Hessisches Landessozialgericht - L 4 V 6/04 - Urteil vom 09.11.2005
Als Unfall i.S.d. Versorgungsrechts kann auch eine akute Erkältung oder eine Infektionskrankheit gelten, und zwar selbst dann, wenn sich weder Ort noch Zeit der Infektion genau feststellen lassen, sofern nur feststeht, dass der Soldat bei Ausübung des Dienstes dieser Infektion in besonderem Maße ausgesetzt war. Nicht dahinstehen kann jedoch die Art der Infektion; denn ohne deren genaue Einordnung sind die Überprüfung der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs mit dem eingetretenen Erstschaden und auch die Beurteilung der Frage, ob der Soldat bei Ausübung seines Dienstes dieser Infektion in besonderem Maße ausgesetzt war, nicht möglich (hier fragliche bakterielle Infektion mit Streptokokken als Ursache für Herzrhythmusstörungen).
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem Soldatenversorgungsgesetz (SVG).
Der 1954 geborene Kläger leistete vom 1. Oktober 1974 bis zum 19. Dezember 1975 seinen Grundwehrdienst als Wehrpflichtiger bei der Bundesmarine. Vom 3. Januar 1975 bis zum 23. November 1975 war er im "Seemännischen- und Brückendienst" auf dem Zerstörer "L." eingesetzt, der nach anfänglichem Aufenthalt in der Ostsee schließlich in die Gewässer vor H. (Kuba) auslief und im August 1975 nach K. zurückkehrte. In der "G-Karte" (Blatt 16, 17 WDB-Akte) sind folgende Behandlungen verzeichnet: 21. Januar 1975 Rhinitis, Temperatur 36,6° C 6. Februar 1975 bis 8. Februar 1975 Grippaler Infekt, Temperatur 36,9° C bis maximal 37,1° C bei medikamentöser Behandlung mit Novalgin-Chinin, Bisolvon, Doreperol und Codipront. Weiter wird eine starke Bronchitis und ein geröteter Rachenring erwähnt. 9. Juni 1975 Patient erscheint im Schiffslazarett und klagt über plötzlich aufgetretenes Herzrasen. Befund: absolute Arrhythmie mit peripherem Pulsdefizit, RR: 160/100; nach zweitätiger stationärer Behandlung mit Valium und Coritrat wird der Kläger zunächst entlassen. Ein EKG ist nach Einlaufen in K. vorgesehen.
Am 4. August 1975 erfolgte eine ambulante Untersuchung des Klägers im Bundeswehrkrankenhaus in K. In der Anamnese wird erwähnt, der Kläger habe als Kind, vor sieben Wochen und auch jetzt gelegentlich schnelles Herzschlagen ohne Einschränkung der Leistungsfähigkeit verspürt. EKG und Belastungs-EKG waren normal, der Rheumafaktor lag im Normbereich. Lediglich Harnsäure und AST (Anti-Streptokokken-Titer) waren erhöht. Ein Anhaltspunkt für einen Herzfehler wurde nicht gefunden bei gleichzeitigen Hinweisen für eine paroxysmale Tachykardie, die den Kläger jedoch nicht zu stören schien. Während eines stationären Aufenthaltes im Bundeswehrkrankenhaus G. wegen einer Außenknöchelfraktur erlitt er am 29. August 1975 nach dem Frühstück und Bettenmachen erneut einen Anfall von Herzrasen. Im Entlassungsbericht des Bundeswehrkrankenhauses G. vom 7. November 1975 wurden daher folgende Diagnosen beschrieben: 1. Myocarditis 2. Fettstoffwechselstörung Typ II b 3. Asymptomatische Hyperuricämie 4. Sprunggelenkfraktur rechts. Die Diagnose der Myokarditis stützte sich einmal auf den ASL-Titer-Verlauf und weiterhin auf die anfallsweise auftretenden Zustände absoluter Arrhythmie bei Vorhofflimmern verbunden mit Tachykardie und vereinzelten ventriculären Extrasystolen. Diese Anfälle konnten während der stationären Beobachtung am 2. September und am 29. September 1975 nachgewiesen werden. In den anfallsfreien Zeiten war das EKG anfangs normal, später kam es zu deutlichen Erregungsrückbildungsstörungen, die sich bei Therapie jedoch wieder normalisierten. Im Übrigen wurde die Entlassung aus der Bundeswehr empfohlen, die zum 19. Dezember 1975 erfolgte, nachdem der Kläger vom 21. Oktober bis 18. Dezember 1975 krank zu Hause war. Auf den Antrag des Klägers auf Beschädigtenversorgung vom 1. März 1976 holte der Beklagte u.a. eine Stellungnahme des Kommandanten des Zerstörers "L.", Fregattenkapitän K., vom 28. Mai 1976 ein (Blatt 13 Beschädigtenakte), wonach