Landessozialgericht Baden-Württemberg - L 6 SB 286/08 - Urteil vom 18.06.2009
Ein Anspruch auf Feststellung des GdB und/oder gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen erlischt mit dem Tod des Anspruchsinhabers und kann weder durch Erbrecht noch durch sozialrechtliche Sondervorschriften auf eine andere Person übergehen. Das gilt auch, wenn die Feststellung des GdB Grundlage für einen nach § 59 SGB I übertragbaren Geldleistungsanspruch ist.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) der verstorbenen Mutter des Kläger zu 1. beziehungsweise Ehegattin des Klägers zu 2. (E) bereits ab 16.11.2000.
Die 1946 geborene E beantragte am 27.09.2001 die Feststellung ihres GdB. Das damalige Versorgungsamt H. (VA) zog über Dr. J. und über die K.-Klinik Bad N. ärztliche Unterlagen über E bei. Dr. L. berücksichtigte in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 06.02.2002 als Behinderungen ein Plasmozytom (Teil-GdB 70), degenerative Veränderungen der Wirbelsäule (Teil-GdB 20) sowie eine Funktionsbehinderung beider Hüftgelenke und des rechten Kniegelenks (Teil-GdB 10) und bewertete den Gesamt-GdB mit 80. Mit Bescheid vom 12.02.2002 stellte das VA den GdB mit 80 ab 01.08.2001 sowie die Voraussetzungen für das Merkzeichen "erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr" (G) fest.
Auf ihren Antrag vom 22.04.2002 bewilligte die ehemalige BfA der E mit Bescheid vom 25.06.2002 ab 01.03.2002 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit, welche auf ihren Antrag vom 04.06.2003 sodann mit Bescheid vom 14.08.2003 ab 01.09.2003 auf Dauer weiterbewilligt wurde.
Im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens zog das VA den Arztbrief des Dr. L., Medizinische Klinik und Poliklinik H., vom 05.08.2009 bei. Dr. G. bewertete in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 13.11.2004 unter Aufrechterhaltung der bisherigen Teil-GdB-Werte den Gesamt-GdB nur noch mit 70. Mit Bescheid vom 19.11.2004 teilte das VA der Klägerin mit, aufgrund des Ergebnisses der Überprüfung sei derzeit nicht beabsichtigt, den GdB herabzusetzen.
Am 02.08.2006 beantragte E die Feststellung ihres GdB rückwirkend ab 01.01.2000. Ihrem Antrag fügte sie mehrere ärztliche Unterlagen bei. Dr. M. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 02.10.2006 aus, das Plasmozytom bestehe seit Juni 2001. Eine rückwirkende Feststellung des GdB sei daher nur bis zum 01.06.2001 möglich. Ab 01.01.2000 könne nur ein GdB von 20 anerkannt werden. Mit Bescheid vom 12.10.2006 stellte das nun zuständig gewordene Landratsamt R.-Kreis (LRA) den GdB mit 20 vom 01.01.2000 bis zum 31.05.2001 und mit 80 vom 01.06.2001 bis zum 31.07.2001 sowie die Voraussetzungen für das Merkzeichen G ab 01.06.2001 fest. Zur Begründung wurde ausgeführt, eine weitere rückwirkende Feststellung könne nicht getroffen werden, da für diesen Zeitraum keine entsprechenden medizinischen Unterlagen vorlägen beziehungsweise dies die vorhandenen medizinischen Unterlagen über die betreffenden Funktionseinschränkungen nicht zuließen.
Hiergegen legte E unter Vorlage weiterer ärztlicher Unterlagen Widerspruch ein. Dr. St. führte in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 31.10.2006 aus, es ergäben sich keine neuen Gesichtspunkte. Das multiple Myelom sei im Juni 2001 diagnostiziert worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Im Schwerbehindertenrecht stehe eine rückwirkende Rücknahme von Verwaltungsakten im Ermessen der Behörde, wobei es nicht ermessenswidrig sei, diese Rückwirkung grundsätzlich auf vier Jahre zu beschränken. Danach sei eine Rückwirkung grundsätzlich längstens bis zum 01.01.2002 möglich. Ungeachtet dessen sei das multiple Myelom erstmals im Juni 2001 diagnostiziert worden. Mithin sei auch aus medizinischen Gründen eine weitergehende rückwirkende Feststellung nicht möglich.
