Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 6 SB 1692/12 - Urteil vom 20.06.2013
Die Versorgungsverwaltung kann die Feststellung des GdB ohne weitere Ermittlungen ganz oder teilweise versagen oder den GdB entziehen, wenn die Voraussetzungen für die Feststellung nicht nachgewiesen sind, weil derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert. Dies gilt solange, bis die Mitwirkung nachgeholt wird.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte zu Recht die Neufeststellung des Grades der Behinderung (GdB) wegen unterlassener Mitwirkung versagt hat.
Der Beklagte hatte bei der 1953 geborenen Klägerin unter Zugrundelegung der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. E. vom 08.04.2008, in der als Behinderungen eine posttraumatische Belastungsstörung, eine seelische Störung und ein chronisches Schmerzsyndrom mit einem Einzel-GdB von 40 sowie eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, ein Fibromyalgiesyndrom und ein chronisches Schmerzsyndrom mit einem Einzel-GdB von 20 berücksichtigt und der Gesamt-GdB mit 50 eingeschätzt worden war/en, mit Bescheid vom 14.04.2008 den GdB mit 50 seit 20.03.2008 festgestellt.
Am 07.08.2009 ließ die Klägerin durch Rentenberater E. unter Vorlage einer am 05.08.2009 unterschriebenen Vollmacht eine Überprüfung des Bescheides vom 14.04.2008 sowie eine Neufeststellung des GdB beantragen. Zur Begründung wurde ausgeführt, unfallbedingt sei eine chronifizierte und operativ zu versorgende Meniskusverletzung hinzugetreten. Unter dem 10.08.2009 übersandte der Beklagte seine Akten zur Einsicht und ein Antragsformular mit der Bitte, dieses bis Mitte September ausgefüllt zurückzusenden. Mit Schreiben vom 17.08.2009 kündigte Rentenberater E. eine Erledigung bis zum 31.10.2009 an. Am 03.12.2009 mahnte der Beklagte an, bis zum 15.01.2010 den Überprüfungsantrag zu begründen und das Antragsformular für den Neufeststellungsantrag ausgefüllt zu übersenden. Eine Antwort hierauf ging beim Beklagten indessen nicht ein. Mit Schreiben vom 25.01.2010 wies der Beklagte unter Hinweis auf die §§ 60 Abs. 1 und 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) darauf hin, er werde die beantragte Feststellung nach dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) versagen, wenn die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht weiterhin nicht nachkomme und bis zum 01.03.2010 eine Antwort von ihr nicht vorliege.
Der Versorgungsarzt B. berücksichtigte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 05.05.2010 als Behinderungen eine posttraumatische Belastungsstörung, ein chronisches Schmerzsyndrom sowie ein Fibromyalgiesnydrom mit einem Einzel-GdB von 50 und degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie einen Bandscheibenschaden mit einem Einzel-GdB von 10 und bewertete den Gesamt-GdB weiterhin mit 50. Eine Fehlbeurteilung könne nicht festgestellt werden.
Mit Bescheid vom 10.06.2010 lehnte der Beklagte den Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ab. Er führte zur Begründung aus, die Klägerin habe keine neuen rechtserheblichen Tatsachen oder Gesichtspunkte vorgebracht und stütze sich vielmehr auf dieselben Tatsachen und Gesichtspunkte, die bereits bei Erteilung des Bescheides vom 14.04.2008 berücksichtigt worden seien. An dessen Bindung müsse daher festgehalten werden.
Mit weiterem Bescheid vom 11.06.2010 versagte der Beklagte die beantragte Feststellung nach dem SGB IX. Er führte unter Hinweis auf die §§ 60 Abs. 1 und 66 SGB I zur Begründung aus, die Klägerin sei ihrer Mitwirkungspflicht trotz Fristsetzung und Hinweis auf die nachteiligen Folgen ihres Verhaltens nicht nachgekommen, weshalb die beantragte Feststellung nach dem SGB IX versagt werde. Der Beklagte führte ferner aus, bei dieser Entscheidung habe er in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens berücksichtigt, dass die Erfüllung der Mitwirkungspflicht in einem angemessenen Verhältnis zur beantragten Sozialleistung stehe und der Klägerin auch zugemutet werden könne, zumal von ihm alle Möglichkeiten, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären, ausgeschöpft seien. Werde die Mitwirkung nachgeholt und lägen die Voraussetzungen für eine Feststellung nach dem SGB IX vor, könne er die versagte Feststellung nachträglich ganz oder teilweise erbringen.
Am 12.07.2010 legte die Klägerin durch Rentenberater E. gegen den Bescheid vom 11.06.2010 Widerspruch ein. Trotz dreimaliger Aufforderung des Beklagten erfolgte eine Begründung des Widerspruchs nach erneut gewährter Akteneinsicht nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2011 wies der Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Überprüfung habe ergeben, dass der angefochtene Bescheid nach Lage der Akten keinen Anlass zu Beanstandungen gebe.
