Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der dem Kläger nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) zustehenden Leistungen zur Grundsicherung.

Der 1944 geborene Kläger bezieht seit dem 01. Mai 1997 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit in Höhe von 628,83 EUR (Stand: 01. April 2004). Daneben gewährte ihm die Bundesagentur für Arbeit bis März 1999 Arbeitslosengeld, im Folgenden – unterbrochen von anderen Sozialleistungen – Arbeitslosenhilfe.

Am 25. Oktober 2004 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 15. Dezember 2004 bewilligte der Beklagte ihm für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2005 Leistungen in Höhe von monatlich 104,49 EUR. Dabei stellte er einem Gesamtbedarf des Klägers in Höhe von 643,90 EUR (Regelleistung in Höhe von 345,00 EUR zzgl. Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 298,90 EUR) ein bereinigtes Einkommen in Höhe von 539,41 EUR (Zahlbetrag der Rente in Höhe von 569,41 EUR abzgl. Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR) gegenüber. Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers vom 14. Januar 2005, mit dem dieser sich gegen die Anrechnung seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit wandte, wies er mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2005 zurück. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes dürften nur insoweit erbracht werden, als Hilfebedürftigkeit bestehe. Hilfebedürftigkeit bestehe nicht, wenn der Lebensunterhalt aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus dem zu berücksichtigenden Einkommen gesichert werden könne. Der Kläger beziehe eine Rente wegen Berufsunfähigkeit, die als Einkommen zu berücksichtigen sei.

Hiergegen hat der Kläger am 17. März 2005 Klage erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, dass § 11 Abs. 1 SGB II verfassungswidrig sei, weil mit der Anrechnung seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit in den durch Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützten Kernbereich seines Eigentums eingegriffen werde. Es gehe hier um Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie um Leistungen, die aus einer jahrelangen Zahlung in die Arbeitslosenversicherung resultierten. Er habe etwa 35 Jahre lang Einzahlungen vorgenommen. Wenn er aber über einen Zeitraum von 35 Jahren in eine damals so konstruierte Arbeitslosenversicherung eingezahlt habe, bedeute die Vorschrift des § 11 SGB II, die die Einzahlungen zu einem Sozialhilfeanspruch degradiere, einen Verlust seines erworbenen Rentenanspruchs, der verfassungsrechtlich nicht mehr akzeptabel sei.

Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 10. Juni 2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es außer Frage stehe, dass die von dem Kläger bezogene Rente wegen Berufsunfähigkeit Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II darstelle. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Berücksichtigung der Berufsunfähigkeitsrente bestünden nicht. Insbesondere sei kein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG ersichtlich. Die Rentenanwartschaften des Klägers blieben unangetastet. Auch folge ein Grundrechtsverstoß durch die Einkommensanrechnung nicht daraus, dass der Kläger Leistungen aus einer jahrelangen Zahlung in die Arbeitslosenversicherung verlange. Vorliegend gehe es gerade nicht um eine Versicherungs-, sondern um eine Fürsorgeleistung.

Gegen dieses ihm am 22. Juni 2005 zugestellte Urteil, in dem das Sozialgericht Berlin die Berufung zugelassen hat, richtet sich die am 07. Juli 2005 eingelegte Berufung des Klägers. Er bleibe dabei, dass ein Verstoß gegen Art. 14 GG vorliege. Der Kernbereich der Vorschrift sei tangiert, da er über Jahre hinweg Sozialversicherungsbeiträge auch für die Arbeitslosenversicherung eingezahlt habe. Soweit das Bundessozialgericht den Eigentumsschutz für die Arbeitslosenhilfe teilweise verneint habe, gelte dies nur für die originäre Arbeitslosenhilfe, die ohne längere Beitragszeiten haben bezogen werden können. Seitdem die Arbeitslosenhilfe nur noch gewährt werde, wenn zuvor mindestens zwölf Monate lang Beiträge gezahlt wurden, habe sich die Qualität der Rechtsposition verändert und damit auch der für sie dann anzunehmende Eigentumsschutz. Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe hätten gleichermaßen nach längeren Einzahlungen den Schaden ausgeglichen, der durch den Eintritt des Risikofalls der Arbeitslosigkeit entstanden sei. Bei verfassungskonformer Auslegung sei die Berufsunfähigkeitsrente in vollem Umfange der Vorschrift des § 11 Abs. 3 SGB II zuzuordnen, hilfsweise zum Erhalt der früheren Rechtsposition nur teilweise zu berücksichtigen. Im Übrigen sei es unter Berücksichtigung von Art. 3 GG nicht nachvollziehbar, warum Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz oder dem Bundesentschädigungsgesetz nicht zu berücksichtigen seien, wohl aber die Rente wegen Berufsunfähigkeit, die ebenfalls mit der Schädigung von Körper und Gesundheit in Zusammenhang stehe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. Juni 2005 aufzuheben, den Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm in der Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ohne, hilfsweise unter nur anteiliger Anrechnung seiner Rente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

II.