der Kläger dort leichte bis mittelschwere körperliche Arbeit im Freien auszuführen hatte, die jedoch unter den klimatischen Bedingungen der Karibik eine erhebliche Belastung habe darstellen können. Auch habe der Kläger Brückendienst versehen müssen, der zwölf Stunden täglich im Stehen auszuführen gewesen sei und zweifellos eine körperliche Anforderung dargestellt habe. Dennoch scheine die Gesamtbelastung nicht zu hoch gewesen zu sein, sie habe im Bereich dessen gelegen, was von jedem Mann an Bord eines Schiffes der Marine verlangt werde. Es seien keine Anforderungen gestellt worden, die über das normale Maß des von einem bordverwendungsfähigen Soldaten zu Fordernden hinausgegangen wären. Der Beklagte holte hierauf ein versorgungsärztliches Gutachten von Dr. G. vom 26. August 1976 ein, der in der Vorgeschichte nach den Angaben des Klägers ausführt, die Unterbringung an Bord sei normal gewesen, besondere Erkrankungen unter den Kameraden - insbesondere ansteckende Krankheiten - seien nicht erinnerlich gewesen. Der Dienst auf dem Schiff sei nicht besonders schwer gewesen, normale zumutbare Anstrengung, keine besondere Übermüdung, Durchnässung, Unterkühlung oder Ähnliches. Die einzige erhebliche Belastung sei auf das Klima in der karibischen See zurückzuführen gewesen, das sehr heiß und insbesondere sehr feucht gewesen sei. Dr. G. stellte folgende Diagnosen: Zustand nach akuter rheumatischer Myocarditis ohne Folgeerscheinungen. Folgenlos geheilte Außenknöchelfraktur rechts. Adipositas, Hyperlipidämie, Hyperurikämie. Da beim Kläger seit der Behandlung im Bundeswehrkrankenhaus in G. im August 1975 Herzanfälle nicht mehr wiedergekehrt seien, müsse von einer folgenlosen Ausheilung einer akuten rheumatischen Myokarditis ausgegangen werden, die mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine Streptokokkeninfektion in der Zeit vom 6. bis 8. Februar 1975 zurückzuführen gewesen sei. Mit Bescheid vom 30. September 1976 stellte der Beklagte als Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 SVG fest: "Reizlose Operationsnarbe über dem rechten Außenknöchel". Diese Gesundheitsstörung habe jedoch keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von wenigstens 25 v.H. bedingt. In der Begründung wurde weiter ausgeführt, dass zwar ein ursächlicher Zusammenhang zwischen schädigenden Einwirkungen des Wehrdienstes und einer rheumatischen Herzmuskelentzündung wahrscheinlich, diese jedoch ohne Folgen ausgeheilt sei.
Nach Angaben des Klägers, die sich in verschiedenen Arztberichten wieder finden, sind in der Zeit von 1974 bis 1984 vereinzelt weiterhin Anfälle von Herzjagen aufgetreten, gegen die er bei Bedarf Isoptin eingenommen habe (Nachmusterungsuntersuchung durch den Facharzt für Innere Krankheiten Dr. S. vom 16. Januar 1978, Blatt 201 Gerichtsakte). 1984 wurde dann der Verdacht auf ein LGL-Syndrom bei rezidivierenden tachykarden Anfällen geäußert. Erstmals 1991 wurde beim Kläger wegen Herzrhythmusstörungen Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Am 23. Juni 1994 erfolgte eine Herzkatheteruntersuchung, die eine koronare Herzerkrankung ergab, wegen der am 5. Juli 1994 eine ACB-Operation stattfand. Danach traten beim Kläger weitere Herzrhythmusstörungen, Vorhofflimmern und vereinzelt auch Synkopen auf.
Am 6. Februar 1997 stellte er beim Beklagten einen Erhöhungsantrag wegen rheumatischer Herzmuskelentzündung, der eine internistisch-kardiologische Begutachtung durch Prof. T veranlasste. In seinem schriftlichen Gutachten vom 13. September 1997 führte Prof. T. aus, eine Myokarditis sei als Ursache für das Vorhofflimmern des Klägers im Jahre 1975 nicht nachgewiesen. Nach einer bis 1990 bestehenden Erscheinungsfreiheit sei die Myokarditis auch nicht mehr als Ursache der heutigen Rhythmusstörungen anzusehen. Ursache sei insoweit vielmehr die später und schädigungsunabhängig aufgetretene koronare Herzkrankheit, während die möglicherweise 1975 abgelaufene Myokarditis folgenlos abgeheilt sei.