Hiergegen hat die Klägerin am 28.02.2011 durch Rentenberater E. Klage beim Sozialgericht Freiburg erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, sei im Rahmen des Schwerbehindertenrechts sei eine Versagung wegen fehlender Mitwirkung nicht möglich. Zahlreiche Bundesländer hätten zu der Frage, ob § 66 SGB I im Rahmen des § 69 SGB IX anwendbar sei, eine unterschiedliche Auffassung. Er hat hierzu Auskünfte diverser Ministerien vorgelegt, wonach eine Anwendung im Freistaat Sachsen statt- und im Land Brandenburg sowie in der Freien und Hansestadt Hamburg nicht stattfinde. Ferner hat er auf den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16.06.2010 - L 3 SB 4214/09 - hingewiesen.
Mit Urteil vom 15.03.2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, hinsichtlich der Folgen unterlassener Mitwirkung bestehe bei der Bewilligung von Sozialleistungen und bei der Feststellung von Behinderungen eine vergleichbare Interessenlage. Zum einen solle die Verwaltung von Entscheidungen mit unter Umständen aufwändiger Sachprüfung nach Beweislastgrundsätzen entlastet werden, insbesondere bei Überprüfungen von Amts wegen nach § 48 SGB X, wenn zu Ungunsten des nicht mitwirkenden Betroffenen keine Beweislastentscheidung getroffen werden könne, weil die Beweislast auf Seiten der Behörde liege. Zum anderen schütze die Versagung den Antragsteller vor einer Beweislastentscheidung mit materieller Bindungswirkung, die - falls Rechtsbehelfsfristen versäumt würden - nur noch im Zugunstenverfahren gemäß § 44 SGB X beseitigt werden könne. Demgegenüber könnten die negativen Folgen einer Versagung gemäß § 66 SGB I jederzeit durch Nachholung der Mitwirkungshandlung behoben werden. Die Interessen der Beteiligten seien bei der Entscheidung über eine Statusfeststellung ebenso schützenswert.
Die Klägerin hat durch Rentenberater E. gegen das ihm am 21.03.2012 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am Montag, den 23.04.2012, Berufung eingelegt und zur Begründung auf die in einem Teil der Bundesländer vertretene Rechtsauffassung verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 15. März 2012 und den Bescheid des Beklagten vom 11. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Januar 2011 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten und der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
1.
Die gemäß §§ 143 und 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und nach § 151 SGG frist- und formgerecht eingelegte Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung ist insbesondere ordnungsgemäß erhoben, denn nach Ansicht des Senats ist Rentenberater E. im zu entscheidenden Rechtsstreit vertretungsbefugt.
Vertretungsbefugt nach § 73 Abs. 2 Nr. 3 SGG in der seit 01.07.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12.12.2007 (BGBl. I S. 2840) sind Rentenberater im Umfang ihrer Befugnisse nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Ferner gelten §§ 1 und 3 Einführungsgesetz zum Rechtsdienstleistungsgesetz (RDGEG) sowie Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG).
Natürliche und Juristische Personen sowie Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, die bei der zuständigen Behörde registriert sind (registrierte Personen), dürfen aufgrund besonderer Sachkunde Rechtsdienstleistungen unter anderem in dem Bereich Rentenberatung auf dem Gebiet der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung, des sozialen Entschädigungsrechts, des übrigen Sozialversicherungs- und Schwerbehindertenrechts mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente sowie der betrieblichen und berufsständischen Versorgung erbringen (§ 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG).
Inhaber einer Erlaubnis nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, 5 oder 6 RBG werden unter Angabe des Umfangs ihrer Erlaubnis als registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 RDG registriert (§ 1 Abs. 3 Satz 1 RDGEG). Erlaubnisinhaber, deren Erlaubnis sich auf andere Bereiche erstreckt oder deren Befugnisse über die in § 10 Abs. 1 RDG geregelten Befugnisse hinausgehen, werden gesondert oder zusätzlich zu ihrer Registrierung nach § 1 Abs. 3 Satz 1 RDGEG als Rechtsbeistände oder Erlaubnisinhaber (registrierte Erlaubnisinhaber) registriert (§ 1 Abs. 3 Satz 2 RDGEG). Sie dürfen unter ihrer bisher geführten Berufsbezeichnung Rechtsdienstleistungen in allen Bereichen des Rechts erbringen, auf die sich ihre bisherige Erlaubnis erstreckt (§ 1 Abs. 3 Satz 3 RDGEG). Registrierte Erlaubnisinhaber stehen unter anderem im Sinne von § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis oder durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle gestattet war (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 3 RDGEG).
Die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschließlich der Rechtsberatung und der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen, darf geschäftsmäßig - ohne Unterschied zwischen haupt- und nebenberuflicher oder entgeltlicher und unentgeltlicher Tätigkeit - nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist. Die Erlaubnis wird jeweils für einen Sachbereich erteilt: 1. Rentenberatern, 2. Versicherungsberatern für die Beratung und außergerichtliche Vertretung gegenüber Versicherern a) bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen, b) bei der Wahrnehmung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag im Versicherungsfall, 3. Frachtprüfern für die Prüfung von Frachtrechnungen und die Verfolgung der sich hierbei ergebenden Frachterstattungsansprüche, 4. vereidigten Versteigerern, soweit es für die Wahrnehmung der Aufgaben als Versteigerer erforderlich ist, 5. Inkassounternehmern für die außergerichtliche Einziehung von Forderungen (Inkassobüros), 6. Rechtskundigen in einem ausländischen Recht für die Rechtsbesorgung auf dem Gebiet dieses Rechts; eine für das Recht eines der Mitgliedstaaten der Europäischen Union erteilte Erlaubnis erstreckt sich auf das Recht der Europäischen Gemeinschaften (Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG). Sie darf nur unter der der Erlaubnis entsprechenden Berufsbezeichnung ausgeübt werden (Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG). Die Erlaubnis darf nur erteilt werden, wenn der Antragsteller die für den Beruf erforderliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung sowie genügende Sachkunde besitzt und ein Bedürfnis für die Erlaubnis besteht (Art. 1 § 1 Abs. 2 Satz 1 RBerG).
