Gründe:

I.

Streitig ist die Höhe der Vergütung für die Tätigkeit im Verfahren vor dem Sozialgericht Chemnitz (Az. S 36 AS 4717/08), in welchem die Beschwerdeführerin mit Beschluss vom 13.07.2009 der Klägerin jenes Verfahrens beigeordnet worden war.

In jenem Verfahren hatte die Klägerin zunächst selbst gegen einen Erstattungsbescheid vom 25.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.08.2008 über den Betrag von 940,00 EUR Klage erhoben und an einem Erörterungstermin am 16.12.2008 teilgenommen.

Mit Schreiben vom 11.03.2009 bestellte sich die Beschwerdeführerin zur Prozessbevollmächtigten der Beklagten und beantragte, die angefochtenen Bescheide "ersatzlos aufzuheben". Nachdem Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, wurde die Sache in der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2009 durch Urteil erledigt. Das Gericht tenorierte wie folgt: I. Der Erstattungsbescheid vom 25.06.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2008 wird aufgehoben, soweit die Erstattung von mehr als 581,64 EUR verlangt wird. II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. III. Die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin sind von der Beklagten in Höhe von 40 % zu erstatten. IV. Die Berufung wird zugelassen.

Mit Schreiben vom 28.10.2009 teilte dann das Gericht den Beteiligten mit, dass der im Termin verkündete verbleibende Erstattungsbetrag von 581,64 EUR unrichtig sei, richtigerweise müsse ein Erstattungsbetrag von 727,05 EUR verbleiben. Es sei daher "beabsichtigt, den Tenor nach § 138 SGG wegen eines Rechenfehlers von Amts wegen zu berichtigen". Die Kostenquote sei "ebenfalls entsprechend zu berichtigen". Die Beschwerdeführerin hatte dagegen keine Einwände. Daraufhin wurde mit Beschluss vom 06.11.2009 der Erstattungsbetrag auf 727,05 EUR erhöht und die Kostenquote auf 20 % abgesenkt. Da die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen hatte, dass die Klägerin 30,00 EUR bereits bezahlt hatte, hielt es das Sozialgericht für erforderlich, den "Antrag auf weitergehende Berichtigung" abzulehnen. Inwiefern die Forderung bereits erfüllt wurde, sei nicht Gegenstand des anhängigen Verfahrens gewesen. Eine Berücksichtigung von bereits gezahlten Beträgen könne, soweit ein entsprechendes Interesse an der Feststellung bestehe, nur im Wege eines gegebenenfalls auch hilfsweise zu stellenden Feststellungsantrags erfolgen.

Mit Schreiben vom 03.09.2009 stellte die Beschwerdeführerin zum Sozialgericht Chemnitz einen "Kostenfestsetzungsantrag PKH", wobei als Beteiligte die "Bedarfsgemeinschaft X ..." auf der einen Seite und auf der anderen Seite die "ARGE SGB II Chemnitz" genannt wurden. Zu der "Bedarfsgemeinschaft" gehören, wie sich aus den angefochtenen Bescheiden ergab, neben der Klägerin auch noch ihre zu 100 % schwerbehinderte Tochter. Die Beschwerdeführerin beantragte, die Gebühren und Auslagen wie folgt festzusetzen: Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG 250,00 EUR Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 75,00 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 200,00 EUR Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Summe der Gebühren und Auslagen 545,00 EUR 19 % Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 103,55 EUR Gesamtbetrag 648,55 EUR

Das Sozialgericht setzte mit Vergütungsfestsetzungsbeschluss vom 02.12.2009 die Gebühren und Auslagen auf insgesamt 410,55 EUR fest. Verdient worden sei nur die halbe Mittelgebühr aus Nr. 3102 VV RVG, also 125,00 EUR statt 250,00 EUR, die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG in Höhe von 75,00 EUR entfalle vollständig. Die Mehrwertsteuer ermäßigte sich dadurch entsprechend. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei als unterdurchschnittlich zu werten. Die Beschwerdeführerin habe mit einem längeren Schriftsatz am 12.03.2009 die Vertretung der Klägerin angezeigt, Prozesskostenhilfe beantragt sowie die gestellten Klageanträge wiederholt und kurz begründet. Außerdem sei noch ein Antrag zur Berichtigung des Urteilstenors gestellt worden. Maßgebend für die Berücksichtigung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit sei der zeitliche Aufwand, den der Rechtsanwalt auf die Sache verwenden müsse (§ 14 Abs. 1 RVG). Ab der Vertretung am 12.03.2009 bis zum Urteil vom 03.09.2009 seien nur sechs Monate vergangen. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Auftraggeberin sei als durchschnittlich zu bewerten. Insgesamt sei ein Abweichen von der so genannten Mittelgebühr gerechtfertigt. Bereits ein einzelner Umstand rechtfertige ein Abweichen von der Mittelgebühr nach oben oder unten; es sei also nicht nötig, dass mehrere Umstände zusammenkommen müssten. Daher könne hier die Verfahrensmittelgebühr durchaus um ½ unterschritten werden. Die Gebührenbestimmung der Beschwerdeführerin sei als überhöht anzusehen, da sie die für angemessen erachtete Gebühr um mehr als 20 v. H. übersteige.

Die beantragte Erhöhungsgebühr sei abzusetzen gewesen. Der Umfang der Beiordnung bestimme sich nämlich nach dem PKH-Beschluss vom 13.07.2009. In diesem sei lediglich der Klägerin Prozesskostenhilfe als alleiniger Antragstellerin bewilligt worden.