Mit Bescheid vom 3. November 1997 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab und wies den dagegen eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 1998 zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 27. August 1998, mit dem Ziel der Gewährung einer Beschädigtenversorgung, Klage beim Sozialgericht Gießen erhoben. Vom 15. März bis 22. März 1999 befand er sich in der E-Klinik, die ein "Sick-Sinus-Syndrom" diagnostizierte und einen Zweikammer-Schrittmacher implantierte. Am 24. September 1999 erfolgte eine Umprogrammierung des Schrittmachers wegen weiter bestehender Herzrhythmusstörungen. In den weiteren Kontrollen mit Langzeit-EKG wurden weiterhin unterschiedlich hohe Anteile von Vorhofflimmern festgestellt. Der Beklagte hat die vom Sozialgericht beigezogenen Befundunterlagen des langjährigen Hausarztes des Klägers Dr. F. durch den Versorgungsarzt Dr. G. auswerten lassen. In seiner Stellungnahme vom 23. April 1999 wurden u.a. folgende Befunde erwähnt: Juni 1959 Tubenkatarrh 1965 Appendektomie 1961 nicht näher bezeichneter Kollaps Mai 1965 Herzstiche, klinisch ohne Befund. Kreislaufbeschwerden bei niedrigem Blutdruck (90/60 und 110/60 mmHg). Verordnung eines Kreislaufmittels. Februar 1967 Hypotonie, Stenocardie (100/65 mmHg). Aus den gesamten Befundunterlagen sei eine nach der Myokarditis 1975 fortbestehende Symptomatik nicht zu erkennen. Spätestens seit Mitte der 70er Jahre habe eine schwere Fettstoffwechselstörung bestanden, die erstmals 1979 objektiviert worden sei und trotz ständiger medikamentöser Behandlung bis 1990 in unveränderter Schwere fortbestanden habe. 1987 sei ein Bluthochdruck hinzugekommen. Die Risikofaktoren der koronaren Herzkrankheit hätten sich also bereits seit den 70er Jahren ausgewirkt und schließlich zu einer Manifestation als Nachschaden geführt.
Das Sozialgericht hat außerdem ein schriftliches internistisch-kardiologisches Gutachten von dem Sachverständigen Dr. N. vom 18. August 1999 eingeholt, der nach kritischer Auseinandersetzung mit dem Gutachten von Prof. T. ausgeführt hat, mit "sehr großer Wahrscheinlichkeit" habe der Kläger während seiner Bundeswehrzeit nach einer Streptokokkeninfektion eine Myokarditis durchgemacht. Die spätestens ab 1983 wieder aufgetretenen Herzrhythmusstörungen seien ebenso wie das 1991 festgestellte Sick-Sinus-Syndrom auf die 1975 durchgemachte Myokarditis zurückzuführen. Die erst 1994 hinzugetretene koronare Herzkrankheit sei hierfür nicht wesentlich. Eine während des Wehrdienstes zugezogene Myokarditis (wahrscheinlich rheumatischer Genese) habe sich durch die erheblichen Belastungen des Schiffsdienstes unter den klimatischen Bedingungen der Karibik verschlimmert. Für rezidivierendes symptomatisches tachykardes Vorhofflimmern/Vorhofflattern nach Myokarditis sei eine MdE von 30 v.H. und für das durch Schrittmacher versorgte Sick-Sinus-Syndrom mit Synkopen ebenfalls eine MdE in Höhe von 30 v.H. angemessen. Somit ergebe sich insgesamt eine MdE von 40 v.H., die auf schädigende Einwirkungen des Wehrdienstes zurückzuführen sei. Der Kläger hat ferner Berichte der medizinischen Klinik G. vom 6. März 1967 und vom 29. März 1967 vorgelegt. Danach erfolgte am 6. März 1967 eine Vorstellung wegen Stichen in der Herzgegend beim Turnen, die BSG war leicht beschleunigt. Eine physikalische und röntgenologische Untersuchung der Thoraxorgane und ein EKG waren jedoch unauffällig. Es fand sich kein Anhalt für eine organische Herzerkrankung. Im Bericht vom 29. März 1967 wird ein ASL (Anti-Streptolysin-Null-Gehalt) von 800 IE/ml angegeben und eine antibiotische Behandlung mit Binotal 400 sowie eine Kontrolluntersuchung nach sechs Wochen empfohlen.
In seiner versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 18. Oktober 1999 hat der Arzt für Innere Medizin M. u.a. ausgeführt, beim Kläger könne eine angeborene Reizleitungsstörung des Herzens nicht ausgeschlossen werden. Mangels Beschreibung ausreichend schwerer Symptome sei es jedoch auszuschließen, dass im Jahre 1975 eine akute Myokarditis aufgetreten sei. Allenfalls könne es sich um eine chronische Myokarditis als Folge immunologischer Vorgänge nach bakteriellen Infekten gehandelt haben. Völlig unklar sei jedoch, welche Streptokokkeninfektion hierfür in Betracht kommen könne. Bei der Infektion im Februar 1975 habe es sich nach den bekannten Informationen vermutlich um einen viralen Infekt gehandelt, denn die stärkeren Symptome einer Streptokokkeninfektion seien nicht beschrieben worden. Der Kläger habe daher vermutlich schon vor dem Eintritt in die Bundeswehr eine Infektion mit Streptokokken erfahren, die als Entstehungsursache für eine Myokarditis in Betracht kommen könne. Durch die Auswirkungen des Dienstes unter den klimatischen Bedingungen der Karibik sei es allenfalls im Jahre 1975 zu einer einmaligen nicht richtunggebenden Verschlimmerung gekommen, die nach korrekter Behandlung völlig ausgeheilt sei. Zu den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. in seiner Stellungnahme vom 29. November 1999 hat der Arzt für Innere Medizin M. für den Beklagten am 1. Januar 2000 ergänzend vorgetragen, auch nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. sei nicht auszuschließen, dass es beim Kläger schon in der Kindheit zu krankhaften Herz-Kreislauf-Störungen gekommen sei. Ebenso sei eine Reizleitungsstörung des Herzens nicht ausgeschlossen. Dass es sich bei der Erkrankung im Jahre 1975 mit Herzjagen um eine Myokarditis gehandelt habe, sei nicht nachgewiesen. Denkbar sei allenfalls eine Verschlimmerung eines Vorschadens durch eine Akuterkrankung im Jahre 1975, die jedoch auch nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr. N. ausgeheilt gewesen sei. Ferner hat der Beklagte weitere versorgungsärztliche Stellungnahmen von dem Arzt für Innere Medizin Dr. P. vom 28. August 2000 und vom 23. November 2000 vorgelegt, auf die insoweit verwiesen wird.
