Gründe:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 26. August 2005 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg (SG) vom 23. August 2005, der das SG nicht abgeholfen und die es dem Landessozialgericht (LSG) zur Entscheidung vorgelegt hat, ist statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 SGG) und auch sonst zulässig.

Sie ist auch begründet.

Das SG hat das Ersuchen der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die zugesagte Mietkaution in Höhe von 1290 EUR zu übernehmen, zu Recht als Antrag gewertet, gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 18. August 2005 gegen den Bescheid vom 15. August 2005 anzuordnen, mit dem die Antragsgegnerin unter anderem ihre am 17. Juli 2005 erteilte Zusage zurückgezogen hat, eine für die Anmietung der Wohnung G. Weg, H. (richtig: G1.-Weg, H.), erforderliche Mietkaution als Darlehen zu übernehmen. Der Antragstellerin ist nämlich erkennbar daran gelegen, die Antragsgegnerin an ihrer diesbezüglichen Zusage festzuhalten, denn sie wendet sich gegen die von ihr ausgesprochene Lösung von dieser Zusage. Diese Zusage hat insofern eigene Bedeutung, als gemäß § 22 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Mietkautionen bei vorheriger Zusage durch den kommunalen Träger bzw. die ARGE übernommen werden. Zu Recht ist das SG auch davon ausgegangen, dass der Widerspruch der Antragstellerin gegen die Rücknahme der Zusage – wie es § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG voraussetzt - keine aufschiebende Wirkung hat. Es kann dahinstehen, ob dies schon unmittelbar aus § 39 SGB II folgt, demzufolge Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitslose entscheidet, keine aufschiebende Wirkung haben. Diesbezügliche Zweifel könnten daraus erwachsen, dass mit der Rücknahme der Zusage nicht unmittelbar auch die materielle Anspruchsberechtigung verneint und damit nicht über die Leistung als solche entschieden worden ist. Diese Bestimmung ist auf die Rücknahme einer Zusicherung zumindest analog anzuwenden, wenn diese – wie hier – Voraussetzung für die Leistung – hier die Übernahme der Mietkaution – ist (ebenfalls eine weite Auslegung befürwortend: Seegmüller in Estelmann, SGB II, § 39 Rdnr. 3).

Das SG hat jedoch zu Unrecht diesem Antrag entsprochen und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15. August 2005 angeordnet. Mit dem SG ist der Senat der Auffassung, dass im Rahmen der gebotenen Abwägung des Interesses der Antragstellerin am Fortbestand der Zusicherung der Mietkaution mit dem Interesse der Antragsgegnerin an ihrer Rücknahme (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer (ML/K/L), SGG 8. Auflage, § 86b Rdnr. 12) vordringlich auf die Erfolgsaussichten des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Rücknahme der Zusicherung abzustellen ist. Jedoch hält er anders als das SG den Erfolg dieses Widerspruchs nicht für so wahrscheinlich, dass allein deswegen schon seine aufschiebende Wirkung anzuordnen wäre (vgl. ML/K/L a. a. O., Rdnr. 12c; Binder in Handkommentar zum SGG, Rdnr. 15 zu § 86b SGG). Er kann die vom SG seiner Entscheidung zugrunde gelegte Auffassung, der angefochtene Bescheid vom 15. August 2005 sei rechtswidrig, da die Voraussetzungen für eine Rücknahme der Zusicherung gemäß den § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Verwaltungsverfahren (SGB X) nicht erfüllt seien, nicht ohne weiteres teilen. Auszugehen ist zunächst davon, dass die Antragsgegnerin die erbetene Zusicherung am 27. Juli 2005 auf der Grundlage einer allem Anschein nach unzutreffenden Sachverhaltsschilderung durch die Antragstellerin erteilt hat, nämlich der vom 19. Juli 2005, von der sich diese – mit ihrem Ehemann - wenig später gelöst hat. Bei ihrer ersten Vorsprache im Hause der Antragsgegnerin am 19. Juli 2005 hatte sie angegeben, sie sei am 13. Juli 2005 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und wohne seither mit den Kindern G2, geb. XX 1999, und C., geb. XX. 1993, bei einer Freundin in einem Kleingarten und sei auf der Suche nach einer Wohnung. Diese Schilderung war geeignet, den Eindruck zu erzeugen, dass die Antragstellerin und beide Kinder dringend ein gemeinsames Obdach benötigten. Dies galt um so mehr, als der von ihr vorgelegten Bestätigung der Rechtsanwältin G3 vom 13. Juli 2005, die von der Antragstellerin beauftragt worden war, die Scheidung einzureichen, die Einlassung der Antragstellerin zu entnehmen war, sie sei von ihrem Mann bedroht worden. Die Rechtsanwältin hatte ihr deshalb empfohlen, sich schnellstmöglich um eine neue Wohnung für sich und die Kinder zu bemühen. In Widerspruch zu den bisherigen Angaben haben die Antragstellerin und ihr Ehemann bei ihrer gemeinsamen Vorsprache im Hause der Antragsgegnerin am 15. August 2005 erklärt, die Kinder seien beim Vater. Sie – die Eltern - besäßen ein Gartenhaus. Dort würden sie abwechselnd mit den Kindern übernachten, so dass sie sich kaum über den Weg liefen. In Zukunft sollten die Kinder immer zwei Wochen bei ihr und zwei Wochen bei ihm sein. Hieraus ergab sich also, dass die Kinder nach den Vorstellungen der Eltern nicht hauptsächlich bei der Antragstellerin leben sollten, sondern zu gleichen Teilen bei dieser und dem Vater. Für die Annahme, dass der Vater mit einem Wegzug beider Kinder zu der Antragstellerin einverstanden gewesen ist, ist – auch unter Berücksichtigung des Schreibens des Allgemeinen Sozialen Dienstes H. vom 15. August 2005, wonach der Vater ebenfalls mit den Kindern zusammenbleiben wollte – keine Basis vorhanden. Die Angaben der Antragstellerin vom 19. Juli 2005 entbehrten damit einer realistischen Grundlage.