Mit der Erinnerung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass es sich gerade nicht um einen Durchschnittsfall ohne Besonderheiten in Bezug auf die Bedeutung der Angelegenheit sowie auf Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit gehandelt habe. Aus dem 9-seitigen Urteil vom 03.09.2009 ergebe sich, dass es sich um eine sehr komplexe Angelegenheit gehandelt habe, über die gegenwärtig noch keine gefestigte ober- bzw. höchstrichterliche Rechtsprechung vorliege. Es seien daher umfangreiche Erörterungen vonnöten gewesen, im Vordergrund habe die Frage gestanden, ob die angefochtenen Bescheide den Vorgaben des § 33 Abs. 1 SGB X entsprächen oder nicht. Hierzu gebe es eine sehr unterschiedliche Rechtsprechung, auf welche das Gericht auf Seite 7 seines Urteils verweise. Die dort aufgeführten Entscheidungen seien nach Verfahrensanhängigkeit und Vertretungsübernahme mit der Klägerin erörtert worden. Diese hätten natürlich im Schriftsatz vom 11.03.2009 keine Berücksichtigung gefunden, da es nicht Aufgabe eines Rechtsanwalts sein könne, eine nicht gefestigte Rechtsprechung zu Lasten seiner Mandantschaft zur Diskussion zu stellen. Die überdurchschnittliche Schwierigkeit der Angelegenheit habe sich auch darin gezeigt, dass die Verhandlung über 45 Minuten Zeit in Anspruch genommen habe. Im Übrigen sei zu den entscheidungserheblichen Rechtsfragen auch ein Verfahren beim Bundessozialgericht anhängig, über welches seit vielen Monaten noch keine Entscheidung ergangen sei. Letztendlich stehe die Beantwortung der Frage aus, ob bei fehlender Individualisierung die Bestandsmäßigkeit des gesamten Bescheides wegfalle oder dies lediglich auf einzelne Leistungen ausgelegt werden könne, wie es im vorliegenden Rechtsstreit durch das Sozialgericht erfolgt sei. Aus letzterem Grund sei auch der Auffassung entgegenzutreten, dass eine Erhöhungsgebühr nicht angefallen sei, denn die Beschwerdeführerin habe im Verfahren die Bedarfsgemeinschaft vertreten, wobei wegen der fehlenden Individualisierung der Bescheid fälschlicherweise von der ARGE nur an die Klägerin Frau X gerichtet worden sei. Wie sich aus dem Urteil des Sozialgerichts Chemnitz ergebe, sei die Beschwerdeführerin auch hinsichtlich der Leistungen für die Tochter der Klägerin erfolgreich gewesen. Dass die Klägerin in einem Verfahren gegen einen Bescheid, der sie und ihre Tochter betreffe, allein auftrete, nachdem die Tochter noch nicht volljährig sei, verstehe sich von selbst. Der Bescheid habe sich jedenfalls an die Bedarfsgemeinschaft gerichtet, die von der Beschwerdeführerin auch vertreten worden sei. Daher sei die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG angefallen.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 28.01.2010 die Erinnerung zurückgewiesen. Die von der Beschwerdeführerin getroffene Bestimmung sei nicht verbindlich, da sie unbillig sei. Bezogen auf die Auftraggeberin seien die Einkommens- und Vermögensverhältnisse "zweifelsfrei klar unterdurchschnittlich". Im Hinblick darauf, dass vor den Sozialgerichten regelmäßig um Leistungsbewilligungen/Erhöhungen im Bewilligungszeitraum von sechs Monaten und mehr gestritten werde, sei die Bedeutung der Angelegenheit im Vergleich mit dem durchschnittlichen sozialgerichtlichen Verfahren eher als unterdurchschnittlich einzustufen. Auch der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit sei unterdurchschnittlich gewesen. Die Prozessbevollmächtigte habe im Laufe des Verfahrens lediglich einen kurzen Schriftsatz zur Sache gefertigt, nachdem die Klägerin das Verfahren bis einschließlich des Erörterungstermins ohne anwaltlichen Beistand selbst betrieben habe. Allein die Tatsache, dass im vorliegenden Verfahren eine Rechtsfrage noch nicht höchstrichterlich entschieden sei, rechtfertige keine andere Schlussfolgerung, zumal die Beschwerdeführerin keine näheren Ausführungen getroffen habe, inwieweit das Aktenstudium, das Sichten und Auswerten von Rechtsprechung und die Auseinandersetzung mit der streitgegenständlichen Frage zu einem erhöhten Arbeits- und Zeitaufwand geführt hätten. Allein die Tatsache, dass die mündliche Verhandlung 45 Minuten Zeit in Anspruch genommen habe, genüge nach Auffassung des Gerichts nicht, um den Umfang der anwaltlichen Tätigkeit unter Gesamtschau aller Umstände als durchschnittlich anzusehen, zumal bei der mündlichen Verhandlung keine Beweisaufnahme stattgefunden habe. Ebenfalls sei nicht zu beanstanden, dass die Verfahrensgebühr nicht nach Nr. 1008 VV RVG "um 0,3 erhöht" worden sei. Das Gesetz gehe von eigenen Ansprüchen der einzelnen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft aus. Diese einzelnen Mitglieder seien dann auch im Klageverfahren als Einzelauftraggeber des Rechtsanwaltes anzusehen. Aus dem Erstattungsbescheid sei ausschließlich die Klägerin und nicht ihre Tochter verpflichtet worden. Auch die Klageschrift sei ausdrücklich nur im Namen der Klägerin und nicht im Namen der Tochter erhoben worden.

Gegen den am 03.02.2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 08.02.2010 beim Sozialgericht Chemnitz eingegangene Beschwerde, welcher dieses nicht abgeholfen hat. An dem Beschluss sei zu kritisieren, dass das Sozialgericht ins Blaue hinein behauptet habe, die getroffene Bestimmung der Gebühren sei unbillig. Bei Streit um die Ermessensentscheidung der Gebührenbestimmung sei zunächst ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer einzuholen. Grundsätzlich seien folgende Bemessungsfaktoren zu berücksichtigen: 1. Umfang der anwaltlichen Tätigkeit 2. Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit 3. Bedeutung der Angelegenheit 4. Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Mandanten 5. Haftungsrisiko

ad 1. Der Rechtsanwalt müsse sich in jedem Fall mit dem gesamten Sachverhalt vertraut machen, Protokolle nachlesen, sich mit gegnerischen und richterlichen Auffassungen auseinandersetzen. Hierzu habe er nicht nur Aktenstudium zu betreiben, sondern sich auch mit einschlägiger Literatur sowie aktuellen Urteilen und Rechtsauffassungen auseinanderzusetzen. Weiterhin sei der Zeitaufwand für Besprechungen mit dem Mandanten zu berücksichtigen. Es sei also insgesamt nicht nur der zeitliche Aufwand für Tätigkeiten zu berücksichtigen, der nach außen hin sichtbar geworden sei. Die Klägerin habe drei Termine in der Kanzlei wahrgenommen, in denen mit ihr ausführlich die Problematik besprochen worden sei einschließlich der noch nicht gefestigten Rechtsprechung. Es sei nicht Aufgabe eines Rechtsanwalts, eine nicht gefestigte Rechtsprechung zu Lasten seiner Mandantschaft gegenüber dem Gericht zur Diskussion zu stellen. Deswegen sei auch kein weiterer Schriftsatz an das Gericht gefertigt worden.

ad 2. Im Ausgangsfall sei es um die Beantwortung der Frage gegangen, ob bei fehlender Individualisierung die Bestandsmäßigkeit des gesamten Bescheides wegfalle oder dieser lediglich auf einen rechtmäßigen Kern durch Auslegung reduziert werden könne. Im Zusammenhang mit dieser Problematik stehe auch die Frage der Erhöhungsgebühr, schließlich habe die Beschwerdeführerin die Bedarfsgemeinschaft vertreten, also Mutter und Tochter.

ad 3. Auch die Bedeutung der Angelegenheit für die Bedarfsgemeinschaft dürfe nicht heruntergespielt werden. Es sei immerhin um eine Erstattung für fünf Monate gegangen. Ein Betrag von 940,00 EUR möge vielleicht für einen Richter keine größere Bedeutung haben, für die Klägerin mit einer 100 % schwerbeschädigten Tochter allerdings schon.

ad 4. Es möge sein, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mandantin nicht mit gut zu bewerten seien, jedoch richte sich der Anspruch gegen die Staatskasse.

ad 5. Schließlich sei auch das Haftungsrisiko zu berücksichtigen. Wenn die Gerichte, nur um die Staatskasse zu entlasten, auch in Zukunft die Gebühren des Rechtsanwaltes ins Unermessliche nach unten drückten, werde in absehbarer Zeit kein einziger Rechtsanwalt mehr für PKH-Sachen zur Verfügung stehen.