Der Senat konnte nach erfolgter vorheriger Anhörung der Beteiligten über die Berufung durch Beschluss entscheiden, weil er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin bewertet die Sach- und Rechtslage in seinem angegriffenen Urteil zutreffend. Der Bescheid des Beklagten vom 15. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Februar 2005 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beklagte hat bei der Berechnung der dem Kläger zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für das erste Halbjahr 2005 zu Recht die dem Kläger gewährte Rente wegen Berufsunfähigkeit angerechnet.

Der Senat kann sich nicht davon überzeugen, dass die für die Zeit ab dem 01. Januar 2005 geltende Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, nach der die von dem Kläger bezogene Rente wegen Berufsunfähigkeit bei der Prüfung der Bedürftigkeit als Einkommen anzurechnen ist, gegen das Grundgesetz verstößt.

Ein Verstoß gegen Art. 14 GG scheidet aus. Der Schutzbereich des Grundrechts ist bereits nicht tangiert. Rentenanwartschaften, die unstreitig dem Schutzbereich unterfallen, sind hier nicht betroffen. Im Gegenteil erhält der Kläger seine Rente wegen Berufsunfähigkeit uneingeschränkt fortgezahlt. Und soweit er meint, dass sein Eigentum im Hinblick auf die von ihm jahrelang gezahlten Beiträge zur Arbeitslosenversicherung entwertet würde, kann ihm nicht gefolgt werden. Er hat seit 1999 nicht Arbeitslosengeld, sondern Arbeitslosenhilfe bezogen. Diese aber ist nach herrschender Meinung, der der Senat sich anschließt, als steuerfinanzierte, bedürftigkeitsabhängige Sozialleistung eigentumsrechtlich nicht geschützt (vgl. BSG, Urteil vom 04.09.2003 – B 11 AL 73/02 R – SozR 4-4300 § 434b Nr. 1). Ergänzend ist insoweit darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung der Eigentumsgarantie dann nicht vorliegt, wenn eine Regelung durch Gründe öffentlichen Interesses unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Vorliegend ist jedoch im öffentlichen Interesse (Haushaltssanierung) die Eignung und Erforderlichkeit der Vorschriften zur Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nur im Rahmen der tatsächlichen Bedürftigkeit ebenso zu bejahen wie die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs, da – jedenfalls unter Berücksichtigung der übrigen den Betroffenen zufließenden Leistungen – der notwendige Lebensunterhalt gewährt wird.

Auch den geltend gemachten Verstoß gegen Art. 3 GG vermag der Senat nicht zu erkennen. Es werden hier schon nicht wesentlich gleiche Sachverhalte ungleich behandelt. Mit den von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommenen Renten nach dem Bundesversorgungsgesetz oder dem Bundesentschädigungsgesetz werden andere Zwecke verfolgt als mit der Rente wegen Berufsunfähigkeit. Während Letztgenannte in erster Linie einen durch Berufsunfähigkeit eingetretenen wirtschaftlichen Schaden im Sinne einer Lohnersatzfunktion abwenden soll, ist die Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz zum Ausgleich von Schäden bestimmt, für die die Allgemeinheit eine besondere Verantwortung trägt. Sie dient – anders als die Rente wegen Berufsunfähigkeit – gleichzeitig der Deckung eines schädigungsbedingten Mehrbedarfs, der durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nicht abgedeckt ist, und der Abgeltung immateriellen Schadens. Renten und Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz schließlich werden für Schäden an Leben sowie Körper oder Gesundheit an Opfer nationalsozialistischer Verfolgung erbracht. Die verfolgte Zweckrichtung ist mithin ebenfalls eine offensichtlich andere.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Die Revision ist zugelassen worden, da der Rechtsstreit eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung zum Gegenstand hat, die bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).