Hiergegen erhob E am 15.12.2006 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Zur Begründung führte sie aus, das Ermessen sei fehlerhaft ausgeübt worden, da es sich vorliegend um einen Ausnahmefall handle, der eine rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft bereits ab 01.11.2000 ermögliche. Ein im Juni 2001 festgestelltes multiples Myelom mit einem Teil-GdB von 70 unterliege einer Entwicklungsgeschichte. Nach dieser sei unzweifelhaft davon auszugehen, dass die beschriebene Funktionsbehinderung am 01.11.2000 mindestens mit einem Teil-GdB von 50 bestanden habe. Vorgelegt wurde der Arztbrief des Prof. Dr. B., Augenklinik am Universitätsklinikum H., vom 13.11.2006.
Mit Gerichtsbescheid vom 17.12.2007 wies das SG die Klage ab. In Bezug auf den streitgegenständlichen Zeitraum seien weder das Vorliegen der Gesundheitsbeeinträchtigung in Form eines Myeloms noch daraus resultierende Funktionsbeeinträchtigungen nachgewiesen. Im Übrigen scheitere das klägerische Begehren auch daran, dass die rückwirkende Feststellung auf den klägerischen Antrag im Jahr 2006 auf vier Jahre zurück begrenzt sei. Vorliegend habe der Beklagte in Ausübung des ihm eingeräumten Ermessens die Rücknahme auf vier Jahre beschränkt. Dies sei im Ergebnis nicht rechtsfehlerhaft.
Gegen den Gerichtsbescheid des SG hat E am 17.01.2008 Berufung eingelegt. Auf Grund des typischen Krankheitsverlaufes sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu sagen, dass der auf das Plasmozytom zurückgehende GdB am 16.11.2000 mindestens 50 betragen habe, nachdem es per 01.06.2001 mit einem gesicherten GdB von 70 bewertet worden sei. Es sei der langsame Verlauf, der für den Stichtag den sicheren Rückschluss zulasse, dass der für diese Tumorerkrankung anzusetzende GdB wenigstens 50 ausgemacht habe. E hat die Stellungnahme des Arztes L. vom 08.05.2008 vorgelegt, wonach der Verlauf des Plasmozytoms mit den schwerwiegenden Krankheitssymptomen Mitte des Jahres 2001 keinen anderen Schluss zulasse, als dass bereits am 16.11.2000 ein GdB von wenigstens 50 vorgelegen haben müsse.
Sodann hat der Senat über den Arzt L. diverse ärztliche Unterlagen über E beigezogen. Dr. B. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 14.10.2008 ausgeführt, den vorgelegten ärztlichen Unterlagen könne mit hoher Sicherheit entnommen werden, dass während des Aufenthaltes der E in der K.-Klinik Bad N. vom 07.09.2000 bis zum 28.09.2000 ein Plasmozytom noch nicht vorgelegen habe. In dem Arztbrief der Medizinischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums H. vom 21.08.2001 sei ein multiples Myelom IgG Lamda Stadium IA im Progress zum Stadium IIA beschrieben worden. Dies bedeute, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen habe. Erst ab Eintritt der Behandlungsbedürftigkeit komme maximal ein GdB von 40 in Frage.
Auf ihren Antrag vom 30.06.2008 hat die nun zuständige DRV der E mit Bescheid vom 28.07.2008 ab 01.09.2008 unter Berücksichtigung eines verminderten Zugangsfaktors Altersrente für Schwerbehinderte bewilligt. Hiergegen hat E Widerspruch eingelegt. Hinsichtlich der bewilligten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung hat E einen Überprüfungsantrag gestellt.
Am 17.12.2008 ist E verstorben. Mit Bescheid vom 13.02.2009 hat die DRV dem Kläger zu 2. ab 01.01.2009 unter Berücksichtigung eines verminderten Zugangsfaktors große Witwerrente bewilligt.
Die Kläger haben das Berufungsverfahren fortgeführt. Der Sohn sei testamentarischer Alleinerbe der E. Das Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass E seit 01.09.2008 eine abschlagsbehaftete Altersrente für Schwerbehinderte bezogen habe und der Kläger zu 2. inzwischen eine abschlagsbehaftete Witwerrente beziehe. Die abschlagsbehafteten Renten seien nachträglich ohne Abschläge zu leisten, wenn nachträglich zum Stichtag 16.11.2000 ein GdB von 50 festgestellt würde. Der Kläger zu 1. habe dann als Erbe der E einen diesbezüglichen Nachzahlungsanspruch und der Kläger zu 2. habe einen Anspruch auf Gewährung einer höheren Witwerrente. Sie seien daher unmittelbar an der Stichtagsproblematik interessiert. Hinsichtlich der Höhe der Witwerrente sei bei der DRV ein Widerspruchsverfahren anhängig. Vorgelegt worden sind unter anderem die Rentenbescheide vom 28.07.2008 sowie 13.02.2009 und das Testament der E vom 07.04.2004, wonach der Kläger zu 1. zum Alleinerben berufen worden ist.
Die Kläger beantragen,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 17.12.2007 aufzuheben, den Bescheid vom 12.10.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2006 abzuändern, den Beklagten zu verurteilen, den Bescheid vom 12.02.2002 teilweise zurückzunehmen und den GdB der E mit 50 ab 16.11.2000 festzustellen, hilfsweise, gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein Gutachten bei Prof. Dr. H. zu der Frage einzuholen, wie hoch der GdB am 16.11.2000 war.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Für die Zeit vom 01.11.2000 bis zum 31.05.2001 sei ein GdB von 50 nicht zu begründen. Im Übrigen könne nach dem Tod der E keine Statusfeststellung mehr getroffen werden. Mit dem Tod seien alle Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen erloschen. Für Statusfeststellungen gelte dasselbe. Auf ein Feststellungsinteresse des Rechtsnachfolgers komme es nicht an
Dr. B. hat in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 23.01.2009 ausgeführt, er halte an der bisherigen versorgungsärztlichen Beurteilung fest.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen sowie die vom Senat beigezogenen Akten der DRV Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143 und 144 SGG statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgemäß eingelegte Berufung ist zulässig. Die Berufung ist aber nicht begründet.
Die beiden Kläger sind materiell nicht berechtigt und deshalb nicht aktiv legitimiert, die Feststellung des GdB der verstorbenen E geltend zu machen. Die sachliche Legimitation ist eine Frage des materiellen Rechts und der Begründetheit eines Rechtsmittels und keine Frage der Zulässigkeit (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, Rdz. 4 zu § 69 m.N.).
Der Kläger zu 2. ist nicht Erbe der E. und könnte die Feststellung des GdB der E. auch nicht als Sonderrechtsnachfolger geltend machen, da nach § 59 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) nur Ansprüche auf laufende Geldleistungen übergehen können. Der Kläger zu 1. ist zwar jedenfalls Erbe der E., ein Anspruch auf Feststellung des GdB und sonstiger gesundheitlicher Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen erlischt aber mit dem Tod des Anspruchsinhabers und kann weder durch Erbrecht noch durch sozialrechtliche Sondervorschriften auf eine andere Person übergehen (BSG, Urteil vom 06.12.1989 - 9 RVs 4/89 - SozR 3870 § 4 Nr. 4, Leitsatz).