Bei Zugrundelegung der tatsächlichen Vorstellungen der Eltern dürfte die Erteilung der Zusage bei summarischer Prüfung rechtswidrig gewesen sein.

Zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffes der Angemessenheit der Unterkunftskosten ist mangels näherer Anhaltspunkte im SGB II und einer Konkretisierung dieses Begriffes durch eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit gemäß § 27 Nr. 1 SGB II auf die zum früheren Sozialhilferecht entwickelten Rechtsgrundsätze zurückzugreifen. Nach dem für die frühere Sozialhilfe maßgeblichen Recht und der hierzu ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung bestimmte sich die Angemessenheit der Unterkunftskosten nach dem Bedarf des Hilfebedürftigen. Hierfür kam es auf die Besonderheiten des Einzelfalls an (§ 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO a. F.), vor allem auf die Person des Hilfebedürftigen, die Art seines Bedarfs und die örtlichen Verhältnisse (§ 3 Abs. 1 BSHG a. F.). Die absoluten Aufwendungen für die Unterkunft werden wesentlich durch die Wohnfläche der Unterkunft geprägt. Für die berücksichtigungsfähige Wohnfläche orientierte sich die Rechtsprechung an den Verwaltungsvorschriften zur Förderungswürdigkeit im sozialen Wohnungsbau (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) 17. November 1994 - 5 C 11.93 - BVerwGE 97, 110/112 - ständige Rechtsprechung). Sie differenzieren für die zuzubilligende Wohnfläche und anzuerkennende Raumzahl nach der Zahl der zum Familienhaushalt rechnenden Personen. Die Durchführungsregelungen im sozialen Wohnungsbau unterscheiden sich zwischen den Ländern und sehen folgende Richtwerte vor: Alleinstehende: 45 bis 50 qm Wohnfläche, Zweipersonenhaushalt: zwei Räume bzw. 60 Quadratmeter, drei Personen: drei Wohnräume bzw. 75 bis 80 qm (Berlit in LPK-SGB II § 22 Rdnrn. 25 und 26 mit weitern Nachweisen).

Ausgehend von diesen, grundsätzlich auf das nach dem SGB II maßgebliche Recht übertragbaren Grundsätzen wäre die von der Antragstellerin angemietete Wohnung nach ihrer Gesamtwohnfläche (63 qm) dem Grunde nach nur dann angemessen, wenn ein Raumbedarf für einen Drei-Personen-Haushalt – die Antragstellerin sowie ihre beiden Kinder – anzuerkennen wäre. Ob dies zu geschehen hat, ließ und lässt sich mit der für die Erteilung einer entsprechenden Zusage erforderlichen Sicherheit nicht feststellen. Nach den jetzigen Erkenntnissen hat die Antragstellerin zum 1. September 2005 die neue Wohnung bezogen. Ihr Sohn ist bei ihr gemeldet, ihre Tochter beim Vater. Auf der Grundlage dieses Sachverhalts war die auf § 22 Abs. 3 SGB II gegründete Zusage einer Mietkaution für die Drei-Zimmer-Wohnung mit einer Wohnfläche von 63,10 qm und einer Brutto-Miete in Höhe von 530 EUR rechtswidrig. Da die Kosten der neuen Wohnung nicht angemessen sind, war der Umzug in diese Wohnung nicht im Sinne des § 22 Abs. 3 Satz 2 SGB II notwendig (vgl. Berlit in LPK-SGB II Rdnr. 59 zu § 22 m. w. Nw.). Bei einem so gelagerten Sachverhalt ist angemessen der Bedarf für zwei Personen – die Antragstellerin und ihren Sohn G2 -, denn nur sie bildeten einen Familienhaushalt und damit eine Bedarfsgemeinschaft. Die Tochter C. kann bei der Ermittlung des Bedarfs nicht ohne weiteres als zum Familienhaushalt gehörend berücksichtigt werden, denn Häufigkeit und Dauer ihrer mit Übernachtungen verbundenen Besuche sind unklar. Die von den Eltern am 15. August 2005 geäußerte Absicht, das die Kinder im Wechsel je zwei Wochen bei der Mutter und dem Vater wohnen sollten, reicht für die Abgabe einer Zusicherung zu den Aufwendungen für eine Wohnung auf der Basis eines Dreipersonenhaushalts ist nicht aus. Zum einen haben sich die von der Antragstellerin in der Vergangenheit gemachten Angaben als nicht sehr verlässlich erwiesen. Zum anderen wird, wie es auch in der erwähnten Stellungnahme des Allgemeinen Sozialen Dienstes H. angesprochen wird, ggf. noch vor dem Familiengericht zu klären sein, welche Lebensgestaltung dem Kindeswohl am besten entspricht. Ob die Vorstellungen der Eltern damit in Einklang stehen, begegnet insofern Bedenken, als die Kinder dann keinen richtigen Lebensmittelpunkt haben und immer nur mit einem Teil ihrer Sachen (wenn nicht jeweils alles hin und her transportiert wird) leben müssen. Erst wenn – durch eine familiengerichtliche Entscheidung oder eine Bescheinigung einer behördlichen Stelle – klare familienrechtliche Vorgaben vorliegen, besteht Anlass für eine abschließende Prüfung der Angemessenheit der Wohnung.

Auf Vertrauensschutz kann sich die Antragstellerin nicht berufen, weil sie bei ihrer Vorsprache am 27. Juli 2005 unrichtige Angaben gemacht hat (§45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.