Das Sozialgericht hat eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme von Prof. T. vom 28. Juli 2001 eingeholt, der dort eingeräumt hat, dass nach dem Auftreten von Herzjagen im Jahre 1975 nur von einer Redizidivfreiheit von 8 1/2 Jahren auszugehen sei. Aber auch aufgrund dieses zeitlichen Abstandes sei ein Zusammenhang der Herzrhythmusstörungen mit einer im Jahre 1975 durchgemachten Myokarditis nicht wahrscheinlich. Die Herzrhythmusstörungen könnten durchaus auch von den Auswirkungen der sich immer mehr ausprägenden Arteriosklerose bedingt sein. Die gegenteiligen Annahmen des Sachverständigen Dr. N. seien unzutreffend.
Das Sozialgericht hat hierauf ein weiteres internistisch-kardiologisches Gutachten von dem Sachverständigen Prof. L. vom 5. Mai 2003 eingeholt, der nach ambulanter Untersuchung unter Auswertung des Akteninhalts folgende Diagnosen beim Kläger gestellt hat:
Er führt u.a. aus, ob beim Kläger im Februar 1975 eine bakterielle (z.B. durch Streptokokken verursachte) oder eine virale Infektion vorgelegen habe, sei nicht mehr mit Sicherheit festzustellen. Eine rheumatische Karditis im Juni 1975 sei nur wahrscheinlich zu machen bei wohlwollender Interpretation der beschriebenen Symptome. Differenzialdiagnostisch sei auch an ein sog. holiday-heart-Syndrom, das u.a. durch exzessiven Alkoholkonsum ausgelöst werde, zu denken. Ein solcher Zusammenhang sei jedoch wenig wahrscheinlich, weil eine Tachykardie auch während eines Krankenhausaufenthaltes des Klägers aufgetreten sei. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit sei daher von einer Myokarditis aufgrund einer Auseinandersetzung mit einem Streptokokkeninfekt während der Bundeswehrzeit auszugehen, die beim Kläger seinerzeit angemessen therapiert worden sei. Es kämen aber auch verschiedene Viren als Auslöser von Myokarditiden in Frage, die unter starker körperlicher Belastung unter ungewohnten klimatischen Bedingungen die kardiale Beteiligung fördern könnten. Sofern von einer eher unwahrscheinlichen Vorschädigung im Kindesalter auszugehen sei, müsse eine richtungweisende Verschlimmerung während des Wehrdienstes angenommen werden, da es erst hiernach zum regelmäßigen Auftreten kardialer Beschwerden (Rhythmusstörungen) gekommen sei. Ein fortbestehendes Herzrasen in den Jahren 1978 bis 1984 sei lediglich den Angaben des Klägers gegenüber verschiedenen Ärzten zu entnehmen. Ein objektiver Beleg durch ein entsprechendes EKG-Protokoll sei nicht vorhanden. Insbesondere das EKG vom 11. Januar 1977 sei insoweit normal. Erst ab 1984 seien zunehmende Beschwerden mit wechselnder Antiarrhythmikatherapie nachgewiesen. Die als Wehrdienstfolge erlittene Myokarditis sei daher auch wahrscheinlich wesentliche Mitursache der über Jahre hinweg geschilderten Herzrhythmusstörungen. Insoweit sei von einer schädigungsbedingten MdE von 40 v.H. auszugehen.