Aus diesem Regelungszusammenhang ergibt sich, dass Erlaubnisinhaber, deren Erlaubnis sich auf andere Bereiche erstreckt oder deren Befugnisse über die in § 10 Abs. 1 RDG hinausgehen, gesondert oder zusätzlich zu ihrer Registrierung als Erlaubnisinhaber registriert werden können. Sie dürfen dann unter ihrer bisher geführten Berufsbezeichnung Rechtsdienstleistungen in allen Bereichen des Rechts erbringen, auf die sich ihre bisherige Erlaubnis erstreckt. Registrierte Erlaubnisinhaber stehen insoweit einem Rechtsanwalt gleich.
Rentenberater E. ist im Rechtsdienstleistungsregister - wie sich dies aus der Registrierung der Registrierungsbehörde, dem Landgericht Freiburg, ergibt - für den Bereich "Rentenberatung" als "registrierter Erlaubnisinhaber" unter anderem wie folgt eingetragen: "Erlaubnis nach § 73 Abs. 6 SGG i.V.m. § 157 Abs. 3 ZPO und der Verordnung des damaligen Arbeitsministeriums Baden-Württemberg über die Zuständigkeit für die Zulassung zum mündlichen Verhandeln vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit vom 26.06.1963 zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten Freiburg, Heilbronn, Karlsruhe, Konstanz, Mannheim, Reutlingen, Stuttgart und Ulm sowie vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg im Rahmen seiner Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG gemäß Verfügung des Präsidenten des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 05.08.1993" (www.rechtsdienstleistungsregister.de).
Der Sinn und Zweck des § 1 RDGEG liegt darin, Alterlaubnisinhabern einen eingeschränkten Bestandsschutz zu gewähren, indem sie die Möglichkeit erhalten sollen, ihre Rechtsdienstleistungen dauerhaft weiter zu erbringen, wenn sie auf ihren Antrag hin im neuen Rechtsdienstleistungsregister registriert worden sind. Eine Einschränkung des Umfangs ihrer Rechtsdienstleistungsbefugnis ist nicht vorgesehen (so VG Mainz, Urteil vom 18.02.2011 - 4 K 642/10.MZ - Juris Rz. 25; VG Würzburg, Urteil vom 11.06.2012 - W 7 K 11.720 - Juris Rz. 39). Die Gegenmeinung (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2012 - L 8 SB 2721/12 - Juris Rz. 16; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.06.2012 - L 8 SB 537/11 - Juris Rz. 12; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14.05.2008 - L 5 SB 25/03 - Juris Rz. 20 bis 25 und 30 unter Hinweis auf den Wortsinn des Begriffs "Rentenberater", die Möglichkeit der Erteilung auch nur von Teilerlaubnissen und den Schutzgedanken des RBerG) hätte zur Folge, dass letztlich erst im gerichtlichen Verfahren die Frage anhand einer dann zu entwickelnden Kasuistik geklärt werden könnte, ob die prozessualen Handlungen des Rentenberaters zulässig sind beziehungsweise waren, was bei der rechtssuchenden Bevölkerung und insbesondere den Mandanten eines Rentenberaters zu einer nicht mit den Schutzzwecken des RBerG zu vereinbarenden Unsicherheit führen würde und daher nicht überzeugt (VG Mainz, Urteil vom 18.02.2011 - 4 K 642/10.MZ - Juris Rz. 31; VG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2012 - 4 K 1803/10.F - Juris Rz. 42 und 44; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.10.2007 - L 6 SB 6134/06 B - Juris 19; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.1995 - L 11 B 262/94 - Leitsatz in Juris, Breithaupt 1995, 523 ff., 527; zustimmend OLG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27.10.2011 - 3172 E 6-1/11, 3172 E 6-1/11 - Leitsatz in Juris). Der Senat ist deshalb der Auffassung, dass bei der formalen Frage, ob ein Rentenberater in Schwerbehindertensachen zulässigerweise die Vertretung übernehmen kann, von vornherein sichere Abgrenzungskriterien vorhanden sein müssen.
