Gründe:

I.

In dem Klageverfahren D. T .../. Bundesknappschaft (Az ... S 14 KN 882/04) beauftragte der Vorsitzende der 14. Kammer des Sozialgerichts Altenburg mit Beweisanordnung vom 23. Juni 2004 den Orthopäden Dr. B. mit der Erstellung eines Gutachtens aufgrund stationärer Untersuchung bis zu drei Tagen und beauftragte ihn, ein internistisches Zusatzgutachten bei dem Antragsgegner einzuholen; auch dieser werde zum Sachverständigen ernannt. Die Beweisanordnung ging Dr. B. nach der Empfangsbestätigung am 6. Juli 2004 zu. Am 25. August 2004 gingen beide Gutachten (datiert unter dem 17. August 2004), eine zusammenfassende Stellungnahme beider Sachverständigen und eine Kostenrechnung des Dr. B. beim Sozialgericht ein.

Nach einem am 24. Februar 2005 beim Sozialgericht eingegangenen Schreiben des Antragsgegners war ihm bei der Erstellung der Umsatzsteuer aufgefallen sei, dass die Kosten für sein Gutachten noch nicht gezahlt seien. Unter dem 9. März 2005 wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle u.a. auf das Datum des Eingangs hin, äußerte sich zu diversen inhaltlichen Gesichtspunkten und bat um eine Aufschlüsselung der Kosten. Nach Eingang der vollständigen Kostenrechnung am 16. März 2005 verfügte sie die Anweisung von 924,16 Euro an den Antragsgegner.

Nach einer Prüfung der Kostenansätze beim Sozialgericht Altenburg hat der Beschwerdeführer am 28. Juli 2006 beantragt, die Entschädigung für das Gutachten auf 0,00 Euro festzusetzen. Die Kostenbeamtin hätte die Entschädigung nicht leisten dürfen, weil der Anspruch des Antragsgegners erloschen war. Dieser hat daraufhin vorgetragen, er werde seit dem Jahre 2002 regelmäßig mit internistischen Gutachten beauftragt. Die Rechnungen würden automatisch mit den Gutachten ausgedruckt und versandt. Entsprechend sei auch bei dem vorliegenden Gutachten verfahren worden.

Mit Beschluss vom 6. November 2006 hat das Sozialgericht die Entschädigung für das internistische Gutachten vom 17. August 2004 auf 924,16 Euro festgesetzt. Zwar sei der Anspruch des Antragsgegners angesichts des Eingangs der Kostenrechnung nach Ablauf der Frist des § 2 Abs. 2 S. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) erloschen gewesen, sodass eine Entschädigung nicht hätte erfolgen dürfen. Nachdem trotzdem gezahlt worden sei, komme eine Rückforderung nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs nicht in Betracht. Nach den §§ 813 Abs. 1 S. 2, § 214 Abs. 2 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) könne das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden. Das Erlöschen entspreche der Verjährung. Der Beschwerdeführer habe damit "gleichsam" eine verjährte Forderung des Antragsgegners erfüllt, sodass die Voraussetzungen des § 214 Abs. 2 BGB vorlägen. In entsprechender Anwendung der Vorschrift bestehe kein Rückerstattungsanspruch.

Dagegen hat der Beschwerdeführer am 4. Dezember 2006 Beschwerde eingelegt und sich zur Begründung in der Hauptsache auf seinen Festsetzungsantrag bezogen. Die Entscheidung der Vorinstanz würde künftige Prüfungen der Kostenansätze "ins Leere laufen" lassen.

Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Altenburg vom 6. November 2006 aufzuheben und die Entschädigung für das Gutachten des Antragsgegners vom 17. August 2004 auf 0.00 Euro festzusetzen.

Der Antragsgegner hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 5. Dezember 2006) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.

II.

Zuständig für die Entscheidung sind die Berufsrichter des 6. Senats, nachdem der Einzelrichter (hier: der Senatsvorsitzende) das Verfahren mit Beschluss vom 1. Februar 2007 auf den Senat übertragen hat (§ 4 Abs. 7 S. 2 JVEG).