Mit Urteil vom 10. November 2003 (Az.: S 7/15 V 1676/98) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine zur Versorgung berechtigende Wehrdienstbeschädigung im Sinne von § 81 SVG liege nicht vor. Eine Wehrdienstbeschädigung setze eine gesundheitliche Schädigung voraus, die ihre Ursache in der Zeit während des Wehrdienstes habe. Die Ursache müsse auf einem erlittenen Unfall, einer Wehrdienstverrichtung oder den dem wehrdiensteigentümlichen Verhältnissen beruhen. Das Vorliegen der Ursache während des Wehrdienstes und die Schädigung müssten bewiesen sein, während der Zusammenhang zwischen Ursache und Schädigung nur wahrscheinlich zu machen sei. Zwar habe der Kläger in Gestalt der im Juni 1975 aufgetretenen Herzrhythmusstörungen eine gesundheitliche Schädigung erlitten. Diese sei jedoch nicht durch eine Wehrdienstverrichtung, einen Unfall oder die dem wehrdiensteigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt. Bezüglich des Herzleidens habe der Kläger während der Wehrdienstzeit keinen Unfall erlitten. Als Ursache kämen daher nur eine Wehrdienstverrichtung oder die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse in Betracht. Hierfür müssten die Verrichtung oder die Verhältnisse geeignet sein, die Schädigung hervorzurufen und es dürften keine anderen Umstände vorliegen, die diese beiden Ursachen in ihrer Bedeutung verdrängten. Sofern andere Bedingungen in Betracht kämen, sei zu prüfen, welcher Umstand die wesentliche Bedingung des Gesundheitsschadens sei. Ausreichend sei es dann für die Feststellung einer Wehrdienstbeschädigung, dass die Wehrdienstverrichtung bzw. die dem wehrdiensteigentümlichen Verhältnisse neben den anderen Umständen von annähernd gleichwertiger Bedeutung für die Entstehung des Gesundheitsschadens gewesen seien. Die beim Kläger aufgetretene Myokarditis könne aber nicht unmittelbar auf Wehrdienstverrichtungen oder die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnissen beruhen sondern vielmehr müsse eine weitere Ursache dazwischentreten, nämlich eine Streptokokkeninfektion. Dass sich der Kläger während des Wehrdienstes mit Streptokokken infiziert habe, sei jedoch nicht nachgewiesen. Ob es sich bei dem im Februar 1975 aufgetretenen Infekt um Streptokokken gehandelt habe, sei den bekannten Unterlagen nicht zu entnehmen und auch der Sachverständige Prof. L. habe das Vorliegen eines Infektes mit Streptokokken während des Wehrdienstes nur für wahrscheinlich gehalten. Eine Anerkennung der Myokarditis als Wehrdienstbeschädigung im Sinne der Verschlimmerung müsse ebenfalls ausscheiden, denn insoweit müsse bewiesen sein, dass eine Anlage für das Entstehen einer Myokarditis bei dem Kläger vorgelegen habe und Verschlimmerungsfaktoren im Rahmen des Wehrdienstes bestanden hätten. Zur Überzeugung der Kammer stehe aufgrund der eingeholten Gutachten insbesondere von dem Sachverständigen Prof. L. nicht fest, ob beim Kläger eine entsprechende Anlage bestanden habe. Zwar sei nicht auszuschließen, dass beim Kläger infolge eines Streptokokkeninfektes im Jahre 1967 eine Anlage zu einer Myokarditis bestanden habe, die sich durch eine Wehrdienstverrichtung bzw. die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse verschlimmert habe. Die Wahrscheinlichkeit reiche jedoch nicht aus, vielmehr müsse eine solche Anlage für eine Herzerkrankung bewiesen sein, was nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. L. nicht der Fall sei. Der Beklagte sei auch nicht aufgrund seines Bescheides vom 30. September 1976 rechtlich gezwungen, von der Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen den schädigenden Einwirkungen des Wehrdienstes und der aufgetretenen rheumatischen Herzmuskelentzündung auszugehen, denn hierbei habe es sich um keine selbständige Feststellung sondern nur um einen rechtlich unverbindlichen Teil der Bescheidbegründung gehandelt.
Gegen das ihm am 5. Februar 2004 zugestellte Urteil hat der Kläger am 3. März 2004 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt, mit der er die Anerkennung eines "rezidivierenden tachykarden Vorhofflimmerns nach Myokarditis und eines durch Schrittmacher versorgten Sick-Sinus-Syndroms mit Synkopen" als Schädigungsfolge mit einer MdE von 40 v.H. anstrebt. Im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts sei als schädigendes Ereignis nicht eine Streptokokkeninfektion anzusehen. Schädigendes Ereignis seien vielmehr die während des Wehrdienstes auf die Gesundheit des Klägers einwirkenden Umstände gewesen. Dieser sei im Januar 1975 zunächst an einer Rhinitis und dann im Februar 1975 an einem grippalen Infekt erkrankt und deswegen ärztlich behandelt worden. In dieser Zeit habe die "J." noch in der Ostsee gelegen und sei kurze Zeit nach den beiden Infektionserkrankungen des Klägers zu ihrer Karibikfahrt aufgebrochen. Über B. in Norwegen sei man dann Anfang Mai 1975 in der Karibik eingetroffen, wo das Schiff im Mai und Juni 1975 an Manövern teilgenommen habe. Der Kläger habe somit, nachdem er erst kurz zuvor zwei Infekte überstanden hatte, unter schwierigsten klimatischen Bedingungen (rascher Klimawechsel von der noch winterlichen Ostsee in das feuchtwarme Klima in der Karibik) seinen Dienst an Bord der "J." verrichten müssen. Diese Umstände aber seien nachgewiesen ebenso wie ein Primärschaden am Herzen des Klägers, wenn auch eine exakte medizinische Diagnose letztendlich fehle. Als Schädigungsfolge seien schließlich auch die Herzrhythmusstörungen nachgewiesen, unter denen der Kläger bereits seit seiner Entlassung aus der Bundeswehr hin und wieder gelitten habe. Ein Kausalzusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Primärschaden sei aber aufgrund des Gutachtens von Prof. L. überwiegend wahrscheinlich. Ebenso sei ein Kausalzusammenhang zwischen Primärschaden und Schädigungsfolgen aufgrund der vom Sozialgericht eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. N. und des Sachverständigen Prof. L. überwiegend wahrscheinlich. Die erforderlichen Glieder der Kausalkette (geschützte Tätigkeit, schädigendes Ereignis, Primärschaden, Schädigungsfolgen) seien daher im Sinne eines Vollbeweises erwiesen. Sowohl für die haftungsbegründende als auch für die haftungsausfüllende Kausalität sei aber die überwiegende Wahrscheinlichkeit ausreichend.