Der Bezirksrevisor ist der Beschwerde entgegengetreten und hat ausgeführt, dass die Kürzung der Verfahrensgebühr der Tatsache geschuldet sei, dass ein AS-Verfahren vorgelegen habe, in dem nur eine einfache Rechtsfrage sowie Leistungen für weniger als ein Jahr streitig gewesen seien und eine Beweisaufnahme nicht stattgefunden habe. Dies seien alles Faktoren, die unter Berücksichtigung des § 14 RVG eine Herabsetzung der Gebühr rechtfertigten. Ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer sei nur bei einem Rechtsstreit einzuholen (§ 14 Abs. 2 RVG) und nicht im Kostenfestsetzungsverfahren und Erinnerungsverfahren. Das Haftungsrisiko sei bei normalschwierigen sozialrechtlichen Angelegenheiten wegen der Offizialmaxime im Regelfall nicht relevant (Hinweis auf LSG Rheinland-Pfalz, Entscheidung vom 08.03.2006 – L 4 SB 174/05). Eine Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG komme vorliegend nicht in Betracht, da nur der Klägerin und nicht auch ihrer Tochter Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei.

Die Sache wurde wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat übertragen.

 

II.

Die zulässige Beschwerde ist in dem tenorierten Umfange begründet.

Eine Herabsetzung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV auf die Hälfte der Mittelgebühr findet in der "Chemnitzer Tabelle", die der Senat zur Vereinheitlichung und Vorhersehbarkeit der Entscheidungen über PKH-Vergütungsfestsetzungen seit 2006 anwendet, keine Stütze. Diese Tabelle lautet wie folgt:

Chemnitzer Tabelle

Verfahrensgebühren

SG Mindestgebühr (MiG) Höchstgebühr (HG) Mittelgebühr (MG) Nr. 3102 VV-RVG 40,00 EUR 460,00 EUR 250,00 EUR Nr. 3103 VV-RVG 20,00 EUR 320,00 EUR 170,00 EUR

LSG Nr. 3204 VV-RVG 50,00 EUR 570,00 EUR 310,00 EUR

Punkte = % Ausgangspunkt ist der Durchschnittsfall: MG = 100 Punkte = 100 % Beispiel: - Rentenverfahren mit med. Gutachten und nur Grundurteil begehrt (100 + 20 – 20 = 100) - Schwerbehindertenverfahren (100 + 10 – 10 = 100) - Reiner Rechtsfall: nur eine Rechtsfrage streitig (-20), keine Beweisaufnahme (-20), keine Leistungsgewährung im Streit (-10) -) 50

Leistungen für mehr als 1 Jahr (auch deren Rückforderung) + 20 Punkte Nur Grundurteil nach § 130 SGG begehrt / Feststellungsklagen/ Klagen mit nur einer Rechtsfrage z.B. Klagebegehren: - Leistungen ohne Anrechnung Unfallrente - Leistungen ohne Berücksichtigung weiterer Personen in der Bedarfsgemeinschaft - Bewilligung von Rente unter Berücksichtigung weiterer rentenrechtlicher Zeiten - Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall - 20 Punkte Kausalitätsproblematik Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalls oder BK oder Schädigung i.S.d. BVG + 20 Punkte Keine Leistung im Streit und kommt auch nicht mittelbar durch die Gegenseite in Betracht z.B. Schwb-Verfahren - 10 Punkte Mehrere Begehren in einer Klage: je Streitgegenstand Zunächst höchste Punktzahl ermitteln! + 15 Punkte Keine Beweisaufnahme (Zeugenaussagen, Befundberichte) - 20 Punkte Gesundheit des Antragstellers z.B. Obdachlosigkeit droht

Lebensbedrohende Erkrankung, schulmedizinisch austherapiert + 30 Punkte

HG Untätigkeitsklagen: zunächst Streitgegenstand nach obigen Regeln ermitteln, sodann von der so bestimmten Gebühr

- 50 % GdB-/MdE-Feststellung + 10 Punkte

Terminsgebühren

SG Mindestgebühr (MiG) Höchstgebühr (HG) Mittelgebühr (MG) Nr. 3106 VV-RVG 20,00 EUR 380,00 EUR 200,00 EUR

LSG Nr. 3205 VV-RVG 20,00 EUR 380,00 EUR 200,00 EUR

Gerichtsbescheid MiG bis ½ MG (wie umfangreich wäre das Surrogat einer mündlichen Verhandlung?) - Zustimmung mit weiterer Begründung - Zustimmung ohne Begründung - Schweigen zu Anfrage des Gerichts

MG

MindestG bis MG MindestG Annahme Anerkenntnis ½ MG Verfahren nach § 124 Abs. 2 SGG MG Termin bis 40 Minuten ("Durchschnitt") MG Termin bis 1 Stunde MG + 50 % Termin länger als 1 Stunde MG + 60 % Termin sehr viel länger als 1 Stunde oder mehrere Termine MG + 75 % bis HG Außergewöhnliche Umstände HG

Nach dieser Tabelle findet nur ein Abzug von 20 Punkten statt, weil es nicht zu einer Beweisaufnahme gekommen ist. Der Senat orientiert sich insoweit an den Grundsätzen, die für das Entstehen der Beweisgebühr nach dem § 31 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO (außer Kraft ab 30.06.2004) gegolten haben. Danach löst die lediglich informatorische Beiziehung von Akten nicht eine Beweisgebühr aus (OLG Sachsen-Anhalt, 14.06.2006, Az.: 10 W 30/06, OLGR Naumburg 2007, 206; BGH, Entscheidung vom 29.07.2004, III ZW 71/03, MDR 2004, 1385). Ein weiterer Abzug ist nicht vorzunehmen, auch ein Erhöhungstatbestand ist nicht gegeben. Insbesondere ist kein weiterer Abzug von 20 Punkten mit der Begründung gerechtfertigt, es sei "nur eine Rechtsfrage" streitig gewesen. Dieser Tatbestand in der Chemnitzer Tabelle betrifft die im Sozialrecht möglichen und darüber hinaus noch weitgehend praktizierten Elementenfeststellungsklagen, zu denen dem Wesen nach auch die Klage auf Erlass eines Grundurteils nach § 130 SGG gehört. Wird das Gericht nur zur Klärung einer zwischen den Beteiligten streitigen Rechtsfrage angerufen und besteht im Übrigen Vertrauen, dass der Sozialversicherungsträger bzw. die sonstige staatliche Behörde nach Klärung dieser Rechtsfrage eine korrekte Umsetzung und Berechnung vornimmt, so wird dadurch das Verfahren sowohl für das Gericht als auch für den Rechtsanwalt vereinfacht. Ein solcher Fall kann aber nie bei der Anfechtung eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vorliegen. In diesem Fall wäre eine Elementenfeststellungsklage des Inhalts, dass begehrt wird, festzustellen, unter diesen oder jenen Voraussetzungen sei eine Rückforderung von Leistungen nicht möglich, unzulässig. Es kann nur der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid insgesamt, also nach Grund und Höhe, angefochten werden. Damit ist aber automatisch das "Betragsverfahren" streitgegenständlich: Wie sich auch im vorliegenden Fall zeigt, muss das Gericht, auch wenn es der Auffassung ist, dass die Aufhebung dem Grunde nach gerechtfertigt ist, der Klage teilweise stattgeben, wenn für einen Teil des Erstattungsbetrages die formelle oder materielle Rechtsgrundlage fehlt. Ein "negatives Grundurteil" ist nicht denkbar, und zwar weder im Sinne einer Feststellung, dass "jedenfalls nicht 920,00 EUR" (die hier streitgegenständliche Summe) zurückgefordert werden, noch in dem Sinne, dass die Rechtmäßigkeit einer der Höhe nach nicht bestimmten Erstattungsforderung festgestellt wird.