Nach Maßgabe dessen ist Rentenberater E. als registrierter Erlaubnisinhaber im vorliegenden Fall vertretungsbefugt. Der Senat orientiert sich bei der Prüfung seiner Vertretungsbefugnis allein am Wortlaut der dem Rentenberater früher erteilten Erlaubnis zur Rentenberatung. Denn nach Sinn und Zweck des § 1 RDGEG sollen Alterlaubnisinhaber ihre früher erlaubten Rechtsdienstleistungen dauerhaft weiter erbringen können (anderer Ansicht auf die aktuellen Umstände abstellend LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29.11.2012 - L 8 SB 2721/12 - Juris Rz. 16; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.06.2012 - L 8 SB 537/11 - Juris Rz. 9). Eine Auslegung der in den Jahren 1983 und 1993 erteilten Erlaubnisse, die sich an heutigen Vorstellungen zum Rentenberaterberuf orientiert, stünde damit nicht in Einklang (VG Mainz, Urteil vom 18.02.2011 - 4 K 642/10.MZ - Juris Rz. 30; VG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2012 - 4 K 1803/10.F - Juris Rz. 25).
Zwar spricht der Begriff des Rentenberaters schon dem Wortsinn nach dafür, dass sein Tätigwerden Renten betreffen muss, womit vor allem die Bereiche der gesetzlichen Rentenversicherung einschließlich der Alterssicherung der Landwirte, der betrieblichen Altersversorgung sowie des Versorgungsrechts gemeint sind (vgl. zum Folgenden BSG, Urteil vom 06.03.1997 - 7 RAr 20/96 - SozR 3-1300 § 13 Nr. 4, Juris Rz. 20). Nach der amtlichen Begründung zu Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 RBerG, die auf Empfehlung des Rechtsausschusses in den Gesetzestext Eingang fand, war der Begriff des Rentenberaters allerdings umfassend zu verstehen (BT-Drucks 8/4277 S. 22 zu Art. 2 Abs. 6 Nr. 1): "Die Rentenberater (Nr. 1) haben sich bei der Unübersichtlichkeit und zunehmenden Bedeutung des Sozialversicherungsrechts im Rechtsleben - insbesondere auch bei der Kontrolle der Versicherungsanstalten - als unentbehrlich erwiesen, insbesondere gerade auch in der Zusammenarbeit mit der Anwaltschaft. Der Begriff Rentenberater in Nr. 1 ist umfassend zu verstehen. Eine Erlaubnis soll nicht nur solchen Personen erteilt werden, die auf dem Gebiet der Sozialrenten beraten, sondern z. B. auch solchen, die auf dem Gebiet der betrieblichen Altersversorgung oder dem Versorgungsrecht tätig sind." Der Gesetzgeber wollte also zumindest keine Beschränkung des Rentenberaters etwa nur auf Tätigkeiten ausschließlich auf dem Gebiet der gesetzlichen Rentenversicherung (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.1995 - L 11 B 262/94 - Breithaupt 1995, 523 ff., 526).
Hinzu kommt, dass nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 RDG die Vertretung auf dem Gebiet des sozialen Entschädigungsrechts nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) zu dem Tätigkeitsgebiet des Rentenberaters gehört, soziales Entschädigungsrecht und Schwerbehindertenrecht aber eng miteinander verzahnt sind. So ist nach § 69 Abs. 1 Satz 1 BVG eine Behördenidentität gegeben, verweist § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX auf das Recht der Kriegsopferversorgung und gelten nach § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 BVG sowie die aufgrund des § 30 Abs. 16 BVG erlassene Rechtsverordnung entsprechend. Auch diese enge Verzahnung beider Rechtsgebiete spricht zur Überzeugung des Senats dafür, den Rentenberatern den Zugang zum Schwerbehindertenrecht insgesamt zu eröffnen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 23.02.1995 - L 11 B 262/94 - Leitsatz in Juris, Breithaupt 1995, 523 ff.).
Wie sich aus Art. 1 § 1 Abs. 2 RBerG ergibt, verfolgt das RBerG schwerpunktmäßig das Ziel, den Rechtsuchenden vor Schäden zu bewahren, die sich daraus ergeben können, dass er die Erledigung seiner Rechtsangelegenheiten Personen überlässt, die nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Erledigung bieten (so BSG, Urteil vom 06.03.1997 - 7 RAr 20/96 - SozR 3-100 § 13 Nr. 4, Juris Rz. 25). Diese Zielsetzung wird dadurch unterstrichen, dass Versicherungsberatern, Frachtprüfern, vereidigten Versteigeren, Inkassounternehmen und Rechtskundigen in einem ausländischen Recht die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheit nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 bis 6 RBerG nur für bestimmte Tätigkeitsbereiche vorsieht. Die Tatsache, dass hingegen nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 RBerG keinerlei Einschränkung der Erlaubnis bei Rentenberatern gesetzlich vorgesehen ist, spricht gegen eine enge Auslegung dieser Erlaubnis.
Aus dem Prüfungsstoff schließlich lassen sich ebenfalls keine Rückschlüsse auf den Umfang einer gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG zu erteilenden Teilerlaubnis ziehen (so BSG, Urteil vom 06.03.1997 - 7 RAr 20/96 - Juris Rz. 26; dem folgend LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14.05.2008 - L 5 SB 25/03 - Juris).