Die Beschwerde ist zulässig. Gesetzliche Grundlage ist das JVEG, denn der Gutachtensauftrag ist dem Antragsgegner nach dem 1. Juli 2004 zugegangen (vgl. § 25 S. 1 JVEG). Entgegen der insoweit fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des Sozialgerichts sieht das Gesetz keine Beschwerdefrist vor. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 Euro (§ 4 Abs. 3 JVEG).

Die Beschwerde ist auch begründet. Der Anspruch des Antragsgegners auf Vergütung ist erloschen (s. Ausführungen a); er hat die von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zu Unrecht gezahlte Vergütung zu erstatten (s. Ausführungen b).

a) Nach § 2 Abs. 1 JVEG erlischt der Anspruch auf Vergütung, wenn er nicht binnen drei Monaten bei der Stelle, die den Berechtigten herangezogen oder beauftragt hat, geltend gemacht wird (Satz 1); die Frist beginnt im Fall der schriftlichen Begutachtung mit Eingang des Gutachtens bei der Stelle, die den Berechtigten beauftragt hat (Satz 2 Nr. 1). Nachdem das Gutachten des Antragsgegners am 25. August 2004 beim Sozialgericht als beauftragender Stelle eingegangen war, endete die Frist mit Ablauf des 24. November 2004. Beim Eingang der Rechnung am 24. Februar 2005 war sie abgelaufen und der Anspruch erloschen. Die (rechtzeitige) Kostenrechnung des ebenfalls zum Sachverständigen ernannten Dr. B. konnte die Frist nicht wahren, denn der Antragsgegner war vom Sozialgericht selbst herangezogen worden (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 JVEG) und konnte damit den Anspruch nur selbst geltend machen (vgl. Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, 24. Auflage2007, § 2 Rdnr. 2.2). Insofern hätte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle die Zahlung der Vergütung ablehnen müssen.

Unerheblich ist der Vortrag des Antraggegners, er habe die Rechnungslegung dergestalt organisiert, dass mit jedem Gutachtenstext automatisch die Rechnung ausgedruckt und übersandt werde. Auf dem Eingangsstempel des Gutachtens ist (im Gegensatz zu dem Gutachten des Dr. B.) nicht vermerkt, dass eine Kostenrechnung beigelegen hat. Wenn – wie hier – der rechtzeitige Eingang der Kostenrechnung für das erstellte Gutachten beim Gericht nicht feststellbar ist, trägt der Sachverständige die Beweispflicht für seine rechtzeitige Antragstellung; die geschilderte Verfahrensweise führt nicht zu einer Beweislastumkehr.

Auch die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in die versäumte Frist sind nicht erfüllt. Nach § 2 Abs. 2 S. 1 JVEG gewährt das Gericht dem Berechtigten auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn dieser ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer Frist nach Absatz 1 gehindert war. Es ist bereits zweifelhaft, ob das Schreiben des Antragsgegners vom 31. August 2006 als Wiedereinsetzungsantrag zu werten ist; einen ausdrücklichen Antrag hat er nicht gestellt; offensichtlich hatte er gerade nicht die Vorstellung, eine Frist versäumt zu haben. Im Übrigen können seine Ausführungen kein mangelndes Verschulden begründen, denn es obliegt jedem Antragsteller, den rechtzeitigen Eingang des Antrags sicher zu stellen (ggf. durch Rückfrage oder durch Eingangsbestätigung).