Der Umstand, dass Leistungen für weniger als ein Jahr im Streit waren, führt nicht zu einer Herabsetzung, sondern nur zu einer Nichtheraufsetzung der Mittelgebühr.

Die um 20 % reduzierte Mittelgebühr beträgt 200,00 EUR.

Nach der Chemnitzer Tabelle bemisst sich die Terminsgebühr nach der Dauer des Termins, wobei Besonderheiten gelten für die "fiktive Terminsgebühr" im Fall des schriftlichen Verfahrens oder der Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Eine einfache Übertragung der Grundsätze, nach denen die Verfahrensgebühr bemessen wird, erscheint dem Senat nicht sachgerecht. Wenn der Gesetzgeber die Terminsgebühr als eigenständige Gebühr konzipiert hat, kann sie nicht als simple lineare Erhöhung der Verfahrensgebühr fungieren, vielmehr ist dadurch der eigenständige Aufwand auszugleichen, der durch die Wahrnehmung des Termins entsteht. Dieser Aufwand entspricht regelhaft dem zeitlichen Aufwand. Eine Ermittlung, welche intellektuellen Anforderungen der Termin an den Anwalt stellte, ist weder den Urkundsbeamten noch den Kostenrichtern sachgerecht möglich; entsprechende Versuche wären auch schon vom Ansatz her verfehlt. Auch das Schweigen zu zeitaufwändigen Ausführungen des Gerichts oder anderer Beteiligter stellt eine zu honorierende Leistung dar. Im vorliegenden Fall hat der Termin 46 Minuten in Anspruch genommen, damit ist nach der Chemnitzer Tabelle die Mittelgebühr um 50 % zu erhöhen, es ergibt sich somit eine Gebühr von 300,00 EUR.

Eine Erhöhung wegen mehrerer Auftraggeber nach Nr. 1008 VV RVG kommt vorliegend nicht in Betracht. Es mag durchaus zutreffen, dass diese Gebühr verdient wurde und bei Obsiegen insoweit vom Gegner zu erstatten ist (vgl. LSG Mecklenburg-Vorpommern, Entscheidung vom 29.01.2007 – L 8 AS 39/06 –), die Gebühr ist allerdings nicht aus der Staatskasse zu erstatten, da Prozesskostenhilfe ausdrücklich nur der Klägerin bewilligt wurde. Wenn das Gericht der Auffassung ist, dass auch für die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Prozesskostenhilfe hätte beantragt und bewilligt werden müssen, so kann dies nicht dazu führen, eine entsprechende Bewilligung zu fingieren. Eine ähnliche Situation kann bei der Beratungshilfe auftreten, bei der es jedoch deswegen gleichgültig ist, wer als Antragsteller im Beratungshilfeverfahren auftritt, weil es auf die Zahl der Berechtigungsscheine nicht ankommt (Kammergericht Berlin, Entscheidung vom 03.05.2007 – 1 W 407/06 –, JurBüro 2007, 543); für die Prozesskostenhilfe muss jedoch streng gelten, dass durch die Bewilligung von einem Streitgenossen nicht automatisch auch den anderen Streitgenossen Prozesskostenhilfe – gegebenenfalls sogar ohne Prüfung der Bedürftigkeit – mitbewilligt wird bzw. als mitbewilligt gilt.

Die Frage, in welcher Höhe dem Prozessbevollmächtigten aus der Staatskasse eine Vergütung zu gewähren ist, wenn lediglich einem von mehreren Streitgenossen Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, ist umstritten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 1993, 1715) und anderer Obergerichte (z. B. OLG Koblenz, MDR 2001, 1261; OLG Naumburg, RPfleger 2004, 168) beschränkt sich die PKH-Bewilligung in diesen Fällen bezüglich der Anwaltsgebühren auf die Erhöhungsbeträge nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO bzw. 1008 VV RVG. Nach einer anderen Auffassung in Literatur und Rechtsprechung soll der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts gegen die Staatskasse dagegen nicht deshalb gekürzt werden können, weil der Rechtsanwalt auch einen leistungsfähigen Streitgenossen vertritt (OLG Celle, Beschluss vom 22.11.2006 – 23 W 13/06 –; Gerold/Schmidt/v. Eicken, BRAGO, 12. Auflage, § 122 Anmerkung 24; Hartmann, Kostengesetze, 26. Auflage, § 122 BRAGO Anm. 65; Riedel/Sußbauer/Chemnitz, BRAGO, 7. Auflage, § 122 Rdnr. 145; Deppe-Hilgenberg in AK-ZPO, § 114 Anm. 2). Nach einer dritten Auffassung schließlich soll der Anwalt zwar grundsätzlich den vollen Vergütungsanspruch haben, jedoch beschränkt auf den Anteil an den Rechtsanwaltskosten, der im Innenverhältnis auf die bedürftige Partei entfällt (OLG Köln, NJW-RR 1999, 725).

Nach Auffassung des Senates wäre es unbillig, nur den Anteil der Erhöhungsgebühr für eine Person (einschließlich Nebenkosten) als erstattungsfähig anzusehen; unpraktikabel wäre es auch, wenn vom Kostenbeamten derjenige Anteil ermittelt werden müsste, der im Innenverhältnis auf die Partei entfällt, welcher Prozesskostenhilfe bewilligt wurde; es entspricht der Billigkeit, den Anwalt nicht deswegen gegenüber der Staatskasse schlechterzustellen, weil weitere Streitgenossen vorhanden sind, über deren Leistungsfähigkeit bzw. fehlende Leistungsfähigkeit in der Regel nichts bekannt ist und die daher gesondert ermittelt werden müsste. Es entspricht der Billigkeit, den Anwalt so zu stellen, als wenn er nur einen Mandanten vertreten hat. Dass dadurch unter Umständen leistungsfähige Streitgenossen auf Staatskosten entlastet werden, ist hinzunehmen. Im Übrigen bewirkt § 38 SGB II gerade nicht, dass gewissermaßen die Prozesskostenhilfe für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft als bewilligt gilt. In der Entscheidung des BSG vom 07.11.2006 (BSGE 97, 217 – 230) heißt es dazu unmissverständlich: Nur angemerkt sei jedoch, dass diese Bevollmächtigungsvermutung keine unmittelbare Bedeutung für die dem Anwalt zustehenden Anwaltsgebühren und die Prozesskostenhilfe besitzt, solange diese nur für einen Kläger bewilligt ist.

Im vorliegenden Fall dürfte zwar offensichtlich von der Leistungsunfähigkeit der Tochter der Klägerin auszugehen sein; dies ändert aber nichts daran, dass die grundsätzliche Frage, wann die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG von der Staatskasse im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu erstatten ist, abstrakt und losgelöst vom konkreten Fall zu beantworten ist (zum Ganzen vgl. Senat, Entscheidung vom 21.04.2009 – L 6 B 702/08 AS-KO –). Die Beschwerdeführerin mag namens und auftrags beider Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft den Prozess geführt haben; Prozesskostenhilfe wurde jedenfalls nur für die Klägerin bewilligt, die Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG ist somit nicht aus der Staatskasse zu erstatten.