Folglich ist auf die dem Rentenberater E. erteilten Erlaubnisse vom 14.09.1983 und 05.08.1993 zur Rechtsberatung als Rentenberater abzustellen. Die Erlaubnis vom 14.09.1983 hat unter anderem folgenden Wortlaut: "M. E. ist am 15.6.1983 aufgrund des Artikels 1 § 1 des Rechtsberatungsgesetzes (RBerG) die Erlaubnis zur Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung, als Rentenberater gemäß Artikel 1 § 1 Abs. 1 Satz 2 RBerG erteilt worden." Mit Verfügung vom 05.08.1993 gestattete ferner der Präsident des LSG Baden-Württemberg dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Rahmen der Erlaubnisse des Präsidenten des AG Berlin-Tiergarten vom 14.09.1983 und des Präsidenten des LG Freiburg vom 07.05.1993 das mündliche Verhandeln vor allen acht Sozialgerichten des Landes Baden-Württemberg und vor dem LSG.
Zwar enthalten diese Erlaubnisse selbst keine dezidierte Aussage dazu, in welchem Umfang Rentenberater E. als Prozessbevollmächtigter tätig sein darf, sondern verweist diesbezüglich nur auf Art. 1 § 1 RBerG. Vorliegend spricht aber im Rahmen der notwendigen Auslegung der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin erteilten Rechtsberatungserlaubnisse Überwiegendes dafür, deren Umfang so zu verstehen, dass ein konkreter Rentenbezug im jeweiligen Einzelfall in Verfahren aus dem Schwerbehindertenrecht unter der Geltung des RBerG nicht erforderlich war. Eine solche Beschränkung auf Rechtstreitigkeiten mit Bezug zu einer gesetzlichen Rente enthält die Verfügung nämlich nicht; dementsprechend war und ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin seit 30 Jahren auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts tätig. Zwar war und ist Ausgangs- und Endpunkt der Rentenberatung die Rente. Es wurde aber unter Geltung des früheren Rechts nach - zwar nicht unbestrittener, aber letztlich - überzeugender Ansicht die Betätigung jedenfalls auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts ausgehend von historisch begründeten Zuständigkeiten der Rentenberater auf dem Gebiet der Sozialrenten und des Versorgungsrechts und einer abstrakten (aber eben nicht notwendigerweise in jedem konkreten Einzelfall bestehenden) Verzahnung der genannten Rechtsbereiche mit der gesetzlichen Rente als von der Rentenberatererlaubnis mit umfasst angesehen. Daher handelt es sich bei der hier vertretenen Auslegung auch nicht, wie von der Gegenmeinung (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14.05.2008 - L 5 SB 25/03 - Juris) angenommen, um eine Erweiterung von Vertretungskompetenzen ohne sachlichen Bezug zur Kernkompetenz eines Rentenberaters (VG Mainz, Urteil vom 18.02.2011 - 4 K 642/10.MZ - Juris Rz. 36).
Dass keine Vertretungsbefugnis eines Rentenberaters und registrierten Erlaubnisinhabers im Bereich des Arbeitsförderungsrechts (BSG, Urteil vom 21.03.2002 - B 7 AL 64/01 R - SozR 3-1300 § 13 Nr. 7, Juris Rz. 20 bis 29; BVerfG, Beschluss vom 22.12.2000 - 1 BvR 717/97 - Juris Rz. 13 bis 18; BSG, Urteil vom 06.03.1997 - 7 RAr 20/96 - SozR 3-1300 § 13 Nr. 4, Juris Rz. 16 bis 26; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 14.08.2007 - L 13 AL 3429/05; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 05.02.1996 - L 13 Ar 336/95 - Leitsatz in Juris, Breithaupt 1996, 887 ff.; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.04.1990 - 6 A 144/89.OVG - Leitsatz in Juris) und im Bereich der sozialen Pflegeversicherung (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.04.2012 - L 4 P 3405/11 - Juris Rz. 13; anderer Ansicht: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.07.2003 - L 4 P 208/01 - Juris; LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.05.2000 - L 5 B 34/00 - Juris) besteht, steht dem nicht entgegen, zumal es das BSG (Urteil vom 06.03.1997 - 7 RAr 20/96 - SozR 3-1300 § 13 Nr. 4, Juris Rz. 20) ausdrücklich offengelassen hat, wie die Rechtslage im Schwerbehindertenrecht zu beurteilen ist (VG Mainz, Urteil vom 18.02.2011 - 4 K 642/10.MZ - Juris Rz. 32; VG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2012 - 4 K 1803/10.F - Juris Rz. 43) und die soziale Pflegeversicherung erst zum 01.06.1994, also nach der an Rentenberater E. erfolgten Erlaubniserteilung, eingeführt worden ist.
Damit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die über die reine Rentenberatung hinausgehenden Befugnisse dauerhaft weiter erbringen kann, ist mit Verfügung des LG Freiburg vom 07.04.2010 eine Registrierung im Bereich "registrierte Erlaubnisinhaber" erfolgt. Folgerichtig ist in dieser Verfügung ausgeführt, dass er unter seiner bisher geführten Berufsbezeichnung Rechtsdienstleistungen in allen Gebieten des Rechts erbringen darf, auf die sich seine bisherige Erlaubnis erstreckt. Daraus folgt, dass er auf dem Gebiet des Schwerbehindertenrechts auch dann auftreten kann, wenn die Rechtssache keinen konkreten Bezug zu einer gesetzlichen Rente aufweist.
