zeit eine EDV-Umstellung in großem Umfang zu bewältigen gewesen sei, was folglich eine Verzögerung der Abrechnung nach sich gezogen habe.
II.
Der Anspruch auf Vergütung oder Entschädigung erlischt gemäß § 2 Abs.1 Satz 1 JVEG, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird. Die Frist beginnt gemäß § 2 Abs.1 Satz 2 Nr.1 JVEG im Fall der schriftlichen Begutachtung oder der Anfertigung einer Übersetzung mit Eingang des Gutachtens oder der Übersetzung bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat.
Nachdem das Gutachten von Herrn Prof. Dr. med. L. vom 10.01.2005 im Bayerischen Landessozialgericht am 19.01.2005 eingegangen ist, ist die vorstehend bezeichnete Dreimonatsfrist am 19.04.2005 abgelaufen. Dies gilt auch in den Fällen, in denen gerichtlich bestellte Sachverständige Dritte mit Nebenleistungen beauftragen (hier: laborärztliche Leistungen des Instituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin des Klinikums der Universität R).
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der 15. Senat als Kostensenat des Bayerischen Landessozialgerichts seine Rechtsauffassung dahingehend geändert hat, dass hinzugezogene Dritte (hier der Antragsteller) einen Direktanspruch gegen die Staatskasse haben. Andernfalls würden sie die Risiken tragen, die sich aus einer "Abwicklung im Dreieck" ergeben können. Weiterhin liegt es auch im Interesse gerichtlich bestellter Sachverständiger (hier: Herr Prof. Dr. med.L.), wenn er nicht in das Abrechnungsverfahren des Antragstellers einbezogen wird.
War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist nach § 2 Abs.1 JVEG gehindert, gewährt ihm das Gericht gemäß § 2 Abs.2 Satz 1 JVEG auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach Beendigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die Wiedereinsetzung begründen. - Wenn Herr Prof. Dr. med.G. S. mit Nachricht vom 21.12.2005 darauf hingewiesen hat, dass die gesamten Laboruntersuchungen für die über 16 Kliniken des Hauses abzurechnen seien und es zudem Laboranalysen gäbe, deren Untersuchung längere Zeit in Anspruch nähme, zeigt er damit Organisationsstrukturen auf, die eine verzögerte Rechnungsstellung bedingen. Die hieraus resultierenden Risiken gehen jedoch zu Lasten des Antragstellers und ermöglichen keine Wiedereinsetzung gemäß § 2 Abs.2 Satz 1 JVEG. - Zum anderen gestattet auch die durchgeführte EDV-Umstellung in großem Umfang keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 2 Abs.2 Satz 1 JVEG. Denn diese ist vor "geraumer Zeit" zu bewältigen gewesen. Somit ist auch die in § 2 Abs.2 Satz 1 JVEG normierte Frist von zwei Wochen nach Beendigung des Hindernisses nicht eingehalten.
Nach alledem ist eine Vergütung gemäß § 4 Abs.1 Satz 1 JVEG nicht festzusetzen gewesen. Hierüber hat das Gericht gemäß § 4 Abs.7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Diese Entscheidung ist gemäß § 177 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) endgültig.
Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs.8 JVEG).