Somit ergibt sich folgende Berechnung: 1. Verfahrensgebühr (Nr. 3102 VV RVG) 200,00 EUR 2. Terminsgebühr (Nr. 3106 VV RVG) 300,00 EUR Auslagenpauschale (Nr. 7002 VV RVG) 20,00 EUR Zwischensumme 520,00 EUR 19 % Mehrwertsteuer (Nr. 7008 VV RVG) 98,80 EUR Gesamtsumme 618,80 EUR

Wegen grundsätzlicher Kritik an der Chemnitzer Tabelle (vgl. Manthey, Kammer aktuell 2010, 16 ff.) und weil diese Tabelle im Übrigen auch in diesem Verfahren weder von der Kostensachbearbeitung noch vom Kostenrichter der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, nimmt der Senat die vorliegende Beschwerde zum Anlass, das Prinzip der Chemnitzer Tabelle noch einmal grundlegend zu erläutern. Mit dem Begriff der "Tabelle" erfolgt bewusst eine Bezugnahme auf die zahlreichen Tabellen zur Bemessung des Unterhalts. Wie der 3. Zivilsenat des OLG Düsseldorf mitteilen ließ (NJW 1979, 25), enthält das Gesetz für die Bemessung des Unterhalts durchweg nur unbestimmte Rechtsbegriffe. Es heißt dann weiter: "Die Rechtssicherheit in Form der Vorhersehbarkeit gerichtlicher Entscheidungen sowie die Notwendigkeit der Gleichbehandlung gleich gelagerter Alltagsfälle erfordern deshalb praxisbezogene Orientierungshilfen und Unterhaltsrichtsätze." Es wurde darauf hingewiesen, dass der Begriff "angemessen" einen Spielraum von solcher Weite eröffnet, dass Orientierungshilfen unumgänglich sind (NJW 1977, 289). Russow wies schon 1969 darauf hin (FamRZ 1969, 515, 517), dass Gleichbehandlung gleich liegender Fälle und Rechtssicherheit wesentliche Elemente der Rechtsordnung sind und dass daher ein Schlüssel unentbehrlich ist, wobei Ausnahmen für besondere von diesem Schlüssel nicht recht erfasste Fälle natürlich immer möglich sind (a. a. O. S. 521).

So liegt auch der Fall bei der Chemnitzer Tabelle. Es geht bei der Bestimmung der für den Einzelfall zu treffenden Gebühr letztendlich wie bei dem Unterhalt um die "Angemessenheit"; der Spielraum ist für Anwalt wie für Richter ohne ein Orientierungshilfen bietendes Gerüst letztendlich unbegrenzt weit.

§ 14 RVG bestimmt, dass bei Rahmengebühren der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen bestimmt. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die vom Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 Satz 4 RVG). § 14 Abs. 2 RVG schreibt vor, dass im Rechtsstreit das Gericht ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer einzuholen hat.

Allerdings kann § 14 RVG im Rahmen der Vergütung bei Prozesskostenhilfe ohne Anordnung der Ratenzahlung nur bedingt Anwendung finden (vgl. Sächsisches LSG, Entscheidung vom 17.07.2006 – L 6 B 168/06 R-KO –, Entscheidung vom 02.04.2007 – L 6 B 52/07 AS-KO). Dies gilt ganz unzweifelhaft für § 14 Abs. 2, der nur im Rechtsstreit zwischen Mandant und Anwalt obligatorisch ist (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, § 14 RVG Rn. 36), muss darüber hinaus auch für den Parameter "Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers" gelten, denn die Staatskasse gilt insoweit als unbegrenzt solvent.

§ 14 RVG ist, wie schon die Vorläufervorschrift des § 12 BRAGO, Ausdruck des traditionell ständisch strukturierten Anwaltsrechts. Das ganze System des RVG ist nicht auf eine Entlohnung nach "Leistung" oder "Arbeit" bzw. "Aufwand" abgestellt. Der Umstand, dass sich die Gebühren nach dem RVG in Abhängigkeit vom Streitwert berechnen, weist ebenso wie die Institution der Betragsrahmengebühren auf eine soziale Komponente hin: Der Anwalt soll als verantwortliches unabhängiges Organ der Rechtspflege durchaus auch von der Möglichkeit Gebrauch machen, bei nichtbegüterten Mandanten mehr Arbeit zu investieren, als von den zustehenden Gebühren her adäquat wäre. Auf diese Weise werden durch die einträglichen Mandate die weniger einträglichen teilweise mitfinanziert, was einen schon von dem Gesetzgeber der Reichsrechtsanwaltsgebührenordnung (RRAGO) durchaus beabsichtigten sozialen Umverteilungseffekt mit sich bringt. Durch die Einführung des Armenrechts bzw. der Prozesskostenhilfe wurde dieser Effekt in gewissem Sinne "nach unten abgefedert". Was die wirklich Bedürftigen im Sinne des Sozialhilferechts betrifft, von denen der Anwalt bei konsequenter Berücksichtigung der genannten sozialen Komponente überhaupt nichts oder nur einen symbolischen Beitrag verlangen dürfte, springt der Staat ein. Er fungiert insoweit unmittelbar als Auftraggeber, der als solcher ein eigenes sozialpolitisches Anliegen verfolgt und kann daher auch nicht als "erstattungspflichtiger Dritter" im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG (womit in der Regel der Prozessgegner gemeint ist) angesehen werden. Wenn hiergegen eingewandt wird, der Staat sei schließlich nicht "Auftraggeber", sondern lediglich "Vergütungsschuldner", so entsteht der Eindruck, es ginge darum, dass "der Staat" sich das Recht herausnehme, als eine Art Supervisor in das Mandat hineinzureden. Was die Offenlegung der Einzelheiten des Mandatsverhältnisses gegenüber der Kostensachbearbeitung angeht, vertritt der Senat allerdings die diametral entgegen gesetzte Ansicht: Die Besprechungen zwischen Mandant und Anwalt gehen nach Inhalt und Umfang Staatskasse und Gericht nichts an. Der Begriff des "Auftraggebers" stammt aus § 14 Abs. 1 RVG, wo es heißt, die "Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers" seien bei der Gebührenbemessung zu berücksichtigen. Es wäre aber sachwidrig, bei Prozesskostenhilfe den Grad der –fehlenden- Leistungsfähigkeit des Mandanten zum Maßstab dafür zu machen, was der beigeordnete Anwalt von der Staatskasse zu fordern berechtigt ist. Dies gilt für die ohne Ratenzahlung bewilligte Prozesskostenhilfe ohnehin und ist auch für die Fälle anwendbar, in welchen letztendlich der Mandant die vorgeschossenen Kosten ganz oder teilweise trägt, denn es wäre unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes bedenklich, wenn der Staat weniger Bedürftigen eine teurere Anwaltsvertretung (vor-)finanziert. Der Staat fungiert also insofern (was das Kriterium der Einkommens- und Vermögensverhältnisse angeht) als Auftraggeber, er ist selbstverständlich nicht Auftraggeber. Dadurch, dass der Staat als Auftraggeber fungiert und dem Anwalt seine standesrechtliche Sozialpflichtigkeit partiell abnimmt, entfällt insoweit auch dessen Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 BGB; Raum für eine ansonsten vom Gesetz vorgesehene "Sozialpolitik" des Anwalts gegenüber seinem Mandanten ist dann nicht mehr.