Dass sich Naturparteien generell Versäumnisse ihrer Bevollmächtigten zurechnen lassen müssen und fehlende Kenntnisse eines Rentenberaters auf Verfahrens- und/oder prozessualer Ebene oder dessen sachwidrige Verfahrensbetreuung vielfach zu Lasten der Mandantschaft gehen, rechtfertigt nicht, einer erteilten Alterlaubnis mit nachfolgender Registrierung als registrierter Alterlaubnisinhaber die Anerkennung zu verweigern. Es ist hier dem Rechtsuchenden zuzumuten, den Bevollmächtigten, zum Beispiel wegen unnötiger Prozessverschleppung mit hieraus folgenden Rechtsnachteilen, in Regress zu nehmen.
Dass das vorliegend von der Klägerin auf die Feststellung des GdB mit 50 gerichtete Verfahren aufgrund dessen, dass ein bereits vor Beginn einer Regelaltersrente gestellter Rentenantrag weder vorgetragen noch aktenkundig ist, keinen Bezug zu einer gesetzlichen Rente hat, steht deshalb der Annahme einer Vertretungsbefugnis ihres Rentenberaters nicht entgegen.
Im Ergebnis gilt daher, dass Rentenberater E. als "registrierter Erlaubnisinhaber" in Verfahren aus dem Schwerbehindertenrecht, auch ohne konkreten Rentenbezug im Einzelfall, und damit auch vorliegend beratungs- und vertretungsbefugt ist.
2.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Beklagte hat mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 11.06.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.01.2011 zutreffend den Antrag auf die Bescheidung der Neufeststellung versagt. Zu Recht hat daher das Sozialgericht die auf die Aufhebung dieser Bescheide gerichtete isolierte Anfechtungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 SGG abgewiesen.
Denn die Rechtmäßigkeit eines auf § 66 SGB I gestützten Bescheides richtet sich allein danach, ob die dort normierten Tatbestandsmerkmale der mangelnden Mitwirkung gegeben sind und zwar unabhängig davon, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen vorliegen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.07.2007 - L 7 AS 1703/06 - Juris). Eine Leistungs- oder Verpflichtungsklage wäre vielmehr unzulässig, solange der auf § 66 SGB I gestützte Versagungsbescheid Wirksamkeit entfaltet. Vorab muss daher erst dieser Bescheid mit Hilfe einer Anfechtungsklage beseitigt werden (vgl. BSG, Urteil vom 25.10.1988 - 7 RAr 70/87 - SozR 1200 § 66 Nr. 13, Juris).
Rechtsgrundlage für die angefochtenen Bescheide ist § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I. Nach dieser Vorschrift kann der Leistungsträger ohne weitere Ermittlungen bis zur Nachholung der Mitwirkung die Leistung ganz oder teilweise versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistungen nicht nachgewiesen sind, wenn derjenige, der eine Sozialleistung beantragt, seinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 62, 65 SGB I nicht nachkommt und hierdurch die Aufklärung des Sachverhalts erheblich erschwert wird.
Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I), Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I), Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen (§ 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB I). Soweit für die in § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB I genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden (§ 60 Abs. 2 SGB I). Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 SGB I bestehen nicht, soweit ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann (§ 64 Abs. 1 SGB I).
Diese Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin vor. Denn sie ist den ihr nach § 64 SGB I zumutbaren und in § 60 Abs. 1 SGB I geregelten Mitwirkungspflichten trotz des gemäß § 66 Abs. 3 SGB I erfolgten schriftlichen Hinweises auf die Folgen nicht innerhalb der ihr angemessen gesetzten Frist nachgekommen. Sie hat es vielmehr trotz mehrfacher Erinnerung unterlassen, Angaben zu der behaupteten unfallbedingten Meniskusverletzung zu machen, insbesondere wann ein solches Unfallereignis stattgefunden haben soll und bei wem sie sich deswegen in Behandlung begeben hat, ggfs. auch neuere Befunde hierzu vorzulegen. Dadurch konnte der Beklagte den Antrag inhaltlich nicht bescheiden, sondern nur formal ablehnen (Bescheid vom 10.06.2010), denn es lagen ihm keinerlei Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen über die geltend gemachte Meniskusverletzung vor. Er war deswegen berechtigt, in Ausübung seines Ermessens die Neufeststellung des GdB zu versagen und hat in dem Bescheid vom 11.06.2011 auch entsprechende Ermessenserwägungen angestellt, d. h. es liegt weder ein Ermessensausfall noch ein Ermessensfehlgebrauch vor.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die Regelungen der §§ 60 Abs. 1 und 66 SGB I vorliegend zwar bereits nach dem Wortlaut der Vorschriften nicht unmittelbar anwendbar. Denn die in § 60 Abs. 1 Satz 1 SGB I geregelte Mitwirkungspflicht betrifft unmittelbar nur diejenigen, die Sozialleistungen im Sinne des § 11 SGB I beantragt haben. Die Klägerin begehrt aber die Neufeststellung des GdB, d. h. eine Statusfeststellung der Versorgungsbehörden und damit keine Sozialleistungen im Sinne des § 11 SGB I (zu §§ 60 bis 67 SGB I: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2012 - L 8 SB 1808/11 - Breithaupt 2012, 872 ff., Juris Rz. 28; zu §§ 60 und 66 SGB I: offen lassend Hessisches LSG, Urteil vom 21.01.2009 - L 4 SB 36/08 - Juris Rz. 20; zu Art. 67 SGB-IX-ÄndG: SG Dresden, Urteil vom 31.07.2001 - S 7 SB 193/00 - Juris Rz. 12; zu § 66 SGB I: Bayerisches LSG, Urteil vom 27.10.1999 - L 18 SB 12/96 - Breithaupt 2000, 593 ff., Juris Rz. 28; zu § 44 Abs. 1 SGB X: LSG Berlin, Urteil vom 09.10.1997 - L 11 Vs 27/97 - Juris Rz. 19; zu §§ 63 und 64 SGB I: BSG, Urteil vom 12.02.1997 - 9 RVs 2/96 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 17, Juris Rz. 17; zu § 44 Abs. 1 SGB X: BSG, Urteil vom 29.05.1991 - 9a/9 RVs 11/89 - SozR 3-1300 § 44 Nr. 3, Juris Rz. 17 bis 22; so auch Mönch-Kalina in JurisPK-SGB I, 2. Auflage 2011, § 11 Rz. 33; Luthe in JurisPK-SGB X, 1. Auflage 2013, § 20 Rz. 25; Richter in LPK-SGB I, § 11 Rz. 7).