b) Nachdem die Vergütung im Verwaltungswege zu Unrecht festgesetzt worden war, entstand mit der Zahlung ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch der Staatskasse auf Erstattung der Überzahlung (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Mai 2005 – Az.: L 6 B 25/05 SF; KG Berlin, Beschluss vom 6. Mai 2003 – Az.: 1 W 308/01, nach juris). Die Berechnung und Auszahlung der Vergütung steht grundsätzlich unter dem Vorbehalt einer anderweitigen Festsetzung durch das Gericht nach § 4 JVEG (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 6. Mai 2003, a.a.O.). Nach § 2 Abs. 4 JVEG verjährt der Anspruch auf Erstattung zu viel gezahlter Vergütung in drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Zahlung erfolgt ist (Satz 1); § 5 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) gilt entsprechend (Satz 2). Die Frist ist noch nicht abgelaufen. Diese Vorschrift gilt auch für die Rückforderung einer zu Unrecht gezahlten Vergütung; für eine unterschiedliche Behandlung mit einer reinen Überzahlung (lediglich die Höhe der Vergütung ist fehlerhaft festgesetzt, ein grundsätzlicher Anspruch besteht aber) ist kein Grund ersichtlich.

Nicht gefolgt werden kann der Ansicht der Vorinstanz, der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch könne nach den §§ 813 Abs. 1 S. 2, 214 Abs. 2 BGB nicht zurückgefordert werden. Nach § 813 Abs. 1 BGB kann das zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete auch dann zurückgefordert werden, wenn dem Anspruch eine Einrede gegenübersteht, durch welche die Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde (Satz 1); die Vorschrift des § 214 Abs. 2 BGB bleibt unberührt (Satz 2). Nach § 214 Abs. 2 S. 1 BGB das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht zurückgefordert werden, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist.

§ 214 Abs. 2 BGB ist auf den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch auf eine zu viel gezahlte Vergütung des Sachverständigen weder direkt noch entsprechend anwendbar. Die direkte Anwendung scheidet bereits deshalb aus, weil der Anspruch des Antragsgegners wegen Ablauf der Antragsfrist erloschen, nicht aber verjährt war. Nicht in Betracht kommt angesichts der Sondervorschrift des § 2 JVEG die von der Vorinstanz ohne Begründung bejahte entsprechende oder analoge Anwendung des § 214 Abs. 2 BGB (vgl. zu der ähnlichen Problematik bzgl. einer Vorschrift der Abgabenordnung: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14. Juni 1973 – Az.: III A 1015/72, nach juris; Heinrichs in Palandt, a.a.O, § 214 Rdnr. 7). Analogie ist die Übertragung der für einen oder mehrere bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehene Regel auf einen anderen rechtsähnlichen Tatbestand und setzt eine planwidrige Regelungslücke voraus (vgl. BGHZ 149, 165, 174; Senatsbeschluss vom 22. Juli 2002 – Az.: L 6 B 53/01 SF; Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 66. Auflage 2007, Einl. vor § 1 Rdnr. 48); sie gründet sich darauf, dass infolge ihrer Ähnlichkeit in den für die gesetzliche Bewertung maßgebenden Hinsichten beide Tatbestände gleich zu bewerten sind (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Auflage 1991, S. 381). Hier fehlt es an einer solchen Regelungslücke; es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber zum 1. Juli 2004 für die Vergütung von Sachverständigen und die Behandlung von Überzahlungen bewusst Sonderregelungen geschaffen hat. Das JVEG enthält eine im Wesentlichen abschließende Regelung der Vergütung der Berechtigten (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 37. Auflage 2007, § Grdz. JVEG, Rdnr. 1). Mit der automatischen Erlöschensregelung in § 2 Abs. 1 JVEG nach Ablauf der Ausschlussfrist (vgl. Hartmann, a.a.O., § 2 Rdnr. 7) wollte er eine zeitnahe Abrechnung sicherstellen (vgl. BT-Drucksache 15/1971 S. 178). Nur bzgl. der Verjährung der Vergütung nimmt er in § 2 Abs. 3 S. 2 JVEG auf "die Vorschriften des BGB" (also die §§ 194 bis 218 BGB – vgl. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 2 Rdnr. 2.8) Bezug und verweist zur Begründung auf die früheren Regelungen (§ 15 Abs. 4 und 5 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen – ZuSEG -), wo aber nur Verjährung, Verwirkung und Vertrauensschutz, die hier nicht in Betracht kommen, geltend gemacht werden konnte (vgl. Bleutge, ZSEG, 3. Auflage 1995, § 15 Rdnr. 14).

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).