Was die anderen Parameter zur Leistungsbestimmung angeht, besteht eine gewisse Problematik: Die Feststellung der "Unbilligkeit" als Voraussetzung dafür, dass der Urkundsbeamte sein eigenes Ermessen an die Stelle des Anwaltsermessens setzen kann, führt in mehrfacher Hinsicht zu ungewünschten Ergebnissen: Geht man mit einem bedeuteten Teil der Rechtsprechung davon aus, dass eine Abweichung von bis zu 20 % gegenüber dem Angemessenen noch vertretbar ist (vgl. die Nachweise bei Hartmann, Kostengesetze 36. Auflage § 14 RVG Rn. 24), so wäre bei PKH-Festsetzungen derjenige Anwalt gut beraten, der in Kenntnis dessen, was von dem Gericht als angemessen angesehen wird, etwas weniger als 20 % (oder möglicherweise auch 30 % wie teilweise vertreten wird) darüber geltend macht. Dies liefe dann darauf hinaus, dass entweder praktisch immer letztlich unangemessen hohe Beträge aus der Staatskasse zu erstatten wären, oder Urkundsbeamte gewissermaßen prophylaktisch zu niedrig angesetzte Beträge als "angemessen" behaupten, um dann zuzüglich der 20 % auf ein vertretbares Ergebnis zu kommen. Unerwünscht ist auch, dass durch ein solches Prozedere die Bewertung der anwaltlichen Tätigkeit im Einzelfall durch Außenstehende quasi zum Regelfall würde, ohne dass hierfür handhabbare Kriterien zur Verfügung stünden. So ist die Dauer des Verfahrens durchaus nicht automatisch proportional zum anwaltlichen Aufwand und auch die Anzahl und der Umfang der Schriftsätze geben nicht unbedingt Auskunft über "Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit". Der Wert der anwaltlichen Tätigkeit bemisst sich nicht nach den Spuren, die sie hinterlässt. Eine gleichwohl hieran orientierte Ermessensbetätigung wird regelmäßig rechtsstaatlichen Mindeststandards nicht genügen. Die Handakte des Anwalts, die noch am ehesten Anhaltspunkte (mehr aber auch nicht) für den Umfang seiner Tätigkeit liefern könnte, steht – aus guten Gründen – nicht zur Verfügung. Urkundsbeamte wie auch Richter wären in dieser Situation auf vage Schätzungen verwiesen, wobei ohne klare Richtlinien die Ergebnisse solcher (Ein-)Schätzungen, was beispielsweise die "rechtliche Schwierigkeit" betrifft, je nach Einschätzung differieren und damit subjektiv, letztendlich also im Ergebnis eher zufällig ausfallen würden. Etwas anderes gilt auch nicht, wenn der Anwalt der Staatskasse gegenüber die gesamte Mandatsabwicklung offenlegt, wie im vorliegenden Fall in Ansätzen geschehen ist. Eine Vergütung nach Stunden findet weder bei Rahmengebühren noch bei streitwertabhängigen Gebühren fest; der Anwalt, der nach Stunden abrechnen möchte, wäre insoweit auf eine Honorarvereinbarung verwiesen.

Für den typischen existenzsichernden Fall ist die Mittelgebühr (Verfahrensgebühr) nach Nrn. 3102/3103 VV RVG in Ansatz zu bringen (vgl. Senat, Entscheidung vom 17.07.2006 – L 6 B 168/06 R-KO, Entscheidung vom 02.04.2007 – L 6 B 52/07 AS-KO). Dies folgt schon daraus, dass nach der Absicht des Gesetzgebers die Mittelgebühr auf den statistischen Durchschnittsfall zugeschnitten ist und dies ist bei den Sozialgerichten der Rentenfall ohne rechtliche Besonderheiten mit Befundberichten und einem medizinischen Gutachten.

Um durch unterschiedliche "Einschätzungen" des Werts der anwaltlichen Tätigkeit bedingte Schwankungen zu vermeiden und eine am Gleichheitssatz orientierte Systemgerechtigkeit zu gewährleisten, wendet der Kostensenat des Sächsischen Landessozialgerichts die "Chemnitzer Tabelle" an, anhand derer sich die Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens durch einfache Kriterien bestimmen lässt, die sich im Wesentlichen aus dem Streitgegenstand entnehmen lassen. Ausgangspunkt ist auch für die Verfahrensgebühr stets die Mittelgebühr, die mit 100 Punkten angesetzt wird. Je nach Streitgegenstand erfolgt ein Abschlag oder ein Zuschlag von Punkten, die Gesamtpunktzahl ergibt dann den Prozentsatz der Mittelgebühr (vgl. Entscheidung des Senats vom 31.08.2009 – L 6 AS 423/09 B-KO).

Ein Abschlag von 20 Punkten wird vorgenommen für die Rentenfälle, in denen kein Betragsverfahren, also keine Berechnung der Rente stattfindet, sondern lediglich ein Grundurteil begehrt wird. Auf der anderen Seite kommt es aber zu einem Zuschlag von 20 Punkten, da Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit sind. Das Ergebnis – 100 % der Mittelgebühr – ist systemgerecht, denn in der Tat entspricht der typische existenzsichernde Rentenfall mit Befundberichten und Gutachten und ohne exakte Berechnung der Rente dem statistischen Durchschnittsfall der Fälle in der Sozialgerichtsbarkeit. Überdurchschnittlich sind in der Regel Fälle, bei denen eine zusätzliche Kausalitätsproblematik ins Spiel kommt (Unfallversicherungsrecht, Kriegsopferversorgung). Unterdurchschnittlich sind in der Regel die Fälle, in denen eine medizinische Beweisaufnahme nicht stattfindet.

Diese Vorgehensweise ist in gewisser Weise schematisch, sie ist aber systemgerecht, da auch die streitwertabhängigen Gebühren letztendlich schematisch und pauschal berechnet werden. So wie sich bei streitwertabgängigen Gebühren der zu investierende Aufwand mittelbar auch vom Streitwert ableitet, so leitet sich der zu investierende Aufwand bei Rahmengebühren zunächst einmal von dem Gebührenrahmen als solchen ab – ein stundenmäßiger Aufwand, der von der Höchstgebühr nicht mehr gedeckt ist, wird unter keinen Umständen vergütet – und innerhalb des Gebührenrahmens findet die Differenzierung nach Verfahrenstypen statt.