Die Klägerin war aber dennoch zur Mitwirkung verpflichtet. Denn die Regelungen der §§ 60 Abs. 1 und 66 SGB I sind vorliegend nach Sicht des Senats analog anwendbar.
Die entsprechende Regelungslücke ergibt sich bereits aus der Systematik des SGB I. Denn der Allgemeine Teil des Sozialgesetzbuchs umfasst grundsätzlich auch das SGB IX. Im Ersten Abschnitt des SGB I sind nämlich sowohl die Aufgaben des Sozialgesetzbuchs (SGB) als auch die sozialen Rechte geregelt, wobei das Recht der behinderten Menschen auf die notwendige Hilfe zur Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe nach § 10 SGB I die Statusfeststellung mit der Feststellung einer Behinderung nach dem Schwerbehindertenrecht voraussetzt. Die folgenden Abschnitte, die die Verwirklichung dieser sozialen Rechte regeln, befassen sich dann aber ausschließlich mit den Sozialleistungen, was auch für den Dritten Abschnitt gilt, der sich im Dritten Titel in § 66 SGB I mit den Rechtsfolgen unterlassener Mitwirkung befasst. Dabei ist übersehen worden, dass die sozialen Rechte nicht nur durch Sozialleistungen, sondern auch durch Statusfeststellungen verwirklicht werden, die wiederum die Mitwirkung des Antragstellers voraussetzen. Die Rechtsfolgen der unterlassenen Mitwirkung bei Statusfeststellungen sind aber nicht geregelt, hierin liegt aus Sicht des Senats die Regelungslücke. Der Annahme einer Lücke steht auch nicht entgegen, dass das Verhalten der Klägerin auch im Rahmen einer Beweislastentscheidung gewürdigt werden könnte. Denn insbesondere bei einer Heilungsbewährung trifft zunächst die Behörde die Beweislast.
Die ausdrückliche Verweisung in § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX auf § 60 Abs. 1 SGB I steht dieser Annahme nicht entgegen. Diese Verweisung betrifft nämlich ausschließlich erwerbstätige Antragsteller und ist lediglich im Zusammenhang mit der weiteren Verweisung auf die Bearbeitungsfristen in § 14 Abs. 2 Satz 2 und 4 sowie Abs. 5 Satz 2 und 5 SGB IX zu sehen. Hieraus lässt sich nicht schließen, dass der Gesetzgeber von einer zusätzlichen allgemeinen Verweisung auf weitere Vorschriften des SGB I bewusst abgesehen hat.
Die Planwidrigkeit der Regelungslücke ergibt sich aus Sicht des Senats zum einen aus dem ersichtlichen Regelungsbedürfnis und zum anderen daraus, dass an anderer Stelle bei vergleichbarer Interessenlage Spezialregelungen getroffen sind. So regelt § 44 Abs. 1 SGB X das Zugunstenverfahren im Hinblick auf zu Unrecht vorenthaltende Sozialleistungen, während § 44 Abs. 2 SGB X das Zugunstenverfahren im Übrigen - also auch im Hinblick auf Statusfeststellungen - betrifft. Dies zeigt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich auf eine sachgerechte Differenzierung bedacht ist, die sämtliche Handlungsformen zur Verwirklichung der sozialen Rechte erfasst.