Der Anspruch auf Feststellung des GdB ist nicht nach § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach das Vermögen auf die Erben übergeht, vererblich. Der Anspruch auf Feststellung des GdB gehört nicht zum Vermögen. Die Feststellung betrifft einen Status des Behinderten, der mit seiner persönlichen Existenz verbunden ist und mit seinem Tod endet. Der auch den Regelungen der §§ 56 und 57 SGB I zugrundeliegende Grundsatz der Unvererblichkeit höchstpersönlicher Rechte (vergleiche BT-Drucksache VI/3764, Seite 28 zu §§ 55 bis 58 SGB I) gilt gleichermaßen für das Privatrecht wie für das öffentliche Recht. Während regelmäßig vermögensbezogene Rechte und Rechtslagen als vererblich anzusehen sind, sind nichtvermögenswerte Rechte jedenfalls dann unvererblich, wenn sie eng und ausschließlich mit der individuellen Person des Erblassers verknüpft sind. Ob ein Anspruch höchstpersönlich ist, bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des zugrunde liegenden Gesetzes. Der Anspruch der E auf Feststellung ihres GdB ist ein höchstpersönliches Recht in diesem Sinne. Im Feststellungsverfahren nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) werden personenbezogene gesundheitliche Feststellungen getroffen. Diese Feststellungen sind wiederum Grundlage für die Ausstellung eines Ausweises auf Antrag des Behinderten nach § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB IX. Dem personenbezogenen Charakter des Feststellungsverfahrens wird dadurch Rechnung getragen, dass das Tätigwerden des Beklagten ausschließlich auf einen Antrag des Behinderten erfolgt und Dritten ein Antragsrecht nicht zusteht (vergleiche BR-Drucksache 262/1/73, Seite 2). Auch die Feststellungen nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX setzen einen Antrag des Behinderten voraus. Nach Antragstellung verliert das Feststellungsverfahren seinen allein auf die Person des Behinderten bezogenen Charakter nicht. Dies wird dadurch gewährleistet, dass dem Behinderten auch im Verlaufe des Verfahrens die Dispositionsbefugnis eingeräumt ist, auf die Durchführung des Verfahrens ganz zu verzichten. Weiterhin kommt der allein auf die Person des Behinderten zielende Charakter des Feststellungsverfahrens dadurch zum Ausdruck, dass dem von den Feststellungen betroffenen Dritten, etwa dem Arbeitgeber, ein eigenes Anfechtungsrecht nicht eingeräumt ist. Dieser Schutz vor Einwirkungen Dritter auf das Feststellungsverfahren nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX rechtfertigt sich daraus, dass von der Behörde oder dem Gericht Ermittlungen über die gesundheitlichen Verhältnisse des Behinderten vorzunehmen und Feststellungen zu treffen sind, die einen Eingriff in das nach Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz (GG) geschützte Persönlichkeitsrecht darstellen. Es entspricht inzwischen überwiegender Auffassung, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht den Tod des Berechtigten überdauert. Somit ist es auch gerechtfertigt, Dritten, selbst Angehörigen, das Recht zu versagen, nach dem Tod des Betroffenen dessen GdB feststellen zu lassen. Neben dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Behinderten, der weniger ins Gewicht fallen mag, wenn der Behinderte den erforderlichen Antrag - wie hier - selbst gestellt hat, spricht gegen die Fortsetzung des Feststellungsverfahrens nach dem SGB IX Teil 2, dass dieses Recht im Gegensatz zu anderen Sozialleistungsbereichen final ausgerichtet ist. Das SGB IX Teil 2 bezweckt, wie schon die Gesetzesüberschrift verdeutlicht, "Besondere Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen". Der Zweck des Gesetzes ist mit dem Tode des Behinderten entweder erfüllt oder er lässt sich nicht mehr erreichen. Einzelne finanzielle Auswirkungen der Schwerbehinderteneigenschaft oder sonstiger Behindertenmerkmale können nur noch Dritten zugute kommen. Inwieweit das rechtlich möglich ist, hängt von der jeweiligen Vergünstigung im Einzelfall ab (zur Feststellung von Merkzeichen und den steuerrechtlichen Auswirkungen: BSG, Urteil vom 06.12.1989 - 9 RVs 4/89 - SozR 3870 § 4 Nr. 4 mit weiteren Nachweisen). Vorliegend können die Kläger darauf verwiesen werden, den Nachweis der Schwerbehinderung durch eine gutachterliche Stellungnahme oder sonstige ärztliche Unterlagen zu erbringen, da es nach § 236a Satz 5 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung bis zum 31.12.2007 beziehungsweise nach § 236a Abs. 4 Halbsatz 1 SGB VI in der Fassung ab dem 01.01.2008 für die Anwendung der Vertrauensschutzregelung genügt, dass die Versicherten am 16.11.2000 "schwerbehindert waren", während im Gegensatz hierzu nach § 37 Satz 1 Nr. 2 SGB VI sowie § 236a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI in der Fassung bis zum 31.12.2007 beziehungsweise nach § 236a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 und Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a SGB VI in der Fassung ab dem 01.01.2008 für die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist, dass die Versicherten "bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen anerkannt sind". Es genügt also für die Anwendung der Vertrauensschutzregelung, dass die Schwerbehinderung tatsächlich vorgelegen hat, so dass es auf die formelle Feststellung durch Verwaltungsakt nicht ankommt (Löns in Kreikebohm SGB VI, 3. Auflage, § 236a, Rz. 4).
Der Anspruch auf Feststellung des GdB ist auch durch sozialrechtliche Sondervorschriften nicht übertragbar.
Nach § 59 SGB I können nach dem Tod des Anspruchsinhabers nur Ansprüche auf Geldleistungen, nicht aber Ansprüche auf Sach- und Dienstleistungen, auf einen Rechtsnachfolger übergehen. Zwar handelt es sich bei der Feststellung des GdB nicht um eine Sozialleistung, weil sie nicht Endzweck des Leistungsbegehrens, sondern nur die Voraussetzung für die Inanspruchnahme zahlreicher Vergünstigungen in unterschiedlichen Lebensbereichen und verschiedenen Rechtsgebieten ist. Dies besagt aber nicht, dass die Ansprüche auf Klärung von Vorfragen für Sozialleistungen im Gegensatz zu den Ansprüchen auf einzelne Sozialleistungen grundsätzlich vererblich sind. Dies ist nicht der Fall. Denn wenn schon die Ansprüche auf einzelne Sozialleistungen grundsätzlich mit dem Tod erlöschen, spricht alles dafür, dass das Gesetz auch die Ansprüche auf Feststellung der Grundlagen solcher Ansprüche für unvererblich erklärt. Dieser Schluss ist deshalb geboten, weil die Dienst-, Sach- oder Geldleistungen stets ein Grundverhältnis voraussetzen, in dem der Versicherungs- oder Versorgungsfall eintritt. Wenn das Gesetz die Unvererblichkeit dieser fassbaren Ansprüche anordnet, besteht kein Grund anzunehmen, dass ein Rechtsverhältnis, in dem noch kein Versicherungs- oder Versorgungsfall eingetreten ist, vererblich sein kann (zur Feststellung von Merkzeichen: BSG, Urteil vom 06.12.1989 - 9 RVs 4/89 - SozR 3870 § 4 Nr. 4).
Diese Erwägungen schlagen auch in der vorliegenden Konstellation durch. Zwar können nach § 59 SGB I nach dem Tod des Anspruchsinhabers Ansprüche auf Geldleistungen, wenn sie im Zeitpunkt des Todes des Berechtigten festgestellt sind oder noch ein Verwaltungsverfahren anhängig ist, auf einen Rechtsnachfolger übergehen. Vorliegend geht es aber nicht um den Anspruch der E auf Altersrente wegen Schwerbehinderung beziehungsweise des Klägers zu 2. auf Witwerrente, jeweils in abschlagsfreier Höhe. Der Anspruch auf Altersrente wegen Schwerbehinderung ist zwar auf den Kläger zu 1. übertragbar, da E gegen den Bescheid der DRV vom 28.07.2008, mit dem ab 01.09.2008 Altersrente für Schwerbehinderte bewilligt worden ist, Widerspruch eingelegt hat und somit ein Verwaltungsverfahren zu der Frage, ab wann und in welcher Höhe die Rente zu gewähren ist, anhängig ist. Streitgegenstand ist aber vorliegend nicht die Durchsetzung dieses an sich übertragbaren Anspruchs beziehungsweise der Witwerrente, sondern die Feststellung des GdB und damit eines Rechtsverhältnisses, das die Grundlage für einen nach § 59 SGB I übertragbaren Geldleistungsanspruch bildet.
Nach alledem war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen. Der Hilfsantrag gemäß § 109 SGG, ein Gutachten bei Prof. Dr. H. einzuholen war abzulehnen, weil mangels Aktivlegimitation der Kläger keine ihr Begehren stützenden medizinischen Tatsachen festzustellen sind.
Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.