Hinsichtlich der Ausübung von Ermessen bei der Bestimmung der Rahmengebühr ist zu differenzieren: Im Verhältnis zwischen Rechtsanwalt und Mandant gilt § 315 BGB, danach ist Unbilligkeit nur bei typischen Ermessensfehlern (qualitative Ermessensprüfung) anzunehmen (vgl. Hartmann, Kostengesetze § 14 RVG Rn. 20 bis 22). Sind die Gebühren von einem Dritten zu ersetzen, gilt die Regel des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG. Hiernach findet nicht eine bloße Prüfung auf Ermessensfehler statt, vielmehr ist in diesen Fällen das anwaltliche Ermessen ergebnisorientiert zu überprüfen. Im Kostenfestsetzungsverfahren findet eine Überprüfung der Höhe nach statt (quantitative Ermessensprüfung), das anwaltliche Ermessen ist insoweit bereits eingeschränkt (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, § 14 RVG Rn. 33). Auch wenn die Prüfung ergibt, dass weder ein Fall der Ermessensunter-, -überschreitung, des Ermessens Fehl- oder -Nichtgebrauchs vorliegt, kann die Bestimmung nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG schon alleine deswegen "unbillig" sein, weil sie zu hoch erscheint. Dies wäre kein Fall von Ermessensüberschreitung; hiervon könnte nur bei einer Überschreitung des gesetzlichen Rahmens die Rede sein. Während also der Mandant noch seinem Anwalt, den er ja selbst ausgewählt hat, hinsichtlich der Gebührenbemessung bei Betragsrahmengebühren ziemlich "ausgeliefert" ist, kann dies beim Gegner des Mandanten nicht der Fall sein; die zu erstattende Summe muss – innerhalb eines begrenzten Spielraums – kalkulierbar sein. Manche Gerichte nehmen einen Spielraum von 10 % (LG Krefeld JB 85, 397), manche einen von 20 % (OLG Koblenz NJW 2005, 918; OLG München MDR 2004, 176; AG Aachen AnwBl 2005, 233) an, teilweise wird auch eine Abweichung von 30 % toleriert (Kitzinger, FamRZ 2005, 11). Die dritte Fallgruppe bildet die Festsetzung von Rahmengebühren bei vom Staat bestellten und finanzierten Anwaltsleistungen wie der gerichtlich bestellte oder beigeordnete Rechtsanwalt in Strafsachen und Prozesskostenhilfe. In Teil 4 bis 6 VV RVG (Strafsachen, Bußgeldsachen, sonstige Verfahren) hat der Gesetzgeber eine eindeutige Regelung getroffen: Das Bestimmungsrecht des Anwalts entfällt völlig. Außerdem liegen die für den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechtsanwalt festgelegten Gebühren regelmäßig unter der Mittelgebühr. Das Sächsische LSG hat in der Entscheidung vom 19.05.2006 (L 6 B 168/05 R-KO) darauf hingewiesen, dass die Interessenlage insoweit vergleichbar ist mit dem ebenfalls "gerichtlich bestellten bzw. beigeordneten" PKH-Anwalt. Dies hat zu dem Missverständnis geführt, es werde auf diesen Wege eine gesetzlich nicht vorgesehene Absenkung der Gebühren angestrebt (so: Keller JurisPR-SozR 19/2006 Anmerkung 6). Es ist jedoch zu differenzieren: Das Entfallen des Leistungsbestimmungsrechts hat nicht logischer- und notwendigerweise eine Gebührenabsenkung zur Konsequenz. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Das Bemühen, im Rahmen der Vergütungsfestsetzung durch Fallgruppen und Typisierungen eine gleichmäßige und nachvollziehbare Verwaltungspraxis zu institutionalisieren, dient der Vorhersehbarkeit von Entscheidungen und ist gegenüber fiskalischen Belangen neutral (vgl. Entscheidung des Senats vom 21.03.2007 – L 6 B 38/07 AS-KO).

Der Senat hält an diesen Prinzipien auch angesichts der von einem Teil der Anwaltschaft geäußerten Kritik (vgl. Manthey, Kammer aktuell, 2010, 16 ff.) fest. So ist es schon nicht zutreffend, dass nach dem Punktesystem der Chemnitzer Tabelle "Höchstgebühren schon theoretisch ausgeschlossen" (a. a. O. S. 16) sind. Dies mag ein – durchaus alltägliches – Beispiel aus dem Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung verdeutlichen. Wenn der Arbeitsunfall als solcher streitig ist und darüber hinaus neben der Verletztenrente auch Heilbehandlung und Verletztengeld geltend gemacht wird, ist die Mittelgebühr wegen der Kausalitätsproblematik um 20 Punkte anzuheben. Da Leistungen für mehr als ein Jahr geltend gemacht werden (Verletztenrente), folgt eine Anhebung um weitere 20 Punkte. Eine Absenkung um 20 Punkte wegen eines begehrten Grundurteils entfällt, wenn auch die Höhe der Verletztenrente, sprich der JAV streitig sind. Werden außerdem noch konkret Heilbehandlung und für bestimmte Zeiträume Verletztengeld geltend gemacht, so handelt es sich um gesonderte Streitgegenstände, die jeweils zu einem Zuschlag von 15 Punkten führen. Da üblicherweise, wenn überhaupt, der Arbeitsunfall als solcher streitig ist, auch über die Höhe der MdE gestritten werden muss, erfolgt ein Zuschlag von weiteren 10 %. Demnach wäre in diesem Beispielsfall die Mittelgebühr um 20 + 20 + 15 + 15 + 10 = 80 % anzuheben, damit wäre die Höchstgebühr von 460,00 EUR fast schon erreicht (450,00 EUR). Kommt jetzt noch der Streit um eine bestimmte Behandlungsmethode oder ein bestimmtes Medikament dazu, so ist die Höchstgebühr erreicht. Entsprechende Fälle sind auch in anderen Rechtsgebieten denkbar.