Der Senat hat ergänzend ein internistisch-kardiologisches Gutachten nach Aktenlage von dem Sachverständigen Prof. K. vom 7. Juni 2005 eingeholt, der die beim Kläger auf internistischem Fachgebiet festgestellten Gesundheitsstörungen wie folgt zusammengefasst hat:
Unter anderem hat er weiter ausgeführt, für ein rheumatisches Fieber mit Karditis im Jahre 1975 fänden sich keine sicher verwertbaren Belege. Der von Prof. L. wohlwollend akzeptierte Zusammenhang zu dem Fieber im Rahmen eines Infektes im Februar 1975 sei aufgrund des zeitlichen Abstandes nur bedingt als relevantes Diagnosekriterium zu werten. Ebenso fehle der Nachweis, dass es sich im Februar 1975 um eine eitrige Mandelentzündung im Sinne eines Streptokokkeninfektes gehandelt habe. Im Hinblick auf die Entstehung des Vorhofflimmerns im Juni 1975 müsse differentialdiagnostisch an das bereits erwähnte holiday-heart-Syndrom sowie das Auftreten eines isolierten paroxysmalen Vorhofflimmerns gedacht werden. Für diese beiden Möglichkeiten fänden sich jedoch ebenfalls keine verbindlichen Hinweise. Letztlich sei es daher unmöglich, eine eindeutige ätiologische Zuordnung des Vorhofflimmerns vorzunehmen. Allerdings könne auch keine andere Ursache als die "bisher anerkannte Myokarditis" mit ausreichender Sicherheit für die Erstmanifestation des Vorhofflimmerns im Juni 1975 nachgewiesen werden. Unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung spreche daher mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Herzrhythmusstörung und einer - zwar nicht sicher bewiesenen aber doch möglichen - akuten Herzmuskelentzündung. Daher sei das als Schädigungsfolge geltend gemachte Vorhofflimmern mit symptomatischen tachykarden Phasen als Teil des Sick-Sinus-Syndroms mit 1. später auch bradikarden Phasen, 2. Synkopen und 3. zuletzt der Notwendigkeit zur Implantation eines Herzschrittmachers letztlich auch als Folge der wahrscheinlich 1975 abgelaufenen Myokarditis anzunehmen. Hierfür sei ab Mitte Februar 1997 von einer MdE von 30 v.H. auszugeben.
Der Kläger sieht sich durch dieses Gutachten in seiner Auffassung bestätigt und weist darauf hin, dass trotz ordnungsgemäßer Schrittmacherfunktion absolute Arrhythmien mit Vorhofflimmern auftreten. Das von ihm vorgelegte Langzeit-EKG vom 12. April 2005 weise trotz intakter Schrittmacherfunktion ein permanentes Vorhofflimmern aus. Zuletzt sei die Indikation zur Implantation eines Defibrillators gestellt worden. Wegen der fortbestehenden Herzrhythmusstörungen trotz Versorgung mit intaktem Herzschrittmacher sei daher der von Prof. K. vorgeschlagene Grad der MdE von 30 v.H. gerechtfertigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 10. November 2003 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 3. November 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 1998 zu verurteilen, ihm unter Anerkennung eines "rezidivierenden tachykarden Vorhofflimmerns nach Myokarditis und eines durch Schrittmacher versorgten Sick-Sinus-Syndroms mit Synkopen" als Schädigungsfolge im Sinne der Entstehung, hilfsweise der Verschlimmerung, Beschädigtenversorgung nach einer MdE von 40 v.H. zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme des Arztes für Innere Medizin Dr. P. vom 19. Juli 2005, weiterhin der Auffassung, dass der notwendige Nachweis eines schädigenden Ereignisses auch durch das Gutachten des Sachverständigen Prof. K. nicht geführt sei. Weder die Myokarditis sei eindeutig bewiesen, noch sei bewiesen, dass eine etwaige Myokarditis auf eine gesundheitliche Schädigung im Zusammenhang mit dem Wehrdienst zurückgehe. Für die Anerkennung einer Schädigungsfolge sei aber zwingend erforderlich, dass eine entsprechende Schädigung und eine hieraus resultierende Schädigungsfolge bewiesen seien. Die bloße Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit reiche hierfür nicht aus. Außerdem komme für eine Myokarditis mit Schrittmacherimplantation bei guter kardialer Belastbarkeit allenfalls eine MdE von 10 v.H. in Betracht.
Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist sachlich unbegründet.
Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 10. November 2003 ist auch nach den weiteren Ermittlungen des erkennenden Senats rechtlich nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht Gießen hat mit zutreffender Begründung einen Anspruch des Klägers auf Beschädigtenversorgung nach dem SVG und die begehrte Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen abgelehnt. Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat an und verzichtet insoweit auf die nochmalige Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Ergänzend wird unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) darauf hingewiesen, dass für die Annahme einer Wehrdienstbeschädigung im Sinne des § 81 SVG zumindest drei Tatsachenkomplexe sowie zwei dazwischen liegende Kausalzusammenhänge mit dem jeweils maßgeblichen Beweisgrad festgestellt werden müssen. Der erste Komplex ist die geschützte Tätigkeit, die hier für den Zeitraum des Dienstes auf dem Zerstörer "J." nachgewiesen ist. Infolge dieser Verrichtung muss ein schädigendes Ereignis eine gesundheitliche Schädigung hervorgerufen haben. Aufgrund dieser Schädigung muss es dann zu der in MdE-Graden zu bewertenden Schädigungsfolge gekommen sein. Das "schädigende Ereignis" wird üblicherweise als weiteres selbständiges Glied der Kausalkette zwischen geschützter Tätigkeit und Primärschaden angesehen. Auch dieses bedarf grundsätzlich des Vollbeweises. Dagegen genügt nach § 86 Abs. 6 Satz 1 SVG für die Feststellung des Ursachenzusammenhangs zwischen schädigendem Ereignis und dem Eintritt des Primärschadens (haftungsbegründende Kausalität) sowie zwischen Schädigung und Schädigungsfolge (haftungsausfüllende Kausalität) der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit (so: BSG, Urteil vom 15. Dezember 1999, Az.: B 9 VS 2/98 R m.w.N.). Ein schädigendes Ereignis, dessen Ursächlichkeit für die erstmals im Juni 1975 während des Wehrdienstes aufgetretenen Herzrhythmusstörungen wahrscheinlich gemacht werden könnte, ist jedoch nicht bewiesen. Der Dienst im Allgemeinen kann insoweit nicht als schädigendes Ereignis in Betracht kommen, weil er bereits dem ersten Komplex der geschützten Tätigkeit zugehört. Hinzutreten muss schon ein konkretes Ereignis, sei es auch nur in Gestalt einer Infektionskrankheit oder besonderer Umstände des Dienstes, dessen Ursächlichkeit für den aufgetretenen Primärschaden überhaupt mit wissenschaftlichen Methoden geprüft werden kann. Der Auffassung der Klägerseite, das schädigende Ereignis sei bereits in den Bedingungen des Dienstes an Bord des Zerstörers "J." nach den im Januar und Februar vorausgegangenen Infekten des Klägers zu sehen, ohne dass es im Einzelnen auf die Art der erlittenen Infekte ankomme, ist nicht zuzustimmen. Als Unfall kann zwar auch eine akute Erkältung (z.B. nach Erhitzung im Dienst und plötzlich starker Abkühlung) oder eine Infektionskrankheit gelten, auch wenn sich weder Ort noch Zeit der Infektion genau feststellen lassen, sofern nur feststeht, dass der Soldat bei Ausübung des Dienstes dieser Infektion in besonderem Maße ausgesetzt war (z.B. starke Durchnässung mit anschließender Rippenfellentzündung, so: Fehl in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, § 1 BVG, 7. Auflage 1992, Rdnr. 18). Die Art der Infektion kann jedoch keinesfalls dahinstehen, weil ohne genaue Einordnung derselben die Überprüfung der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs mit dem eingetretenen Erstschaden aber auch die Beurteilung der Frage, ob der Soldat bei Ausübung seines Dienstes dieser Infektion in besonderem Maße ausgesetzt war, sonst nicht möglich ist, wie gerade auch der vorliegende Fall zeigt. Daher wurde auch bisher in der Rechtsprechung eine bloß theoretische Infektionsgefahr durch eine dienstliche Tätigkeit für die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung nicht als ausreichend angesehen (siehe etwa: Sailer in Wilke, a.a.O., § 81 SVG, Rdnr. 30 m.w.N.). So ist es im vorliegenden Fall unmöglich festzustellen, ob der Wehrdienst des Klägers unter den konkreten Bedingungen für die im Juni 1975 aufgetretenen Herzrhythmusstörungen wahrscheinlich ursächlich war, ohne die von ihm im Januar und im Februar 1975 durchgemachten Infekte und auch die Art des Primärschadens im Sinne des Vollbeweises genauer einzuordnen. Denn nach den insoweit übereinstimmenden überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Prof. L. und Prof. K., auf die sich der Senat stützt, kann die Verursachung einer Myokarditis durch eine Infektion während des Wehrdienstes nur dann überwiegend wahrscheinlich gemacht werden, wenn diese bakteriell (durch Streptokokken hervorgerufen) und nicht viral war. Da nach den auch insoweit übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen Prof. L. und Prof. K. für die als ebenfalls nur wahrscheinlich angenommene Myokarditis im Juni 1975 grundsätzlich auch andere Ursachen als die im Januar und Februar 1975 stattgefundenen Infektionen in Betracht kommen, wie etwa ein "holiday-heart-Syndrom" oder es sich auch um isoliertes paroxysmales Vorhofflimmern gehandelt haben könnte, kann die genaue Diagnose der im Januar und Februar beim Kläger aufgetretenen Infektionen nicht dahingestellt bleiben. Dies gilt im Übrigen auch für den Primärschaden, bei dem es sich nach Einschätzung der Sachverständigen Prof. L. und Prof. K. mit überwiegender Wahrscheinlichkeit um eine Myokarditis gehandelt haben soll, was nach den Ausführungen dieser beiden Sachverständigen aber ebenfalls nicht bewiesen ist. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kommt als schädigendes Ereignis, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für die ab Juni 1975 aufgetretenen Herzrhythmusstörungen ursächlich sein könnte, lediglich eine bakterielle Infektion mit Streptokokken in Betracht. Das Auftreten einer Streptokokkeninfektion beim Kläger ist während des Wehrdienstes jedoch nicht nachzuweisen. Nach den Feststellungen der Sachverständigen Prof. L. und Prof. K. ist es nicht ausgeschlossen, dass der Kläger aufgrund einer schon vor dem Wehrdienst erlittenen Streptokokkeninfektion unter einer chronischen Myokarditis gelitten haben könnte, die durch die besonderen Bedingungen seines Wehrdienstes eine Verschlimmerung erfahren haben könnte. Dies setzt jedoch ebenfalls den Vollbeweis des Vorschadens voraus, der nach sämtlichen vorliegenden Gutachten nicht geführt werden kann. Ob der Wechsel vom Ostseeklima in das feuchtheiße Karibikklima im Zusammenhang mit dem vom Kläger zu verrichtenden Borddienst die Verschlimmerung einer schon bestehenden chronischen Myokarditis verursacht haben könnte und ob diese richtunggebend gewesen sein könnte, muss daher dahingestellt bleiben. Sieht man die im Januar und Februar 1975 während des Aufenthalts in der Ostsee verzeichneten Infekte als Primärschaden an, so fehlt es insoweit ebenfalls an einem schädigenden Ereignis, denn es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass der Kläger durch seinen dortigen Dienst mehr als an der Ostsee wohnhafte Zivilpersonen der Gefahr einer vermutlich grippalen Infektion ausgesetzt war. Hierbei stützt sich der Senat insbesondere auf die im versorgungsärztlichen Gutachten des Dr. G. vom 26. August 1976 wiedergegebenen Angaben des Klägers über die Bedingungen seines Dienstes (Bl. 21 ff. BA). Sofern man weiter davon ausgeht, die nicht mehr näher einzuordnende grippale Infektion bzw. deren Folgen hätte als gesundheitlicher Vorschaden bis zum Auslaufen in die Karibik fortbestanden und unter den besonderen Bedingungen des dortigen Dienstes zu nicht mit Sicherheit einzuordnenden Herzrhythmusstörungen geführt, bleibt weiterhin der notwendige Nachweis sowohl des konkreten Vorschadens (viraler oder bakterieller Infekt) als auch der genauen Verschlimmerung (Myokarditis oder Herzrhythmusstörungen anderer Genese) offen, auch wenn der Kläger durch die Bedingungen des Dienstes in der Karibik (feuchte Hitze) in besonderem Maße der Gefahr der Verschlimmerung einer evtl. bestehenden Infektion mit Streptokokken ausgesetzt gewesen sein sollte, was insoweit als schädigendes Ereignis zu seien Gunsten unterstellt werden kann. Nach den vorliegenden Gutachten steht zur Überzeugung des Senats außerdem fest, dass der Kläger auch durch die truppenärztliche Behandlung keine nachteiligen gesundheitlichen Folgen erlitten hat, denn ein Zusammenhang zwischen der truppenärztlichen Behandlung und der geltend gemachten gesundheitlichen Schädigung ist nach den Ausführungen der Sachverständigen Prof. L. und Prof. K. auszuschließen. So bestätigt Prof. L. in seinem Gutachten ausdrücklich, dass der Kläger nach dem Auftreten von Herzrhythmusstörungen in angemessener Weise mit körperlicher Schonung und einer Langzeit-Penicillin-Prophylaxe therapiert wurde.
Nach allem ist nicht feststellbar, ob der Kläger aufgrund seines Wehrdienstes eine Schädigung erlitten hat, die als Ursache für seine späteren Herzrhythmusstörungen in Betracht käme.
Wie schon das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, ist der Beklagte in diesem Zusammenhang nicht an die Ausführungen in der Begründung seines bestandskräftigen Bescheides vom 30. September 1976 gebunden, mit denen ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den "schädigenden Einwirkungen des Wehrdienstes und der rheumatischen Herzmuskelentzündung" wahrscheinlich gewesen sei. Eine rechtlich verbindliche Feststellung ist insoweit zutreffend unterblieben, weil nach der seinerzeitigen Einschätzung die "Herzmuskelentzündung" ohne Folgen abgeheilt war. Die Begründung eines Verwaltungsaktes nimmt jedoch an seiner Bindungswirkung, die dem eigentlichen Regelungsgegenstand gem. § 39 Abs. 1 Satz 2 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) zukommt, nicht teil.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, denn dem Rechtsstreit kommt keine über den Einzelfall hinausgehende rechtsgrundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs. 2 SGG).