Dessen ungeachtet ergibt sich die Pflicht zur Mitwirkung auch aus dem Anwendung findenden Grundsatz von Treu und Glauben (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.01.2012 - L 8 SB 1808/11 - Breithaupt 2012, 872 ff., Juris Rz. 28). Denn in den §§ 60 bis 67 SGB I wird der allgemeine Mitwirkungsgrundsatz ausgestaltet, der jedenfalls für das Sozialrechtsverhältnis als öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis zwischen Behörde und Antragsteller anerkannt ist. Die Mitwirkungspflichten bestehen darin, dass Behörden und Antragsteller alles in ihren Kräften Stehende und Zumutbare zu tun haben, um sich gegenseitig vor vermeidbaren, das Sozialrechtsverhältnis betreffenden Nachteilen oder Schäden zu bewahren (BSG, Urteil vom 12.02.1997 - 9 RVs 2/96 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 17, Juris Rz. 18 und 19, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 23.03.1972 - 5 RJ 63/70 - SozR Nr. 25 zu § 29 RVO, Juris; so auch Seewald in Kasseler Kommentar, Vor §§ 60 bis 67 Rz. 24f.). Dieser, letztlich auf den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (BSG, Urteil vom 04.07.1962 - 3 RK 53/58 - SozR Nr. 33 zu § 165 RVO, Juris; BSG, Urteil vom 13.12.1960 - 3 RJ 117/56 - SozR Nr. 8 zu § 1258 RVO a. F., Juris) zurückzuführende Grundsatz gilt nach der Rechtsprechung auch im Schwerbehindertenrecht (BSG, Urteil vom 12.02.1997 - 9 RVs 2/96 - SozR 3-3870 § 4 Nr. 17, Juris). Danach muss ein Antragsteller alles in seinen Kräften Stehende und Zumutbare tun, um an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken. Dem korrespondiert der Amtsermittlungsgrundsatz der Behörde. Dem Antragsteller obliegt es, der Behörde die Neufeststellung des GdB zu ermöglichen und hieran mitzuwirken. Das hat die Klägerin indessen nicht getan, so dass der Beklagte keinerlei Ansatz zu Ermittlungen hatte.
Hinsichtlich der Folgen unterlassener Mitwirkung besteht, worauf auch das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, bei der Bewilligung von Sozialleistungen und bei der Feststellung von Behinderungen eine vergleichbare Interessenlage. Die Versagung von Sozialleistungen nach § 66 SGB I dient zum einen der Entlastung der Verwaltung von Entscheidungen mit unter Umständen aufwändiger Sachprüfung nach Beweislastgrundsätzen. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn es sich um Überprüfungen von Amts wegen nach § 48 SGB X handelt und zu Ungunsten des nicht mitwirkenden Betroffenen nicht ohne Weiteres eine Beweislastentscheidung getroffen werden kann, weil die Beweislast auf Seiten der Behörde liegt. Die Versagungsentscheidung schützt aber auch andererseits den Antragsteller vor einer materiell bindenden Beweislastentscheidung, die - falls Rechtsbehelfsfristen versäumt werden - nur noch im Zugunstenverfahren gemäß § 44 SGB X beseitigt werden kann. Demgegenüber kann eine Versagung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I jederzeit durch Nachholung der Mitwirkungshandlung behoben werden, denn das Versagen und Entziehen ist ausdrücklich auf die Zeit "bis zur Nachholung der Mitwirkung" begrenzt.
Die Entziehung verhindert nämlich nicht das Entstehen eines Leistungsanspruchs oder das Bestehen eines subjektiven Leistungsrechts; jedoch gehen Leistungsansprüche (erst) vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entziehungsentscheidung an, d. h. zukunftsgerichtet für die Dauer der Wirksamkeit der Entziehungsentscheidung, unter (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26.01.2010 - L 11 KR 2274/09 - Juris). Da die Entziehung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I rechtmäßig nur wegen fehlender Mitwirkung des Leistungsberechtigten, nicht aber wegen Fehlens materieller Leistungsvoraussetzungen ausgesprochen werden darf, wird dieser Verwaltungsakt rechtswidrig, sobald die Mitwirkungspflicht nachgeholt wird oder aus sonstigen Gründen entfällt. Dann ist der Entziehungsbescheid gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB X aufzuheben.
Schließlich sind die Interessen der Beteiligten bei der Bewilligung von Sozialleistungen ebenso schützenswert wie bei der Entscheidung über eine Statusfeststellung, zumal es sich im Hinblick auf die erforderlichen Mitwirkungshandlungen - jedenfalls im Schwerbehindertenrecht - lediglich um eine formale Differenzierung handelt. Ebenfalls im Schwerbehindertenrecht lassen sich sachgerechte Feststellung einer Behinderung regelmäßig nur nach umfassender medizinischer Sachaufklärung mit entsprechender Mitwirkungsbereitschaft des Antragstellers treffen. Das gilt in gleichem Maße für viele Sozialleistungen, beispielsweise für Versichertenrenten oder Entgeltersatzleistungen wegen Krankheit, so dass nicht nur die dargestellte Schutzfunktion, sondern auch die vergleichbare Interessenlage für eine analoge Anwendung spricht.
Nach alledem war der Beklagte in Ausübung seines Ermessens befugt, analog § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I die beantragte Neufeststellung des GdB bis zur Nachholung der Mitwirkung zu versagen. Die Berufung war daher zurückzuweisen, wobei die Kostenentscheidung auf § 193 SGG beruht.
Die Revision war zuzulassen. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Eine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage, ob die §§ 60 Abs. 1 und 66 SGB I auch im Rahmen eines Feststellungsverfahrens nach § 69 SGB IX Anwendung finden, liegt nicht vor.