Der zitierte Aufsatz von Manthey leidet darüber hinaus an dem Mangel, dass dem Senat Prinzipien bei der Rechtsfindung unterstellt werden, die sich in keiner Entscheidung belegen lassen. So werden Entscheidungen auch nicht zitiert, vielmehr heißt es, dass der Senat das Kriterium der Bedeutung der Angelegenheit bei der Gebührenbestimmung "– ohne das in seinen Beschlüssen bisher ausdrücklich erwähnt zu haben –" von vornherein ausschließe (a. a. O. S. 17). Die Anwendung der Chemnitzer Tabelle intendiert aber offensichtlich genau das Gegenteil und vermag dies auch zu leisten. Die in dem genannten Aufsatz vertretene Auffassung, angeblich sei nach der Chemnitzer Tabelle ein außerordentlicher Zeitaufwand auf maximal fünf Punkte begrenzt (a. a. O. S. 16), kann jedenfalls nicht aus der Chemnitzer Tabelle selbst stammen. Die Chemnitzer Tabelle geht - analog zu den Bestimmungen der Sachverständigenvergütung - im Prinzip von dem objektiv erforderlichen Zeitaufwand aus, der sich grundsätzlich aus den Verfahrenstypen ablesen lässt. Wie jede Orientierungshilfe ist auch die Chemnitzer Tabelle offen für Besonderheiten, die sich bei speziellen Einzelfällen ergeben. Nur wäre es eben willkürlich, jeden Fall als einen solchen unvergleichbaren "Einzelfall" zu bezeichnen, dem durch eine Typisierung und Vergleichung mit ähnlich gelagerten Fällen "Gewalt" angetan würde. Auch der vorliegende Fall zeigt, dass eine völlige Loslösung von schematischen Kriterien letztendlich zu einem unbegrenzten Ermessensspielraum führt, der dann nicht nur den Anwälten, sondern auch den Urkundsbeamten und Kostenrichtern zustünde und somit wahrlich nicht im Interesse der Anwaltschaft sein kann. Im Vergütungsfestsetzungsbeschluss heißt es lapidar: "Die Bedeutung der Angelegenheit für die Auftraggeberin ist durchschnittlich zu bewerten. Insgesamt erscheint ein Abweichen von der so genannten ))Mittelgebühr(( gerechtfertigt. Die Gebührenbestimmung der Rechtsanwältin ist als überhöht anzusehen, sodass eine Abänderung der Kostennote erforderlich war." Auch die Kostenrichterin hat dann im Beschluss vom 28.01.2010 ausgeführt, dass der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit unterdurchschnittlich war, weil die Prozessbevollmächtigte im Laufe des Verfahrens lediglich einen kurzen Schriftsatz zur Sache gefertigt habe, nachdem die Klägerin das Verfahren bis einschließlich des Erörterungstermins ohne anwaltlichen Beistand selbst betrieben habe. Die so gefundenen Entscheidungen, ob eine Sache "unterdurchschnittliche", "durchschnittliche" oder "überdurchschnittliche" Bedeutung gehabt habe, sind damit bloße Behauptungen, die mit beliebigen Argumenten mehr oder weniger belegt werden, eine echte Überzeugungskraft für den jeweils Andersmeinenden hingegen nie entfalten können. Die konsequente Anwendung der Chemnitzer Tabelle hat jedoch entgegen der Auffassung von Manthey keinesfalls zu einer Verkürzung der Anwaltsgebühren geführt; dieser Eindruck kann höchstens entstehen, wenn ohne Beachtung der tatsächlichen Rechtsprechungstätigkeit der Begriff "Standard" als Gegenbegriff zu "Luxus" missverstanden und die Absicht einer Gebührenverkürzung unterstellt wird. Standard im Sinne der Chemnitzer Tabelle bedeutet jedoch: Orientierungslinie im Sinne der Gleichbehandlung. Von 39 seit Anwendung der Chemnitzer Tabelle erhobenen zulässigen Beschwerden der Rechtsanwälte waren sieben ganz erfolgreich, 16 teilweise erfolgreich und 16 nicht erfolgreich, wobei von den zuletzt genannten sechs ein und denselben Fall betrafen (aufgesplittete Bedarfsgemeinschaft). Von den Beschwerden des Bezirksrevisors waren fünf erfolgreich und sieben nicht erfolgreich.

Ein weiteres Beispiel mag verdeutlichen, warum die auch im vorliegenden Verfahren geäußerte Befürchtung, die Gerichte würden, nur um die Staatskasse zu entlasten, die Gebühren des Rechtsanwaltes ins Unermessliche nach unten drücken (so das Beschwerdevorbringen), neben der Sache liegt. Streitig war der Betrag von 920,00 EUR. Bei einem streitwertabhängigen Verfahren wäre also von einer einfachen Gebühr in Höhe von 85,00 EUR auszugehen. Die Verfahrensgebühr, selbst wenn sie nach VV RVG Nr. 1008 erhöht würde, betrüge also das 1,6-Fache, dies sind 136,00 EUR. Zuzüglich der Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG (1,2-fache Gebühr) in Höhe von 102,00 EUR und der Post- und Telekommunikationspauschale ergäbe sich somit ein Betrag von 258,00 EUR. Einschließlich der Mehrwertsteuer (49,02 EUR) betrüge die Gesamtforderung des Anwaltes 307,02 EUR. Wenn unter Berücksichtigung der Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens eine Gebühr von 618,80 EUR, also mehr als das Doppelte, errechnet wird, so kann darin nach Auffassung des Senats nicht die Tendenz gesehen werden, "die Gebühren des Rechtsanwaltes ins Unermessliche nach unten (zu) drücken".

Ein besonderes Haftungsrisiko kann im vorliegenden Fall keine Berücksichtigung finden. Der Bezirksrevisor hat zu Recht darauf hingewiesen, dass in den normal schwierigen, also den meisten sozialrechtlichen Angelegenheiten, das Haftungsrisiko wegen der Offizialmaxime im Regelfall nicht relevant ist. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn in der Chemnitzer Tabelle für diesen Gesichtspunkt kein eigener Tatbestand vorgesehen ist; die Fälle, in denen das Haftungsrisiko tatsächlich gebührenerhöhend relevant wird, dürften zu den Ausnahmefällen zählen (wirkliche "Einzelfälle"), für welche die Chemnitzer Tabelle selbstverständlich offen ist (wie das entsprechend für die Unterhaltstabellen der Oberlandesgerichte gilt); bei entsprechender Darlegung des Ausnahmefalls wird eine Berücksichtigung stattfinden. Aus dem von Manthey (a. a. O. S. 18) zitierten Urteil des BSG vom 27.10.2009 (B 7/7a AL 20/07 R) ergibt sich nun gerade nicht, dass das Haftungsrisiko in jedem Einzelfall gebührenerhöhend zu berücksichtigen ist, im Gegenteil, es wird dort ausgeführt, dass dieser Gesichtspunkt bereits in § 14 RVG mitberücksichtigt ist und eine eigenständige Gebühr nicht entstehen kann. Im konkreten Fall hatte das BSG auch nicht etwa die Sache an das LSG mit der Begründung zurückverwiesen, dass noch eine Ermessensbetätigung im Rahmen des § 14 RVG hinsichtlich des Haftungsrisikos stattzufinden habe, vielmehr wurde durchentschieden und festgestellt, dass die für das Haftungsrisiko geltend gemachten 58,00 EUR unter keinem Gesichtspunkt verlangt werden konnten. Im vorliegenden Fall mit einem Streitwert von 920,00 EUR war das Haftungsrisiko unterdurchschnittlich; wollte man es also – wie gefordert – einzelfallbezogen berücksichtigen, würde das eher zu einer Gebührenabsenkung führen.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass das Berichtigungsverfahren zu keiner Gebührenerhöhung führt. Grundsätzlich hat die Frage, wie viele Versuche das Gericht benötigt, um zu einer seiner Auffassung nach korrekten Fassung des Tenors zu kommen, keinen Einfluss auf den Streitgegenstand und die Gebührenhöhe. Wenn es dadurch zu mehreren Zustellungen kommt, hat der Rechtsanwalt dies entschädigungslos zu dulden. Eine andere Frage ist, ob eine Beschwerde gegen die Tenorberichtigung, wenn sie – wie hier – schon deswegen erfolgreich wäre, weil nicht eine offenbare Unrichtigkeit korrigiert, sondern nach Verkündung das Urteil in der Sache abgeändert wurde, von der PKH-Bewilligung bereits umfasst ist. Diese Frage muss hier nicht entschieden werden, da eine entsprechende Beschwerde nicht erhoben wurde, sie wäre jedenfalls nicht dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 16 RVG.

Diese Entscheidung ergeht nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 2 RVG) durch den zuständigen Kostensenat des Sächsischen Landessozialgerichts. Das Verfahren ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 Satz 2 und 3 RVG).

Diese Entscheidung ist nicht weiter anfechtbar (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG).